Der Adelsklasse wurde damals das
private Gemeinwohl anvertraut, das in der Bewahrung und Förderung der Land- und
Viehwirtschaft bestand, von der die Adeligen selbst und das gemeine Volk
lebten. Anvertraut war dieser Klasse aber auch das erhabenere, universellere
und daher seinem Wesen nach edle öffentliche Gemeinwohl, das es an Stelle des
Königs in dem jeweiligen Gebiet zu pflegen galt. Schließlich hatte der Adel
auch einen gewissen Anteil an der zentralen Macht des Monarchen selbst, denn in
vielen Fällen waren die höheren Adeligen gewöhnlich auch Ratgeber der Könige.
Auch die zur Regierung des Landes unabdingbaren Ämter eines Staatsministers,
Botschafters oder Feldherrn wurden größtenteils von Adeligen bekleidet. Die
Verbindung zwischen hohem öffentlichem Amt und Adelsstand war bald so eng, daß
selbst in Fällen, in denen das Gemeinwohl einen Amtsinhaber aus dem Volk
verlangte, diesem vom König ein Adelstitel verliehen wurde, der ihn, und oft
auch seine Nachkommen, in den Adelsstand erhob.
Der Landeigentümer, den die
Umstände zu einer solch höheren Aufgabe als der reinen Lebensmittelbeschaffung
berufen hatten, kam also in Krieg und Frieden die Sorge um die salus publica
zu, und das bedeutete normalerweise die Ausübung der Regierungsgewalt
innerhalb eines beschränkten Gebiets. Er wurde damit ipso facto in ein
höheres Verhältnis versetzt, das ihn zu einer Art Miniaturbild des Königs
machte. Seine Aufgabe ließ ihn so zum wesenhaften Teilhaber am Adel der Aufgabe
des Königs selbst werden.
Die
Gestalt des edlen Landherrn entstand somit spontan aus den gegebenen Umständen.
Die
ihm zugefallene private und edle Aufgabe erfuhr nach und nach eine Erweiterung,
als die Lage im christlichen Europa weniger besorgniserregend wurde und mit dem
Rückgang der Gefahr von außen längere Friedensperioden im Land herrschen. Immer
neue Aufgaben gesellten sich zu den alten.
Quelle: Plinio Corrêa de Oliveira: Der Adel und die
traditionellen vergleichbaren Eliten in den Ansprachen von Papst Pius XII. an
das Patriziat und den Adel von Rom“, TFP Österreich, 2008, S. 117
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen