Donnerstag, 2. Februar 2017

Der Rosenkranz ist die Waffe der Wahrheit gegen den Irrtum

Gibt es ein Thema, über das wir heute sprechen können?
Vorschlag: Könnten Sie über die Andacht zum Rosenkranz etwas sagen?
Natürlich!
Maria überreicht dem hl. Dominikus den Rosenkranz
Wie wir wissen, ist das größte Verdienst der Rosenkranzandacht, dass sie von der Muttergottes selbst dem hl. Dominikus geoffenbart wurde, als das Mittel, in den von der Häresie der Albingenser verwüsteten Regionen, den Glauben wieder zu erwecken. Tatsächlich bewirkte die allgemeine Verbreitung des Rosenkranzgebetes ein erneutes Aufblühen des Glaubenslebens. Dadurch wurde der Rosenkranz in den Zeiten der wahren Glaubenspraxis eine der klassischsten Frömmigkeitsübungen unter den Katholiken. So, dass nicht nur unzählige Statuen der Rosenkranzmadonna sich überall verbreiteten, aber auch die Übung des Rosenkranzgebetes unter den Gläubigen Gang und Gebe wurde und viele Ordensgemeinschaften einen Rosenkranz am Gürtel trugen, als offizielles Kennzeichen des jeweiligen Ordens.
Unter den Tausend Dingen, die man über den Rosenkranz sagen könnte, möchte ich gerne diese Verbindung des Rosenkranzgebetes und der Tugend des Glaubens hervorheben, zwischen dem Rosenkranz und dem Sieg über den Unglauben, die Häretiker.
Der Rosenkranz wurde immer als eine mächtige Waffe des Glaubens angesehen. Und für uns, die wir die göttliche Tugend des Glaubens als die Wurzel aller anderen Tugenden betrachten, so dass es nichts auf sich hat, wenn man die anderen Tugenden üben will, aber die des Glaubens vernachlässigt, denn alle Tugenden müssen aus einem lebendigen Glauben hervorsprießen, ansonsten sind sie keine echten Tugenden. Deshalb bedeutet uns, die wir ein Leben im Kampf für die Orthodoxie (Wahrheit) und den Sieg der Wahrheit und der Gegen-Revolution in der Welt als das Ideal unseres Lebens betrachten, diese Andacht viel. Denn sie begründet den Zusammenhang zwischen unserem Leben und der Andacht zur Muttergottes.
Pius V. erfährt in einer Vision den Sieg der Katholiken
in der Schlacht von Lepanto, den er dem Rosenkranzgebet
zuschreibt. Er führt daraufhin das Rosenkranzfest ein.
Die Muttergottes erscheint hier deutlich als die, von der die Liturgie behauptet, die alleine die Irrtümer der ganzen Welt vernichtet hat, und größtenteils durch den Rosenkranz vernichtet hat. Der Rosenkranz ist also die Waffe der Orthodoxie, die Waffe des Ultramontanismus und die Andacht durch die wir in uns die Wurzeln des bösen Geistes und des Irrtums, die wir in uns tragen, vernichten können, und ebenfalls den Irrtum und den bösen Geist besiegen können, derer, die uns den Kampf ansagen. So ist das Gebet des Rosenkranzes uns etwas sehr eigenes und der Grund, warum wir dermaßen darauf bestehen, dass unser Leben nur normal und ordentlich ablaufen kann, wenn wir unter anderem täglich den kompletten Psalter, d.h. alle drei Geheimnisse des Rosenkranzes beten.
Es bringt also nichts, zu sagen, „ich bete lieber einen Zehner sehr andächtig, als den ganzen Rosenkranz einfach heruntergeleiert“. Mir wurde mal von einem Heiligen erzählt, dem jemand so etwas gesagt hatte, und er sagte: „gut, dann bete mit großer Andacht nur ein Ave-Maria“. Derjenige ging, und brachte es nicht fertig. Warum? Weil diese ideale Andacht, bei der man Wort für Wort betrachten will, unserer Schwäche wegen eigentlich nicht möglich ist.

(Anm.: Die hl. Therese vom Kinde Jesu sagte, das sie nie im Leben ein Ave-Maria ohne Zerstreuung beten konnte.)

Die Wahrheit ist folgende: ein Ave-Maria ohne Zerstreuung zu beten, ist ein Meisterwerk. Da es nun mal nicht möglich ist ganz ohne eine gewisse Zerstreuung zu beten, ist es angebracht den Mangel an Qualität mit der Quantität (Menge) auszugleichen oder zu ersetzen. Wenn ich nur fähig bin mit Zerstreuung zu beten, ist es besser 50 Ave-Maria mit Zerstreuung zu beten als nur ein mit Zerstreuung...
Das so verrichtete Gebet hat seinen Wert und seinen großen Wert: es ist kein eingebildetes Gebet, es ist ein demütiges Gebet, was unsere Schwäche in Kauf nimmt, und nicht in protestantischer Manier übermäßig auf Details zu achten, die das Gebet nur stören, sondern im Gegenteil Verständnis für die menschliche Schwäche zeigen und vorwärts gehen. Deshalb ist auch die Wiederholung im Rosenkranz weit entfernt, etwas Steriles zu sein. Er ist gerade etwas, was das große Verdienst der Beharrlichkeit in sich birgt. Unser Herr selbst hat als eines der Merkmale des Gebets empfohlen, das es nachdrücklich sein soll. Das beharrliche Gebet erreicht das, um was wir bitten. Man drängt und drängt, wenn auch nur mündlich, und erhält am Ende die erbetene Gnade.
Deshalb ist die Empfehlung des Rosenkranzgebets als Waffe des Gegenrevolutionärs zur Standhaftigkeit, zur Heiligung und zur Vernichtung der Irrtümer, etwas Unvergleichliches.


Freie Übersetzung der Abschrift eines Vortrags (Santo do Dia) vom 12. Februar 1964 

Mittwoch, 1. Februar 2017

Ansprache des Heiligen Vaters an den Adel Roms

 am 19. Januar 1944

 

 Der echte römische Adel besteht aus den ältesten und glorreichsten Familien Europas, die sich durch eine inbrünstige Ergebung zum Heiligen Vater auszeichnen. Als Garibaldi 1870 Rom stürmte, weigerten sich im Allgemeinen diese Familien dem italienischen Hof zu dienen, und verblieben damit am päpstlichen Hof während der freiwilligen Gefangenschaft der Päpste, die bis zur Unterzeichnung des Lateranvertrages andauerte. Erst dann öffnete der römische Adel wieder seine Salons, die seit 1870 verschlossen blieben, als Zeichen der Trauer wegen der Annexion der Kirchenstaaten.


Die besten Mitglieder des römischen Adels haben stark unter dem faschistischen Regime gelitten, dessen eindeutig sozialistische Gesetzgebung sie ihres Hab und Gut weitgehend beraubte. Doch selbst dann neigten sie ihr Haupt nicht und verweigerten während der Naziherrschaft die Übernahme von „quislings“-Ämter (als Kollaborateure), die ihnen unter Androhungen und Versprechen angeboten wurden.


Unser Bild zeigt von links nach rechts die Fürsten Colonna und Massimo und einen Geheimkämmerer mit Mantel und Schwert „di numero“ in ihren schönen und traditionellen Zerimonienkleidungen des päpstlichen Hofes.

In einer der letzten Nummer dieser Zeitung brachten wir eine Zusammenfassung von Nachrichtenagenturen der Ansprache die unser Heiliger Vater an die Mitglieder des römischen Adels richtete, die er in einer Sonderaudienz empfangen hatte. Heute bringen wir eine vollständigere Zusammenfassung dieser wichtigen und aktuellen Ansprache, die uns von der katholischen Agentur N.C. geliefert wurde.

Die Ansprache des Heiligen Vaters war eine Antwort auf die Begrüßungsworte die ihm der Fürst Marcantonio Colonna richtete.

Pius XII. sagte, die Welt stehe heute vor einer der größten Verwirrungen ihrer Geschichte, aus der eine neue Ordnung hervorgehen wird. Als er vor der Gefahr warnte, sich zu sehr an die Vergangenheit zu binden, sprach er sich auch gegen verwegene Abenteuerlust und gegen verblendete Propheten, die von einer falschen und trügerischen Zukunft reden. Er unterstrich die Notwendigkeit sich immer nach den ewigen Wahrheiten der Kirche zu orientieren.

Die angemessene Fortführung der Tradition — sagte Seine Heiligkeit — verlangt von jedem Einzelnen die heldenhafte Erfüllung der von Gott aufgetragenen Aufgabe, zu der er berufen wurde, das heißt, an der Vervollkommnung der neuen Ordnung, die aus der derzeitigen universalen Krise hervorgehen wird, aktiv mitzuwirken.

Die Tugend der Tradition

Viele glauben— fügte der Papst hinzu —, Tradition sei nichts anderes als die blasse Spur einer Vergangenheit, die schon nicht mehr ist und nicht mehr wiederkehren kann, die allerhöchstens mit Verehrung zur Aufbewahrung in ein Museum verwiesen wird. Die Tradition ist jedoch etwas ganz anderes als die bloße Anhänglichkeit an entschwundene Vergangenheit. Schon das Wort dafür ist, sprachlich gesehen, sinnverwandt, nicht gleichbedeutend, mit „Weg“ und „Fortschritt“. Während in der Tat das Wort „Fortschritt“ nur die Tatsache des schrittweisen Vorwärtsgehend anzeigt, wobei das Auge eine ungewisse Zukunft sucht, besagt das Wort „Tradition“ zwar auch ein Vorwärtsschreiten, aber einen kontinuierlichen Weg, der sich gemäß den Gesetzen des Lebens zugleich ruhig und doch lebhaft entfaltet, und dem leidvollen Entweder-Oder ausweicht.

Kraft der Tradition schreitet die Jugend erleuchtet und geführt von der Erfahrung der Ahnen, sicheren Schrittes voran, und das Alter überlässt und übergibt vertrauensvoll den Pflug kraftvolleren Händen, welche die angefangene Furche weiterziehen.

Tradition und Fortschritt — so der Heilige Vater weiter — ergänzen sich gegenseitig so harmonisch, dass wie Tradition ohne Fortschritt sich selber widersprechen würde, so Fortschritt ohne Tradition ein törichtes Unterfangen wäre, ein Sprung ins Dunkel.

Der Papst beteuerte die dringende Notwendigkeit von Mitarbeitern am Fortschritt für eine stabile und glückliche Zukunft und ermahnte seine Zuhörer die Vergangenheit zu ehren, die Geschichte zu erforschen, die geheiligten Überlieferungen hochzuhalten und den ewigen Grundsätzen unverbrüchlich treu zu bleiben. Zugleich zeigte er ihnen, dass es eine soziale Funktion erster Ordnung und hohen Interesses sei, ins Volk vorzudringen und den Atemzug und das Unwohlsein der Zeitgenossen abzuhorchen — dem Beispiel so vieler edler Geister folgend —, um so eine christliche Sozialordnung zu verbreiten und zu errichten. Bei solcher Tätigkeit seid ihr wertvolle Mitarbeiter der Kirche, die selbst mitten in Aufruhr und Kampf unaufhörlich den geistigen Fortschritt der Völker fördert, als irdische Gottesstadt, welche die ewige vorbereitet.

Soziale Aufgabe

Den tiefgreifenden politischen und sozialen Umwälzungen der Gegenwart — sagte der Papst — folgt auf dem Fuße eine Neuordnung nach, deren Geheimnis noch verborgen ist im Ratschluss und Herzen Gottes, der in seiner Vorsehung den Ablauf und das Ende der menschlichen Geschehnisse lenkt. Das ist eine Tatsache, eine Bewegung, ein Gesetz, und es ist in sich nicht von Übel. Schlimm würde es erst, wenn die Gegenwart, die eine ruhige Woge im ununterbrochenen Dahinfließen des Stromes sein sollte, etwa eine Windhose würde, die in ihrem Vorwärtsstürmen wie ein Taifun oder ein Orkan alles niederwalzen und mit zerstörendem Wüten und Rasen einen Abgrund aufreißen würde zwischen dem, was war, und dem, was folgen muss. Das ist ein gefahrvoller Durchgang der Geschichte, welcher der Anfang des Heiles oder des endgültigen Zusammenbruchs sein kann.

Wer die unmittelbare Vergangenheit gut beherrscht, studiert und wägt, kann nicht leugnen, dass das hereingebrochene Unheil vermieden und die Krisis hätte beschworen werden können bei einem normalen Vorgehen, wo ein jeder mit Würde und Mut die ihm von der Vorsehung Gottes übertragene Aufgabe in der Gesellschaft erfüllt hätte.

Freie Übersetzung aus „O Legionário“, Nr. 601, vom 13. Februar 1944.








Anm.: Zum Thema empfiehlt sich „Der Adel und die vergleichbaren traditionellen Eliten in den Ansprachen von Papst Pius XII. an das Patriziat und den Adel von Rom“, TFP-Deutschland e.V., Frankfurt.

Montag, 30. Januar 2017

Treue und Liebe zum Papst und zum Papsttum



Es ist nicht die selbe Begeisterung meiner Jugendzeit, mit der ich mich heute vor dem Heiligen Stuhl stelle. Es ist mit einer größeren, ja einer noch viel größeren Begeisterung als damals. Denn je mehr ich lebe, denke und an Erfahrung gewinne, desto mehr verstehe und liebe ich den Papst und das Papstum. (...)
Ich erinnere mich noch am Katechimusunterricht, in dem mir das Papstum erklärt wurde, seine göttliche Einrichtung, seine Macht, seine Aufgabe. Mein Kinderherz (ich war damals 9 Jahre alt) erfüllte sich mit Bewunderung, Erhebung und Begesiterung: Ich hatte das Ideal gefunden, dem ich mich für das ganze Leben widmen würde. Von damals bis heute ist die Liebe zu diesem Ideal nur gewachsen. Und ich bitte hier der Muttergottes, dass sie diese Liebe bis zu meinem letzten Atemzug mehr und mehr in mir vergrößere. Der letzte Akt meines Intellektes soll ein Glaubensakt an das Papstum sein. (...)
Plinio Correa de Oliveiras Erstkommunion

Und diese Liebe zum Papstum (...) ist in mir keine abstrakte Liebe. Sie schließt eine ganz besondere Liebe zur heiligen Person des Papstes ein, sei es der von gestern, der von heute oder der morgen. Eine Liebe der Verehrung. Eine Liebe des Gehorsams.
Ja, ich wiederhole: des Gehorsams. Ich will jedem Lehrsatz dieses Papstes, so wie denen seiner Vorgänger und Nachfolger, das ganze Maß der Annahme geben, die mir die Lehre der Kirche vorschreibt, in dem ich das für unfehlbar halte, was sie befiehlt, was für unfehlbar gehalten werden soll, und für fehlbar, was sie lehrt, was fehlbar ist. Ich will den Befehlen dieses oder irgendeines anderen Papstes gehorchen, im ganzem Maße, mit dem die Kirche Gehorsam verlangt. Das heisst, niemals meinen eigenen persönlichen Willen über sie hinwegsetzen, auch nicht die Kraft jeglicher weltlichen Macht, und nur, absolut nur dann dem Papst den Gehorsam verweigern, wenn es sich eventuell um etwas sündhaftes handeln würde. Denn in einem solch extremen Fall muss man, wie es alle Moraltheologen lehren – nach dem Beispiel des Apostels Paulus – den Willen Gottes walten lassen.
So wurde es mir im Katechismusunterricht gelehrt. So las ich es in den Traktaten, die ich studiert habe. So denke ich, so fühle ich, so bin ich. Und aus ganzem Herzen.


Plinio Correa de Oliveira, "A perfeita alegria" in Folha de São Paulo vom 12.07.1970


Sonntag, 29. Januar 2017

Die Andacht zur Eucharistie und zum Papst


Die Eucharistie ist die wahrhaftige Gegenwart Jesu auf Erden, doch er spricht nicht. Der Papst ist Jesus der spricht, doch ohne dass dieser wahrhaftig gegenwärtig ist.
Man kann wirklich sagen, dass in unseren Tagen Jesus und der Papst beide gleichsam Gegenstand sind von Liebe und Hass der ganzen Welt.
Von Liebe: Menschenmengen aus aller Welt setzen sich in Bewegung, um Unseren Herrn auf den Internationalen Eucharistischen Kongressen anzubeten, um den Statthalter Christi in Rom zu feiern und zu applaudieren. Bis in den tiefsten Winkel einer schon fast heidnischen Gesellschaft, blühen Seelen auf, die eine makellose Tugend üben, vor Eifer glühen für die Wahrheit und von ganzem Herzen die Muttergottes lieben. Manchmal sind sie gezwungen der Karriere, Stand, Wohlstand zu entsagen, die Feindseligkeiten der eigenen Familie zu ertragen, doch sie halten unerschrocken durch. Die Menschen wissen den Wert einer solchen Treue nicht zu schätzen, doch die Engel im höchsten Himmel loben Gott an ihrer statt.
Wenn wir unsere Augen von der westlichen bürgerlichen Gesellschaft auf die heidnische Welt richten, sehen wir Missionare, die für Unseren Herrn Heldentaten aufbringen, nur um eine Seele zu gewinnen. Wenn wir unseren Blick auf die triste Welt werfen, die sich hinter dem „Eisernen Vorhang“ ausbreitet, sehen wir heldenhafte Seelen, die im Geheimen Brot und Wein konsekrieren und sie den nach der Eucharistie hungernden und dürstenden Herzen reichen.
Aber auf der anderen Seite wie viel Hass! Man hasst die Eucharistie und den Papst, wenn Gesetze erlassen werden, die gegen die Lehre der Kirche verstoßen, wenn man Sitten verbreitet, die die Seelen in die Hölle führen, wenn der Häresie und dem Bösen die gleiche Freiheit eingeräumt wird, wie der Wahrheit und dem Guten. Man hasst die Eucharistie und den Papst wenn man die Arme hängen lässt, angesichts des Fortschritts des Sozialismus, der uns in den Kommunismus führen wird, die komplette Verleugnung der Eucharistie und des Papstes.
Man missbraucht die Eucharistie und den Namen des Papstes wenn man die Kommunion mit Lässigkeit empfängt, wenn man sich kleidet und schlechte Umgebungen frequentiert, wenn man sich auf Prinzipien stützt, die in sich neuheidnisch sind und von den Päpsten verurteilt wurden. Es ist ein riesiger Strom von militantem und ausdrücklichem Hass, oder verschleiertem und stillschweigendem Protest, die heute die Feindesmacht ausmachen, die in diesem verwirrten und aufgeregten 20. Jahrhundert gegen die Liebe aufbegehren.

Fastenzeit und Eucharistische Woche

Wenn die Passion Christi uns Anlass gibt an all dieses zu denken, so wird uns die Eucharistische Woche eine prächtige Gelegenheit geben, um unsere Liebe zu Jesus und zum Papst zu bezeugen.
Liebe und Hass um Unseren Herrn wird es immer geben; Er ist in der Geschichte das Zeichen des Widerspruchs, der zur Zerstörung und zur Auferstehung vieler in Israel gesetzt wurde: „Ecce positus est hic in ruinam, et in ressurrectionem multorum in Israel: et in signum cui contradicetur“ — „Siehe, dieser ist bestimmt zum Fall und zum Aufstehen vieler in Israel und zu einem Zeichen, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34).

Die Völker sind groß und glücklich, die Seelen tugendhaft und erlangen ihr Heil, wenn die Liebe die sie Jesum und seinem Stellvertreter auf Erden entgegen bringen, den Hass, den die Bösen gegen den einen und den anderen hegen, übertreffen.
Damit sich unsere Liebe steigert und Früchte des wahren Glaubens und der Reinheit hervorbringe, müssen wir glühende Gebete an den göttlichen König richten, in dieser Zeit der Vorbereitungen auf die Eucharistische Woche. Unsere Bitten sollten wir ihm durch die reinsten Hände Mariens darbringen, ohne deren Vermittlung keine Bitte zum Herzen Jesu aufsteigt.

Freie Übersetzung der Aufzeichnung eines Mittagstischgesprächs von Plinio Correa de Oliveira mit Mitgliedern der TFP in São Paulo am 16.6.87

Freitag, 27. Januar 2017

Der hl. Ludwig von Montfort über die Sklaven und Kämpfer Mariens



(Aus dem Flammengebet des Heiligen)

Kommentare von Plinio Correa de Oliveira
„Sende Priester, frei von irdischer Anhänglichkeit, losgeschält von allem, von Vater und Mutter, von Brüdern und Schwestern, ohne Eltern dem Fleische nach, ohne Freunde der Welt nach, ohne Güter, frei von Hindernissen, und selbst vom eigenen Willen.“
Selbstverständlich haben wir eine sehr genaue Vorstellung der Aufgaben der Priester; es wäre aber interessant, wenn wir ein genaues Wissen über unsere eigenen Aufgaben hätten. Wenn wir schon Sklaven Mariens sein wollen, ist es angebracht zu wissen, in welchen Grenzen und in welchem Maß dies, was der hl. Ludwig beschreibt, auch uns betreffen kann.
So sollten wir für Berufungen beten, die „frei sind, die in der Freiheit Gottes und Mariens leben, losgeschält von allem, ohne Vater, ohne Mutter, ohne Brüder, ohne Schwestern, ohne Verwandten dem Fleische nach, ohne Freunde der Welt nach“.
Das bedeutet, dass es sich nicht nur um Vater, Mutter, Bruder und Schwester handelt — was schon nicht wenig ist —, sondern keine Verbindung mit dem Gesamten dessen, was Welt, Gesellschaft bedeutet, mit der ihr eigenen Mentalität, ihrem Stil, ihrer Psychologie. Von all dem soll man losgeschält sein, aber so, dass jegliche Anhänglichkeit verbannt ist.
Stellen wir uns vor, auf einer einsamen Insel wäre das Reich Mariens etabliert worden. Es gäbe dort eine schöne Stadt, wo alles im Sinne und in der Art des Reiches Mariens abläuft. Wir würden dort wohnen, in der Abscheu aller Übel und der Zustände der gegenwärtigen Welt. Ein jeder stelle sich vor, dort leben zu können. Im ersten Moment wären wir bezaubert, begeistert, verzückt. Im zweiten Monat, würden wird alles normal finden. Im dritten würde der Eine oder Andere meinen, dass es wohl an der Zeit wäre, mit der Fähre wieder zurück zum Festland zu fahren.
Gäbe es leider nicht den Einen oder Anderen, der einen Grund finden würde, um zurück zu fahren, weil im Unterbewusstsein ein gewisses Heimweh nach dem, was nicht das Reich Mariens ausmacht? Wir könnten uns vorstellen: Straßen mit wenig Menschen, langsame Bewegungen, sehr bedächtige, einsichtige, gehobene, tugendhafte Menschen mit würdigem und vornehmem Benehmen. Alles würde gemäß der Vernunft und eines gesunden Verstandes ablaufen. Würde das allen gefallen? Ich möchte glauben, der großen Mehrheit schon. Doch dem einen oder anderen möglicherweise nicht. Es wäre sehr gut eine Gewissenserforschung zu machen, um herauszubekommen, ob man zu der einen oder der anderen Gruppe gehören würde. Ich glaube, dies ist ein Punkt, in dem man die hier enthaltene Frage aufgreift und sich stellt: keine Anhänglichkeiten, keine Liebe zu den weltlichen Dingen und der Lage der Welt zu haben.

„Um Sklaven Deiner Liebe und Deines Willens bitte ich; um Männer nach Deinem Herzen, die nicht ihren eigenen Willen durchzusetzen suchen, der sie nur befleckt und hemmt, sondern in allem Deinen Willen tun und gleichwie David mit dem Stock des Kreuzes und der Schleuder des heiligen Rosenkranzes in der Hand, alle Deine Feinde niederschlagen: in baculo Cruce et in virga Virgine“ (Vgl. 1 Kön 17,40 und Ps 22,4).

Betrachten wir diese herrliche Verbindung, die der hl. Ludwig herstellt zwischen den Sklaven aus Liebe zu Gott, die ihren eigenen Willen nicht durchsetzen und doch die Feinde Gottes niederschlagen. Hier sieht man die Fruchtbarkeit des Gehorsams. Wer gehorsam ist, wer fügsam die Absichten der göttlichen Vorsehung befolgt, der zerschlägt die Feinde Gottes. Wer sich den Absichten Gottes nicht fügt, der besiegt nicht die Feinde Gottes.
Was bedeutet hier, keinen eigene Willen haben? Es bedeutet, keinen anderen Willen haben, als nur den, den Gott von uns erwartet. Dass wir nur genau das wollen, was Gott von uns will. Keine schlechten, niedrigen Dinge wollen, sondern nur das, was recht, ordentlich, gemäß der Lehre der Kirche ist. Das bedeutet, keinen eigenen Willen haben. Wer so ist, wird die Feinde Gottes besiegen.

„Seelen, welche wie Wolken der Erde entrückt und erfüllt mit himmlischem Tau, ohne Hindernis überall hinfliegen nach dem Wehen des Heiligen Geistes.“

Das heißt, wer so ist, der ist Fruchtbar; er fliegt überall hin und lässt die Gnaden Gottes allerorten herabrieseln.

„Seelen, die immer für Dich zur Verfügung stehen, immer bereit, Dir zu gehorchen, immer lauschend auf die Stimme ihrer Vorgesetzten, wie Samuel: Praesto sum; immer bereit, hinzugehen und alles mit Dir und für Dich zu leiden, wie die Apostel.“

Das heißt Menschen, die bereit sind, alle Unannehmlichkeiten, jedes Opfer, alle Entsagungen, nicht nur die außergewöhnlichen, sondern die des alltäglichen Lebens, die kleinen und lästigen Dinge des Alltags auf sich zu nehmen. Muss ein Brief geschrieben werden, schreiben; muss man einem lästigen Mitmenschen zulächeln, lächeln; kommt ein ungelegener Telefonanruf, annehmen; trotz Müdigkeit früh aufstehen; und das alles zwei, drei, fünf Mal; kleine Ungerechtigkeiten hinnehmen usw. Das ist die Art des Gehorsams, der hier gelobt wird.

„Diener der seligsten Jungfrau, die wie der hl. Dominikus, die leuchtende und brennende Fackel des heiligen Evangeliums im Munde und den heiligen Rosenkranz in der Hand, überallhin gehen, um zu bellen wie treue Hunde, um zu brennen wie Feuer und um die Finsternis der Welt zu erhellen wie die Sonne. Beglücke uns mit Männern, die durch eine wahre Andacht zu Maria, ohne Heuchelei und Wankelmut, mit Demut, Klugheit und Eifer überall, wohin sie kommen, der alten Schlange den Kopf zertreten.“

Wir sehen hier den versprochenen Sieg denen, die mit Maria vereint sind, die überall dieses Werk des Lichtes verrichten und den Kopf der Schlange zertreten werden.

„Damit so der Fluch sich erfülle, den Du gegen sie geschleudert hast: Inimicitias ponam inter te et mulierem, et semen tuum et semen ipsius : ipsa conteret caput tuum“ (Gen. 3,13).

Das heißt, der Fluch ist noch nicht völlig erfüllt und es ist nötig, dass er sich erfülle. Die Vollführer dieser Aufgabe werden eben die Sklaven Mariens sein. Als Sklaven Mariens dürfen wir erwarten, die Vollführer dieser Aufgabe zu sein.


Freie Übersetzung der Aufzeichnung des Vortrags an ein nicht überliefertes Datum im Jahre 1964.

Donnerstag, 26. Januar 2017

Es obliegt den Menschen, die drohende Strafe aufzuhalten


Plínio Corrêa de Oliveira

Fátima ist ein Thema, das schon häufig in diesem Blatt *) behandelt wurde. Doch „de Maria nunquam satis“. Außerdem, in diesem Muttergottesmonat, der gezeichnet ist durch die Feierlichkeiten voller kindlicher Zuneigung und Begeisterung, des vierzigsten Jahrestages der Bischofsweihe des glorreich regierenden Heiligen Vaters Pius XII., feiern wir auch vierzig Jahre der ersten Erscheinung der Muttergottes in der Mulde von Iria. Diese Übereinstimmung ist so bewundernswert, so voll von tiefer Bedeutung, dass man nicht über das bischöfliche Jubiläum des Papstes sprechen kann, ohne zugleich an die Verheißungen von Fatima zu erinnern. So kommen wir also auf das Thema zurück, in der Sicherheit dem Wunsch unserer Leser zu entsprechen.
Da wir zu anderen Gelegenheiten schon alles über die Erscheinungen als solche gesagt haben, was zu sagen war, meinen wir, wir sollten das dornige Thema der Voraussagen Mariens behandeln.
Man weiß, dass die Muttergottes, als sie zu den drei Hirtenkindern sprach, und später auch zu Schwester Lucia, fürchterliche Strafen für die Menschheit vorausgesagt hat. Man weiß, dass der Portugiesische Episkopat Treuhänder eines geheimnisvollen Umschlags ist, der Äußerungen von Schwester Lucia enthält, der nur 1960 geöffnet werden soll. Nach dem glaubwürdigen Autor P. De Marchi („Es war eine Frau, strahlender als die Sonne“) enthält dieser Umschlag den noch nicht bekanntgegebenen zweiten Teil des Geheimnisses von Fatima. Es kommt noch hinzu, das die politischen Horizonte der ganzen Welt von trüben Wolken verhangen sind. So setzt sich spontan, unaufhaltsam, dringend die Frage auf: Werden die von der Muttergottes vorhergesagten Strafen über die Welt fallen?
Wir sind nicht von denen, die eine solche Frage für müßig halten, denn sie bezieht sich nicht auf gewisse gängige private Offenbarungen, denen mit großer Möglichkeit Suggestion oder Täuschung anhaften können, sondern auf Fakten offenkundiger übernatürlicher Art basieren und als solche von der Frömmigkeit der Gläubigen auf der ganzen Welt angenommen, die von der Heiligen Kirche gutgeheißen werden, ohne ihren privaten Charakter einzubüßen, und deutliche wie bewundernswerte geistige Früchte hervorgebracht hat.
Doch wollen wir uns heute eigentlich nicht einer solchen Erörterung hingeben. Unser Vorhaben ist bescheidener und praktischer. Wir möchten nur zeigen, dass einerseits es nicht angebracht ist, zu fragen, ob die Verheißungen von Fatima sich ereignen werden, denn sie sind ja eigentlich schon im Gange, und andererseits, dass es in großem Maß uns obliegt, auch noch zum jetzigen Stand der Dinge ihre vollständige Verwirklichung aufzuhalten.


Wir können eigentlich nicht verstehen, dass man Zweifel haben kann, dass die Voraussagen von Fatima sich gegenwärtig schon ereignen. Denn die herrschende Tatsache unseres politischen Lebens, eine Tatsache, die die Seiten der Tageszeitungen füllt und alle Sorgen der Staatsmänner beherrschen, gerade diese ist, dass „Russland seine Irrtümer über die ganze Welt verbreitet“ und somit immer günstigere Bedingungen schafft für den Ausbruch des furchtbarsten Konflikts der Geschichte.
Es ist ersichtlich, dass in dieser allgemeinen Beunruhigung nicht allein Russland die ganze Schuld zukommt. Denn wenn Moskau seine ideologischen Gifte über die ganze Welt in Umlauf bringen kann, dann nur weil diese Gifte Aufnahme finden. Wenn man auch zugeben muss, dass die Welt aus eigener Schuld sich in brennbarem Zustand befindet, ist es doch am Feuerherd Moskaus, wo die Brandstifter ihre Fackeln anzünden und von da aus unzählige Funken springen, die in allen Ländern gefährliche Feuerflammen entzünden.
Außerdem erlauben die gegenwärtigen Zustände schon die Glaubhaftigkeit des Teils der noch nicht erfüllten Voraussagen zu erkennen. Die Tatkraft Russlands über die ganze Welt eine tiefe Weltkrise auszulösen, nicht nur mehr oder weniger oberflächliche und mehr oder weniger vorübergehende aktuelle Krisen, ist offensichtlich. Dass dies alles früher oder später in Verfolgung des Papstes und der Kirche enden wird, ist ebenfalls offensichtlich. Das in den Wirren eines von Russland provozierten Krieges, eine Weltkatastrophe die Menschheit treffen kann, ist auch unbestreitbar.
Die richtige Frage über die Prophezeiungen von Fatima kann also nur diese sein: Ob sie sich erfüllen werden und ob wir in den Endgreuel fallen werden, der sich voraussehen lässt.
Zu diesem Punkt scheint es uns, dass über den Bedingungscharakter der Botschaft von Fatima nicht genügend hingewiesen wurde. In ihr wird sonnenklar gesagt, dass diese Ereignisse geschehen werden, wenn die Menschheit sich nicht von ihren Sünden abwendet und nicht Buße tut. Demnach obliegt der ganzen Menschheit und jedem einzelnen Menschen die Möglichkeit die schon im Beginnen sich befindende Strafe jetzt noch abzuwenden. Es reicht von der Sünde abzulassen und Buße zu tun. Doch wenn dies nicht geschieht, werden auch religiöse Feiern, Gebete, Ängste und Panik nichts nutzen. Die Strafe wird kommen.
Es ist also notwendig, dass der vorwiegende Teil, oder gar der zahlenmäßig größte Teil der Sünder, eine echte und ernsthafte Lebensänderung unternimmt. Was bedeutet diese Behauptung? Das die Menschen aus Liebe zu Gott, oder wenigsten aus Furcht vor seiner Gerechtigkeit, die Sünde verabscheuen und sie nicht mehr begehren und praktizieren, und fortan nach den Geboten leben. Dies ist eine der wesentlichen Bedingungen, um die Strafen zu verdrängen. Sie muss also klar erwähnt werden, positiv, ohne unnötige rednerische Verzückungen, Verstellungen oder Milderungen einer falschen menschlichen Klugheit.
Wer also ein Apostolat üben will, ganz im Sinne, was man „auf der Linie von Fatima“ nennen könnte, muss deutlich gegen den Irrtum und die Sünde sprechen, alles tun, damit sie gehasst und verstoßen werden, und in allen die Furcht vor dem Zorn Gottes erwecken, vor allem in denen, die die Liebe nicht bewegen kann.
Alle anderen gesetzten Bedingungen der Botschaft von Fatima hängen nicht ganz von uns ab. Doch diese hängt unbestreitbar von uns ab. Wenn sie erfüllt wird, werden die Strafen nicht eintreffen. Denn alles lässt glauben, dass Gott den reuigen Sünder verschonen wird. Was ist wichtiger? Zu fragen ob die Strafen kommen werden, wann und wie sie kommen werden, oder sich einsetzen, damit sie nicht eintreffen? Betätigen wir uns also. Und schreiten wir gelassen  der Zukunft entgegen, denn so, komme, was kommen mag, werden wir von denen sein, über die die schützende Hand der Königin des Himmels ruht.



Setzen wir uns ein! Reicht das? Nein! Es ist nötig, außer Lebenswandlung und Apostolat, auch Gebet und Buße. Wir müssen uns abtöten, um für uns und für die anderen zu sühnen. Wir müssen beten, weil das Gebet Berge versetzt.
Mit dieser geistlichen Einstellung und solchen Vorhaben gewappnet, werden wir mit Freuden das Lob der Jungfrau von Fatima singen können. Denn für uns wird ihre Botschaft nicht vergebens gewesen sein.

*) Bezieht sich auf das Monatsmagazin „Catolicismo“ der Diözese Campos, Brasilien

Freie Übersetzung von „Cabe aos homens sustar o castigo iminente“ aus „Catolicismo“ Nr. 77, Mai 1957

Dienstag, 13. Dezember 2016

Plinio Corrêa de Oliveira, Geschichtstheologe des 20. Jahrhunderts


Der heilige Augustinus hat über die Tragödie seiner Zeit nachgedacht, hat sich aber weder das Mittelalter noch die darauf folgenden Jahrhunderte der Entfremdung vom Glauben vorstellen können. Doch fünfzehn Jahrhunderte nach Augustinus' Tod hat ein großer katholischer Denker mit Adleraugen das Panorama seiner Zeit und die Geschichte der ihr vorausgegangenen Jahrhunderte erfasst und wie kein anderer vor ihm die zerstörerische Kraft der Eigenliebe und die belebende Kraft der Liebe zu Gott verstanden.
Auch unser Zeitalter hat ihren heiligen Augustinus gehabt. Dieser Mann ist Plinio Corrêa de Oliveira. Man kann sein langes Leben als eine Tag für Tag im Laufe eines Jahrhunderts, vielleicht des schrecklichsten der Geschichte, gelebte Geschichtstheologie betrachten.
Der heilige Augustinus hat über den Untergang des Römischen Reiches meditiert. Plinio Corrêa de Oliveira hat den Untergang der christlichen Zivilisation betrachtet.
Um die dramatische Wirklichkeit unserer Zeit heraufzubeschwören, in der die westliche Zivilisation äußeren und inneren Feinden entgegentreten muss und die Kirche von einer schlimmeren Selbstzerstörung als der arianischen untergraben wird, brauchen wir nicht unsere Phantasie zu bemühen, denn dies geschieht vor unseren Augen. Um aber die Tiefe dieser Krise zu verstehen, brauchen wir die Hilfe der Geschichtstheologie.
Plinio Corrêa de Oliveira, der Geschichtstheologe des 20. Jahrhunderts, fragt sich, was das Wesen der Krise unserer Zeit sei, und hat dafür dieselbe Antwort wie der heilige Augustinus: Ihre Wurzeln sind in den ungezügelten Leidenschaften zu suchen.
Der gegen die christliche Zivilisation gerichtete Revolutionsprozess ist nach dem Verständnis des brasilianischen Denkers die etappenweise und sich ständig verwandelnde Entwicklung der regellosen Tendenzen des westlichen christlichen Menschen und der Irrtümer und Bewegungen, die sie schüren.
Der tiefere Grund für diese Entwicklung liegt nach Plinio Corrêa de Oliveira in einem wahren Ausbruch des Stolzes und der Sinnlichkeit, der eine ganze Reihe von Ideologien und sich aus diesen ergebenden Maßnahmen inspiriert hat.
Der Stolz führt zum Hass gegen alles Überlegene und schließlich zu der Behauptung, alle Ungleichheit sei an sich und auf allen Ebenen etwas Schlechtes, vor allem im metaphysischen und religiösen Bereich. Es ist dies der egalitäre Aspekt der Revolution. Die Sinnlichkeit hinwieder wehrt sich gegen jede Art von Zügelung und führt zum Aufstand gegen jede Form von Autorität und Gesetz menschlicher oder göttlicher, kirchlicher oder ziviler Natur. Es ist dies der liberale Aspekt der Revolution. Beide scheinbar widersprüchlichen Aspekte vereinigen sich in der Utopie von einem anarchischen Paradies, in dem eine hoch entwickelte und von jeder Art Religion emanzipierte Menschheit frei von jeder Autorität in völliger Freiheit und Gleichheit leben soll.
In seinem Buch Revolution und Gegenrevolution beschreibt Plinio Corrêa de Oliveira mit scharfem Verstand die Dynamik der ungezügelten Leidenschaften und zeigt, dass nur aus einer entgegengesetzten, ebenso totalen und dominierenden Leidenschaft eine siegreiche Reaktion gegen die Revolution hervorgehen kann. Diese Leidenschaft ist die Liebe zu Gott: eine Liebe, die sich auf sein ganzes Werk erstreckt und zu einer Liebe zur Kirche und zur christlichen Zivilisation wird. "Mit anderen Worten, entweder bekehrt sich die Welt und gibt getreu die Sicht des heiligen Augustinus von der ‚Stadt Gottes' wieder, in der sich alle Menschen dermaßen von der Liebe zu Gott treiben lassen, dass sie alles unterlassen, was die andern verletzen könnte; oder aber die Welt wird im Gegenteil zu einer Stadt des Teufels, in der sich alle dermaßen von der Liebe zu sich selbst treiben lassen, dass sie am Ende sogar Gott vergessen." (1)
Wenn die Dynamik der menschlichen Leidenschaften, verbunden mit einem metaphysischen Hass gegen Gott, die Wahrheit und das Gute, die stärkste Antriebskraft der Revolution ist, besteht also eine dynamische konterrevolutionäre Symmetrie, die die Beherrschung der Leidenschaften durch ihre Unterordnung unter den Willen und die Vernunft zum Ziel hat.
Diese geistige Kraft ist aber unvorstellbar ohne Miteinbeziehung des übernatürlichen Lebens, das den Menschen über das Elend der gefallenen Natur hinaushebt. In dieser geistigen Kraft liegt für Plinio Corrêa de Oliveira die tiefere Dynamik der Gegenrevolution. "Der Kampf zwischen der Revolution und der Gegenrevolution", schreibt er, "ist ein seinem Wesen nach religiöser Kampf". (2) Wie alle religiösen Probleme kann auch dieses nicht von der Hilfe der Gnade absehen, von der jede echte moralische Erneuerung abhängt.
"Die Gnade hängt von Gott ab, es ist aber ohne Zweifel, dass Gott durch einen freien Akt seines Willens gewollt hat, dass die Austeilung der Gnaden von der Gottesmutter abhänge. Maria ist die universale Vermittlerin und der Kanal, durch den alle Gnaden fließen. Deshalb ist ihre Hilfe unentbehrlich, damit die Revolution nicht siegt, oder aber damit diese von der Gegenrevolution besiegt werde. (...) Die Verehrung der Gottesmutter ist eine Conditio sine qua non dafür, dass die Revolution niedergeschlagen werden kann und die Gegenrevolution den Sieg davonträgt." (3)
Die Frage des Beitrags der Gottesmutter zur Gegenrevolution beschränkt sich jedoch nicht auf die Frage der Gnade. Man darf nicht die Rolle vergessen, die der Teufels beim Ausbruch und Vormarsch der Revolution spielt. "Das logische Denken sagt uns, dass ein so tiefgehender und umfassender Ausbruch der ungezügelten Leidenschaften wie der, der am Anfang der Revolution steht, nicht ohne einen präternaturalen Eingriff hätte geschehen können." (4) Deshalb hängt auch dieser Antriebsfaktor vom Kommando und der Macht der Gottesmutter ab.
Gott lässt aus einem unermesslichen Übel das unermesslich Gute entstehen. So hat der Aufstand des Teufels nicht nur zur Fleischwerdung des Wortes geführt, sondern sogar zur Gottesmutterschaft Mariens und damit auch zu ihrer privilegierten Rolle, die darin bestehen wird, das Haupt des Teufels zu zertreten und die Absichten Gottes vollkommen zu erfüllen. Der Höhepunkt der Geschichte wird daher das Reich Mariens sein.

(Aus eine Vortrag von Prof. Roberto de Mattei auf der 6. Sommerakademie der TFP 2006)

1 Plinio Corrêa de Oliveira, Um remédio que agravará o mal, in "O Legionário", Nr. 491 (8. Februar 1942).
2 Plinio Corrêa de Oliveira, La devozione mariana e l'apostolato contro-revoluzionario, in "Cristianità", Nr. 8 (Nov.-Dez. 1974).
3 Ibid.
4 Ibid.