Sonntag, 30. Oktober 2016

Christus König!


Gute Gedanken haben die Eigenschaft, wenn sie angenommen werden, auf uns wie auf unseren Nächsten, wie Arzneimittel zu wirken. Wenn wir sie jedoch unserem geistigen Leben verweigern oder sie im Umgang mit unseren Nächsten verschweigen, werden sie, wie der hl. Paulus sagt, zu glühenden Kohlen, die uns ätzen und unsere Seele ausbrennen. Wehe denen, die gute Ratschläge erhalten haben, sie aber aus Feigheit oder Egoismus nicht befolgten. Wehe auch denen, die aus Feigheit oder Egoismus einen guten Rat verschwiegen haben, den sie hätten geben sollen. Diese heilsamen Ratschläge, die sie nicht äußerten, werden sie innerlich wie glühende Kohlen ausbrennen. Am Tage des Gerichts werden sie Rechenschaft ablegen müssen für nicht wahrgenommene Talente.
Das sind meine Überlegungen...
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Wie viele Katholiken gibt es, die durch die Taufe zur Würde erhoben worden sind, Bürger des Reiches Gottes zu sein, die Texte der heiligen Liturgie begleiten und dort wunderbare Hinweise auf das Königtum Jesu Christi zu lesen, sie aber nicht verstehen. Wie viele Katholiken gibt es, die versuchen das Reich Christi auf Erden einzurichten, aber nicht wissen oder vergessen, dass sie es zuallererst in sich selbst einrichten müssen! Wie viele andere, die meinen das Reich Christi in sich selbst einrichten zu wollen, aber nicht den heißen Wunsch haben, es in die ganze Welt zu verbreiten! Mit anderen Worten, sind diese Katholiken nicht von der Sorte derer, die genau hören und verstehen, was die Kirche ihnen durch die Stimme der Päpste sagt, doch nur mit den Ohren des Leibes und nicht mit denen der Seele?
Die Lehre des Königtums Christi ist innig verbunden mit dem schönen und frommen Brauch der Thronerhebung des Heiligsten Herzen Jesu in unseren Wohnungen. Wenn das Bild des Herzen Jesu am schönsten und edelsten Platz unserer Wohnung aufgestellt wird, ist es doch gerade deshalb, weil er als König anerkannt wird. Wie viele Wohnungen gibt es jedoch, in denen das Herz Jesu auf den Thron erhoben wurde, aber in den Herzen der Bewohner nicht anzutreffen ist.
Es geht mir hier nicht darum, die schon so große Traurigkeit über diese Situation hochzutreiben und zu Unrecht das zu verachten, was es, trotz der erwähnten Mängel, an Schönem und Gutem an diesem Brauch gibt. Jeder Akt der Frömmigkeit und der Ehrerbietung gegenüber der Kirche Gottes, sei er auch noch so oberflächlich und unbedeutend, sollten wir mit großem Eifer schätzen, lieben und fördern, als ein Widerschein unserer Gottesliebe. Fern von uns also ein pharisäischer Pessimismus, der den Wert eines jeglichen aufrichtigen Akts der Frömmigkeit in Abrede stellt, wenn auch die Kälte oder die Unwissenheit ihren übernatürlichen Glanz trübt.
Doch unter diesem Vorbehalt bleibt die Tatsache, dass die Klage des Apostel Johannes auch heute noch Wahrheit ist: „In propria venit, et sui eum non receperunt“, „Er kam in sein Eigentum und die Seinigen nahmen ihn nicht auf“...
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Es ist nicht schwer die Lehre der Kirche über das Königtum Jesu Christi kennen zu lernen.
In seiner unendlichen Barmherzigkeit gefiel es Gott die unendliche Liebe, die er uns erweist, mit der Liebe zu vergleichen, die unsere Eltern zu uns haben. Das bedeutet nicht, dass er mit diesem Vergleich die unergründlichen Dimensionen seiner Liebe verminderte, um sie den geringen Ausmaßen der Liebe, zu der die Menschen fähig sind, anzupassen. Im Gegenteil: Wenn er sich diesem Vergleich der väterlichen Liebe bediente, war es, um uns verständlich zu machen, wie sehr Er uns liebt. Wenn wir dem Begriff „Vater“ den Sinn geben, den er in der natürlichen Ordnung hat, so ist Gott nicht nur unser Vater, sondern viel mehr als das, weil Er unser Schöpfer ist. Da aber in der natürlichen Ordnung die Rolle des Vaters nichts weiter ist, als mit Gott beim Schöpfungswerk mitzuwirken, wenn es also jemand verdient Vater genannt zu werden, so ist es Gott. Unser natürlicher Vater ist somit nichts weiter als der Treuhänder eines Teils der Vaterschaft, die Gott über uns ausübt.
Das gleiche ergibt sich mit dem Königtum Christi. Um uns die absolute Autorität, die Christus als Gott über uns ausübt, zu verstehen zu geben, gefiel es Ihm, sich mit einem König zu vergleichen. Da aber Könige durch Ihn regieren und ihre Autorität nur authentisch ist, weil sie von Ihm kommt, so ist in Wahrheit der einzige König, der König par excellence, nur Er. Alle Könige und Staatschefs sind nichts weiter als Seine demütigen Diener, dessen Er die Güte hat, sich ihrer in der Führung der Welt zu bedienen. Christus ist König, weil er Gott ist. Wir bezeichnen Ihn als König, um Seine göttliche Allmacht zu behaupten und unsere Pflicht Ihm zu gehorchen und zu folgen.
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Gehorsam! Dies ist ein Begriff, der ein wesentlicher Inhalt der Bedeutung des Königtums Unseres Herrn Jesus Christus ist. Christus ist König, und einem König schuldet man Gehorsam. Wenn wir das Fest Christus König feiern, feiern wir Seine Macht über uns und damit unsere Gehorsamspflicht Ihm gegenüber.
Wie bringt man einem König Gehorsam entgegen? Die Antwort ist einfach: Indem wir um seinen Willen wissen und diesen liebevoll und in allen Einzelheiten sorgfältig ausführen.
Die einzige Art also Christus König zu gehorchen, besteht darin Seinen Willen zu kennen und ihm zu folgen.
Aus diesem so klaren, einfachen, lichtreichen Verständnis ergibt sich ein ebenfalls klares, einfaches und lichtreiches Lebensprogramm.
Um den Willen Christ Königs zu kennen, müssen wir den Katechismus kennen. Denn durch das Lernen der göttlichen Gebote, welches nur vollständig sein wird mit dem Lernen der gesamten katholischen Lehre, sind wir in der Lage den Willen Gottes zu kennen. Und um diesem Willen zu folgen, müssen wir um die Gnade Gottes bitten durch Gebet, Empfang der Sakramente und unseren guten Werken. Letztlich werden wir den Willen Gottes erkennen durch das innerliche Leben: Geistige Lektüre, Betrachtung und ein Leben, das wir ganz im Licht des Katechismus führen.
Unser Herr sagte, „das Reich Gottes ist in euch“ (Lk 17,20). Dieses kleine Reich – klein in seinen Ausmaßen aber unendlich an Wert, denn es hat ja das kostbare Blut Christi gekostet –, muss ein jeder von uns für Jesus erobern, indem er alles zerstört, was sich im Innern der Befolgung Seiner Gebote widersetzt.
Schließlich, sind Christi Gebote nicht nur anzuwenden auf den einzelnen Menschen, sondern auch auf Völker und Nationen. Wenn die Völker und Nationen die Richtlinien der päpstlichen Enzykliken zur Kenntnis nehmen – die ja der Ausdruck des eigenen Willen Gottes sind –, und sie in der hauseigenen, sozialen und politischen Gestaltung umsetzen, dann wird Christus König sein.
Mit anderen Worten: Seien wir gute Katholiken! Wenn wir das sind, werden wir unbedingt Apostel, und als solche unbedingt Soldaten Christi sein.

(Freie Übersetzung aus Legionário, Nr. 372, 29. Oktober 1939)

Montag, 3. Oktober 2016

Plinio Corrêa de Oliveira: Ein Kontemplativer

     Plinio Corrêa de Oliveira wird zumeist dargestellt als ein Mann der Tat, was auch zutrifft. Doch kommt damit nicht so recht das hervor, was, meiner Meinung nach, die Quelle war, aus der die Grundlage seines unermüdlichen Kampfes für die Erhaltung der Schätze der christlichen Kultur und Zivilisation entsprang. Dieser Kampfesgeist nährte sich aus einem tiefen geistlichen Leben der Kontemplation und des Gebets. Mitten in den Wirren dieses Kampfes, während der intensiven täglichen Aktivitäten, denen er sich in der Regel bis Nachts um drei Uhr widmete, war er ein ständiger Kontemplativer.
     Prof. Roberto de Mattei, beschreibt in seinem prächtigen Buch „Der Kreuzritter des zwanzigsten Jahrhunderts“ ausführlich die Persönlichkeit und die vielfältigen und endlosen Kämpfe für die Kirche, der Dr. Plinio (wie er in Brasilien gewohnheitsmäßig genannt wird) sein ganzes Leben gewidmet hat. Der Titel des Buches sagt bereits alles: er war ein kämpfender Kreuzritter für die christliche Zivilisation. Sein Kampf in der weltlichen Gesellschaft führte er im Namen des Kreuzes.

„Rette mich, Königin“

     In meinen achtzehn langen Jahren, in denen ich die Gnade hatte ihn als Privatsekretär zu dienen, habe ich in unzähligen Kleinigkeiten des täglichen Lebens beobachten können, wie das Gebet und die Betrachtung sein Leben ausfüllten, ohne jemals den Impuls des gegenrevolutionären Kampfes zu mindern.

     Anzumerken ist, dass seine Frömmigkeit seit seiner Kindheit vorherrschend Marianisch geprägt war.
     Während seiner Kindheit begleitete er seine Mutter, Da. Lucília Ribeiro dos Santos Corrêa de Oliveira, zur Kirche des Heiligsten Herzen Jesu, die zum Lyzeum der Salesianer Don Boscos gehörte und zugleich Pfarrkirche war. Da. Lucília pflegte mit einem besonderen Eifer die Verehrung des Heiligsten Herzens Jesu, und so verweilten beide für längere Zeiten am Fuße der schönen und großen Herz-Jesu Statue, die in dieser Kirche verehrt wird. Auch in Dr. Plinio wuchs diese tiefe Andacht zum Herzen Jesu und er wandte sich als vierjähriger an Jesus, wie ein Kind sich mit ihm unterhalten würde.
     Als er ungefähr zwölf Jahre alt war, erlebte Dr. Plinio eine geistige Bedrängnis, bei der er sich unwürdig fühlte, sich der Statue zu nähern. Niedergeschlagen und trostlos stand er da im hinteren Teil der Kirche. Dann ging er durch das rechte Kirchenschiff, wo vorne auf einem Altar eine Statue der Mutter Gottes Helferin der Christen stand. Dort begann er das „Salve Regina“ zu beten. Aber in seinen jungen Jahren verstand er die Anrufung „Salve“ nicht als ein Grußwort, sondern meinte es bedeute „salvai-me“ = rette mich auf portugiesisch, also „Rette mich, o Königin“. Und dieses Gebet gab ihm einen großen inneren Trost. Es schien ihm, als ob die Mutter Gottes ihm zulächelte. Bei der nächsten Anrufung dieses schönen Gebets, „Mutter der Barmherzigkeit“, dachte er: „Aber, das ist ja genau das, was ich brauche!“. Und anschließend: „unser Leben, unsere Wonne, unsere Hoffnung, sei gegrüßt“ (hier wieder „rette mich“): Alles schien seinen Bedürfnissen zu entsprechen. „Zu dir rufen wir, verbannte Kinder Evas, zu dir seufzen wir, trauernd und weinend in diesem Tal der Tränen“: Es konnte wirklich nicht angemessener sein, folgerte er. „O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria.“
     Dieses Ereignis hatte sein ganzes Leben geprägt. Noch in hohem Alter sagte er, dass dies die Grundlage und das Fundament seiner Verehrung der allerseligsten Jungfrau war. Häufig besuchte er an Nachmittagen diese Statue.

Geistige Sammlung


     Mehr als eine Stunde widmete Dr. Plinio des Nachmittags dem Gebet, zusätzlich zu den Gebeten, die er in der Früh verrichtete, am Abend und während der Danksagung nach der täglichen heiligen Kommunion.

     Sein Tag begann mit der Verrichtung verschiedener Gebete während etwa fünfzehn Minuten. Es waren Gebete, die er im Laufe seines Lebens aufnahm und denen er nach Bedarf neue hinzufügte und sein Leben lang beibehielt. Seiner Ansicht nach dürfe man, ein einmal an die Mutter Gottes gerichtetes Gebet, dieses nicht mehr auslassen. Also, außer in einigen besonderen Fällen, wenn er einmal ein persönliches Gebet in der Liste seiner besonderen Gebete aufgenommen hatte, würde er es bis zum Ende seiner Tage beibehalten.
     Täglich gewohnte er seine Gebete in einem Auto auf dem Weg zu einer Kirche zu beten, wo er sich sammeln konnte. In einer Zeit, als Mobiltelefone noch eine Seltenheit waren, entkam er auf diese Weise den Unterbrechungen und Besorgnissen, die ihn von dem Gebet ablenken konnten. Schon als er im Wagen einstieg, änderte sich sein Gesichtsausdruck, und begann gleich mit einer langen Liste von Gebeten, unter denen die Weihe an Maria nach der Formel des hl. Ludwig Grignion von Monfort, die er täglich erneuerte. Die Psalmen des Namens Mariens, das Kleine Stundengebet der Mutter Gottes, Dauernovenen, Gebete für den Heiligen Vater, Stoßgebete-Rosenkranz und viele andere verrichtete er mit bemerkenswerter Andacht.

Die Seele eines jeden Apostolats

     Drei Andachten waren der Kern seines Gebetslebens. Sie werden gewöhnlich „die weißen Andachten“ genannt: Die Verehrung der Eucharistie, die Verehrung der Jungfrau Maria und die Verehrung des Stellvertreters Christi auf Erden.

     Großen Einfluss auf sein inneres Leben hatte das Buch „Die Seele eines jeden Apostolats“ (auch „Die Innerlichkeit“ genannt) von Dom Jean Baptiste Chautard (1858-1935). Dieser berühmte Trappistenmönch behauptet in seinem Werk, um die Arbeit des Apostolats voranzutreiben, sei es notwendig, vor allem ein tiefes und erfülltes geistliches Leben zu pflegen. Dieses Buch hat Dr. Plinio gelesen, nachdem er schon in die marianische Bewegung eingetreten war. Es gab ihm dann aber die Überzeugung, dass es nicht genügt, die Zehn Gebote zu befolgen und einige Gebete zu verrichten, sondern dass es notwendig sei, heilig zu sein, um im Kampf gegen einen so großen und mächtigen Feind, wie er sich schon damals darstellte, zu siegen.
     Deshalb machte er diesen Kommentar: „Wie (kann ich) rekrutieren, wie (kann ich andere) anziehen, wie die Begeisterung in den Seelen der anderen wecken? Hinter all diesem gibt es ein Geheimnis. Gerade weil diese Ziele auf den ersten Blick unerreichbar sind, kann man sie nur durch ein Geheimnis erreichen. Und dies ist eben das Geheimnis des übernatürlichen Lebens der Gnade, und alles weitere, was Dom Chautard lehrt, ist wirklich die Seele eines jeden Apostolats. Wenn die Seele mit diesem Geist durchdrungen ist, ist sie flehentlich und resigniert, denn sie fleht und bittet und ist zugleich bereit, das ganze Hin und Her des Kampfes zu durchschreiten und bereit sich damit abzufinden, nicht sofortige Erfolge zu sehen.“

Die Erhebung des Geistes zu Gott

     Was mich am meisten beeindruckte, war die Fähigkeit von Dr. Plinio in allen Beschäftigungen seinen Geist zu metaphysischen Themen zu erheben, und von dort zum Übernatürlichen. „Elevatio mentis a Deo“ ist ja genau die Definition des Gebets.

     Sei es in Konferenzen über politische und soziale Themen, sei es in der Erledigung der täglichen Korrespondenz, sei es in unzähligen Versammlungen, in denen er Themen der weltlichen Gesellschaft behandelte, alles verband er mit Religion, mit der Mutter Gottes und der Heiligen Kirche.
     Hier ein Beispiel: Mitte der 70er Jahre, leitete Dr. Plinio eine Versammlung, in der ein sehr konkretes Problem erörtert wurde. An einem Punkt der Diskussion des Themas stiegen seine Kommentare hinauf zu hohen Betrachtungen. Man fragte ihn anschließend, wie er das fertig bringe. Er sagte, die Frage müsste eine andere sein: Wie kann man betrachtend, so einfach mit praktischen Dingen umgehen? Und fügte hinzu: Ohne die hohen Ebenen der Kontemplation zu verlassen, analysiere er von dort aus die geringsten Ereignisse. Es sei so, wie es einige Vögel tun, die hoch hinauf fliegen, um ihre Beute zu sichten und kommen dann im Sturzflug auf hernieder, sie zu ergreifen. Wie eine Seemöwe, zum Beispiel, die den gesichteten Fisch schnappt, der ruhig im Wasser umherschwamm.
     Unsere Schwierigkeit mit dieser Eigenschaft Dr. Plinios war, etwas zu verstehen, was in Wirklichkeit für uns das Gegenteil von dem war, was wir annahmen, was in seinem Geist vor sich ging. Man könnte also sagen, dass sich sein Geist in einem ständigen Wechselspiel zwischen dem Zeitlichen, dem Metaphysischen und dem Geistigen befand. Dies erlaubte ihm, sich um von einem Feld zum anderen zu bewegen, mit einer ganz natürlichen Leichtigkeit und Behendigkeit.

Hingabe zum Christentum

     Als Einführung des Buches über die fünfzig Jahre Tätigkeiten der TFP (Meio século de epopéia anticomunista) wollte Dr. Plinio einen Satz mit hinein bringen, der seine Hingabe zur Kontemplation und den Verzicht auf weltliche Größe bezeugen sollte: „Als ich noch sehr jung war, betrachtete ich hingerissen die Ruinen der Christenheit. An sie hängte ich mein Herz. Dem Künftigen kehrte ich den Rücken zu und machte aus jener segensreichen Vergangenheit meine Zukunft ...“ Es war also eine betrachtende Erwägung, die ihn dazu führte, sich den Ruinen der Christenheit hinzugeben und auf eine glänzende politische, soziale und wirtschaftliche Zukunft zu verzichten. „Ruinen der Christenheit“, „segensreiche Vergangenheit“. Auch hier finden wir, das Weltliche und das Geistliche, die sich wie zwei Pfeiler eines gotischen Spitzbogens vereinen. Diese Einheit war seine ständige Sichtweise der Dinge und in der er sozusagen lebte.

     In dem unerbittlichen gegenrevolutionären Kampf, den er führte, in dem von Arbeit ausgefüllten Tag, die sich gewöhnlich bis spät in die Nacht hinauszog, verlor er nie, das, was Dom Chautard die "Wachsamkeit des Herzens" nannte. Nichts, aber auch gar nichts konnte ihn aus der übernatürlichen und kontemplativen Ruhe bringen: sei es Vorbereitung von öffentlichen Aktionen oder beratende Gespräche mit seinen Vertretern in den verschiedensten Teilen Brasiliens oder mit Vertretern der ausländischen TFPs, oder die geistige Führung seiner Jünger.

Ruhe im Getose des Kampfes

     Betrachtung, Gelassenheit, Andacht - waren die Früchte der hohen Gefilde, in denen sich der Geist Dr. Plinios aufhielt. In Mitten der Stürme, die die Feinde der Kirche so oft gegen sein Werk auslösten, pflegte er zu sagen: „Alios ego vidi ventos, alias prospexi animo procellas“ - Schon andere Winde habe ich gesehen und anderen Stürmen getrotzt -. Und sein Büro, wo sich der tosende Kampf abspielte, war ein Ort der Ruhe und Geborgenheit.

     Während er die TFP mit ihren Verzweigungen in 26 Ländern leitete, sich informierte, seine Meinung über nationale und internationale Ereignisse bekannt gab und ein intensives öffentliches Leben führte, verlor er nie die Haltung der übernatürlichen Kontemplation, die ihn sein ganzes Leben begleitete. Er pflegte zu sagen, der Großteil seiner Zeit war der Besinnung gewidmet, und der gegenrevolutionäre Kampf war eine Konsequenz davon. Im Besitz eines sehr ruhigen Temperaments - und sogar, wie er selbst sagte, in seiner Kindheit mit einer Tendenz zur Trägheit - wusste er sich selbst zu besiegen und ist so zum großen Kämpfer der Gegenrevolution des zwanzigsten Jahrhunderts geworden.

„Urlicht“

     Mitte der sechziger Jahre erklärte er seinen Jüngern, was im alltäglichen Sprachgebrauch er unter "ursprüngliches Licht" oder, nennen wir es so, „das Urlicht“, verstand. Dieser Ausdruck ging in den spirituellen Wortschatz der TFP über und definierte das in der Taufe von Gott geschenkte Licht, unter dessen Strahl jeder Mensch berufen ist, die Welt zu betrachten und Gott zu bewundern, anzubeten und zu verherrlichen. Sein eigenes „Urlicht“ beschrieb Dr. Plinio folgendermaßen: „Es ist eine liebende Schau der ganzen Ordnung des Universums; eine harmonische, architektonische, hierarchische und monarchisch-aristokratische Sicht der ganzen Schöpfung, von einem Engel bis zu einem Sandkorn, in der die Eigenschaften, die von der Revolution am meisten bekämpft werden, hervorragen.“

     Verweilen wir hier ein wenig und betrachten wir die Einzelheiten dieser Definition. „Liebende Schau“: von hier aus geht er direkt zur Pflege des ersten Gebotes, Gott lieben über alles durch seine Schöpfung. „Der ganzen Ordnung des Universums“: das heißt, diese Liebe umfasst alle Geschöpfe. „Harmonische, architektonische“: eine Ordnung, in der alles sich auf den rechten angebrachten Platz befindet und die Harmonie des Universums bildet. „Hierarchische und monarchisch-aristokratische“: nicht nur von der höchsten Warte aus betrachtet, sondern auch in allen unterliegenden Ebenen. „Von einem Engel bis zu einem Sandkorn“: das heißt, von der gesamten Schöpfung, vom höchsten geistigen Erschaffenen bis zum niedrigsten materiellen. „In der die Eigenschaften, die von der Revolution am meisten bekämpft werden, hervorragen“: hier finden wir die wunderbare Vereinigung von Kontemplation und Kampfesgeist, die er bis zum äußersten durchführte. Es fängt mit der in der Schöpfung reflektierenden Liebe Gottes an und geht bis zum Kampf gegen die Mächte Satans, die die Revolution vorantreiben, um gerade diese Ordnung zu zerstören. Ein außerordentliches Lebensprogramm.

Sakralisierung (Heiligung) des sozialen Lebens

      Die Gedankenwelt Dr. Plinios befand sich in Betrachtungen über das Paradies (coelum empirium), über die Möglichkeiten Gottes (welche Geschöpfe Er in Seiner Allmacht und Vollkommenheit noch hätte erschaffen können), über die drei Personen der göttlichen Dreifaltigkeit und viele andere Themen, ohne jemals den Sinn der Wirklichkeit zu verlieren, in der er sich befand und handelte. Es waren keine unnützige und sterile Träumereien oder Phantasien, der er sich hingab, sondern eine Bemühung sich ständig in den Anliegen Gottes zu vertiefen. Aus diesen Gedanken holte er stets neue Erkenntnisse, die seine Gesprächsrunden, Versammlungen und Vorträge bereicherten.

     Aus der Liturgie der Ostervigil z.B. entnahm er einen Begriff, den er für die weltliche Ordnung anwendete. Wenn der Priester mit der Osterkerze in die dunkle Kirche eintritt, singt er dreimal „Lumen Christi“. Dies bezieht sich auf den auferstandenen Heiland, der der in der Finsternis liegenden Welt nun das Licht der Erlösung bringt. Daraus zog er eine Analogie zur heutigen von der Revolution verdunkelten Welt: Wie steht es heute um das „Lumen Christi“ in der Welt, in der Kirche? Wie entwickelt sich heute der Kampf zwischen die Macht der Finsternis und dem Lichte Christi? Dies war ein grundsätzlicher Aspekt in der Analyse der weltlichen Gesellschaft und ihren Lauf durch die Zeit.
     Er nahm sich vor jeden Augenblick des Tagesablaufs zu heiligen. Da er normalerweise bis spät in die Nacht arbeitete, fragte er sich, warum sollte es nicht für Mitternacht ein Gebet geben, das dem "Engel des Herren" entspricht. So betete er oft den "Engel des Herren" in dieser letzten Stunde des Tages oder er betete dreimal das Bittgebet aus dem Te Deum zur Muttergottes: „Dignare, Mater, die isto“ worauf die Anwesenden antworteten: „sine peccato nos custodire“.
     Vor dem Schlafengehen, verrichtete er noch verschiedene Gebete, verehrte die Reliquien, die auf dem Nachttisch aufbewahrt waren und widmete sich noch der Lektüre meistens über Themen der Geschichte. Geschichte faszinierte ihn; sie gab ihm Gelegenheit zur Betrachtung der Psycho-Soziologie, über Menschen, Persönlichkeiten und Ereignisse, sowie über die sich in der Geschichte reflektierende von Gott eingesetzte Ordnung des Universums.
Fernando Antunez

(Aus "Plinio Corrêa de Oliveira, dez anos depois ..." - São Paulo 2005 - Freie Übersetzung BH)