Freitag, 16. August 2013

Der Glockenklang der Tradition

Auszug aus der Schlussrede von Prof. Plinio Corrêa de Oliveira eines Wochenseminars der brasilianischen TFP für katholische Jugendliche am 15. Januar 1970


Viele Male wurde mein Name heute Abend hier genannt und war oft Gegenstand von wohlgemeinten Erwähnungen, dass es nicht Gerecht wäre, wenn ich ihnen nicht einiges über mich sagen würde.

Sie haben meine Schriften gelesen, sie haben mich vielfach sprechen gehört, sie hören mich noch in diesem Moment. Sie haben niemals von mir gehört – ihr, meine Freunde und Mitstreiter von jeher, die ihr seit 30 und 40 Jahren mit mir zusammenarbeitet, oder ihr, meine jungen Freunde, die ihr mich praktisch heute erst habt kennengelernt –, niemals haben sie von mir diesen Satz gehört: "Ich habe eine Lehre hervorgebracht; ich habe einen Gedanken aufgebaut, eine Schule gegründet, ich habe dies oder jenes erfunden". Der Gerechtigkeit verpflichtet muss ich sagen,sagen, dass alles, was ich in meinem Leben unternommen habe, habe ich in der Freude und in jubelnder Begeisterung meiner Seele – mit Anerkennung und Dankbarkeit – immer vorgestellt und angepriesen als die Lehre der Heiligen,
Römisch-Katholischen und Apostolischen Kirche zu sein. Denn wenn etwas in mir an Gutes zu finden ist, dann kommt es einzig und allein von der Tatsache, dass die Muttergottes mir diese Gnade geschenkt hat – da fehlen mir die Worte, um Dank zu sagen; und ich hoffe, dass ich die Ewigkeit an Ihrer Seite verbringen kann, um Ihr dafür zu danken –, dass ich in der Heiligen Katholischen Kirche getauft wurde und ein Kind der Kirche bin. Die Lehre, die ich vortrage, ist eine Darlegung der Lehre der Kirche. Manchmal eine sehr mühsame Darlegung, weil die Gegenstände aus verschwiegenen Winkeln hervorgeholt wurden, wo so manche Schönheit der Kirche schlummert. Es ist wahr, dass es eine Art archäologische Arbeit war, um in den Tiefen dieses Schweigens – was eigentlich nie hätte verschwiegen werden sollen – das zu entdecken, was ich als katholische Lehre vortrage.
Lesen sie meine Bücher, hören sie meine Vorträge und Reden – die ja alle elektronisch aufgenommen worden sind –, niemals werden sie etwas anderes von mir hören. Sie werden sagen, dass darinnen vielfältige Beobachtungen der Realität enthalten sind, dass da viel Scharfblick in der Art wie die TFP die Ereignisse sieht, vorhanden ist; dass die Art mit der sie Probleme löst sehr originell ist. Und ich sage ihnen, es ist wahr, aber sie werden es hundertmal von mir wiederholt hören, dass wir alles der Tatsache verdanken, dass wir – ich – uns von der katholischen Lehre haben durchdringen lassen. Es ist die katholische Einstellung bezüglich vieler Aspekte des menschlichen Lebens, die sich in Formeln und Lebensstile kristallisieren, aus Traditionen zusammenfügen, was genau das hervorbrachte, was wir den Stil der TFP nennen.
Ich bin nichts und möchte weiter nichts sein als eine Glocke, doch noch weniger als eine Glocke: ein Echo der großen Glocke, welche die römisch-katholische und apostolische Kirche ist. Ich möchte den Klang dieser Glocke weitertragen nicht als Amtsträger, nicht als Meister, sondern als treuer Jünger, von Freuden erfüllt weil Jünger der Kirche. Ich möchte diese Lehre, die auf so vielen Kathedern, auf so vielen Kanzeln, in so vielen Beichtstühlen verschwiegen wird, weitertragen. Wir sind das Echo, das inmitten der Schlacht den Klang der Glocke weiter trägt bis in die Ferne, um ihn überall zu Gehör zu bringen. Treu auch dann – oh Schmerz! – wenn die Glocke schweigt, denn das Echo bleibt auch dann, wenn die Glocke verstummt ist. Treu auch dann, wenn die Glocke wie verrückt schlägt, wenn sie ihre Berufung als Glocke verrät.
Dies ist die Treue des Echos; es stirbt nur dann, wenn es aufhört den Klang zu wiederholen. Mein Wunsch ist es, unaufhörlich zu wiederholen, zu wiederholen, das, was ich gehört habe, was ich von der Heiligen Katholischen Kirche gehört habe.
Diese Treue, die ich ihr bis heute gehalten habe und die mir die Muttergottes –so hoffe ich – bis in meinen letzten Tagen gewähren wird, diese Treue, wem verdanke ich sie? Erlauben sie mir, ihnen kurz etwas Vertrauliches mitzuteilen:
In den Jahren 1919, 1918 oder 1920 – wie ist das lange her für viele, die hier sind, so weit entfernt wie die Zeit des Pharao Tutanchamun – lebte in São Paulo ein kleiner Junge, geboren in einer katholischen Familie, der auf seinem Zimmer ein Statue der Muttergotte hatte, jedoch ein nicht erklärbares Unbehagen gegenüber der Figur fühlte. Dieser Junge wurde in einem gewissen Moment einer harten Prüfung ausgesetzt. In der ausweglosen Situation, in der er sich
befand, ging er zur Pfarrkirche und betete vor der Statue Maria, Hilfe der Christen. In der Kapelle seiner Schule war ein anderes Muttergottesbild, das der Mutter vom Guten Rat, zu der er in Tagen seelischer Prüfungen betete. Die Schuld an der Prüfung lag an ihm selbst. Von ihm könnte man sagen, was der hl. Augustinus von sich sagte: "so klein und schon ein Sünder".
Der Junge erhob seine Augen zur Muttergottesstatue und ohne eine Vision oder eine Offenbarung zu haben, ohne etwas, was außerhalb der normalen Wege der Gnade ist, zu verspüren, begriff er doch, das Sie die Mutter der Barmherzigkeit ist, mit Ihr würde er zurechtkommen. Er nahm ein Vertrauen zu Ihr, das ihn für den Rest seiner Tage nie mehr verlassen hat. Sie lächelte ihm fortwährend zu und er machte es sich zur Pflicht immer und überall von Ihr zu sprechen und Ihr zu dienen, solange er lebe.

Dieser Junge, der Ihr alles schuldig ist, und in diesem Moment Ihr einen dankenden Akt der Verehrung erweist, wissend, dass in ihm nichts ist, dass Sie aber die Mittlerin aller Gnaden ist und wir Ihr alles zuerkennen müssen. Diesen Jungen sehen sie hier vor ihnen; er richtete ihnen gerade das Wort.