Montag, 30. Juni 2025

Die Sozialisierung in der Enzyklika „Mater et Magistra“

 


 Plinio Correa de Oliveira

„Diário de S. Paulo“, 7.9.1961

 

In diesen Tagen der Instabilität und Krise richtet sich die Aufmerksamkeit des authentischen und christlichen Brasiliens besonders auf das kommunistische Problem. Die große Mehrheit der Brasilianer – unabhängig von ihren politischen Positionen oder persönlichen Präferenzen – will keine Bolschewisierung des Landes. Deshalb beobachten sie nicht nur unsere Annäherung an die Sowjetunion, sondern auch die Aktivitäten der Kommunistischen Partei in Brasilien mit Besorgnis.

So berechtigt und nachsichtig diese Besorgnis auch sein mag, so ist es doch wichtig, nachdrücklich zu betonen, dass sich Brasilien nicht nur und nicht hauptsächlich im Bereich der Außenpolitik gegen den Kommunismus verteidigen muss. Im Nationalkongress werden, unterstützt von Teilen der Mehrheit und der Opposition, mehrere Gesetzentwürfe mit deutlich sozialistischer Inspiration bearbeitet. Einer der charakteristischsten ist der von José Joffily zur Agrarreform. Sollten diese Gesetzesentwürfe verabschiedet werden, wären wir quasi „kubanisiert“. Das heißt: Selbst, wenn der linke Vormarsch auf diplomatischem Gebiet gestoppt wird, wird er im viel wichtigeren Szenario des Innenlebens des Landes entscheidende Erfolge erzielt haben. Daher ist es dringend erforderlich, dass sich die lebendigen Kräfte der brasilianischen Gesellschaft der Schwere der von diesen Gesetzesentwürfen ausgehenden Gefahr bewusst werden, um den linken Vorstoß auch hier einzudämmen.

Einfältige sollten sich jedoch nicht täuschen lassen und glauben, die Gefahr bestehe in diesem Bereich nur aus dem einen oder anderen extremen Gesetzesentwurf mit eindeutig kommunistischer Färbung. In einem kürzlich erschienenen und aufschlussreichen Pastoralschreiben betonte der Bischof von Campos, D. Antônio de Castro Mayer, dass der offene Kommunismus in Ländern mit christlichem Hintergrund wie unserem nur begrenzte Ausbreitungsmöglichkeiten hat. Und dass die gefährlichste Eindringenslinie des Kommunismus in den sozialistischen Reihen liegt. Sozialismus und Kommunismus haben eine gemeinsame ideologische Wurzel. Die erste, gemäßigtere Form, die friedliche Handlungsmethoden befürwortet, zieht aufgrund ihrer scheinbaren Sanftmut, ihrer philanthropischen Aspekte und insbesondere der Sympathie, die sie den Armen entgegenbringt, arglose Gemüter an. So verbreitet der Sozialismus, geschützt vor den gewalttätigen Reaktionen, die der Kommunismus naturgemäß hervorruft, den kommunistischen Mythos der wirtschaftlichen und sozialen Gleichheit und schafft in der Praxis den Klassenkampf. Unter sozialistischer Inspiration verschwinden die Rechtstraditionen der christlichen Vergangenheit allmählich, die Institution des Eigentums wird immer dreister und verstümmelter, die Gleichstellung der aus unauflöslicher Ehe und der aus Konkubinat hervorgegangenen Familie wird immer deutlicher, und kurz gesagt: Über einen längeren oder kürzeren Zeitraum und schrittweise beginnt die Gesellschaft dem Kommunismus so sehr zu ähneln, dass sie sich schließlich mit ihm identifiziert. Wachsame Opposition gegen den Fortschritt nicht nur des Kommunismus, sondern auch des Sozialismus im Inland ist die Grundvoraussetzung dafür, dass das Land wirklich von der Korrektur unseres außenpolitischen Kurses profitiert.

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Als Beitrag zu dieser dringenden und unverzichtbaren Reaktion im Inland halten wir es für angebracht, die öffentliche Meinung über das jüngste Gerücht aufzuklären, das sich in ganz Brasilien von Norden bis Süden verbreitet hat, die Enzyklika Mater et Magistra habe den Sozialismus zumindest in seinen gemäßigteren Formen gebilligt.

Wären wir nicht in einem Land tiefgreifender religiöser Unwissenheit, in dem sich Persönlichkeiten aus der intellektuellen oder politischen Welt oft mit naiver Selbstverständlichkeit als Anhänger des „christlichen Sozialismus“ bezeichnen, hätte dieses Gerücht keinen Platz gefunden. Tatsächlich ist der Gegensatz zwischen katholischer und sozialistischer Lehre direkt und unüberbrückbar.

Seit seiner Entstehung ist der Sozialismus Ziel ständiger Verurteilung durch die Päpste. Pius XI. trieb in der Enzyklika Quadragesimo Anno die Aussage der Kirche zu diesem Thema auf die Spitze, verurteilte den Sozialismus selbst in seinen gemäßigtsten Formen ausdrücklich und bekräftigte, dass Sozialismus und Katholizismus „widersprüchliche Begriffe“ seien. „Katholischer Sozialismus“ ist daher ein ebenso absurder Begriff wie „katholischer Protestantismus“. Wie kann man dann annehmen, dass Johannes XXIII. im Widerspruch zur Ausrichtung seiner Vorgänger behauptete, die katholische Religion habe sich 1961 gewandelt und stehe dem Sozialismus nicht mehr ablehnend gegenüber? Dieses seltsame Gerücht entstand, weil mehrere ansonsten seriöse Übersetzungen der Enzyklika das Wort „Sozialisierung“ verwendeten, um bestimmte Konzepte dieses denkwürdigen Dokuments auszudrücken.

Wäre dieses Wort tatsächlich darin enthalten, würde dies keineswegs beweisen, dass Johannes XXIII. uns mit dieser beunruhigenden und in der Geschichte einzigartigen Tatsache konfrontierte, nämlich, dass ein Papst seine Vorgänger korrigierte. Tatsächlich hat „Sozialisierung“ mehrere Bedeutungen, von denen zwei gegensätzlich sind. Einerseits bezeichnet dieses Wort die zunehmende Übernahme des gesellschaftlichen Lebens durch den Staat und weist in diesem Sinne auf den Weg zum Sozialismus hin. Andererseits bezeichnet es aber auch das Gegenteil, nämlich die Bildung und Entwicklung sozialer Gruppen, die zwischen Individuum und Staat stehen und gerade dazu bestimmt sind, die Bedürfnisse des Individuums zu befriedigen, ohne dass dieses sich an den Staat wenden muss: Dies ist genau das Gegenteil von Sozialismus. Und es genügt, die oben genannten Übersetzungen der Enzyklika Mater et Magistra auch nur flüchtig zu lesen, um zu erkennen, dass sie das Wort in diesem letzten Sinne anwenden. Wenn Mater et Magistra also den Begriff „Sozialisierung“ verwendete, ließe sich daraus keineswegs ein Bruch mit der Lehre ihrer Vorgänger ableiten. Doch was schließlich absolut entscheidend ist: Der offizielle Text der Enzyklika Mater et Magistra, der in lateinischer Sprache verfasst und vom „Osservatore Romano“ veröffentlicht wurde (vgl. die Ansprache Johannes XXIII. an die Arbeiter am 14. Mai 1961), enthält das Wort „Sozialisierung“ nicht ein einziges Mal.

Welche Ausdrücke werden hier und da mit „Sozialisierung“ übersetzt? Wir listen sie auf:

1) „Socialium rationum incrementa“, was „Zunahme der sozialen Beziehungen“ bedeutet;

2) „socialis vitae processus“, was „Fortschritt im sozialen Leben“ bedeutet;

3) „increbrescentes socialis vitae retiones“, was „die zunehmenden Beziehungen des sozialen Lebens“ bedeutet;

4) „socialis vitae incrementa“, was „die Zunahme des sozialen Lebens“ bedeutet;

5) „socialium rationum progressus“, was „der Fortschritt der sozialen Beziehungen“ bedeutet.

Was haben diese Ausdrücke mit Sozialismus gemeinsam? ... Absolut nichts.

Und so ist die Vorstellung, die katholische Kirche hätte sich jemals dem Sozialismus hingegeben, wie eine eitle Fata Morgana des Linksradikalismus verschwunden.

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Mögen diese Überlegungen allen Brasilianern, die den Sinn ihrer christlichen Traditionen bewahren, Mut machen, sich gegen die Verleumdung des Sozialismus im Schafspelz zu wehren. Denn ohne dies, wiederholen wir, kann es keine ernsthafte und wirksame antikommunistische Aktion geben.


 

 Aus dem portugiesischen von „A socialização na Encíclica Mater et Magistra“

Die deutsche Fassung dieses Vortages „Die Sozialisierung in der Enzyklika Mater et Magistra“ ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.


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