Donnerstag, 26. November 2020

 Seid klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben

Plinio Corrêa de Oliveira

Die Voraussetzung von dem, was in diesem Teil unserer Zeitschrift veröffentlicht wird, ist, dass nicht nur aus konventionellen Gründen bestimmte Farben, bestimmte Linien, bestimmte Formen materieller Objekte, bestimmte Parfüme und bestimmte Töne eine Affinität zu den Stimmungen des Menschen haben. Es gibt Farben, die der Freude ähneln, andere der Traurigkeit. Es gibt Formen, die wir majestätisch nennen, andere, die einfach sind. Von einer Familie sagen wir, sie sei gastlich einladend. Und das Gleiche kann für ein Haus gelten. Wir sagen von einem Gespräch, es sei charmant. Und das Gleiche gilt für eine Musik. Wir können meinen, dass ein Parfüm gewöhnlich ist, und das Gleiche gilt für die Menschen, die es gerne verwenden.

       Umgebung oder Ambiente ist die Harmonie, die durch die Affinität mehrerer Wesen oder Objekte am selben Ort oder in einem selben Raum entsteht. Man stelle sich einen Raum vor mit angenehmen Proportionen, der in heitere Farben dekoriert und mit anmutigen Gegenständen eingerichtet ist, in dem viele Blumen ein mildes Aroma ausströmen. In diesem Raum spielt jemand fröhliche Musik. Dort entsteht eine Atmosphäre der Freude.

      Es ist klar, dass ein Ambiente umso ausdrucksvoller sein wird, je zahlreicher die Affinitäten zwischen den Wesen und Objekte sind, die sich in einem solchen Raum befinden. Und so kann dieses Ambiente außer fröhlich auch würdevoll, kultiviert, beruhigend sein, wenn Würde, Kultur und Mäßigkeit in den anwesenden Menschen und Dingen vorhanden sind.

      Das Ambiente wird das Gegenteil von all dem sein, das heißt, traurig, extravagant, hässlich, vulgär, wenn die Objekte, aus denen es besteht, diese Noten haben. Zum Beispiel eine Halle der Biennale für moderne Kunst, die jetzt in São Paulo stattfindet...

      Menschen bilden für sich selbst Ambiente nach ihrem Bild und Gleichnis, Ambiente, in denen sich ihre Bräuche und ihre Zivilisation widerspiegeln. Das Gegenteil ist aber auch weitgehend zutreffend: Ambiente bilden auch Menschen, Bräuche und Zivilisationen nach ihrem Bild und Gleichnis. In der Pädagogik ist dies trivial. Aber gilt das nur für die Pädagogik? Wer würde es wagen, die Bedeutung von Ambiente für die Bildung von Erwachsenen zu leugnen? Bildung, sagen wir aus gutem Grund, denn in diesem Leben muss sich der Mensch in jedem Alter der Anstrengung widmen, sich zu bilden und weiterzubilden, um sich auf den Himmel vorzubereiten, denn nur dort endet unser Weg zur Vollkommenheit.

      Daher kann und muss der Katholik von den Ambienten, in denen er sich befindet, verlangen, dass sie ein wirksames Instrument für seine moralische Bildung seien.

      Von der Bedeutung der Ambiente für das Gleichgewicht des geistigen Lebens und die Aufrichtigkeit der moralischen Bildung des Menschen, haben wir ein Zeugnis der Weisheit, Schönheit und Pracht, mit der Gott das ganze Bild der Natur für uns gestaltet hat, damit wir es betrachten. Es gibt im Universum nicht eine, sondern tausende und abertausende Ambiente, die alle dazu beitragen, den Menschen zu unterweisen und auszubilden. Dies ist so wahr, dass die Heilige Schrift oft nach materiellen Wesen greift, damit wir geistige und moralische Realitäten verstehen und schätzen. Der Mensch bildet mit seiner begrenzten Kraft seine Ambiente und macht leblose Wesen - Möbel, Polster usw. – und stellt Abbilder der Realität her: Gemälde, Skulpturen, Mosaike. Gott hat im Gegenteil die Realität selbst geschaffen und als Urheber des Lebens die Umwelt der Schöpfung erhoben und bereichert, indem er Lebewesen hineingelegt hat: Pflanzen, Tiere und vor allem den Menschen.

     


Von welcher Ausdruckskraft die niederen Geschöpfe für den Menschen sind, haben wir Beweise im Evangelium. So gibt uns unser Herr in seiner schönen Predigt zur Aussendung der Apostel (Mt 10,16) die Taube und die Schlange als Vorbilder für zwei hohe Tugenden: Unschuld und Klugheit.

      Harmonisch in Linien, einfach in der Farbe, anmutig in Flug und Bewegungen, „umgänglich“ gegenüber anderen Tieren, rein und arglos in all ihrem Wesen, hat die Taube nichts, was die Idee von Beute, Aggression, Ungerechtigkeit, Unmäßigkeit, Unreinheit andeuten könnte. Es ist daher ganz richtig, dass es in der Sprache des Erlösers ein Symbol der Unschuld ist.

       Aber es fehlt etwas: die Fähigkeiten, mit denen ein Wesen sein Überleben im Kampf gegen negative Faktoren sichert. Die Scharfsinnigkeit der Taube ist minimal, ihre Kampfbereitschaft gleich Null, ihre einzige Verteidigung ist die Flucht. Und aus diesem Grund spricht der Heilige Geist selbst: „... wie eine Taube, einfältig, ohne Verstand“! (Hosea 7,11).

       Das erinnert uns an gewisse Katholiken, die durch die Romantik deformiert worden sind, für die die Tugend nur und immer darin besteht, nachzugeben, den Kopf zu senken, Schläge erhalten, sich zurückzuziehen, sich mit Füßen treten zu lassen.


Wie anders ist die Schlange: aggressiv, giftig, falsch, scharfsinnig und geschickt! Elegant und gleichzeitig ekelhaft; zerbrechlich genug, um von einem Kind zerschlagen zu werden, und gefährlich genug, um einen Löwen mit ihrem Gift zu töten; durch ihre Gestalt, ihre Art sich zu bewegen und zu handeln, ist sie angepasst für einen verschleierten, hinterlistigen, fulminanten Angriff; so faszinierend, dass einige Arten das Opfer hypnotisieren und gleichzeitig den Terror um sich herum verbreiten, ist die Schlange das Symbol des Bösen mit all den Verzauberungen und der ganzen Gemeinheit der Kräfte des Verderbens.

      Aber in all dieser Bosheit, wie viel Klugheit, wie viel List. Klugheit ist die Tugend, mit der man die notwendigen Mittel einsetzt, um die Ziele zu erreichen, die man vor Augen hat. List ist ein Aspekt und in gewisser Weise eine Verfeinerung der Klugheit, durch die jegliches Schweigen aufrechterhalten wird und alle notwendigen, zulässigen Verstellungen verwendet werden, um ein Ziel zu erreichen. Alles an der Schlange ist gerissen und umsichtig, von der Eindringlichkeit ihres Blicks bis zur Schlankheit ihrer Form und dem Schrecklichen ihrer Hauptwaffe: eine kleiner Stich in die Haut des Opfers, aber dadurch ein Gift einspritzt, das in wenigen Augenblicken im ganzen Körper des Opfers zirkuliert.


Der Ibis gibt uns ein großartiges Beispiel dafür, wie die Unschuld der Taube und die List der Schlange in einem einzigen Akt kombiniert werden können. Er macht sein Nest in Bäumen und schützt seine Brut mit Wachsamkeit und Energie. Ein Beispiel für ernsthafte und starke Tugend, die er dem Menschen so gibt.

       Die Schlange kommt jedoch und verschluckt ihr ein Ei, und droht, die anderen ebenfalls zu verschlucken. Der Ibis ist nicht weniger geschickt und fähig als das Reptil und greift es an der richtigen Stelle an, wodurch alle Möglichkeiten des Angriffs und der Verteidigung zunichte gemacht werden. Nach einiger Zeit des Drucks wirft die Schlange das Ei zurück und fällt bewusstlos zu Boden.

       Der Ibis erreichte ein ehrliches Ziel mit der Unschuld der Taube und setzte die Mittel des Kampfes ein, die die Schlange mit List besiegten.

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in CATOLICISMO Nr. 37 – AMBIENTES, COSTUMES, CIVILIZAÇÕES: Sede prudentes como as serpentes e simples como as pombas – Januar 1954.

Foto Schlange: https://pixabay.com/

Die deutsche Fassung dieses Artikels ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Dienstag, 24. November 2020

Zu Weihnachten

 Betrachtung beim Jesuskind in der Krippe

Plinio Corrêa de Oliveira


Stellen wir uns die Ankunft der Heiligen Drei Könige mit ihren Karawanen, ihren Prozessionen, den mit Schätzen beladenen Tieren, dem Stern von Bethlehem vor, und diese Souveräne - der schwarze König Baltasar und die beiden anderen, Melchior und Kaspar - opfern dem Jesuskind in einer Haltung der Anbetung, Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Im göttlichen Kind können wir unter anderem seine unendliche Größe auf der einen Seite betrachten; andererseits seine unendliche Zugänglichkeit; und schließlich sein unendliches Mitgefühl. Unter welchem Aspekt würden wir uns dem göttlichen Kind näher fühlen?

Die Größe des Jesuskindes und seiner heiligsten Mutter

Wenn wir seine unendliche Größe betrachten, können wir uns eine riesige, hohe Höhle vorstellen, die so groß ist wie eine Kathedrale, die keine bestimmte Architektur hat, bei der jedoch die Bewegung der Steine uns die Bögen einer Kathedrale des künftigen Mittelalters vage erspüren ließ.

Wir können uns auch noch die Krippe vorstellen, die als Wiege für das Gotteskind diente, aufgestellt an einem majestätischen Punkt der Höhle. Und ein himmlisches goldenglänzendes Licht in diesem Moment über sie leuchtete.


Das göttliche Kind ruht in seiner Krippe, mit der Majestät eines wahren Königs, obwohl es noch ein neugeborenes Kind ist. Er, König aller Majestät und aller Herrlichkeit. Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, Mensch gewordener Gott. Er war vom ersten Moment Seines Seins an - also bereits im Schoß Unserer Lieben Frau - Inhaber von mehr Majestät, Größe, mehr Äußerungen von Stärke und Macht als alle Menschen in der gesamten Geschichte der Menschheit. Er, der über alle Dinge Bescheid wusste und unvergleichlich mehr wusste als jeglicher Wissenschaftler. Er äußerte diese aus Weisheit, Heiligkeit, Wissenschaft und Macht bestehende Majestät, in seinem sich ständig ändernden Antlitz.

Stellen wir uns vor, wir nehmen all das wahr, was angesichts dieses Kindes auf mysteriöse Weise zum Ausdruck kommt. Manchmal, wenn er sich bewegt, erscheint in der Bewegung seine Facette des Königs. Wenn er seine Augen öffnet, äußert sein Blick eine so tiefes leuchten, dass wir in ihm einen großen Weisen ahnen. Es umgibt ihn eine Atmosphäre der Heiligkeit, die alle, die sich ihm nähern, umhüllt. Eine Atmosphäre von solcher Reinheit, dass die Menschen sich diesem Ort nicht nähern, ohne vorher um Vergebung ihrer Sünden zu bitten; fühlen sich aber gleichzeitig durch die Heiligkeit dieses Ortes angezogen, sich zu bessern.

Stellen wir uns auch die Muttergottes zu Füßen des Jesuskindes in der Krippe vor, auch Sie als wahre Königin - denn sie war und ist es - mit einer solchen Würde und Erhabenheit, dass sie sogar auf edle Kleidung verzichten kann, um ihre Majestät zum Leuchten zu bringen.

Majestät als Folge der Heiligkeit

Von der hl. Therese vom Kinde Jesu wird erzählt, dass sie so imposant war, dass ihr Vater sie meine kleine Königin nannte.

Der Gärtner des Karmels von Lisieux berichtete während des Heiligsprechungsprozesses, dass er einmal eine Nonne vom Rücken gesehen habe, die etwas getan habe und er erkannte, dass es Therese war. Der Advokat des Teufels fragte dann: „Woher wussten sie von hinten, dass diese Nonne Schwester Teresa war?“ Die Antwort war sehr bedeutsam: „Wegen ihrer majestätischen Haltung, keine der anderen Schwestern hatte eine solche Majestät“.

Wenn so die hl. Therese war, wie war dann Unsere Liebe Frau?

Stellen wir uns die Muttergottes majestätisch, transzendent und reinste Frau vor, die zum Gotteskind betet. Unsichtbare Engel singen Lieder der Verherrlichung und die herrschende Atmosphäre ist so mit Werten gesättigt, dass man sagen könnte, in diesem Armseligen Stall herrsche eine Atmosphäre eines edelsten Hofes.

Stellen wir uns vor, wir nähern uns der Krippe und spüren die Größe des göttlichen Kindes. Und als Gegenrevolutionäre verehren wir alles, was edel ist, alles, was schön ist, alles, was heilig, kompromisslos und kämpferisch ist. Wir beten das Kind an, das gleichzeitig alle Formen der Größe anzieht, die von ihm ausgehen und die nichts als Widerscheine seiner selbst sind; alle Formen der Reinheit, alle Formen der Heiligkeit, die nur eine Teilhabe an seiner Heiligkeit sind.

So verstößt er die Sünde, den Irrtum, die Unordnung, das Chaos und die Revolution, und diese wagen es nicht sich aufzurichten, und nicht einmal die Augen zu dieser großartigen Szene im Stall zu erheben, wo Ordnung, Hierarchie, Prunk und Pracht in Fülle herrschen.

Unermessliche Zugänglichkeit des Gotteskindes

Stellen wir uns nun einen anderen Aspekt vor: die unendliche Zugänglichkeit.

Es ist legitim, sich das vorzustellen, denn - wie ich später erklären werde - sollten dieser und viele andere Aspekte in der Krippe nebeneinander existieren.

Stellen wir uns das Jesuskind vor, das ungemein zugänglich ist. Dieser König, so voller Majestät, öffnet zu uns irgendwann seine Augen. Wir bemerken, dass sein reinster, intelligentester und klarster Blick unsere Augen durchdringt. Er sieht die tiefsten unserer Mängel wie auch das Beste unserer guten Eigenschaften. Und in diesem Moment berührt sein Blick unsere Seele, wie er den hl. Petrus berührte während seiner Passion, und gibt uns eine tiefe Traurigkeit über unsere Sünden.

Die Evangelien berichten, dass der Blick unseres Herrn zum hl. Petrus so durchdringend war, dass er hinausging und bitterlich weinte. Und sein ganzes Leben lang vergaß der Apostelfürst nie den rührenden Blick, der ihn immer wieder zum Weinen brachte.

Dieser Blick verursacht eine tiefe Traurigkeit über unsere Sünden. Er gibt uns eine Abscheu zu unseren Sünden.

Doch wenn ein solcher Blick in uns eindringt, bringt der neugeborene Erlöser auch seine Liebe nicht nur zu unseren guten Eigenschaften zum Ausdruck, sondern auch durch den Zustand, dass wir von ihm geschaffene Kreaturen sind. Eine Liebe, die er uns erweist trotz unserer Fehler, weil wir von ihm geschaffen worden sind und zu einer Heiligkeit und Vollkommenheit bestimmt sind, die schon in uns vorhanden sein kann und die er kennt und liebt.


Und wenn der Sünder es am wenigsten erwartet, lächelt er ihn an, auf eine liebevolle Bitte seiner Mutter. Und mit diesem Lächeln spüren wir trotz all seiner Majestät, wie die Entfernungen verschwinden, die Vergebung in unsere Seele eindringt und etwas, das uns anzieht. Und so angezogen, gehen wir zu ihm und verweilen an seiner Seite. Das göttliche Kind umarmt uns liebevoll und spricht unseren Namen aus.

- „Mein N, ich liebte dich so sehr und ich liebe dich so sehr! Ich wünsche dir so viele Dinge und ich vergebe dir so viele andere. Denk nicht mehr an deine Sünden! Denke von nun an nur noch daran, mir zu dienen. Und in allen Zeiten deines Lebens, wenn du irgendwelche Zweifel hast, erinnere dich an diese Nachgiebigkeit, diese Liebenswürdigkeit, diese Güte, die ich dir jetzt erweise, und wende dich an mich durch meine Mutter, ich werde dich erhören. Ich werde dein Schutz sein, deine Stärke, und diese werden dich in den Himmel bringen, um dort an meiner Seite für alle Ewigkeit zu regieren.“

Unendliches Erbarmen

Stellen wir uns jetzt die Barmherzigkeit des Jesuskindes vor, nicht nur um uns Gutes zu tun und wegen dass, was es in uns gutes uns schlechtes gibt, sondern auch unter Berücksichtigung des elenden Zustands jedes Menschen auf Erden.

Er analysiert unsere Traurigkeit und das Leiden, das jeder von uns mit sich trägt: vergangenes Leiden, gegenwärtiges Leiden und zukünftiges Leiden, das er bereits kennt, weil er Gott ist. Und er sieht auch die Gefahr, die unsere Seele läuft in die Hölle zu kommen, denn der Mensch als Wanderer auf Erden ist der Gefahr ausgesetzt, in den ewigen Qualen der Hölle gestürzt zu werden.

Stellen wir uns auch das Jesuskind vor, das das Fegefeuer und die Qualen betrachtet, die uns dort erwarten, wenn wir nicht ganz treu sind.

Dann wird sein Blick ein Blick des Mitleids und der tiefen Teilnahme an unserem Schmerz sein; mit dem Wunsch, diesen Schmerz so weit wie möglich zu beseitigen im Hinblick auf unsere Heiligung; mit dem Wunsch, uns die Kraft zu geben, denselben Schmerz selbst zu ertragen, soweit dies für unsere Heiligung notwendig ist.

Wir sehen in Ihm das, was den Menschen so tröstet: vollkommenes Mitgefühl.

Es gehört zur menschlichen Natur - und es ist eine richtige Haltung -, dem Menschen in der Stunde des Leidens Trost zu spenden; dass es jemanden gibt, der Mitleid mit ihm hat. Mitgefühl teilt und verringert daher das Leiden. Der Mensch ist so beschaffen, dass in Momenten in denen er glücklich ist, und seine Freude mit andren teilt, er seine eigene Freude verdoppelt. Doch wenn er traurig ist und seine Traurigkeit mitteilt, teilt er sie.

So sind wir auch in Bezug auf das Jesuskind, wenn wir vollkommenes Mitgefühl in ihm finden.

In all den Leiden unseres Lebens, wenn der zu trinkende Kelch sehr bitter ist, müssen wir durch Unsere Liebe Frau sein Gebet wiederholen: „Mein Vater, wenn es dein Wille ist, so lass diesen Kelch an mir vorüber gehen; doch nicht mein Wille geschehe, sondern der deine!“

So können wir jederzeit bitten, dass der Schmerz vorübergehe. Aber wenn es sein Wille ist, dass er uns widerfährt, sind wir sicher, dass wir während unseres Leidens Seinen barmherzigen Schmerz finden werden. Und er wird uns sagen: „Mein Sohn, ich leide mit dir! Lass uns zusammen leiden, weil ich für dich gelitten habe. Der Moment wird kommen, in dem du für immer an meiner Freude teilnehmen wirst“. Und wir können sicher sein, dass der mitfühlende Blick Jesu uns in keinen Moment unserer Existenz verlassen wird.

Daher müssen wir in den Schicksalsschlägen des täglichen Lebens diese dreifache Erinnerung - die der unendlichen Majestät, die der unendlichen Zugänglichkeit und die des unbegrenzten Mitgefühls - des Gotteskindes uns gegenüber bewahren. Und dies muss eine gefühlte Erinnerung sein, denn wir versuchen, in unserer Vorstellung das genaue Bild herzustellen, in dessen Lage unsere Seele sich gerührt fühlte.

Bestehen drei Aspekte in der Seele des neugeborenen Erlösers nebeneinander?

Die menschliche Natur unseres Herrn umfasst Vollkommenheiten, Geisteszustände, die alle vollkommen sind und je nach den Umständen seines Lebens in unterschiedlichem Maße gleichzeitig existieren. Er war von dem Moment an, als er Mensch wurde, voller Majestät, voller Zugänglichkeit, Güte und Mitgefühl zu den Menschen.

Und es ist natürlich, dass auch als Kind gemäß den Seelen, die sich ihm näherten, mal ein Aspekt, mal ein anderer seiner menschlichen Natur sich zeigte.

Es wäre sehr schön, wenn in einer Kirche statt nur einer, drei Krippen auf drei verschiedenen Altären aufgestellt würden, in denen die Figuren und die gesamte Umgebung jeden dieser Aspekte repräsentierten, wodurch jeder Seele die Meditation erleichtert würde, die ihn am meisten berührte.

* * *

Hier ist eine Meditation über Weihnachten, die auf einer sehr sensiblen Wiederherstellung der Szene basiert, von der wir am leichtesten berührt werden.

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer eines informellen Vortrags von Professor Plinio Corrêa de Oliveira, den er am 29. Dezember 1973 hielt. Er wurde übersetzt und angepasst für die Veröffentlichung ohne Überarbeitung des Autors.

© Nachdruck oder Veröffentlichung ist nur mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Diese deutsche Fassung erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

Freitag, 20. November 2020

„Alles spiegelt sich in den Augen wider: Zorn, Angst, Zuneigung oder Freude“

Plinio Corrêa de Oliveira

Dieser Thementeil unserer Zeitung hat sich häufig mit Umgebungen befasst, die durch Gebäude, Möbel, Landschaften usw. geschaffen wurden. Es wäre interessant zu betonen, dass das Hauptelement jeder Umgebung der Mensch selbst ist. Dies ist eine offensichtliche Wahrheit in Bezug auf Ideen, die der Mensch äußert, und seine Handlungen, und weniger offensichtlich vielleicht in dem, was wir als Unwägbarkeiten menschlicher Präsenz bezeichnen könnten: der Haltung, der Gesinnung, dem Blick.

Verweilen wir ein wenig in der Analyse des menschlichen Blickes.

Unser erstes Bild zeigt uns eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der französischen ultramontanen Bewegung im 19. Jahrhundert, Abt Prosper Guéranger, O.S.B., Gründer und Abt des berühmten Klosters Solesmes, Neubegründer der katholischen Liturgie, ein ausgezeichneter Schriftsteller und ein großer Freund von Louis Veuillot.

Die breite Stirn, die scharfen und kräftigen Züge zeigen Intelligenz und Stärke der Persönlichkeit an. Aber alles, was diese Merkmale bedeuten können, wird in den Augen zusammengefasst, verdichtet und zu seiner höchsten Ausdruckskraft gebracht. Große, helle Augen, voller Licht, in denen sich keine Schwäche oder menschliche Niedergeschlagenheit jemals gespiegelt zu haben scheint. Große Augen, die für die ausschließliche Betrachtung des Transzendentalen in diesem Leben und für die unermesslichen Horizonte des Himmels gemacht zu sein scheinen. Gleichzeitig der Blick einer unbesiegbaren durchdringenden Kraft in Bezug auf die Dinge der Erde, geeignet alle Anscheinungen, alle Sophismen, alle Künsteleien der Menschen zu überschreiten, und in die tiefsten Winkel von Ereignissen und Herzen einzutauchen. Seine Seele ist die des gerechten und kontemplativen Mannes, die hoch sieht und tief, weil sie versunken in der Klarheit des logischen Denkens lebt, beleuchtet von einem tadellos rechten Glauben.

Wie kann man Angesichts eines solchen Blicks nicht an die schönen Worte des Heiligen Vaters Pius XII. in seiner Ansprache vom letzten 12. Juni (1954) an die Mitglieder des 1. Lateinischen Kongresses für Augenheilkunde denken: „Alles spiegelt sich in den Augen wider: nicht nur die sichtbare Welt, sondern auch die Leidenschaften der Seele. Selbst ein oberflächlicher Beobachter entdeckt in ihnen die unterschiedlichsten Gefühle: Zorn, Angst, Hass, Zuneigung, Freude, Vertrauen oder Gelassenheit. Das Spiel der verschiedenen Muskeln des Gesichts ist in den Augen irgendwie konzentriert und zusammengefasst, wie in einem Spiegel“.

Von den großen Augen, die Dom Guéranger so offen hielt für den Himmel und für dieses Leben, gehen wir über zum bewundernswerten Ausdruck der Augen, die der Tod geschlossen hat und die sich erst „in novissimo die“ (am letzten Tag) wieder öffnen werden, um die schreckliche Pracht des Weltgerichts zu betrachten.

Es ist die bewundernswerte Totenmaske des hl. Philipp Néri, dem berühmten Apostel Roms im 16. Jahrhundert. Die Kraft seiner Persönlichkeit war dermaßen groß, dass seine Totenmaske sozusagen immer noch glänzt in der Feinheit, Stärke und einer leichten und sanften Ironie, die die Lippen in ein unmerkliches Lächeln zu öffnen scheint; aber der „Blick“ ist immer noch die ausdrucksstärkste Note, mit einer Fixiertheit, einer Klarheit, einer Kraft, die nicht nur die Augenlider, sondern auch die Schleier des Todes und der Zeit durchdringt und die Kohärenz, die Robustheit, die geistige Gesundheit seiner Seele, die schon nicht mehr da ist, zeigt. Stärke, Harmonie, Logik eines Heiligen, der es verdient hat, das durchsichtige Licht Gottes im Himmel zu sehen.

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

CATOLICISMO Nº 45, September 1954 - AMBIENTES, COSTUMES, CIVILIZAÇÕES 

Verwendung dieser deutschen Übersetzung ist nur mit Quellenangabe dieses Blogs erlaubt.

Auf Deutsch ist dieser Artikel erstmals erschienen in https://p-c-o.blogspot.com/ 

Donnerstag, 19. November 2020

Interne Feinde (der Kirche)

Aus den in unseren letzten beiden Ausgaben wiedergegebenen Dokumenten haben wir gesehen, wie unter den verschiedenen Maßnahmen, die die Geheimkräfte zu Beginn des 19. Jahrhunderts für den systematischen Kampf gegen die Heilige Kirche ergriffen haben, zwei von zentraler Bedeutung sind: - interne Korruption durch Infiltration von Pseudo-Katholiken und die Vorsichtsmaßnahme, offene Verfolgung zu vermeiden, um keine Märtyrer zu machen.

Etwas weniger als ein Jahrhundert, nachdem in Rom von den päpstlichen Behörden die bekannte „Anweisung“ einer Großloge abgefangen worden war, veröffentlichte der damals glorreich regierende Heilige Vater Papst Pius X. die Enzyklika „Pascendi Dominici Gregis“, in der er die Irrtümer der Modernisten niederschmetterte.


Wir geben heute einige Streiflichter dieser sehr wichtigen Enzyklika wieder, in denen wir sehen werden, dass die von den Modernisten angewandte Taktik Punkt für Punkt mit den „Anweisungen“ der Geheimkräfte an ihre Beauftragten übereinstimmt.

Mehr noch. Wir werden aus diesen Auszügen, die wir zitieren werden, den allgemeinen Charakter der modernistischen Bewegung und den einheitlichen Aspekt ihrer Lehre ersehen, was darauf hindeutet, dass dieses „Sammelbecken aller Häresien“ in den Augen des Heiligen Vaters Pius X. die Proportionen einer breiten Verschwörung gegen die Heilige Kirche annimmt, die in ihrem eigenen Schoß aktiv ist.

Diese Enzyklika ist ein klarer Beweis für die Änderung der Taktik der Feinde der Kirche, die sich nach Angaben des Heiligen Vaters Pius X. für eine „ganz neue und souverän perfide Kunst“ einsetzen würden, um „das Reich Jesu Christi vollständig zu untergraben“.

Lassen wir die Texte von selbst sprechen:

-oOo-

»Die Herde des Herrn zu weiden ist das Uns durch Gott übertragene Amt, welches von Christus vor allem die Aufgabe zugewiesen erhalten hat, den Schatz des überlieferten heiligen Glaubens auf sorgfältigste Weise zu hüten und profane Neuerungen und Einwendungen einer falschen Wissenschaft zurückzuweisen. Zu aller Zeit war diese Sorge des Obersten Hirten für das katholische Volk ein notwendiges Anliegen, denn dem Feind des Menschengeschlechtes hat es niemals an Leuten gefehlt, die Verkehrtes reden, die mit ihren nichtigen Reden zu Verführern werden, oder an betrogenen Betrügern. Man kann es nicht leugnen, daß in der letzten Zeit die Zahl der Feinde des Kreuzes Christi um eine große Anzahl gewachsen ist. Mit neuen, hinterlistigen Taten versuchen sie die Lebenskraft der Kirche zu brechen und, wenn es ihnen möglich ist, das Reich Christi selbst von Grund auf zu zerstören. Deshalb dürfen Wir nicht länger schweigen, um Unserer heiligsten Aufgabe nicht die Treue zu brechen und um die Milde, welche Wir bisher in der Hoffnung walten ließen, daß man sich eines Besseren besinnen würde, Uns nicht als Pflichtvergessenheit anlasten zu lassen.

Wir sind nun gezwungen, Unser Zögern nicht weiter auszudehnen, da die Verfechter dieser Irrtümer bereits nicht mehr nur ausschließlich unter den öffentlichen Feinden zu finden sind. Zu Unserem größten Schmerz und Unserer höchsten Beschämung müssen wir die Worte gebrauchen: Sie lauern bereits im Inneren der Kirche selbst, wörtlich gesprochen, am Busen und im Schoße der Kirche. Sie sind umso gefährlicher, je weniger sie bekannt sind. Ehrwürdige Brüder, Wir sind der Meinung, daß sich viele aus der katholischen Welt der Laien und – noch viel schlimmer – sogar aus den Reihen des Klerus, die sich unter dem Deckmantel der Liebe zur Kirche verstecken, ohne Grundlage einer soliden Philosophie und Theologie, vergiftet durch falsche Lehren, die sie aus dem Munde der Feinde zu hören bekamen, und jede Bescheidenheit beiseite rückend als Reformatoren der Kirche aufspielen. Kühn versammeln sie sich in ihren Reihen, greifen das Heiligste des Werkes Christi an und verschonen dabei nicht einmal die göttliche Person des Erlösers selbst, den sie mit blasphemischer Frechheit zu einem armseligen Menschen herabwürdigen.

Diese Leute mögen sich wundern, wenn Wir sie zu den Feinden der Kirche zählen. Über das Innerste ihres Herzens wird nur Gott alleine richten. Wem jedoch ihre Lehren, ihre Redewendungen und ihre Handlungsweisen bekannt sind, der kann sich darüber nicht wundern. Es entspricht absolut der Wahrheit, daß sie schlimmer sind als alle anderen Feinde der Kirche. Wie bereits erwähnt, schmieden sie ihre Pläne, die Kirche ins Verderben zu stürzen, nicht nur außerhalb, sondern auch im Inneren der Kirche. Im Blute der Kirche, in ihrem tiefsten Inneren, hat sich diese Gefahr festgesetzt. Deshalb wird ein Schaden für die Kirche umso sicherer, je genauer sie die Kirche kennen. Dazu kommt noch, daß sie nicht nur an die Äste und Zweige, sondern tief an die Wurzel ihre Hand legen: an den Glauben und an die tiefsten Fasern des Glaubens. Ist aber diese Wurzel des Lebens einmal getroffen, dann werden sie das Gift in dem ganzen Baum verbreiten. An der katholischen Wahrheit werden sie kein Stück unberührt oder unverdreht lassen. Sie kennen viele tausend Arten, um Schaden anzurichten.

Dabei verhalten sie sich äußerst gewandt und schlau. Abwechselnd spielen sie die Rolle des Rationalisten und des Katholiken in einer derart gewandten Weise, daß sie jeden harmlos Denkenden mit Leichtigkeit zu ihrem Irrtum bekehren können. Auch läßt ihre Verwegenheit sie vor keinen Konsequenzen zurückschrecken. Mit frecher Stirn und kaltem Blut drängen sie sogar dazu. Dazu kommt noch ihr äußerst tätiges Leben, ihre ständige, eifrige Beschäftigung mit gelehrten Arbeiten aller Art und oft eine zur Schau getragene Sittenstrenge. Dies alles trägt umso leichter dazu bei, sich in ihnen zu täuschen. Mit ihren Fachstudien sind sie schließlich an einem Punkt angekommen, an dem sie keine Autorität mehr anerkennen und sich keine Beschäftigungen mehr gefallen lassen wollen. Auf diese Weise haben sie ihr eigenes Gewissen getäuscht und möchten das Wahrheitsdrang nennen. In Wirklichkeit handelt es sich dabei nur um Stolz und Hartnäckigkeit. Man sollte dabei fast an jedem Heilmittel zweifeln.

Wir hatten gehofft, daß Wir diese Männer doch noch zur Besinnung bringen könnten. So haben Wir sie zuerst mit väterlicher Milde behandelt, dann mit Strenge; schließlich sahen Wir Uns gezwungen, öffentlich gegen sie einzuschreiten. Euch ist bekannt, ehrwürdige Brüder, daß alle Mühen vergeblich waren. Kaum hatten sie für einen Augenblick den Nacken gebeugt, erhoben sie ihn erneut mit noch größerer Kühnheit. Wenn es sich nur um sie handeln würde, könnte man dies vielleicht durchgehen lassen. Da jedoch der katholische Glaube selbst gefährdet ist, wäre es eine große Sünde, wenn wir noch länger Schweigen würden. Wir müssen reden und ihnen vor der gesamten Kirche die Maske vom Gesicht reißen, die doch ihr wahres Wesen nur halb verhüllt.

Die Modernisten – so werden sie im Allgemeinen sehr richtig bezeichnet – gebrauchen den schlauen Kunstgriff, ihre Lehren nicht systematisch und einheitlich, sondern stets nur vereinzelt und ohne Zusammenhang vorzutragen. Dadurch erwecken sie den Anschein des Suchens und Tastens, während sie davon fest und entschieden überzeugt sind. Deshalb ist es gut, ehrwürdige Brüder, diese Lehren zunächst im Überblick darzustellen, um aufzuzeigen, in welchem Zusammenhang sie stehen. Erst danach ist es angebracht, nach dem Grund des Übels zu suchen und die Mittel vorzuschreiben, durch welche das Unheil abgewendet werden kann.

Um aber in dieser schwierigen Frage schrittweise vorzugehen, merken Wir an dieser Stelle zunächst an, daß jeder Modernist sozusagen mehrere Rollen in einer Person spielt. Er ist Philosoph, Gläubiger, Theologe, Historiker, Kritiker, Apologet und Reformator. Diese Rollen müssen gut unterschieden werden, wenn man das System richtig verstehen und die Prämissen und Konsequenzen ihrer Lehren durchschauen will.«

-oOo-

Nachdem er den modernistischen Philosophen und den modernistischen Gläubigen untersucht, schreibt Pius X. weiter:

»Noch deutlicher ist dies zu erkennen, wenn man die Handlungsweise der Modernisten betrachtet, welche in besonders guter Weise zu ihrer Lehre paßt. Ihre Schriften und Reden sind voll von scheinbaren Widersprüchen, so daß man leicht glauben kann, sie würden schwanken und wären ihrer Sache nicht sicher. Dies geschieht jedoch aus voller Überlegung. Es ist der Ausfluß ihrer Anschauungen über die Trennung von Glauben und Wissen. Manche Ausführungen in ihren Büchern könnte ein Katholik vollständig unterschreiben. Wenn man jedoch das Blatt wendet, könnte man glauben, ein Rationalist führt die Feder.«

* * *

In Fortsetzung der Aufzählung modernistischer Irrtümer werden die egalitären Tendenzen dieser inneren Feinde der Kirche in einem bestimmten Abschnitt wie folgt angeprangert:

»Bei dem religiösen Kult sind die äußeren Observanzen, also die herkömmliche Befolgung der eingeführten Regeln, einzuschränken. Es ist dafür zu sorgen, daß sie nicht noch zunehmen. Andere allerdings, denen der Symbolismus mehr zusagt, sind in diesem Bereich gnädiger. Das kirchliche Regiment soll in jeder Beziehung, besonders nach der disziplinären und dogmatischen Seite, reformiert werden. Es hat sich innerlich und äußerlich ihrem modernen Bewußtsein, das ganz und gar zur Demokratie neigt, anzupassen. Der niedere Klerus und ebenso die Laienwelt müssen deshalb ihren Anteil am Regiment, also am Mitspracherecht, erhalten. Die über alle Maßen zentralisierte Autorität muß dezentralisiert werden. Die römischen Kongregationen für die verschiedenen kirchlichen Bereiche, besonders die Bereiche des heiligen Offiziums und des Index, müssen gleichfalls geändert werden. Dies betrifft auch die Haltung der Kirchenbehörde in politischen und sozialen Fragen. Sie soll sich nicht in bürgerliche Verhältnisse einmischen, sondern sich ihnen anpassen, um sie so mit ihrem Geiste zu durchdringen.

Innerhalb der Moral eignet man sich den Grundsatz des Amerikanismus an. Dabei gehen die aktiven Tugenden den passiven voran. Ihre Übung muß vor den anderen gefördert werden. Vom Klerus verlangt man Demut und Armut, wie dies in der Vorzeit herrschte. Dabei soll er in Tat und Gesinnung den modernistischen Ideen folgen.«

Und weiterhin die modernistische Taktik aufdeckend, schreibt Pius X.:

»Aus der Verbindung der falschen Philosophie mit dem Glauben ist dann ihr System mit allen seinen groben Irrtümern gewachsen.

Würde doch nur auf seine Verbreitung weniger Eifer und Sorge verwandt! Dagegen ist ihre Rührigkeit groß. Unermüdlich verrichten sie ihre Arbeit, daß es einem wirklich leid tut, so viele Kräfte mißbraucht zu sehen, welche die Kirche verderben, die bei richtig angewendetem Gebrauch ihre beste Hilfe sein könnte. Sie benutzen ein doppeltes Vorgehen, um die Leute zu überrumpeln. Zunächst versuchen sie, jedes Hindernis ihrer Ziele auszuräumen, dann raffen sie alles mit dem größten Eifer zusammen und wenden unermüdlich und unverdrossen jedes Mittel an, das ihnen in irgendeiner Form eine Hilfe sein kann. Vor allem sind es drei Dinge, von denen ihnen bekannt ist, daß sie ihren Bestrebungen entgegengesetzt sind: Die scholastische Methode in der Philosophie, die Autorität und die Tradition der Väter sowie das kirchliche Lehramt. Diesen gilt ihr verbissenster Kampf.«

Und als eines der Elemente dieses Krieges zitiert der Heilige Vater die Kampagne, vor allem des Schweigens, die modernistische Sektierer gegen Katholiken führen, die energisch für die Kirche kämpfen:

...

»Bei dieser Lage der Dinge ist es nicht verwunderlich, ehrwürdige Brüder, wenn die Modernisten den Katholiken, die entschieden für die Kirche eintreten, ihren ganzen Groll und Unwillen fühlen lassen. Ihnen wird keine Art von Beleidigungen erspart. Ständig wiederholen sie den Vorwurf der Unwissenheit und Hartnäckigkeit. Wenn ihnen die Gelehrsamkeit und Schlagfertigkeit eines Gegners Respekt einflößt, so schweigen sie wie auf Verabredung und versuchen mit dieser Haltung die Antwort wirkungslos zu machen. Katholiken auf diese Art zu behandeln ist um so mißgünstiger, als sie ihre eigenen Parteigänger zur gleichen Zeit mit maßlosen, nicht enden wollenden Lobsprüchen überschütten, und deren Bücher, die von Anfang bis zum Ende mit Neuerungen gefüllt sind, mit lautem Beifall begrüßen und bestaunen. Je kühner jemand das Althergebrachte umstößt, die Überlieferung und die kirchliche Lehre von sich weist, desto gelehrter gilt er. Wenn schließlich jemand die kirchliche Verurteilung getroffen hat, so wird er nicht nur, zum Entsetzen aller guten Katholiken, von der ganzen Schar laut und öffentlich gelobt, sondern fast als Märtyrer der Wahrheit verehrt. Die jungen Leute lassen sich schließlich von dem ganzen Lärm dieser Lob- und Schmähreden verwirren und verführen. Da sie nicht als Ignoranten gelten wollen, streben sie nach dem Ruf der Gelehrsamkeit. Gedrängt von ihrer Neugierde und ihrem Stolz lassen sie sich nur zu oft fangen und schließen sich dem Modernismus an.

Das gehört bereits zu den Kunstgriffen der Modernisten, um ihre Ware an den Mann zu bringen. Sie lassen nichts unversucht, um die Zahl ihrer Anhänger zu vermehren. An den Priesterseminarien und Universitäten lauern sie auf Professoren, um sie dann bald in Lehrstühle des Verderbens zu verkehren. In der Kirche tragen sie die Lehre in ihren Predigten, vielleicht auch nur in versteckter Weise vor. In Versammlungen sprechen sie freier. Bei sozialen Veranstaltungen flechten sie ihre Lehren ein und preisen sie an. Unter eigenem oder fremdem Namen lassen sie ihre Bücher, Zeitungen und Abhandlungen erscheinen. Ein und derselbe Schriftsteller benutzt häufig verschiedene Namen, um Unvorsichtige durch Vorspiegelung vieler Autoren zu täuschen. In ihrer Aktivität, in Wort und Schrift, überall, entfalten sie eine wahrhaft fieberhafte Tätigkeit. Was ist das Ergebnis? Bedauerlicherweise ist eine große Anzahl junger Leute, welche die größten Hoffnungen erweckten und für das Wohl der Kirche so viel Gutes tun könnten, vom rechten Weg abgewichen. Auch diese Tatsache berührt Uns schmerzlich. Viele, die zwar nicht so weit gehen, wurden doch von der schlechten Atmosphäre angesteckt und haben es sich angewöhnt, mit einer Ungebundenheit zu denken, zu reden und zu schreiben, die für einen Katholiken unpassend ist.«

Und nachdem der Heilige Vater gezeigt hat, wie diese Erneuerer „so viel wie möglich die frommen Volkstraditionen zerstören“, beginnt er mit den folgenden Worten, die Maßnahmen aufzuzählen, die ergriffen werden müssen, um das von ihnen verursachte Böse zu ersticken:

» Unser Vorgänger seligen Andenkens, Leo XIII., hat sich in Wort und Tat besonders in der Bibelfrage mannhaft gegen diesen Strom grober Irrtümer entgegengestellt, der insgeheim und offen einzudringen versuchte. Wie wir jedoch erkennen können, lassen sich die Modernisten nicht so leicht durch eine solche Abwehr abschrecken. Gegen die Worte des Papstes haben sie zwar die größte Ehrfurcht und Unterwürfigkeit zur Schau getragen, diese dabei jedoch zu ihren Gunsten verdreht und sein Einschreiten auf irgendwelche anderen Leute bezogen. Das Übel ist somit von Tag zu Tag schlimmer geworden. Deshalb haben Wir beschlossen, ehrwürdige Brüder, nicht länger zuzusehen, sondern energischere Maßnahmen zu ergreifen. Euch aber bitten und beschwören Wir, es in dieser Angelegenheit nicht an äußerster Wachsamkeit, Eifer und Festigkeit fehlen zu lassen. Was Wir von Euch wünschen und erwarten, das wünschen und erwarten Wir ebenso von den übrigen Seelsorgern, von den Erziehern und Lehrern des jungen Klerus, und in besonderer Weise von den Generaloberen der religiösen Orden.«

-oOo-

Damit endet der Teil der Darstellung modernistischer Taktiken und Fehler, um mit der Aufzählung der Maßnahmen zu beginnen, die ergriffen werden müssen, um das zu bekämpfen, was der Heilige Vater Pius X. als „Sammelbecken aller Häresien“ genannt hat.

Und durch diese einfachen Zitate können unsere Leser verstehen, was wir oben gesagt haben, d.h. auf den verallgemeinerten und einheitlichen Aspekt dieser in der Heiligen Kirche unseres Herrn Jesus Christus vorhandenen gewaltigen Verschwörung, die bis heute fortbesteht, in ihrer vernunftwidrigen Aufgabe das Heilswerk der Menschheit, das seit so vielen Jahrhunderten von Petrus und seinen Nachfolgern ausgeführt wurde, zu zerstören versuchen.

Stehen wir nicht vor der Verwirklichung der am Beginn des 19. Jahrhunderts entworfenen Pläne der Geheimkräfte für die innere Zerstörung der Kirche?

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

Legionário, 23. Juli 1944, Nr. 624, S. 5

in der Artikelserie “Nova et Vetera” unter dem Titel „Inimigos internos“

Der deutsche Text der Enzyklika wurde der Wortlautveröffentlichung in www.Kathpedia.com entnommen.

Die deutsche Fassung dieses Artikels ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.


Montag, 16. November 2020

 

EXSURGE DOMINE! QUARE OBDORMIS?

Plinio Corrêa de Oliveira

Die Situation der Kirche, wie der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort sie mit vorsehender Klarheit zu seiner Zeit sah, kennzeichnete sich durch zwei wesentliche Merkmale, die er uns in seinem Gebet um Missionare für sein Werk mit feurigen Worten beschreibt. (daher genant „Das Flammengebet)


Einerseits ist es der Feind, der gefährlich voranschreitet, es ist der siegreiche Ansturm der Bosheit und Unmoral: „Dein göttliches Gebot wird übertreten, Dein Evangelium wird verachtet. Ströme von Bosheit überschwemmen die ganze Erde und reißen selbst Deine Diener mit sich fort. Die ganze Erde ist verwüstet, desolatione desolata est omnis terra die Gottlosigkeit sitzt auf dem Thron, Dein Heiligtum ist entweiht und der Greuel herrscht selbst an heiliger Stätte.“

Die Diener des Bösen sind aktiv, kühn und erfolgreich in ihren Unternehmen: „Siehe, o Herr der Heerscharen, die Kapitäne, die ihre Truppen sammeln, die Potentaten, die zahlreiche Heere zusammenstellen, die Seefahrer, die ganze Flotten bilden, die Kaufleute, die sich in großer Zahl zusammenfinden auf den Märkten und Handelsplätzen. Wie die Räuber, die Gottesleugner, die Trunkenbolde und Wüstlinge sich in Massen gegen Dich täglich so leicht und eilig vereinigen: Ein Flintenschuss, ein Trommelschlag, eine stumpfe Degenklinge, die man ihnen zeigt, ein dürrer Lorbeerzweig, den man ihnen verspricht, ein Klumpen gelber oder weißer Erde, den man ihnen bietet…, kurz, ein Rauch der Ehre, ein nichtssagender Gewinn und eine kleine schändliche Lust genügt, um zu sehen wie augenblicklich Diebe, Soldaten, Bataillone, Kaufleute sich sammeln, die Häuser und Handelsplätze füllen, bedecken Land und Meer mit einer Unzahl von Schurken, die alle, obwohl getrennt durch örtliche Entfernung oder durch Verschiedenheit der Temperamente oder durch Sonderinteressen, sich dennoch bis zum Tod zusammenschließen, um unter der Fahne und Führung des Teufels Dich und Dein Reich zu bekämpfen.“

      Kapitäne, Potentaten, Seefahrer, Kaufleute, das heißt die Schlüsselmänner seines Jahrhunderts, alle bewegt von Bosheit, Gier, Ehrendurst, verdorben von ernsthaften Lastern, bilden mit den Massen, die ihnen folgen - abgesehen von den Ausnahmen, wohl verstanden - eine Vielzahl von Betrunkenen, Banditen und Verdammten, die sich über die Weiten von Land und Meer hinweg zusammenschließen, um die Kirche zu bekämpfen!

      Das kann man wohl Klarheit von Konzepten und Sprache, Seelenmut, makellose Kohärenz bei der Klassifizierung von Fakten bezeichnen! Wie muss dieser Heilige lieblos, unklug, vorschnell in seinen Urteilen dem modernen Menschen vorkommen, der die Logik fürchtet, der sich über radikale und starke Wahrheiten entrüstet und nur eine süßliche Sprache aus halben Farbtönen duldet!

      Auf der anderen Seite, dass heißt, unter denen, die noch Kinder des Lichtes sind, sieht der hl. Ludwig Maria, die Trägheit das Feld beherrschen. Diese Tatsache schmerzt ihn: „Und unsererseits, großer Gott, obwohl es so viel Ruhm, Nutzen und Sanftmut gibt, Dir zu dienen, wird sich fast niemand auf Deine Seite schlagen? Wird sich kaum ein Soldat unter Deinen Bannern aufstellen? Wird fast kein Heiliger Michael unter seinen Brüdern im Eifer Deines Ruhmes rufen: Quis ut Deus?

      Der hl. Ludwig Maria will so viele oder noch mehr Paladine auf der Seite Gottes als es auf der Seite des Teufels sind. Er will, dass sie treu, rein, stark, furchtlos, kämpferisch und furchterregend seien wie der Fürst der himmlischen Heerscharen. Er beschränkt sich nicht darauf zu sagen, dass sie wie der hl. Michael sein müssen. Er will, dass sie wie menschliche Abbilder des Erzengels sein sollen: „Wird fast kein Heiliger Michael unter seinen Brüdern im Eifer Deines Ruhmes rufen ...?“

      Wie sehr dieses Bestreben, die Welt voller Apostel mit Feuerschwertern zu sehen, von der Kurzsichtigkeit, der Kälte, der süßen und unpassenden Sentimentalität so vieler heutigen Katholiken abweicht, für die Apostolat bedeutet, die Augen vor den Fehlern des Gegners zu schließen, vor ihm die Barrieren niederreißen, ihm die Kriegswaffen übergeben, sein Joch aufnehmen und nach der Bestätigung der Kapitulation, behaupten, dass es alle Gründe gibt, glücklich zu sein, denn es hätte ja noch schlimmer kommen können.

      So lange diese Feuerapostel nicht kommen, läuft  die Heilige Kirche Gefahr, schwerwiegende Rückschläge zu erleiden. So viele Laue und Lässige haben das nicht gesehen. Der hl. Ludwig Maria jedoch sah es, und er ruft alle zum Kampf auf: „Ah! erlaube mir überall zu rufen: Feuer! Feuer! Feuer! Zu Hilfe! Zu Hilfe! Zu Hilfe! Feuer im Hause Gottes! Feuer in den Seelen! Feuer sogar im Heiligtum. Zu Hilfe unserem Bruder, den man ermordet, zu Hilfe, unseren Kindern, die man enthauptet, zu Hilfe, unserem guten Vater, den man erdolcht!“.

      Es ist die Verwüstung in der Kirche und in den Seelen, das Feuer, das katholische Institutionen, Gesetze, Sitten verzehrt und die Ruchlosen, die die Seelen enthaupten und den Heiligen Vater erdolchen.

      Ganze Legionen von Seelen außerhalb und innerhalb des Heiligtums (der hl. Ludwig lässt es deutlich sehen) verschränkten die Arme und kümmerten sich um ihren kleinen Mikrokosmos, ohne sich um die Kirche und ihre großen Probleme zu sorgen. Sie waren eingetaucht in ihrem kleinen Alltag, ihrem kleinen Komfort, ihren kleinen Ersparnissen, ihre kleinen Eitelkeiten, neben ihren kleinen Andachten, ihren kleinen Wohltätigkeitsorganisationen, ihren kleinen Apostolaten, in dessen Zentrum oft nur ihre eigene kleine Person stand.

      Im Gegenteil, der hl. Luiz Maria war eine unermesslich große Seele. In eine dunkle Situation versetzt, widmete er sich von ganzem Herzen der Rettung seines Nächsten in den kleinen Umgebungen, in denen er lebte. Aber sein Eifer hatte keine Grenzen und umfasste die gesamte Kirche. Er lebte, brannte, freute sich oder litt, im Hinblick der gesamten katholischen Sache, im weitesten Sinne des Wortes.

      Und aus diesem Grund richtete er eine bewundernswerte Bitte an Gott: Wenn es zu einem unaufhörlichen Triumph des Bösen ohne eine dementsprechende Reaktion käme, bliebe für ihn nur noch, dass Gott ihn zu sich nehme: „Ist es nicht besser für mich zu sterben, als dich, meinen Gott, jeden Tag so grausam und ungestraft beleidigt zu sehen und ich selbst jeden Tag mehr und mehr in der Gefahr schwebe, von den anschwellenden Strömen der Missetaten mitgerissen zu werden? Tausend Tode wären mir erträglicher. Sende mir Hilfe vom Himmel oder nimm meine Seele zu Dir. Ja, wenn ich nicht hoffen dürfte, dass Du diesen armen Sünder früher oder später im Interesse Deiner Herrlichkeit erhören wirst ... fürwahr würde ich Dich dringend bitten, wie der Prophet: tolle animam meam (1 Kön 19, 4), nimm meine Seele hinweg!“

DAS REICH MARIENS

      Es scheint ihm unmöglich, dass Gott den Marsch der Bosheit nicht aufhält: „Wirst Du denn alles der Verlassenheit anheimgeben, gerechter Herr, o Gott der Rache? Soll letztlich alles wie Sodom und Gomorrha werden? Wirst Du immer schweigen? Wirst Du ewig dulden? Soll denn nicht Dein Wille geschehen wie im Himmel also auch auf Erden und Dein Reich zu uns kommen?“


     
Nein, Gottes Eingreifen wird nicht fehlen. Er hatte es ausgewählten Seelen vorausgesagt, denen Er über eine Vision eine künftige Ära voraussehen ließ, die das Reich Mariens sein würde: »Hast Du nicht schon im Voraus einigen Deiner treuen Freunde eine zukünftige Erneuerung Deiner Kirche verkündet? Sollen sich die Juden nicht endlich zur Wahrheit bekehren? Wartet nicht die Kirche gerade darauf? Rufen nicht alle Heiligen des Himmels: Gerechtigkeit: vindica? (Offb 6,10) Sprechen nicht alle Gerechten auf Erden: Amen, veni Domine? (Offb 22,20), „es geschehe, komme, o Herr!“ Seufzen nicht alle Geschöpfe, selbst die unvernünftigen, unter der Last der unzähligen Sünden Babylons? Sehnen sie sich nicht nach Deiner Ankunft, damit alle Geschöpfe erneuert werden? Omnis creatura ingemiscit (Röm. 8,22).«

      Und in dem Wunsch nach dieser „Wiederherstellung aller Dinge“ fleht er Gott um den kommenden Tag an, an dem „es nur ein Schafstall und einen Hirten geben wird, auf dass alle Dir die Ehre geben in Deinem heiligen Tempel“.

      Hier sind die Elemente des zukünftigen Reichs Mariens umrissen. Es wird sich aus der Bekehrung aller Ungläubigen, aus dem Eintritt aller Völker in die Herde der Kirche und aus der „Wiederherstellung aller Dinge“ ergeben, d.h. der Wiederherstellung in Christus des gesamten intellektuellen, künstlerischen, politischen, sozialen und wirtschaftlichen Lebens, das die Macht der Finsternis umgestürzt hatte. Es ist der Wiederaufbau der christlichen Zivilisation.

       Wie sich herausstellt, handelt es sich um künftige Ereignisse. Wir gehen auf sie zu. Wir müssen das Kommen dieses tausendmal glücklichen Tages durch unsere Gebete, unsere Buße, unsere guten Werke, unser Apostolat, beschleunigen, an dem es nur eine Herde und einen Hirten geben wird.

EINE NEUE HISTORISCHE ÄRA

Wir haben bereits gesehen (in „Lehrer,Prophet und Apostel in der gegenwärtigen Krise), dass unsere Tage Teil des langen historischen Prozesses sind, der zwischen 1450 und 1550 mit dem Humanismus, der Renaissance und dem Protestantismus begann, der mächtig bestärkt durch den Enzyklopädismus (sog. Aufklärung) und der Französischen Revolution und schließlich triumphierend im 19. und 20. Jahrhundert mit der Umwandlung christlicher Völker in mechanisierte, amorphe Massen, die größtenteils vom Sauerteig der Unmoral, des Egalitarismus, des religiösen Indifferentismus (Gleichstellung aller Religionen) oder der totalen Skepsis bearbeitet wurden. Vom Liberalismus ist er bereits zum Sozialismus übergegangen, und von diesem ist er auf dem Weg, in den Kommunismus zu fallen.

      Dieser Aufwärtstrend falscher weltlicher Ideale (mit pantheistischem Hintergrund, sollte angemerkt werden) und egalitärer Natur ist das große Ereignis, das unsere historische Ära dominiert. An dem Tag, an dem sich ein solcher Marsch nach einem Rückschlag, der nicht klein und gelegentlich, sondern kontinuierlich und mächtig sei wird, zurückzuziehen beginnt, hätte eine weitere Phase der Geschichte begonnen.

      Mit anderen Worten, die Entchristlichung ist das Zeichen, unter das alle vorherrschenden Ereignisse im Westen vom 15. Jahrhundert bis heute gestellt sind. Es ist das, was diese fünfhundert Jahre miteinander verbindet und einen Block im großen Ensemble, das Geschichte ist, bildet. Sobald die Entchristlichung durch eine umgekehrte Bewegung aufhört, werden wir von einer Gesamtheit zusammenhängender Jahrhunderte zu einer anderen übergegangen sein.

      Es war genau eine Tatsache dieser Größenordnung, ein Einschnitt im Prozess der Entchristlichung und ein beispielloser Aufbruch der Religion, um die der hl. Ludwig Maria flehte, auf die er hoffte und, wie wir sicher sind, auch erlangte.

       „Das besondere Reich Gottes des Vaters dauerte bis zur Sintflut und wurde durch eine Wasserflut beendet; das Reich Jesu Christi fand sein Ende in einen Strom von Blut; Dein Reich aber, o Geist des Vaters und des Sohnes, setzt sich gegenwärtig fort und wird in einer Flut von Feuer, Liebe und Gerechtigkeit enden.“

       Und der Hl. Ludwig bittet um diese Sintflut: „Wann wird diese Sintflut des Feuers der reinen Liebe kommen, dass Du in der ganzen Welt auf so milde und ungestüm anzünden wirst, dass alle Nationen, die Türken, die Götzendiener und die Juden selbst in ihm brennen und sich bekehren werden? Lass, dass dieses göttliche Feuer, das Jesus Christus auf die Welt gebracht hat, sich entzünde, bevor Du das Feuer deines Zornes entzündest, das die ganze Erde zu Asche machen wird.“

EIN VON DER VORSEHUNG GESANDTES INSTRUMENT

      Das Mittel, um diesen Triumph zu erreichen, wird eine Gemeinschaft sein, die vollständig der Heiligsten Jungfrau Maria geweiht und durch Sie vereint und belebt sein wird.

      Was auch immer diese Gemeinschaft nach der Vorstellung des Heiligen sein wird, kann nicht mit absoluter Sicherheit behauptet werden. In gewissem Sinne sieht es aus wie eine religiöse Familie. Es gibt aber auch Aspekte, bei denen man anders denken könnte. In jedem Fall wird diese Gemeinschaft das menschliche Instrument sein, um das Königreich Mariens zu verwirklichen. Und als solches ruhen die Blicke der Vorsehung von Ewigkeit an liebevoll auf sie: „Sei eingedenk, o Herr, an deine Gemeinschaft, die von Ewigkeit her Dein eigen war, denn von Anfang an hast Du ihrer gedacht; die Du in Deiner allmächtigen Hand hieltest, als Du mit einem Wort das Universum aus dem Nichts erschaffen hattest“. In dem unter allen tragischen und glücklichen Moment, in dem sich unsere Erlösung vollendete, hielt sie Gott noch „verborgen in seinem Herzen“, und Sein Sohn, der „am Kreuz starb, sie mit seinem Blut besprengte und sie durch seinen Tod weihte und sie seiner heiligen Mutter anvertraute”.

     Diese geheimnisvolle Gemeinschaft, die eine „auserwählte Schar, eine Auslese von Auserkorenen sein wird, die Du in der Welt und aus der Welt erwählen wirst. Es ist eine Herde friedlicher Lämmer, die Du unter so vielen Wölfen sammeln wirst; eine Gemeinschaft von keuschen Tauben und königlichen Adlern unter so vielen Krähen; ein Schwarm mühsamer Bienen unter so vielen Hornissen; eine Herde schneller Hirsche unter so vielen Schildkröten; ein Bataillon furchtloser Löwen unter so vielen schüchternen Hasen“, diese Gemeinschaft kann nur durch eine fruchtbare Gnadenhandlung in den Seelen derer gebildet werden, aus der sie sich zusammensetzen soll. Doch für Gott ist nichts unmöglich: „Oh großer Gott, der Du aus den rohen Steinen ebenso viele Kinder Abrahams erwecken kannst, sprich nur ein einziges Wort als Gott, um gute Arbeiter in Deine Ernte und gute Missionare in Deine Kirche zu senden.“

      Seit vielen Jahrhunderten bitten die Gerechten Gott um die Gründung dieser Gemeinschaft: „Gedenke der Gebete, die Deine Diener und Dienerinnen in dieser Angelegenheit seit so vielen Jahrhunderten an Dich gerichtet haben. Ihr Flehen, ihr Seufzen, ihre Tränen und ihr vergossenes Blut mögen vor Dein Angesicht kommen, um Deine Barmherzigkeit mächtig anzuregen“. Da diese Gemeinschaft Maria gehören wird, ist für sie diese so reiche Gabe der Vorsehung vorgesehen: „Gedenke Deiner Mutter eine neue Gesellschaft zu geben, um durch sie alle Dinge zu erneuern und die Jahre der Gnade durch Maria zu beenden, wie Du sie durch sie begonnen hast“.

EINE STURMTRUPPE DER STREITENDEN KIRCHE

Bekanntlich bedeutete „Kompanie“ in der Zeit hl. Ludwig Maria Regiment oder Bataillon. In diesem Sinne nannte auch der Heilige Ignatius sein herausragendes Institut „Compañia de Jesus“. Der hl. Ludwig Maria empfand seine Gemeinschaft als im Wesentlichen militant. Sie wird wie eine Erweiterung Unserer Lieben Frau in einem dauernden und gigantischen Kampf mit dem Teufel und seinen Anhängern sein: „Es ist wahr, großer Gott, dass die Welt, wie Du es vorhergesagt hast, der Ferse dieser geheimnisvollen Frau große Nachstellungen bereiten wird, das heißt, der kleinen Gemeinschaft ihrer Kinder, die gegen Ende der Zeiten erscheinen wird. Es ist wahr, dass es große Feindschaften zwischen dieser gesegneten Nachkommenschaft Marias, und dem verfluchten Geschlechte Satans geben wird. Aber dies ist eine rein göttliche Feindschaft, die einzige, die Du selbst gestiftet hast. Aber diese Kämpfe und Verfolgungen, die die Kinder aus dem Geschlecht Belials der Nachkommenschaft Deiner heiligen Mutter bereiten, sollen nur dazu dienen, die Macht Deiner Gnade, die Größe der Tugenden und das Ansehen Deiner Mutter herrlicher erstrahlen zu lassen. Denn seit dem Anbeginn der Welt hast Du ihr die Aufgabe übertragen, durch die Demut ihres Herzens diesen Stolzen Erbfeind zu vernichten“.

      Dieser Abschnitt ist einer der wichtigsten, da er die Modernität dieser Gemeinschaft, ihr militantes Apostolat und ihren zutiefst - wir würden fast sagen - extrem marialen Geist zeigt.

      Tatsächlich sieht der hl. Ludwig Maria, dass diese Gemeinschaft dazu bestimmt ist, „gegen Ende der Welt zu erscheinen“. Und wenn in der Sprache der Anbeter der Moderne jedes Jahrhundert moderner ist als die vorhergegangenen, wird es - zumindest im chronologischen Sinne des Wortes - keine moderneren Jahrhunderte geben als jene, die „kurz vor dem Ende“ kommen werden.

      Was bedeutet dieses „gegen Ende“? In der prophetischen Sprache ist die Genauigkeit des Begriffs umstritten. Es wird vielleicht die letzte Phase der Menschheit sein, das heißt, das Reich Mariens. Wie lange wird diese Phase dauern? Es ist ein weiteres Problem, für dessen Lösung wir im Gebet des Heiligen keine Anhaltpunkte gefunden haben. Auf jeden Fall nachdem wir die absolute „Modernität“ dieses Apostolats festgestellt haben, wollen wir einige der Merkmale sehen, die es haben wird. Diejenigen, die diese Eigenschaften für anachronistisch halten, werden sehen, wie sie sich irren.

HINGABE AN UNSERE LIEBE FRAU

Diese Apostel der letzten Zeit werden „wahre Kinder Mariens sein, die von ihr in Liebe gezeugt und empfangen wurden, in ihrem Schoße getragen, geboren und an ihrer Brust ruhend, von ihrer Milch genährt, durch ihre Fürsorge großgezogen, von ihrer Hand gestützt und mit ihren Gnaden bereichert sind“. Und weiter sagt er: „Durch ihre Hingabe an die Vorsehung und ihre Andacht an Maria werden sie die Silberflügel der Taube haben, das heißt, die Reinheit der Lehre und der Sitten und das Gold ihres Rückens, das heißt, eine vollkommene Liebe zum Nächsten, um seine Schwächen zu ertragen, und eine große Liebe zu Jesus Christus, um sein Kreuz auf sich zu nehmen.“

KAMPFGEIST

      Aber diese marianische Andacht und diese Liebe werden aufgrund der marianischen Andacht selbst mit äußerstem Kampfgeist ausgeführt. Tatsächlich werden sie „wahre Diener der Heiligen Jungfrau sein, die wie der hl. Dominikus, die leuchtende und brennende Fackel des heiligen Evangeliums im Munde und den heiligen Rosenkranz in der Hand, überallhin gehen, um zu bellen wie treue Hunde, gegen die Wölfe, die nur versuchen die Herde Jesu Christi zu reißen, und zu brennen wie Feuer, um die Finsternis der Welt zu erhellen wie die Sonne.“ Ihr Sieg wird darin bestehen, „durch eine wahre Andacht zu Maria... das Haupt der alten Schlange zu zertreten, wo immer sie sich befinden; damit der Fluch, den Du gegen sie geschleudert hast, sich vollständig erfülle“.

      Deshalb multipliziert der hl. Ludwig Maria während seines Gebets die Metaphern und Adjektive, die auf die Kampfbereitschaft der Mitglieder seiner Gemeinschaft hinweisen: „Königliche Adler“, „Heer furchtloser Löwen“, sie werden „den Mut des Löwen durch ihren heiligen Zorn und ihren klugen, glühenden Eifer gegen die Dämonen und Kinder Babylons“ haben.

      Und es ist diese Löwen-Phalanx, die er im letzten Abschnitt seines Gebets von Gott erbittet: „Erhebe Dich, o Herr, warum scheinst Du zu schlafen? Erhebe Dich in Deiner ganzen Allmacht, in deiner Barmherzigkeit und Deiner Gerechtigkeit, um eine ausgewählte Schar von Wachen zu bilden, die über dein Haus wachen, deine Ehre verteidigen und viele Seelen retten, die dein ganzes Blut gekostet haben, so dass es nur ein Schafstall und ein Hirte werde, auf dass alle Dir die Ehre geben in Deinem heiligen Tempel: Et in Templo ejus omnes dicent gloria! - Amen“.

 


Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

Catolicismo Nr 55 – August 1955 – Exsurge Domine! Quare Obdormis?

Die deutsche Fassung dieses Artikels ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Dienstag, 10. November 2020

 

Die Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu: (II)

Der Papst löst Einwände auf

Das Heiligste Herz, ein gut gewähltes Symbol für die immense Nächstenliebe des Erlösers

„Die Verehrung des Herzens Jesu ist nicht irgendeine Form von Frömmigkeit, die unterschätzt und übersehen werden darf“

Plinio Corrêa de Oliveira

Wir schließen heute die in unserer letzten Ausgabe begonnene Zusammenfassung der Enzyklika „Haurietis Aguas“ vom 15. Mai 1956 ab, einem bewundernswerten Dokument, das der regierende Heilige Vater Pius XII. zum Anlass des hundertsten Jahrestages der Einsetzung des liturgischen Festes des Heiligen Herzens Jesu durch Leo  XIII. herausgegeben hat.

(Hier wurde auf die deutsche Fassung der Webseite des Vatikans zurückgegriffen wurde. [s. Link unten*]. Untertitel sind von diesem Blog.)

*     *     *

 


III - AKTIVER UND TIEFER ANTEIL DES HEILIGEN HERZENS JESUS IM WERK DER ERLÖSUNG UNSERES HEILANDES

Das Herz Jesu Symbol der vollkommenen, empfindsamen, spirituellen (menschlichen und göttlichen) Liebe während seines irdischen Lebens.

Dieses Thema der Enzyklika stellt eine bewundernswerte Meditation über die Liebe unseres Herrn dar, die sich in allen Episoden seines irdischen Lebens gemäß den Aussagen der Heiligen Evangelien zum Ausdruck kam. In Anbetracht des anbetungswürdigen Herzens Jesu Christi vom Augenblick der Verkündigung bis zum Moment des Todes beschreibt der Heilige Vater auf rührende Weise die Liebe, die unser göttlicher Erlöser während seines Lebens auf Erden in all seine Handlungen gezeigt hat.

Die Eucharistie, die Jungfrau Maria, das Priestertum
sind Gaben des liebenden Herzens Jesu Christi.

»Auch als Christus der Herr vor dem Letzten Abendmahl mit seinen Jüngern wusste, dass er das Sakrament seines Leibes und Blutes einsetzen würde, seines Blutes, durch dessen Vergießung der Neue Bund zu schließen war – hatte er sein Herz von mächtiger Bewegung erregt gefühlt, wie er es seinen Aposteln mit folgenden Worten zu erkennen gab: „Sehnlichst habe ich danach verlangt, dieses Ostermahl mit euch zu halten, bevor ich leide“ [1]; diese Empfindungen waren zweifellos noch stärker, als er „das Brot nahm, dankte, es brach und es ihnen reichte mit den Worten: Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Tut dies zu meinem Andenken. Ebenso nahm er nach dem Mahle den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blute, das für euch vergossen wird“ [2]

»Man kann darum mit Recht behaupten: die heilige Eucharistie, als Sakrament und als Opfer, deren eines er den Menschen mitteilt, deren anderes er aber selbst ständig darbringt „vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang“ [3], und ebenso das Priestertum sind wirklich Geschenke des heiligsten Herzens Jesu.«

»Ein sehr kostbares Geschenk des heiligsten Herzens ist auch, wie Wir sagten, Maria, die hehre Mutter Gottes und unser aller liebevollste Mutter. Sie, die ja unseren Heiland dem Fleische nach gebar und seine Gefährtin war bei der Rückführung der Kinder Evas zum göttlichen Gnadenleben, sie ist mit Recht als geistige Mutter des ganzen Menschengeschlechts gegrüßt worden. Im Hinblick darauf schreibt der hl. Augustinus über sie: „Ganz Mutter der Glieder des Heilandes, die wir sind, weil sie mitgewirkt hat in Liebe, dass Gläubige in der Kirche geboren würden, die Glieder jenes Hauptes sind“.« [4]


»Der unblutigen Gabe seiner selbst unter den Gestalten von Brot und Wein wollte unser Heiland Jesus Christus als besonderen Erweis seiner innigen und grenzenlosen Liebe das blutige Opfer des Kreuzes beifügen. Gerade durch diese Tat gab er das Beispiel jener erhabenen Huld, die er seinen Jüngern als höchstes Ziel der Liebe hingestellt hatte mit den Worten: „Eine größere Liebe hat niemand als wer sein Leben hingibt für seine Freunde.“ [5] ... Und wirklich ist unser göttlicher Heiland mehr durch die Liebe als die Gewalt der Henker ans Kreuz geheftet worden; sein freiwilliges Ganzopfer ist das hochwertigste Geschenk, das er jedem einzelnen Menschen gab nach dem ausdrucksvoll kurzen Wort des Apostels: „Er hat mich geliebt und sich für mich hingeopfert“.« [6]

Die Kirche und die Sakramente sind ebenfalls Gaben
des Heiligsten Herzens


»Es kann darum kein Zweifel bestehen, dass das heiligste Herz ... auch das rechtmäßige Sinnbild jener unermesslichen Liebe ist, aus der unser Erlöser durch Vergießung seines Blutes den geheimnisvollen Ehebund mit der Kirche einging: „Aus Liebe hat er für die ihm als Braut zu verbindende Kirche gelitten.“ [7] Aus dem verwundeten Herzen des Erlösers also ist die Kirche, die Handreicherin des Blutes der Erlösung, geboren, und aus demselben ist die Gnade der Sakramente, aus der die Kinder der Kirche das übernatürliche Leben schöpfen, überreich geflossen, wie wir in der heiligen Liturgie lesen.« Nachdem der Heilige Vater den hl. Thomas zitiert, folgert er: »Die Wunde des heiligsten Herzens Jesu ist, auch nach seinem Tode, durch die Jahrhunderte ein lebendiges Bild jener freien Tat der Liebe, mit der Gott seinen Eingeborenen Sohn hingab zur Erlösung der Menschen, und mit der Christus uns alle so sehr geliebt hat, dass er sich für uns auf Kalvaria zum blutigen Opfer hingab: „Christus hat uns geliebt und sich für uns Gott als Opfergabe hingegeben zum lieblichen Wohlgeruch“.« [8]

Der Heilige Vater spricht in der Folge vom Heiligsten Herzen, als Symbol seiner dreifachen Liebe zur Menschheit während seines glorreichen Lebens im Himmel. Zur Rechten des Vaters sitzend, »besitzt er in seinem Herzen, wie in einem kostbaren Schrein geborgen, jene unermesslichen Schätze von Verdiensten, die Früchte des gleichen dreifachen Triumphes, die er dem erlösten Menschengeschlecht freigebig mitteilt

Die Gaben des Heiligen Geistes sind auch Gaben
des Heiligsten Herzen Jesu

Sich auf Pfingsten beziehend, schreibt Pius XII.: »Die Eingießung dieser göttlichen Liebe geschah auch von dem Herzen unseres Heilandes aus, „in dem alle Schätze der Weisheit und Wissenschaft verborgen sind“ [9]. Es ist ja diese Liebe ein Geschenk des Herzens Jesu und seines Geistes; und er ist der Geist des Vaters und des Sohnes, von dem der Ursprung der Kirche und ihre wunderbare Ausbreitung zu allen Heidenvölkern ausgeht, zu der Heidenweit, die Götzendienst, Bruderhass, Sittenverderbnis und Gewalttätigkeit befleckt hatten. Diese göttliche Liebe ist das kostbarste Geschenk des Herzens Christi und seines Geistes; sie rüstete die Apostel und Blutzeugen mit jener Tapferkeit aus, in deren Kraft sie gekämpft haben bis zum Tod, einem Tod nach Heldenart, um die Wahrheit des Evangeliums zu verkünden und mit ihrem Blut zu bezeugen; sie erfüllte die Kirchenlehrer mit einem wahren Feuereifer, den katholischen Glauben klarzulegen und zu verteidigen; sie nährte die Tugend der Bekenner und eiferte diese an zu höchst zweckmäßigen und bewundernswerten Werken, die ihrem eigenen und der übrigen ewigem und zeitlichem Heil dienen sollten; sie legte endlich den Jungfrauen nahe, freiwillig und hochgemut auf Sinnengenuss zu verzichten und sich ganz der Liebe des himmlischen Bräutigams zu weihen.«

Der Kult zum Heiligsten Herzen Jesu
ist ein Kult zur Person des Fleischgewordenen Wortes

»Das Herz unseres Heilandes gibt also irgendwie ein Bild der göttlichen Person des Wortes wieder, ebenso der doppelten, menschlichen und göttlichen Natur; und in ihm können wir nicht nur das Sinnbild, sondern auch die Zusammenfassung des ganzen Geheimnisses unserer Erlösung erblicken. Wenn wir das heiligste Herz Jesu Christi anbeten, so beten wir in ihm und durch es die ungeschaffene Liebe des Göttlichen Wortes, wie zugleich seine menschliche Liebe, seine übrigen Gesinnungen und Tugenden an, da ja diese zweifache Liebe unseren Heiland bewog, sich für uns und die ganze Kirche, seine Braut, hinzuopfern nach dem Worte des Apostels.« Und weiter: »... und diese Liebe ist es, die ihn gewiss zu unserem Fürsprecher [10] bestimmt, uns Gnade und Erbarmen vom Vater zu erbitten, „da er ja immerdar lebt, um Fürsprache für uns einzulegen“ [11]. Die Gebete, die seiner unerschöpflichen Liebe entstammen und zum Vater emporsteigen, finden niemals eine Unterbrechung. Wie „in den Tagen seines Erdenlebens“ [12], fleht er nun, im Himmel triumphierend, den himmlischen Vater mit gleicher Wirkung an.«

»Deshalb besteht kein Zweifel, dass der himmlische Vater, „der auch seines eigenen Sohnes nicht schonte, sondern für uns alle ihn dahingab“ [13], von einem so mächtigen Fürsprecher mit so stürmischer Liebe angegangen, durch ihn jederzeit die reiche Fülle göttlicher Gnaden auf die ganze Menschheit wird herniederströmen lassen.«

IV – URSPRUNG UND FORTSCHREITENDE ENTWICKLUNG DES KULTES ZUM HEILIGSTEN HERZEN JESU

Erste Anzeichen des Kultes zum Heiligsten Herzen Jesu
bei der Verehrung der fünf Wunden des Gekreuzigten

Zu Beginn dieses Vierten Teiles der Enzyklika zeigt der Heilige Vater, dass die vorhergegangen Darlegungen zur Genüge bewiesen haben, dass die Herz-Jesu-Verehrung letztendlich »in ihrem Wesen nichts anderes ist als die Verehrung der göttlichen und menschlichen Liebe des fleischgewordenen Wortes, und wieder nichts anderes als die Verehrung jener Liebe, mit der auch der himmlische Vater und der Heilige Geist die sündigen Menschen umhegen; denn wie der Engelgleiche Lehrer (Thomas) sagt, ist die Liebe der Heiligsten Dreifaltigkeit der Ursprung der menschlichen Erlösung, sofern sie sich in überreicher Fülle in den menschlichen Willen Jesu Christi und sein anbetungswürdiges Herz ergoss und ihn kraft der gleichen Liebe zur Hingabe seines Blutes veranlasste, um uns von der Gefangenschaft der Sünde freizukaufen: [14] „Ich muss mit einer Taufe getauft werden, und wie drängt es mich, bis sie vollbracht ist“.« [15]

»Wir sind darum überzeugt, dass der Kult, den wir der Liebe Gottes und Jesu Christi zu den Menschen unter dem heiligen Zeichen des durchbohrten Herzens des gekreuzigten Erlösers weihen, dem Gebetsleben der Gläubigen nie ganz fremd war.«

»In Wirklichkeit — heißt es weiter in der Enzyklika — hat es zu jeder Zeit Gott besonders treu ergebene Menschen gegeben, die nach dem Beispiel der hehren Gottesmutter, der Apostel und hervorragender Kirchenväter die heiligste menschliche Natur Christi und besonders die Wunden, die seinen Leib in der heilbringenden Erduldung der Qualen zerfleischten, zum frommen Gegenstand anbetender Verehrung, der Danksagung und Liebe machten.«

»Enthalten außerdem gerade die Worte des Apostels Thomas, „Mein Herr und mein Gott“ [16], die seine Wendung vom Ungläubigen zum Gläubigen ausdrückten, nicht ein unzweifelhaftes Bekenntnis des Glaubens, der Anbetung und Liebe, das von der die Wundmale tragenden menschlichen Natur des Herrn aufsteigt zur Majestät der göttlichen Person?«

Der Papst zeigt indessen, dass »es doch zugegeben ist, dass die besondere Verehrung dieses Herzens erst allmählich und gewissermaßen fortschreitend Boden gewann als Bild der göttlichen und menschlichen, dem fleischgewordenen Wort innewohnenden Liebe.«

Ursprung und Fortschritt der Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu
im Mittelalter und in den folgenden Jahrhunderten

Unter dieser Überschrift erinnert der Papst wie diese Andachtsform »die nichtöffentlich und Schritt für Schritt in den Ordensgenossenschaften mehr und mehr an Boden gewann.« Um Beispiele anzuführen, nennt er große Namen, wie der hll. Bonaventura, Albert der Große, Gertrud, Katharina von Siena, der sel. Heinrich Seuse, die Heiligen Petrus Canisius und Franz von Sales, Johannes Eudes, der der Urheber des ersten liturgischen Stundengebets zu Ehren des heiligsten Herzens Jesu war. »Doch nimmt sicher den ersten Platz unter denen, die diese würdige Andachtsform gefördert haben, die hl. Margareta Maria Alacoque ein, die mit Hilfe ihres Seelenführers, des sel. Claudius de la Colombière, von heiligem Eifer entflammt, es dahin brachte, daß diese Kultform, so sehr gefördert, unter starker verehrender Zustimmung der Christgläubigen eingeführt und durch die auszeichnenden Merkmale der Liebe und Sühne von den übrigen Formen christlicher Frömmigkeit unterschieden wurde.« [17]

»Man soll also nicht sagen, so der Papst, dass dieser Kult seinen Ausgang von einer göttlichen Privatoffenbarung genommen habe, noch dass er in der Kirche plötzlich dagewesen sei; er ist vielmehr wie von selbst erblüht aus lebendigem Glauben und inniger Andacht, die begnadete Menschen zum anbetungswürdigen Erlöser und seinen verklärten Wundmalen beseelte, jene das Menschenherz tief und mächtig ergreifenden Zeugen seiner unermesslichen Liebe.

Es haben also augenscheinlich die Offenbarungen an die hl. Margareta Maria keine neuen Elemente zur katholischen Glaubenslehre hinzugefügt. Ihre Bedeutung liegt vielmehr darin, dass Christus der Herr – sein heiligstes Herz zeigend – in außerordentlicher und eigenartiger Weise die Menschen zur Betrachtung und Verehrung des Geheimnisses der erbarmungsvollen Liebe Gottes gegen das Menschengeschlecht aufrufen wollte. Denn in dieser Sonderoffenbarung hat Christus mit ausdrücklichen und wiederholten Worten auf sein Herz hingewiesen als auf das Sinnbild, das die Menschen der Erkenntnis und Anerkenntnis seiner Liebe gewinnen sollte; zugleich hat er es zum Zeichen und Unterpfand der Erbarmungen und der Gnade für die Nöten der Kirche in unserer Zeit bestimmt.«

Päpstliche Genehmigung für die Einführung des
Festtages des Heiligsten Herzen Jesu

Der Papst hebt hervor, dass »ohne eigentlich irgendeiner privaten göttlichen Offenbarung Rechnung zu tragen, sondern den Bitten der Gläubigen gütig entgegenkommend, gestattete die Heilige Ritenkongregation mit Erlass vom 25. Januar 1765, der von Unserem Vorgänger Klemens XIII. am 6. Februar des gleichen Jahres bestätigt wurde, den Bischöfen Polens und der sogenannten Römischen Erzbruderschaft vom Heiligsten Herzen Jesu die liturgische Feier des Festes. ... Dieser ersten Gutheißung folgte nach ungefähr einem Jahrhundert ein Erlass von weit größerer Bedeutung und in feierlicherer Form der Heiligen Ritenkongregation vom 23. August 1856, durch den Unser Vorgänger unvergesslichen Andenkens Pius IX. den Bitten der Bischöfe Frankreichs und fast der ganzen katholischen Welt entsprechend, das Fest des Heiligsten Herzens Jesu auf die ganze Kirche ausdehnte und dessen regelrechte Feier anordnete.« [18] So stieg aus der Frömmigkeit der ganzen Kirche dieses liturgische Fest hervor.«

Spiritualität und Adel der Verehrung des Heiligsten Herzens

Nachdem Pius XII. noch mal darauf hinweist, dass die vorgegangenen Betrachtungen ausreichen, die Spiritualität und den Adel des Herz-Jesu-Kultes zu beweisen, schließt die Enzyklika: »Es ist also unrecht, zu behaupten, die Betrachtung des leiblichen Herzens Jesu hindere daran, zur inneren Gottesliebe zu kommen, und die Seele werde auf dem Wege zur höchsten Tugend aufgehalten. Diese falsche mystische Lehre verwirft die Kirche durchaus, wie sie durch Unseren Vorgänger seligen Andenkens Innozenz XI. auch das Gerede derer zurückgewiesen hat, die solches daherredeten: „Auch dürfen sie (die Seelen dieses inneren Weges) keine Liebesakte zur allerseligsten Jungfrau, den Heiligen oder der Menschheit Christi erwecken; denn, da diese Gegenstände sinnlich sind, ist es auch die Liebe zu ihnen. Kein Geschöpf, auch nicht die allerseligste Jungfrau, noch die Heiligen dürfen einen Platz haben in unserem Herzen: Gott allein will es einnehmen und besitzen.“ [19] Die so denken, meinen offenbar, das Bild des Herzens Christi bezeichne weiter nichts als eine sinnliche Liebe, und es fehle ihm darum die Eignung, gleichsam ein neues Fundament zu sein für den Kult der Anbetung, der nur auf das geht, was seiner Natur nach göttlich ist. Dass aber eine so geartete Erklärung der heiligen Bilder einfachhin falsch ist, sieht jeder ein, da ihre transzendetale Bedeutung durch enge Grenzen umschrieben wird. ... Denn aus dem Glauben an die Vereinigung der menschlichen und göttlichen Natur in der Person Christi können wir die engen Beziehungen erfassen, die zwischen der sinnlichen Liebe des leiblichen Herzens Jesu und seiner doppelten geistigen Liebe, der menschlichen und göttlichen, bestehen. Von diesen zwei Arten der Liebe ist nicht nur zu sagen, dass sie in der anbetungswürdigen Person des göttlichen Heilandes zusammen bestehen, sondern dass sie auch durch eine natürliche Verknüpfung miteinander verbunden sind, insofern die menschliche und sinnliche der göttlichen untergeordnet sind und deren analoge Ähnlichkeit wiedergeben. Wir behaupten aber nicht, das Herz Jesu sei so zu verstehen, dass in ihm enthalten sei und angebetet werde das sogenannte „formale Bild“, beziehungsweise das vollkommene und absolute Zeichen seiner göttlichen Liebe, da ja dessen innerstes Wesen in keiner Weise durch irgendein geschaffenes Bild angemessen dargestellt werden kann; aber wenn der gläubige Christ das Herz Jesu verehrt, so verehrt er anbetend zusammen mit der Kirche das Zeichen und gleichsam die Spur der göttlichen Liebe, die so weit gegangen ist, dass sie auch mit dem Herzen des fleischgewordenen Wortes die mit so viel Schuld befleckte Menschheit liebte.

Bei diesem Lehrpunkt, der von solcher Bedeutung ist und genaue Einsicht heischt, muss sich ein jeder immer gegenwärtig halten, dass der Wahrheitsgehalt des natürlichen Sinnbilds, durch welches das körperliche Herz Jesu zur Person des Wortes in Beziehung tritt, ganz aufruht auf der grundlegenden Wahrheit der hypostatischen Union; wer dies aber leugnen wollte, würde falsche, von der Kirche wiederholt verworfene Meinungen aufstellen, Meinungen, die der einen Person in Christus bei Trennung und Unversehrtheit der beiden Naturen widersprechen würden. ...

So kommen wir leicht zu dem Schluss, dass die Verehrung des heiligsten Herzens Jesu dem Wesen der Sache nach der Kult der Liebe ist, mit der Gott uns durch Jesus geliebt hat, und zugleich die Übung unserer Liebe zu Gott und den übrigen Menschen. Mit anderen Worten, diese Verehrung geht auf die Liebe Gottes zu uns, auf Ihn, der angebetet, dem Dank gesagt und in dessen Nachahmung gelebt werden soll.«

V - ERMAHNUNGEN ZU EINER AUFGKLÄRTEREN ÜBUNG UND DER VERBREITUNG DES HERZ JESU VEREHRUNG

Aufforderung zu einem besseren Verständnis und Übung der Andacht zu Ehren des Heiligsten Herzen Jesu

Der Papst schreibt: »Wenn die erwähnten Gründe, auf die sich die Verehrung des durchbohrten Herzens Jesu stützt, richtig erwogen werden, ist es sicher allen klar, dass es hier nicht um eine gewöhnliche Andachtsform geht, die jeder nach Gutdünken den übrigen nachsetzen oder geringachten darf, sondern um eine Hingabe an Gott, die mächtig hilft zur Erlangung der christlichen Vollkommenheit.«

»Es besteht also kein Zweifel, dass, wenn die Christgläubigen dem heiligsten Erlöserherzen huldigen, sie einer schweren Verpflichtung nachkommen, durch die sie Gott zu dienen gehalten sind, und zugleich dem Schöpfer und Erlöser sich und alles Ihrige weihen: was sie innerlich denken oder was sie nach außen hin tun, und so jenem göttlichen Gebot gehorchen: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele, mit deinem ganzen Gemüte und mit allen deinen Kräften.“ [20] Sie haben außerdem noch die sichere Gewissheit, dass der beherrschende Grund ihrer Gottesverehrung nicht ihr persönlicher Vorteil ist, der Leib oder Seele, gegenwärtiges oder ewiges Leben angeht, sondern die Gutheit Gottes selbst, dem sie huldigen wollen, indem sie ihn wiederlieben, ihn anbeten und ihm den schuldigen Dank leisten. Wenn es nicht so wäre, entspräche die Herz-Jesu-Verehrung nicht dem wahren Wesen der christlichen Religion, weil der Mensch in seiner Hingabe nicht vorzüglich die göttliche Liebe verehrte; ja nicht mit Unrecht werden manchmal die einer zu großen Eigenliebe und Sorge für sich selbst beschuldigt, die diese edle und würdige Andachtsform falsch verstehen oder nicht richtig üben. Darum sollen alle fest überzeugt sein, dass in der Verehrung des heiligsten Herzens Jesu nicht die äußeren Werke der Frömmigkeit den ersten und wichtigsten Platz einnehmen, noch dass sie ihren Hauptgrund in den Wohltaten habe, für die sich Christus der Herr darum in privaten Versprechen verbürgte, damit die Menschen die beherrschenden religiösen Pflichten ihres katholischen Glaubens, nämlich die der Liebe und Sühne, mit glühenderem Eifer erfüllten und so dann auch am besten für ihr seelisches Wohl sorgten.«

Höchster Nutzen der Herz Jesu Verehrung in de gegenwärtigen Nöten der Kirche

Der Heilige Vater zeigt wie ihm die Lauheit so unzähliger Kinder der Streitenden Kirche schmerzt, und fügt hinzu: »so quälen Uns noch viel mehr die Machenschaften ruchloser Menschen, die, wie aufgehetzt vom höllischen Feind, jetzt besonders von unversöhnlichem und offenem Hass glühen gegen Gott, gegen die Kirche, und besonders noch gegen Ihn, der auf Erden der Vertreter des göttlichen Erlösers ist und dessen Liebe zu den Menschen vergegenwärtigt.«

»In Wahrheit ist ja der Hass gegen Gott und die rechtmäßigen Stellvertreter Gottes das größte Verbrechen, das der Mensch je begehen kann, er, der nach dem Bild und Gleichnis Gottes erschaffen und bestimmt ist zum Genuss seiner vollkommenen und ewig im Himmel dauernden Freundschaft.«

»Da man nun leider beobachten kann, wie die Zahl derer, die sich stolz Feinde des ewigen Gottes nennen, da und dort zunimmt, wie ebenso die lügnerischen Lehren des Materialismus in Theorie und Praxis Verbreitung finden, wie die zügellose Freiheit des Trieblebens weithin angepriesen wird, was nimmt es da wunder, wenn in den Herzen vieler die Liebe erkaltet, die oberstes Gesetz der christlichen Religion, das feste Fundament wahrer und vollkommener Gerechtigkeit und der Hauptquell des Friedens und reiner Freuden ist?«

Die Andacht zum Herzen Jesu ist die Standarte der Rettung selbst für die moderne Welt

»Wo nun, Ehrwürdige Brüder, ist gegen das viele Böse, das, wenn überhaupt je, so besonders heute die Einzelmenschen, die Familien, die Nationen und den ganzen Erdkreis in bedrückende Unordnung versetzt, Hilfe zu suchen? Gibt es eine Andacht, die hochwertiger wäre als die Herz-Jesu-Verehrung, die genauer der Eigenart des katholischen Glaubens entspräche, die angepasster den heutigen Nöten der Kirche und der Menschheit entgegenkäme? Welche Gottesverehrung wäre würdiger, ansprechender und heilsamer als sie, da der Kult, um den es geht, ganz auf die Liebe [21] Gottes ausgerichtet ist?

»Es ist auch Unser brennender Wunsch, dass alle, die mit Stolz sich Christen nennen und angestrengt für die Errichtung des Reiches Christi auf Erden kämpfen, die andächtige Verehrung des Herzens Jesu zum Wahrzeichen und zur Quelle der Einheit, des Heiles und Friedens wählen. Doch soll niemand glauben, dass durch diese Andacht den anderen Frömmigkeitsformen, in denen das christliche Volk unter Führung der Kirche den göttlichen Erlöser ehrt, irgendwie Abbruch getan wird. Im Gegenteil wird eine innige Herz-Jesu-Andacht die Verehrung des heiligen Kreuzes und die Liebe zum hochheiligen Altarsakrament ohne Zweifel nur stark fördern.«

»In dem drängenden Wunsch endlich, den ruchlosen Machenschaften der Hasser Gottes und der Kirche einen Riegel vorzuschieben, wie auch die häusliche und bürgerliche Gemeinschaft zur Gottes- und Nächstenliebe zurückzuführen, behaupten Wir ohne Bedenken, das die Verehrung des heiligsten Herzens Jesu die wirkungsvollste Schule der Gottesliebe ist; der Liebe zu Gott, auf die sich das in den Einzelmenschen, in den Familien, in den Nationen zu errichtende Reich Gottes stützen muss...«

»Damit sich aber aus dem Kult des heiligsten Herzens Jesu auf die christliche Familie, ja die ganze Menschheit ein reicherer Segen ergieße, mögen die Christgläubigen mit ihr auch die Verehrung des unbefleckten Herzens der Gottesmutter eng verbinden. Denn da nach dem Willen Gottes bei der Durchführung des Erlösungswerks der Menschheit die allerseligste Jungfrau Maria mit Christus derart untrennbar verbunden war, dass das Heil uns aus der innigen Verbindung der Liebe und der Leiden Christi mit der Liebe und den Schmerzen auch der Mutter kam, ist es recht und angebracht, dass durch das christliche Volk, das ja sein göttliches Leben von Christus durch Maria empfangen hat, nach der gebührenden Andacht zum heiligsten Herzen Jesu auch dem liebevollen Herzen der himmlischen Mutter Erweise der Anhänglichkeit, der Liebe, dankbarer und sühnender Gesinnung beigefügt werden. Diesem göttlich weisen und liebenswürdigen Ratschluss der hl. Vorsehung entspricht so recht die denkwürdige Weihe, durch die Wir selbst die heilige Kirche und die ganze Welt dem unbefleckten Herzen der allerseligsten Jungfrau Maria in feierlicher Form zugeeignet haben.« [22]

Mit diesen Gedanken beendet der glorreich regierende Heilige Vater seine monumentale Enzyklika, und erteilt den Apostolischen Segen.

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Anmerkungen:

*) http://www.vatican.va/content/pius-xii/de/encyclicals/documents/hf_p-xii_enc_15051956_haurietis-aquas.html

1) Lk 22, 15.

2) Lk 22, 19-20.

3) Mal 1, 11.

4) De sancta virginitate, VI: P. L. XL, 399.

5) Joh 15, 13.

6) Gal 2, 20.

7) Sum. Theol. Suppl. q. 42, a. 1 ad 3m; ed. Leon. tom. XII, 1906, p. 81.

8) Eph 5, 2.

9) Kol 2, 3.

10) Vgl. 1 Joh 2, 1.

11) Hebr 7, 25.

12) Hebr 5, 7.

13) Röm 8, 32.

14) Cfr. Sum. Theol. III, q. 48, a. 5a ed. Leon. tom. XI, 1903, p. 467.

15) Lk 12, 50.

16) Joh 20, 28.

17) Vgl. Litt. Enc. Miserentissimus Redemptor: A. A. S. XX, 1928, pp. 167-168.

18) Vgl. Decr. S. C. Rit. apud N. Nilles, De rationibus festorum Sacratissimi Cordis lesu et purissimi Cordis Mariae, 5a. ed. Innsbruck, 1885 tom. 1, p. 167.

19) Innocentius XI, Constit, Ap. Coelestis Pastor, 19 Novembris 1687, Bullarium Romanum, Romae, 1734, tom. VIII, p: 443.

20) Mk 12, 30; Matth. 22, 37.

21) Vgl. Enc. Miserentissimus Redemptor: A. A. S. XX, 1928, p. 166.

22) Vgl. A. A. S. XXXIV, 1942, p. 345 sq.

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Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

„Catolicismo”, Nr. 69, September 1956, S. 3f.

Dieser Beitrag erschien in deutscher Sprache zuerst im Blog „Plinio Corrêa de Oliveira zum  100. Geburtstag“.

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