Festrede in Campos (Rio de Janeiro) am 20. Mai 1973 zum 25. Jahrestag der Bischofsweihe von Dom Antonio de Castro Mayer.
In dieser Jubiläumsfeier, die zu Recht an
die hohen Verdienste S. Exzl. Herrn Bischof Antônio de Castro Mayer (*)
erinnert, ist es meine Aufgabe, eine Vortrag über das Priestertum zu halten.
Ich soll Ihnen über die Fülle des
Priestertums sprechen. Diese Fülle spiegelt sich in der Person unseres heute zu
ehrenden wider. Und diese Überlegung führt mich in die Nacht der Zeiten, führt
mich auf einen historischen Exkurs, zu dem Menschen in die vielleicht
entscheidendste und schwierigste Zeit seiner Geschichte führt.
Wir stellen uns heute vor, dass wir am
Rande einer vielleicht beispiellosen Katastrophe stehen. Wir erinnern uns aber
nicht daran, dass es eine Katastrophe gab – größer als alle Katastrophen – eine
Katastrophe, die die Geschichte der Menschheit von Anfang an geprägt hat. Diese
in der Genesis erzählte Katastrophe, diese Katastrophe des Ungehorsams des
Mannes, der, von der Frau, die von der Schlange in Versuchung geführt wurde, an
Gott zweifelte, sich gegen Ihn auflehnte, dem Schicksal, das Gott für ihn
bestimmt hatte, nicht folgen wollte und deshalb aus dem Paradies vertrieben
wurde.
Ein Fürst des schönsten und bezauberndsten
aller Königreiche; der zum Herrn der gesamten sichtbaren Natur bestimmt wurde,
deren Geheimnisse er in ihrer Vollkommenheit kannte und über die er eine
geheimnisvolle Herrschaft ausübte; getröstet durch die außernatürlichen Gaben,
die ihm unter anderen die Unsterblichkeit sicherten – Adam sündigte, Eva
sündigte, sie verließen das Paradies, sie verließen das Land des Segens und der
Erlesenheit, in dem laut Genesis Gott mit Adam wandelte und alle Schönheiten
dessen kommentierte, was Er geschaffen hatte. Sie verließen das Land der
Erwählung und betraten das Land der Verbannung; die außernatürlichen Gaben
wurden ihnen entzogen.
Die menschliche Natur – hilflos angesichts
einer Umwelt, über die sie keine Macht mehr hatte und die sie nicht mehr
beherrschte – fühlte sich geschwächt, fühlte sich gemindert, fühlte sich vom
gerechten Zorn eines Gottes bedroht, den sie beleidigt hatte. Und mit dem
Menschen, im Land des Exils, drang Besorgnis ein, Schmerz drang ein, Leid drang
ein, Ungewissheit drang ein, und nicht etwas später folgte das schreckliche
Bild des Todes.
Adam und Eva, die wussten, dass sie zum
Sterben bestimmt waren, aber bevor sie selbst starben, erlebten diese
schreckliche Tragödie den Sohn des Segens, den Lieblingssohn, Abel, den Süßen,
Abel, den Gerechten, Abel, den Prächtigen, auf dem Boden liegen sahen, tot. Sie
hatten noch nie einen Toten gesehen. Vielleicht hatten sie nicht die volle
Vorstellung davon, was der Tod war, denn was man nicht sehen kann, kann man
nicht vollständig wissen. Und von wem getötet? Von einem anderen Sohn getötet.
Der niederträchtige Brudermord vergoss das Blut des gerechten auf den Boden,
dessen Stimme, der Bibel zufolge, zu Gott nach Rache empor schrie.
Wir können uns die Tragik der ersten
Beerdigung auf Erden vorstellen: Eva schluchzt, Adam schlägt sich an die Brust,
Kain verschwindet verzweifelt auf den Wegen; die anderen Kinder graben an
beliebiger Stelle eine Grube in den Boden; legen den Leichnam hinein, schließen
das Grab; die Geschichte von Abel ist beendet: auf der riesigen Erden nun eine
Leere. Und die Menschheit beginnt ihre gewaltige Pilgerreise.
Dieses doppelte Gefühl, einerseits ein
Gefühl der Endlichkeit: Der Mensch wird sterben, er wird sterben wie Abel starb,
er wird eine Leiche sein wie Abel; die Erde wird ihn verschlingen, wie Abels
Leiche verschlungen wurde; ein Gefühl der Unsicherheit, der Ungewissheit: Die
widerspenstige Natur, die sich angreifenden Tiere, Gewitter platzen nieder,
Nahrung ist nur schwer aus der Erde zu gewinnen. Alles in allem bereitet es dem
Menschen Schwierigkeiten, sich im Leben zu orientieren, was die Existenz der
Menschheit, der Kinder Adams auf diesem Weg zutiefst prägt, der uns von
Tragödie zur Herrlichkeit, von Herrlichkeit zur Tragödie, von Hoffnung zur
Frustration geführt hat, von der Frustration zum Sieg, der in neue
Frustrationen ausbricht, führte uns in dieses 20. Jahrhundert, das selbst,
zumindest auf seine Art, einen Höhepunkt von Glanz, Frustration und Tragödien
darstellt.
Diese Haltung, diese Stellung der
Endlichkeit und Unsicherheit des Menschen gegenüber seinem irdischen Leben,
brachte hervor – bereits in den Anfängen der Menschheit, als sich die
Menschheit von Dekadenz zu Dekadenz dem Götzendienst hingab; als jedoch das
Priestertum, auch im Götzendienst, sich durchsetzte und sich immer klarer
abgegrenzte, - brachte hervor zwei unterschiedliche Vorstellungen des
Priestertums. Diese Vorstellungen finden wir in zwei verschiedenen Familien
heidnischer Religionen.
Erstens die sogenannten Religionen ohne
Mysterium, die vielleicht einer Seelenfamilie der Menschheit entsprechen: den
Seelen, die sich am meisten auf diese Erde, auf die Natur konzentrieren; die
die Existenz eines anderen Lebens nicht direkt leugnen und auch kein Interesse
daran haben, sondern die sich vom morgigen Tag so sehr beeindrucken lassen,
dass sich ihre Sorgen nur auf irdische Angelegenheiten konzentrieren. Also
haben wir – vielleicht entsprechend dieser Seelenfamilie – das Aufkommen von
sogenannten Religionen ohne Mysterium. Religionen, in denen der Priester
zweifellos als Mittler zwischen den Göttern und den Menschen auftritt. Das ist
immer das charakteristische Merkmal der Vorstellung vom Priester: Er ist ein
Mittler, er ist ein Vermittler zwischen Gott und den Menschen. Er tritt
zweifellos als Vermittler auf, aber ein Vermittler, der, obwohl er den Blick
zum Himmel richtet, typisch irdische Missionen hat.
Welche Aufgaben haben Priester in
heidnischen Religionen ohne Mysterium? Der Priester ist mit magischen Kräften
ausgestattet, wodurch er als Mittler zwischen den Göttern und der Erde die
Menschen glauben lässt, dass er die Macht hat zu heilen, dass er die Macht hat
zu töten, dass er die Macht hat – durch Beschwörungen und Zaubersprüche – Donner
zu befehlen und wilde Tiere zu besänftigen. Der Priester löst also menschliche
Probleme. Er führt Heilungen durch; er tötet, weil er ein Instrument der Rache
ist; er regiert die Elemente.
Wir sehen dort eine vage Sehnsucht, die
die Menschheit in ihrem Niedergang nach jener Herrschaft hegt, die sie über die
Natur ausübte, als Adam noch nicht gefallen war. Unsere Natur verlangt diese
Herrschaft. Und um dieses Herrschaftsbedürfnis zu befriedigen, präsentierten
sich die Priester des Heidentums den Menschen auf diese Weise. Und daher die
Art von exorzistischem Priester, der böse Geister vertreibt, die den Menschen
in seiner täglichen Arbeit stören, Ernten ruinieren, Krankheiten verbreiten,
Vieh in die Flucht schlagen usw. Er ist auch der opfernde Priester, der
Priester, der opfert; der Priester, der angesichts des sündigen Menschen ein
Opfer nimmt, ein Tier, eine Frucht, was weiß ich ... – leider oft ein
menschliches Opfer – und es aufopfert, um den Zorn eines Gottes zu besänftigen,
den der Mensch als wütend empfindet, zerstritten mit Gott, vor dem er Angst hat
und den er irgendwie günstig stimmen möchte.
Hier haben Sie das Bild des Priesters der
Antike, entsprechend der Art dieser Mentalität, die mehr auf irdische Güter
ausgerichtet ist.
Aber es gibt noch eine andere
Seelenfamilie, vielleicht seltener, aber sicherlich höher. Es sind Menschen,
die in dem Bewusstsein leben, dass irdische Probleme, so wichtig sie auch sein
mögen, nichts weiter als Logistik sind; Egal wie wichtig sie sind, ist der Mensch
nicht auf Erden, um sie zu lösen. Um es mit einem geglückten Ausdruck zu sagen,
der heute beim Bankett des Diözesanbischofs zitiert wurde: Es sind Menschen,
die verstehen, dass der Mensch nicht auf den Magen reduziert werden kann und
dass Hunger nicht das zentrale Problem des Lebens ist. Es sind die Menschen,
die zu denken wissen, die innehalten, um nachzudenken, und die sich von Zeit zu
Zeit eine Pause von den schönen Aktivitäten der täglichen Arbeit gönnen und
sich fragen: Welchen Sinn hat das, welchen Sinn hat dieses Leben? Warum wurde
ich geboren? Wohin gehe ich? Was wird nach meinem Tod aus mir werden? Ich weiß
es nicht! Ich muss nachfragen! Diese überragenden Fragen beherrschen das
menschliche Leben, das ohne sie bedeutungslos ist.
Um die Fragen dieser Art von Mentalitäten
zu beantworten, erschafft das Heidentum trotz seines Wahnsinns und seiner
Fehler – angetrieben von einer Mischung aus gesundem Menschenverstand und
Tradition, die es nie ganz verloren hat – den Typus des Priesters der Mysterienreligionen.
Dies sind Religionen, die – im Allgemeinen im Geheimen und für eine relativ
kleine Anzahl von Gläubigen – Riten praktizieren, die diese außergewöhnliche
Wirkung haben müssen: Etwas vom Leben der Gottheit geht auf den Priester über
und etwas vom Priester fließt in die Öffentlichkeit; so dass ein gewisses
göttliches Leben unter denen zirkuliert, die den Ritus praktizieren und
anwesend sind. Ein göttliches Leben, das ihnen in den Nöten dieser Existenz
mehr Kraft gibt, ihnen mehr Licht in ihrem Geist, ihnen mehr Energie dem Willen
gibt. Ein göttliches Leben, das sich auch in der großartigen Verheißung
manifestiert, dass sie nicht sterben werden, ein Leben, das vom Jenseits kam,
das in den Menschen eindringt; sie glaubten, dass es nicht mit dem Menschen
stirbt. Das Versprechen eines anderen Lebens – ein Versprechen, das es auch in
anderen Religionen gibt, aber in diesen Mysterienreligionen nicht so fest
verankert ist – wird deutlicher behauptet.
Und die nach einer besseren Natur als
diese dürstenden Seelen – dürsten nach einer höheren Erklärung für ihre
Probleme, nach einer Orientierung zum Leben, tiefer als nur die Sorge, den
notwendigen Gewinn zu erzielen, um nicht an Hunger zu sterben oder Ehrgeiz oder
Eitelkeit zu befriedigen – dieser Typus der Seele passt in diese Reihe von
Religionen.
Und dann haben wir, vage und verwirrend,
inmitten manchmal abscheulicher Riten, götzendienerischer Riten, satanischer
Riten, Riten, bei denen oft – wie im phönizischen Ritus – die Frau ihre
Reinheit anbot und unrein wurde, um der Göttlichkeit zu gefallen. Riten, bei
denen Mord oder sogar Kindsmord praktiziert wurden, wie in den Händen des
Bronzemonsters Moloch, Baal von Karthago, eine riesige Bronzefigur mit
abgewinkelten Armen; und wenn Karthago in Gefahr war, wurde unter ihm ein Feuer
angezündet um ihn bis zur Weißglut zu erhitzen und die besten Familien im
Patriziat von Karthago waren gezwungen, ihre neugeborenen Kinder im Alter von
einem, zwei oder drei Jahren in die Arme dieses Götzen zu legen, um durch Verbrennung
zu sterben oder in den Abgrund stürzten um zu verhindern, dass Karthago
zerstört werde.
Religionen also, die sehr oft mit
Abscheulichkeiten verbunden, in denen uns jedoch eine klare Betrachtung, wie
ich sagte, ermöglicht, die Ader einer kostbaren Tradition, des gesunden
Menschenverstandes und auch der Hoffnung zu erkennen.
Alle oder zumindest viele dieser
Religionen waren von der Hoffnung beseelt, dass eines Tages Frieden zwischen
Himmel und Erde herrschen würde; es würde ein Moment kommen, in dem die Zeiten
ihre Fülle erreichen würden; und ein Auserwählter Gottes, vollkommen, geliebt,
auf die Welt kommen würde, um die Ordnung wiederherzustellen, die uns die Sünde
unserer Ureltern genommen hatte – was in so vielen alten Religionen in Erinnerung
ist.
In einem bestimmten Moment, in einer
Mitternacht, in der absoluten Stille einer hebräischen Stadt, eine zarte, reine
Jungfrau, die in ihren Augen etwas oder mehr als etwas trug, eine Unendlichkeit
jenes Ausdrucks, dessen Widerspiegelung wir in der wunderschönen Statue Unserer
Lieben Frau von Fátima gesehen haben, die uns vor ein paar Tagen besucht hat –
diese Jungfrau betete. Die Zeiten waren gereift. Das Maß des Leidens und der
Erniedrigung der Menschheit hatte ein solches Ausmaß erreicht, dass Gottes
Barmherzigkeit diese Jungfrau erschuf, damit sie, die ohne Makel war, erreichen
konnte, was keinem sündigen Menschen gegeben war: dass sie um das Kommen des
Messias bitten würde.
Und sie hat genau darum gebetet, dass der
Erlöser komme und alle Völker erneuert werden. Der von dem jüdischen Volk
vorhergesagte Messias sollte von jemandem aus der Linie Davids geboren werden,
aus der Linie, aus der sie selbst geboren wurde und zu der ihr keuscher
Bräutigam Joseph gehörte. Sie betete mitten in der Nacht und bat um das Kommen
dieses Messias. Und sie bat, gemäß frommen Überlieferungen, darum, die Dienerin
zu sein, die Sklavin zu sein, die Magd der gesegneten Frau zu sein, aus der
dieser Messias geboren würde.
In der Luft findet eine mysteriöse
Bewegung statt. Etwas wie ein Flügelschlag, wie eine Bewegung, wie eine
durchsichtige Vibration, wie ein Licht, dass die Umbebung prägt. Sie schaut und
hört die uns bekannten Worte: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade“. Und
dann kommt der Dialog, der so bekannt ist, dass ich ihn Ihnen nicht wiederholen
muss. Wir wissen nur, dass, nachdem sie gesagt hatte: „Mir geschehe nach deinem
Worte; siehe ich bin seine Magd“; das Wort Fleisch geworden ist und unter uns
gewohnt hat, und es kam derjenige auf Erden, der im wahrsten Sinne des Wortes
par excellence, im archetypischen Sinne des Wortes der Priester sein würde:
Unser Herr Jesus Christus.
Priester im wahrsten Sinne des Wortes;
denn wenn es wahr ist, dass es zum Wesen des Priestertums gehört, Bindeglied
zwischen den Menschen und Gott zu sein, könnte niemand anderes dies in
vollkommenerer und großartigerer Weise sein als der, der zugleich Mensch und
Gott war, die fleischgewordene Zweite Person der Heiligsten Dreifaltigkeit, die
die menschliche Natur mit der göttlichen Natur verband.
Unser Herr Jesus Christus ist gemäß seiner
eigenen Natur priesterlich, denn Er ist das Bindeglied, Er ist das Band, Er
gründete das wahre Priestertum, das vollkommene Priestertum, das christliche
Priestertum, das katholische Priestertum; dieses katholische Priestertum, das
im Laufe der Geschichte so viele Glanzlichter hervorgebracht hat und von dem
wir heute eine der schönsten Schönheiten des heutigen Brasiliens hervorheben,
indem wir der Figur desjenigen huldigen, der die Fülle des Episkopats besitzt,
Dom Antônio de Castro Mayer.
Priestertum, das in beiden Richtungen
ausgeübt wird: eine aufsteigende und eine absteigende Aktion.
Aufsteigendes Handeln: Es ist unser Herr
Jesus Christus, der alle unsere Gebete zum Himmel richtet. Alle unsere
Verdienste sind mit ihm und seinen Verdiensten verbunden, und nur durch ihn,
unseren Herrn Jesus Christus, erreichen wir den ewigen Vater.
Das herabsteigende Wirken des
Priestertums, denn alle Gnaden, alle Gaben, alle Wohltaten, die vom Himmel auf
die Erde kommen, kommen durch ihn herab. Er ist gleichzeitig als Priester im
wahrsten Sinne des Wortes auch die Quelle – weil er im wahrsten Sinne des
Wortes Priester ist, ist er die Quelle aller Gnaden und wie Sie gleich sehen werden,
die Quelle der wahren und vollkommenen bürgerlichen Ordnung.
Unser Herr Jesus Christus ist jedoch nicht
nur voll und ganz Priester, denn er ist das Bindeglied zwischen Erde und
Himmel, sondern er ist zugleich aufopfernder Priester und Opfer. Er opferte
sich auf in einer priesterlichen Handlung, die Er mit den Leiden im Garten
angenommen hat und ununterbrochen bis zum „Consumatum est“ den gesamten Ozean
der Schmerzen akzeptierte, der über Ihn zusammenbrechen würde, um die
Menschheit zu erlösen.
Und
er nahm dies alles nicht nur mit einer wirksamen Annahme an, sondern mit einer
Annahme voller Liebe. Er wollte so sehr Priester im Sinne eines Opfers sein, er
wollte sich so sehr für uns opfern, diese unerlässliche Opferung für die
Versöhnung zwischen Gott und den Menschen. Er wollte es so sehr, dass wir im
Gebet des Ölgartens sehen, wie er litt, sich „pavere et tadere“ fühlte,
Widerwille und Entsetzen empfand; und fühlte, wie sein ganzes Blut aus seinen
Poren strömte, angesichts des Schreckens dessen, was Er erleiden würde.
Aber als er vom Engel die Kraft erhielt,
wollte er den Willen des Ewigen Vaters tun. Zuerst zur Ehre des Ewigen Vaters
und dann aus Liebe zur Menschheit, aus Liebe zu jedem Menschen, aus Liebe zu
jedem einzelnen von uns hier Anwesenden. Und zwar so aus Liebe zu jedem von
uns, dass er jeden von uns während der gesamten Zeit seines Leidens und im
Moment seines Todes dem Namen nach im Blick hatte. Und er wollte für jeden von
uns sterben, und zwar so, dass er, selbst wenn er nur für einen hätte sterben
müssen, sterben wollte; und er starb mit dieser Absicht.
Dies ist der Priester, aus dessen
Mitwirkung alle anderen Priester hervorgehen. Und wenn die katholische Kirche
das Priestertum hat, dann hat sie es durch die Teilhabe an unserem Herrn Jesus
Christus. Die Fülle des Priestertums in der Person der Bischöfe; das
teilhabende Priestertum in den Personen der Priester; passives Priestertum – in
einem anderen Sinne des Wortes – seitens aller Laien, die in Verbindung mit dem
spezifisch priesterlichen Körper der katholischen Kirche dieses königliche
Geschlecht, diese priesterliche Geschlecht bilden, die die Mitglieder des
mystischen Leibes unseres Herrn Jesus Christus sind: die Gläubigen der Heiligen
Römisch-Katholischen Apostolischen Kirche.
Diese Überlegungen führen uns jedoch dazu,
zum ursprünglichen Thema des Vortrages zurückzukehren und uns zu fragen, welche
Beziehung zwischen diesen vagen Gerede über den ersten Begriff des Priestertums
in der Zeit des Heidentums und dem späteren Begriff des Priestertums besteht,
wie er im katholischen Priestertum ausgeübt wird.
Die Antwort ist nicht schwer zu geben. Wie
immer geschieht es, wenn der Mensch auf Gott hofft, auch wenn der Mensch die
Unvollkommenheiten seiner Natur in diese Hoffnung setzt, er wird belohnt und
erhört und erhält unvergleichlich mehr, als er erwartet hat.
Wir haben das Priestertum der heidnischen
Nationen nicht mehr – es war nie authentisches Priestertum. Wir brauchen auch
nicht an Stammeshäuptlinge, Magier oder Menschen mit eigenartigen Kräften
denken oder sie in Betracht ziehen. Das alles ist Vergangenheit. Die
katholische Kirche orientiert unsere Blicke auf ein viel höheres Ideal. Der
Priester ist wirklich der Priester, weil er seinerseits das Bindeglied zwischen
unserem Herrn Jesus Christus und uns ist, ausgestattet mit der Macht zur
Transsubstantiation (die Wesensverwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut
Unseres Herrn Jesus Christus zu bewirken). Durch seine Worte wird das größte
Wunder vollbracht, das jemals auf der Erde geschehen kann, nämlich die
Transsubstantiation, die zugleich die unblutige Erneuerung des Opfers von
Golgatha ist.
Der Priester vervielfacht – über alle
Altäre der Erde hinweg – das Kreuzesopfer des Herrn. Er trägt überallhin das
Werk der Erlösung Unseres Herrn Jesus Christus. Er vermittelt überall das
göttliche Leben. Er spricht zu uns vom anderen Leben. Er erhört auf
überschwängliche Weise die Wünsche und Sehnsüchte jener Seelenfamilie, die
ihren vollkommensten Vergleich, ihr vollkommenstes Vorbild in Maria findet –
der neutestamentlichen Kontemplativen, die in Bethanien nur auf unseren Herrn
schaute und sich für ihre eigenen Angelegenheiten nicht interessierte – weil er
den Seelen dieses göttliche Leben bringt, was wiederum die vom göttlichen Leben
bewohnte Seele dazu bringt, sich darauf vorzubereiten, Gott für alle Ewigkeit
im Himmel im Glanz der seligen Schau zu genießen.
Aber auf der anderen Seite bereitet der
Priester und – meine lieben Zuhörer, in diesem Zeitalter, das so sehr auf
irdische Belange konzentriert ist, scheint mir, dass dieser Überlegung von uns
allen die größte Aufmerksamkeit geschenkt werden muss – das Priestertum
bereitet auch die Wege der einzig wahren Zivilisation, der einzig wahren
Ordnung, die aus dem von Christus gegebenen Gesetz hervorgeht und die der
Mensch fähig wird zu besitzen durch das von Christus kommende Leben.
Was bedeutet das?
Der heilige Augustinus lebte in einer
Zeit, die beeindruckende Analogien zu unserer hatte. Denn – wenn wir heute an
die Grenzen der westlichen Zivilisation stoßen, das kommunistische Monster, die
kommunistische Barbarei, bereit, uns zu verschlingen –, war der heilige
Augustinus zu seiner Zeit der Bedrohung durch die Vandalen ausgesetzt:
Barbaren, die die Donau und den Rhein überquert hatten Sie waren in Europa
eingedrungen, sie waren durch die Straße von Gibraltar gegangen, sie waren in
Afrika eingedrungen und bedrohten nach und nach die kleine Stadt Hippo, in der
ihr großes bischöfliches Talent glänzte.
Der
heilige Augustinus war auf der einen Seite dieser Bedrohung durch Barbaren
ausgesetzt; und andererseits – in einer Situation, die ganz dem 20. Jahrhundert
ähnlich war: eine moralisch dekadente Zivilisation, die schläfrig dahinlebte,
vergiftet durch ihren eigenen Reichtum, an dem sie süchtig geworden war – der
hl. Augustinus fragte sich, was würde aus der barbarischen Welt sowie der
christianisierten Welt der Römer, was würde aus diesen beiden Welten werden,
wenn alle das Gesetz Gottes praktizieren würden, wenn sie alle katholisch wären
und nicht nur die Könige und Untertanen? Katholisch, aber wie man katholisch
sein sollte und nicht nur durch Lippenbekenntnis; katholisch die Lehrer der
Schüler, katholisch die Eltern und die Kinder, katholisch diejenigen, die die
Truppen befehligen, katholisch die Soldaten der Truppen, katholisch diejenigen,
die Steuern eintreiben, katholisch diejenigen, die Steuern zahlen, katholisch
diejenigen, die Güter besitzen, katholisch diejenigen, die ihrer Arbeit
nachkommen.
Was
würde aus einer solchen Zivilisation werden? Und er gibt die Antwort, die für
uns alle intuitiv ist: Diese Zivilisation würde schnell ihren Höhepunkt
erreichen. Alles, was man unter den damaligen Bedingungen von der Menschheit
erwarten konnte, war das, was die Menschheit bieten würde.
Es ist ein leicht verständlicher Grund.
Die Zehn Gebote – erklärt uns der heilige Thomas von Aquin – die Zehn Gebote
sind das Naturgesetz selbst; sie wurden von Gott offenbart, um die Menschen in
den Unsicherheiten ihres Einfallsreichtums zu bestätigen. Die Zehn Gebote sind
die Eckpunkte der gesamten Ordnung, die in der Welt existieren muss. Wenn die
Welt die Zehn Gebote erfüllt, wird sie Frieden haben, sie wird Wohlstand haben
– was nicht Laster bedeutet, aber es wird Ruhm bedeuten – und sie wird sich in
Richtung Weisheit und Adel bewegen. Wenn die Welt diese zehn Gebote aufgibt,
kann sie Verträge schließen, Institutionen aufbauen, Frieden schwören,
großartige Elemente der Einheit unter den Menschen entdecken – wie zum Beispiel
die Möglichkeiten der Kommunikation –, sie kann tun, was sie will, sie wird am
Ende in den Schlund aller Krisen hinabstürzen.
Weil der Mensch nicht in der Lage ist -
wie der heilige Augustinus lehrt -, einen anderen Menschen zu lieben. Er liebt
nur Gott oder er liebt nur sich selbst. Und er ist nur dann in der Lage, einen
anderen Menschen zu lieben, wenn er einen anderen Menschen aus Liebe zu Gott
liebt. Nimmt die Liebe Gottes von der Erde, und ihr werdet die Gebote von der
Erde genommen haben. Entfernt die Gebote von der Erde, und Lucanos alter und
abgenutzter Ausdruck wird wahr: Homo homini lupus, der Mensch wird des anderen
Menschen ein Wolf sein. Es hat keinen Sinn, über die Vereinten Nationen oder
den Frieden zu reden, in einer Welt, in der jeder Mensch für den anderen ein
Wolf ist.
Krieg ist der natürliche Zustand des
selbstsüchtigen Menschen, der mit einem anderen selbstsüchtigen Menschen
aneinander stößt. Und die größten Zivilisationen werden im Umfeld von Egoismus
und Neuheidentum vor allem dazu dienen, die größten Kriege auszulösen. Und
deshalb geraten wir in den tragischen Kreislauf der Weltkriege: den ersten, den
zweiten und das Gespenst des dritten, das vor uns schwebt.
Daher erscheint uns der Priester als
jemand, der die Religion lehrt, als jemand, der die Seelen der Menschen zur
Erfüllung der Gebote führt, nicht nur wie ein Lehrer, der unfruchtbare und
leblose Lehren erteilt, sondern er ist genau wie ein Priester, der die Gnade
vermittelt; der durch die Sakramente – die hauptsächlich in seinen Händen
liegen, und einige ausschließlich in seinen Händen – durch die Sakramente weiß
er, wie er die Gnade Gottes an die Seelen weitergeben kann, damit die
Intelligenz (die Vernuft) klarer und gelassener wird, und diese Wahrheiten, die
uns am diesem Abend beschäftigen, in den Augen der Menschen heller strahlen,
die so leicht alles Ernste, Tiefgründige und Grundlegende vergessen.
Andererseits erhält auch der menschliche
Wille, der so schwach, so feige und so auf persönliche Interessen konzentriert
ist, durch das Wirken der Gnade neue Kraft: Es ist ein Leben, das der Priester
weitergibt; er, der vom ewigen Leben spricht; er, der eine bestimmte
Seelenfamilie anweist, ausschließlich oder fast ausschließlich an den Himmel zu
denken – er wendet sich an eine andere Familie und gibt ihnen dieses
Versprechen: auch ihr suchet das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, und
alles wird euch dazugegeben werden.
Es ist das Versprechen unseres Herrn Jesus
Christus: Sacerdos alter Christus. Es ist die Verheißung unseres Herrn Jesus
Christus, die über allen Menschen schwebt und die ihnen sagt: Empfanget das
übernatürliche Leben, das in Schüben aus den Händen meiner Priester entspringt,
und ihr werdet fähig sein, das zu tun, wozu ihr ohne die Gnade keine Kraft
haben werdet. Es ist eine von der Kirche definierte Lehre: Ohne die Hilfe der
Gnade kann kein Mensch dauerhaft die Gebote in ihrer Vollständigkeit
praktizieren, so unverhältnismäßig ist ihre Erhabenheit im Verhältnis zu
unserem Elend.
Das, meine lieben Freunde, ist die Größe
des Priestertums.
Der Priester ist das Salz der Erde, er ist
das Licht der Welt, nicht nur weil er das Salz und Licht der Kirche ist,
sondern weil die Kirche das Salz und Licht der christlichen Zivilisation ist.
Denn ohne die christliche Zivilisation gibt es, nachdem Christus auf die Erde
kam, keine mögliche Zivilisation: entweder gibt es Barbarentum, oder es gibt
unseren Herrn Jesus Christus. Und unser Herr Jesus Christus steht neben dem
katholischen Priester. Dem katholischen Priester und daher in überragender
Weise dem Priester, der die Fülle des Priestertums besitzt; dem Priester, der
hat – und das ist es, was im Bereich der Ordensbefugnisse den Bischof vom
Priester unterscheidet: der Bischof kann alles tun, was der Priester kann. Aber
der Bischof kann etwas ungeheuer Edles, ungeheuer Starkes, ungeheuer Kreatives
tun, was der Priester nicht kann: Der Bischof kann andere Priester weihen und
die Erde mit Leviten des Herrn füllen.
Fürst in seiner Diözese – um unter der
Schirmherrschaft des alleinigen Monarchen der katholischen Kirche, des Papstes,
zu regieren – Fürst in seiner Diözese, als Hirte, hat er die Gerichtsbarkeit,
hat er das Lehramt. Durch das Lehramt lehrt er das Gesetz, außerhalb dessen
alles falsch ist. Durch die Priesterweihe verteilt er das Leben, außerhalb
dessen alles der Tod ist. Er, durch diese beiden Gewalten – der Weihe und der
Gerichtsbarkeit – herrscht der Bischof, er regiert seine Diözese durch die
Macht der Regierung, durch die Macht des bischöflichen Reiches, er bekämpft den
Widersacher, er richtet die Schwachen auf, er leitet die Starken, er führt die
ganze Herde dazu, auf der Erde große Taten zu vollbringen: die Taten des
inneren Lebens, die Taten des übernatürlichen Lebens; die Taten, nach denen
wahre Zivilisation entsteht. Und so können wir sagen: Der Bischof ist der Hirte
seiner Herde, die Säule, die Freude, die Hoffnung der Erde.
Gestatten Ihre Hochwürdigste Exzellenz,
Herr Dom Antônio de Castro Mayer, dass am Ende dieser Konferenz und in einem
Moment der Intimität, die Ihre Exzellenz mehr schätzt als alle anderen, von der
Gala des heutigen Abends abschweift – in einem Moment der Intimität wende ich
meinen Blick rückblickend auf unser langes Zusammenleben, unsere lange Freundschaft,
die bis in die Zeit zurückreicht, als Ihre Hochwürdigste Exzellenz – neben dem
Hochwürdigsten und Hochwürdigsten Erzbischof von Niterói – das Amt in der
jugendlichen Pracht beider ausübte, in der Pfarrei Santa Cecília, und in der
ich, Herr Dom Antônio de Castro Mayer, die Freude und Ehre hatte, Sie kennen zu
lernen, in der diese lange Reise begann, zur Ehre Gottes, zu meinem Glück,
durch einen Gefallen Unserer Lieben Frau wurde es mir gegeben, bis jetzt und –
so Gott will – bis zum Ende meiner Tage weiterzumachen, mit Ihrer Exzellenz an
vorderster Front als Führer und Berater zu haben
Möge es mir gestattet sein, meinen Blick
auf jene fernen Zeiten zu richten und vor meinen Augen nicht die Gestalt des
Kirchenfürsten hervorzurufen, berühmt für seine Taten, für sein Wissen, für
seine Kultur, für die nationale und internationale Strahlkraft seines Namens,
umgeben von Verehrung – und das, mein lieber Dom Mayer, ist sehr selten – von
der Verehrung selbst vieler, die ihn nicht verstanden, umgeben sogar von der
Verehrung dieser Letzten.
Ich möchte im Moment davon abstrahieren.
Ich möchte mich erinnern, an den noch jungen Priester, in seinen frühen
Zwanzigern, der zahlreiche Blitzlichte in meinen Augen hinterlassen hat, die in
meine Gedanken und mein Leben auftauchten und eindrangen.
Ich sehe Sie in der Pracht Ihrer Jugend,
mit jenen Eigenschaften, die die volle Reife Ihrer Person kennzeichnen. Es war
ein hagerer, beweglicher, lebhafter Priester, mit funkelnden schwarzen Augen,
das Haar war – wie man gemeinhin sagt – im Bürstenschnitt geschnitten, aber mit
einer interessanten Besonderheit: Es wuchs nach vorne und schien nach vorne
anzugreifen, immer steif und aufrecht. Ich habe ihn nie in einem Moment
gesehen, weder gebeugt, noch mit hingegebenem Körper, noch sonst etwas; aber
steif und aufrecht, sein Blick immer glühend; mit der Fähigkeit, in jedes Thema
einzusteigen und innerhalb des Themas zum Kern des Problems vorzudringen; und
dort die Lösung des Problems zu finden, und es – und das ist charakteristisch
für seine Form und sein Talent – in zwei, drei lebhaften, spritzigen und
unprätentiösen Worten zu sagen, die meist mit einem freundlichen Witz endeten,
der nicht selten einen Hauch einer leichten Stichelei hatte.
Es ist mir, lieber Dom Mayer, nicht
möglich, dem so vielen und so verdienten Lob etwas hinzuzufügen, weder
qualitativ noch quantitativ. Aber ein Wort möchte ich Eurer Exzellenz noch
sagen. Und dieses Wort ist folgendes: mit der Schnelligkeit des
Urteilsvermögens, mit der Urteilssicherheit, mit der Entschlossenheit, die ich
schon zu Beginn unserer Freundschaft bei Ihnen kannte; mit der charakterlichen
Integrität, mit der Sie immer präsent waren – vor allem aber in den
schwierigsten Zeiten, in Zeiten der Verlassenheit, in Zeiten der Qual;
anwesend, nicht nur um zu trösten, sondern um mit zu kämpfen, um den Kampf zu
leiten, um alle Pfeile auf die Brust zu bekommen – Eure Exzellenz, als Sie zum
Episkopat aufgestiegen sind, beurteilte Eure Exzellenz eine Situation, verstand
ein Problem, verstand eine Pflicht und – wie der Winzer, der in die Kelter
geht, um die Trauben zu zerdrücken, und mit dem Traubensaft, dem Symbol des
Blutes, bedeckt zu werden – Sie haben das vollständige Opfer gebracht.
Sie haben verstanden, dass es notwendig
war, dass es inmitten so vieler Menschen, die beten, so vieler Menschen, die
arbeiten, einen Ausgezeichneten im Gebet gibt, der aktiv arbeitet, der aber
eine der schwierigsten, undankbarsten, geeignesten und charakteristischsten
Aufgaben der Selbstaufopferung auf sich nimmt, die in gewissem Sinne des Wortes
den Bischof und das Opfer definiert; der in gewissem Sinne des Wortes auch der
Opfer-Priester ist; gewissermaßen: der Pontifex.
Sie haben [wirklich] verstanden, dass es
notwendig war, ein kurzes Wort zu sagen, ein schnelles Wort, ein bitteres Wort,
das Wort in unserem Wortschatz, von dem Pater Vieira sagte, dass es schwierig
auszusprechen sei, obwohl es so einfach, so harmonisch sei; das Wort, das das
Pontifikat eines Papstes illustrierte, dessen Heiligsprechungsprozess bereits
im Gange ist; das Wort, das ihn zu einem der beliebtesten Männer seines
Jahrhunderts machte, machte ihn zu einem der größten Päpste der gesamten
Geschichte und, wie ich glaube und hoffe, zu einem der großen Heiligen des
katholischen Kalenders. Das Wort, das auch das Wort Martyrium war, war das
Wort, das einen Hirten mit einer engelhaften Seele, der für seine
unvergleichliche Güte berühmt war, zum Bluten brachte: Ich habe gerade auf die
glorreichen Päpste Pius IX. und Pius X. verwiesen.
Pius IX., der große Kämpfer gegen den
Liberalismus, der angesichts der steigenden Flut des Liberalismus in allen
Formen, mit allen Arten von Schmeicheleien, Beschimpfungen, Frontalangriffen
und Verrat, wie ein Riese allein dastand und zum Liberalismus sagte: „Non
possumus“. Ich kann nicht nachgeben, ich kann nicht zurückweichen, ich kann
keine Vereinbarungen treffen, ich kann keine Kompromisse eingehen, denn es gibt
keinen Pakt, es gibt keinen Kompromiss, es gibt keinen Rückzug, wenn es um den
Kampf zwischen Wahrheit und Irrtum, zwischen Gut und Böse, zwischen Erde und
Hölle geht. Es gibt eine Unvereinbarkeit – sagt der heilige Ludwig Grignion von
Montfort – eine von Gott geschaffene Unvereinbarkeit; und da alle von Gott
vollbrachten Werke dauerhaft und großartig sind, ist auch dieses eine: Es ist
die Unvereinbarkeit zwischen den Kindern der Jungfrau und den Kindern der
Schlange. Non possumus, wir können nicht nachgeben.
Und vor einiger Zeit las ich von einem
großen Laienhistoriker diesen Kommentar zum Pontifikat von Pius IX.: „Pius IX.
fürchtete nicht, unbeliebt zu sein; er trat der Macht der liberalen Revolution
entgegen, vor der so viele flohen, und aus diesem Grund war er heldenhafter als
der heilige Gregor VII., der heldenhafte Papst schlechthin. Deshalb hat er die
Revolution zurückgedrängt und wurde zum mächtigsten und beliebtesten Mann
seiner Zeit.“
Der heiliger Pius X., der angesichts des
Neoliberalismus, des wieder aufkommenden Modernismus, auch er sagte NEIN mit
seiner großartigen Enzyklika „Pascendi“, in der er mit einem einzigen Schlag
die modernistischen Machenschaften zerschlug.
Sie, Dom Antônio de Castro Mayer, wurden
zur Stütze und Mauer berufen, angesichts des Ansturms dieser verwirrenden Menge
von Fehlern, die von den verwässertesten Formen des Progressismus bis zu den
aufgeladensten Formen des Kommunismus reichen. Und Sie haben sich die Aufgabe
gestellt, NEIN zu sagen. Ein vollständiges NEIN, ein totales NEIN, ein
heldenhaftes NEIN, ein NEIN, das zum Kampf aufruft, ein NEIN, das zur
Wachsamkeit ruft, ein NEIN, das zum Widerstand aufruft, ein NEIN, das zur
Erlösung aufruft.
Ihr Name ist in Brasilien und auf der
ganzen Welt berühmt geworden, vermittelt durch die Bewunderung aller, die JA zu
Gottes Werk sagen, und aller, die das Glück haben, Sie zu verstehen. Getragen
vom Unverständnis und Murren all derer, die Sie nicht verstehen und von denen
so viele NEIN zum Werk Gottes sagen.
Sie sind der Mann, Sie sind der Pfarrer
par excellence – nicht einzigartig, aber par excellence – der es verstand,
mutig JA zu denen zu sagen, die das Ja wollen, den Aufbau wollen, die Tugend
wollen, die Kontinuität des Fortschritts im Einklang mit der Tradition wollen;
JA für diejenigen, die die Arbeit der christlichen Zivilisation erhalten und
vorantreiben wollen.
Sie waren derjenige, der par excellence
NEIN zu denen gesagt hat, die Nein wollen, die Zerstörung wollen, den Ruin
wollen, die Unmoral wollen, die Korruption wollen; oder, getrieben, ich weiß
nicht von was für einer teuflischen Verwirrung, vielleicht ohne es direkt zu
wollen, arbeiten sie doch auf die eine oder andere Weise darauf hin; denn wenn
sie nicht die Waffen des Bösen führen, öffnen sie die Tore für diejenigen, die
diese Waffen führen.
Weil Sie JA zum Ja und NEIN zum nein
gesagt haben, werden die Leute über Sie sagen: „Sie sind par excellence
derjenige, der das nationale Episkopat verherrlicht.“
Und da ist die erhabene Anwesenheit dieses
so kultivierten, so energischen, so weisen Hirtens, Dom Antônio de Almeida
Morais, um die Anwesenheit Ihrer Brüder bei dieser Tat zu bestätigen. Sie waren
derjenige, von dem man sagen kann: Er hat das Gebot Gottes erfüllt, er hat das
Wort Christi erfüllt – „Eure Sprache sei: ja, ja; nein, nein". Und wenn
eines Tages, Dom Mayer, ein Kapitel der Geschichte der Kirche in Brasilien im
20. Jahrhundert geschrieben wird, das sich „Dom Antônio de Castro Mayer“ nennen
wird, müsste die Überschrift meiner Meinung nach lauten: „Ja, Ja; nein
nein!".
Dom Mayer, meine Freundschaft, meine Bewunderung,
meine Ehrungen.
*
* *
Anmerkung:
(*) „D. António de Castro Mayer wurde am 20. Juni 1904 in Campinas im Bundesstaat São Paulo geboren. Er schloss sein Theologiestudium an der Universität Gregoriana in Rom (1924-1927) ab, wo er am 30. Oktober 1927 zum Priester geweiht wurde. Er war Beirat der Katholischen Aktion von São Paulo (1940), später Generalvikar der Erzdiözese (1942-1943) und wurde am 23. Mai 1948 zum Bischof geweiht und als Weihbischof mit Nachfolgerecht des Bischofs von Campos ernannt. Bis 1981 leitete er als Bischof die Diözese Campos. Im Dezember 1982 kam es zum Zerwürfnis mit Plínio Corrêa de Oliveira und der TFP. Das Ereignis, das sogleich von der Presse aufgegriffen wurde (Folha da Tarde, 10. April 1984; Jornal do Brasil, 20. August 1984) stand im Zusammenhang mit der fortschreitenden Annäherung des ehemaligen Bischofs von Campos an die Haltung von Msgr. Marcel Lefebvre, die schließlich in der die Exkommunikation latae sententiae herbeiführende Teilnahme D. António de Castro Mayers an den Bischofsweihen von Ecône am 30. Juni 1988 gipfelte. Er starb am 25. April 1991 in Campos“ (vgl. „Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts – Plinio Corrêa de Oliveira“, Roberto de Mattei, TFP-Büro Deutschland e.V., Frankfurt am Main, 2004, Kapitel II, 4 – Anmerkung 47)
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