Zur
Einführung seines Kommentars über die am 15. Mai 1956 veröffentlichte Enzyklika
„Haurietis aquas“ von Pius XII. beschreibt Prof. Plinio Corrêa de Oliveira wie die wahre Einstellung
eines katholischen Redakteurs gegenüber den Relativismus eines Nichtglaubenden
sein sollte.
Zum
Anlass des hundertsten Jahrestages der Einsetzung des liturgischen Festes des
Heiligen Herzen Jesu veröffentlichte Papst Pius XII. die Enzyklika „Haurietis
aquas“ (15. Mai 1956), über den wahren Sinn, Wichtigkeit und Aktualität dieser
Andacht. Im Laufe seines Pontifikates veröffentlichte dieser Papst unzählige
Dokumente, die große Aufmerksamkeit verdienen. Doch wir können sagen, dass ohne
Zweifel diese Enzyklika in der Geschichte seines Pontifikates eines der
leuchtendsten und wichtigsten Zeichen sein wird.
Wenn
wir auch jedes päpstliche Lehrdokument mit Respekt und Freude aufnehmen, so
bringen wir heute eine ausführliche Zusammenfassung dieses hervorragenden
Dokumentes mit einem besonderen Gefühl des Wohlgefallens. Denn das Thema der
Enzyklika befindet sich im Kern aller Probleme, die wir teils implizit, teils
explizit des öfteren behandelt haben.Eine Beobachtung, die die Lektüre unserer Zeitung (Catolicismo) nahelegt, ist, dass sie äußerst bemüht ist in der genauen und vollständigen Beachtung aller Gebote der katholischen Doktrin, sowie eine uneingeschränkte und gewissenhafte Zustimmung jedem Lehrakt der Heiligen Kirche entgegenbringt. Diese ständige Sorge um eine tiefbeständige Treue und Genauigkeit scheint vielen unklug oder gar unsympathisch. Sie meinen, dass die Pflicht zu Mitleid und Erbarmen, der Geist der Milde und der Gnade gegenüber den Ungläubigen, denen es so schwer fällt – gerade in unseren Tagen – den wahren Glauben anzunehmen, und gegenüber den Gläubigen, deren Beharrlichkeit immer größere Kämpfe erfordert, den katholischen Journalisten zu einer äußerst versöhnlichen Haltung verleiten sollte.
Statt
den Irrtum und das Böse zu geißeln, sollte er eher über beide schweigen. Statt
die Fahne der Vollkommenheit auszubreiten und die Leser auf die hohen, schwer
zu erklimmenden aber betörenden Gipfeln der hohen Ideale hinzuweisen, sollten
sie nur das notwendige zu ihrem Heil lehren. Dies würde sie zu Predigern einer
minimalistischen Korrektheit machen, die nichts anderes ist als billige
Mittelmäßigkeit. Wer sich die Aufgabe eines katholischen Redakteurs so vorstellt,
wird unsere Haltung als kompromisslos, intolerant und unverständlich ansehen.
Wir
sind die ersten, die es einsehen, dass diese Einwände, wenn sie nicht stimmen,
sie jedoch viel Wahrheit enthalten. Auf den ersten Blick sticht hervor, dass
die katholische Lehre sehr schwer zu praktizieren ist. Die Kirche hat
wiederholt gelehrt, dass kein Gläubiger aus eigenen Kräften dauerhaft die
Gesamtheit der Gebote befolgen kann. Daher scheint es vernünftig zu sein, jede
Vollkommenheit in der Befolgung der Gebote als übertrieben anzusehen.
In
Wahrheit findet sich die Lösung des Problems in einer anderen Gedankenordnung.
Wenn es wahr ist, dass das Unvermögen der menschlichen Natur die Befolgung der
Gebote dermaßen erschwert, dann müssen wir auch die unendliche Barmherzigkeit
Gottes in Betracht ziehen. Nicht um damit zu folgern, dass Gott es mit der
Sünde nicht so genau nimmt, Er, der die unendliche Vollkommenheit ist. Die
Barmherzigkeit Gottes kann nicht darin bestehen, dass Er uns in unserem
Verderben hilflos darben lässt, sondern darin uns daraus herauszuholen. Angesichts
der Blinden, Aussätzigen, Lahmen, die Er auf seinen Wegen begegnete,
beschränkte Er sich nicht auf ein Lächeln und weiterzugehen. Nein, Er heilte
sie. Angesichts unserer Sünden will seine Barmherzigkeit uns von diesen
liebevoll befreien und uns auf seine Schulter tragen. Was wir von der
Barmherzigkeit Gottes erwarten, sind die notwendigen Hilfen, die uns befähigen,
das Gesetz der Moral zu erfüllen. Dazu haben wir die Gnade, die uns durch die
unendlichen Verdienste Jesu Christi erreicht wurde. Die Gnade befähigt unseren
Verstand zum Glaubensakt. Sie verleiht unserem Willen eine solche Kraft, dass
es ihm möglich wird, die Gebote zu befolgen. Die große Gabe Gottes für die
Menschen – wir sagen es noch einmal – besteht nicht in der Gleichgültigkeit gegenüber
unseren Fehlern, sie nicht zu tadeln und teilnahmslos uns in sie versinken zu
lassen. Die große Gabe ist, uns die übernatürlichen Mittel zu geben, um die
Sünde zu meiden und die Heiligkeit zu erlangen. Daher auch die große Verantwortung
derer, die diese unschätzbare Gabe ablehnen.
Das ausdruckvollste Symbol dieser barmherzigen Liebe Gottes, der Menge
seiner Vergebungen und der Beharrlichkeit mit der Er ständig die Menschen zur
Reue auffordert, die notwendigen Gnaden zu erbitten, für die Übung der
Tugenden, um durch das Gebet alle notwendigen Mittel zu erlangen zur Änderung
seines Charakters, ist das Heiligste Herz Jesu. Im Heiligsten Herz Jesu also
erhält jede echte Kompromisslosigkeit gegenüber dem Bösen ihre Norm und
Erklärung. Für einen katholischen Journalisten besteht die Güte nicht darin,
den Sünder im Glauben zu belassen, dass sein Seelenzustand zufriedenstellend
ist. Dem Sünder muss das ganze Grauen seiner Bosheit klargemacht werden, damit
er sich von ihr absagt. Er muss auf die Gipfel der Vollkommenheit hingewiesen
werden, damit er sie zu erreichen wünscht. Denn alles ist ihm möglich, wenn er
beharrlich um die Gnade Gottes bittet und mit dieser kooperiert. Auf diese
tiefe und freudige Überzeugung, dass der Mensch mit der Gnade alles vermag,
begründet sich die heilige Tugend der christlichen Kompromisslosigkeit. Jeder
Akt der Barmherzigkeit ist eine große Gabe, beinhaltet aber auch eine große
Verantwortung. Da der Mensch durch Gebet und durch die Treue zur Tugend die
Gebote praktizieren kann und soll, gibt es offensichtlich für ihn keine
Entschuldigung, wenn er in der Sünde verharrt. Pius XII. zeigt wie die Gnaden
im Übermaß aus dem süßesten Herzen Jesu strömen. Gerade deshalb besteht die
Formel für ein erfolgreiches Apostolat nicht im Verschweigen der im Menschen
innewohnenden Bosheit, sondern in der Aufforderung sich an der göttlichen
Quelle rein zu waschen, aus der die Ströme der Gnade entspringen. Dies ist die
Aufgabe des katholischen Journalismus.Nach der Veröffentlichung dieses monumentalen Dokumentes, das die Christenheit dem Heiligen Vater schuldig bleibt, fühlen sich unsere Herzen von dem aufmunternden Wunsch entbrannt, es möge mit der gleichen Tiefgründigkeit, mit der gleichen obersten Autorität, mit der ebenso tiefen Frömmigkeit dieser Enzyklika ein Dokument entstehen über den Kult zum Unbefleckten Herzen Mariens. Dies wäre eine harmonische und vollkommene Ergänzung des Briefes „Haurietis aquas“.
(Aus „CATOLICISMO“ Nr. 68 - August 1956 - freie Übersetzung aus dem Portugiesischen)
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