Kathedra des heiligen Petrus:
ein Fest, an dem der Papst als Lehrer gefeiert wird; an dem das Papsttum
gefeiert wird, im Besitz eines unfehlbaren Stuhls, mit dem es die Welt
anspricht und wahrhaftig unfehlbar ist. Es ist also die Feier der Unfehlbarkeit
des Papstes, durch die das Papsttum (in Glaubens- und Sittenfragen) niemals
irrt.
Sie wissen, dass Papst Pius
IX., der ein großer Papst war,— von dem wir eine indirekte Reliquie haben, die
ein Teilchen seines Sarges ist, und dessen Heiligsprechungsprozess eingeführt wurde
—, Papst Pius IX. war in der ersten Zeit seines Pontifikats eher sehr liberal.
Nicht, dass er in seinen Dokumenten einen doktrinären Fehler des Liberalismus
begangen hätte, aber er nahm eine Reihe von meist extrem liberalen Maßnahmen.
So wollten, im geteilten,
pittoresken, vorteilhaften und effizienten Italien jener Zeit der kleinen
Königreiche, Fürstentümer und freier Städte, diejenigen, die nach einer
Vereinigung Italiens strebten, einen revolutionären Schlachtruf für die Straßen
haben, um die Anarchisten und die Anhänger der Sekte des Mazzini zum
gemeinsamen Kampf anzulocken. Zum Anlass der Wahl Pius IX. verbreiteten sie
überall den Ruf, „Viva Pio IX“ (Es lebe Pius IX.). Mit diesem Ruf rekrutierten sie
auf den Straßen die Lazzaroni, die Schamlosen, die Revolutionäre, Mitglieder
der Mafia, der Camorra und alles andere aus dem Untergrund der Gesellschaft, für
den Kampf gegen jene kleinen Throne, deren Verschwinden wir heute noch bedauern.
In dieser schwierigen
Situation, in der ein Papst schließlich ein Symbol der Revolution war, lebte
ein großer Heiliger, Don Bosco. Der Ruf, „Viva Pio IX“, der Revolutionäre drang
auch in die Schulen des hl. Don Bosco ein. So erschall dieser Ruf der Revolte
hier und da mitten im Schulhof.
Dagegen fiel Don Bosco eine
Lösung ein: Er Verbot den Schülern, „Viva Pio IX“ zu rufen. Er — ein Heiliger
... — befahl ihnen, sie sollten „Viva il Papa“ (Es lebe der Papst) rufen. Es war
ein souverän intelligenter Ausweg. Weil „es lebe der Papst“, sollten wir immer
rufen. Nur den Umständen entsprechend sollte der Name des Papstes genannt
werden. Diese Begebenheit ist im Heiligsprechungsprozess des Don Bosco
registriert, und hinderte nicht ihn im Verzeichnis der Heiligen aufzunehmen,
und dass seine Arbeit von der Vorsehung in jeder Hinsicht gesegnet wurde.
Der Grund dieser Haltung ist
eine sehr wichtige Unterscheidung: die Unterscheidung zwischen Papst und
Papsttum; zwischen der Person des Papstes, die der menschlichen Barmherzigkeit
unterworfen ist, aber auch Fehlern in allen Maßen unterliegt, die nicht durch
die Unfehlbarkeit garantiert sind, und andererseits der Institution, die sich
von der Person völlig unterscheidet. Und wenn es stimmt, dass man ab und zu
ruft: Es lebe dieser oder jener, und man manchmal still bleibt, manchmal weint,
aber immer betet, gibt es einen Ruf, den wir immer laut rufen sollten, und der
ist: „Es lebe der Papst!“, „es lebe das Papsttum!“
Aus diesem Grund ist das
Fest, das wir heute feiern, das Fest des Stuhls des hl. Petrus, der Kathedra
Petri, ein äußerst zeitgemäßes Fest, denn es feiert den Papst als Lehrer, es
feiert das Papsttum als Inhaber eines unfehlbaren Lehrstuhls, der sich an die
Welt wendet und tatsächlich unfehlbar ist. Und deshalb ist die Unfehlbarkeit des
Papstes, die Orthodoxie, sozusagen das, wodurch das Papsttum nie Irren kann. Und das ist der Gegenstand der
heutigen Zeremonie.
Wir wissen, dass von dem
Peterstuhl fast alles erhalten geblieben ist, und dieser Stuhl wird in der Peterskirche
in Rom aufbewahrt. In der Apsis, wo die Gloria Berninis ist, befindet sich ein
Bronzestuhl. Dieser Stuhl ist hohl und von Zeit zu Zeit wird er geöffnet, und
ein kleiner Holzschemel gezeigt, von dem ich das Foto gesehen habe, und der als
der Thron des hl. Petrus angesehen
wird.
Das Fest der Kathedra Petri bezieht
sich auf diesen „Thron“, es hat aber viel mehr im Sinn als diesen Thron angesichts
der Tatsache, dass Rom der Sitz des hl. Petrus ist, und der Tatsache, dass
unser Herr Jesus Christus dem Petrus einst den Charakter der Unfehlbarkeit zugeteilt
hat, und der Tatsache, dass dieser unfehlbare Lehrstuhl die Heilige
Apostolische und Römisch-Katholische Kirche regiert. Dies ist, was heute gefeiert wird.
Im Petersdoms gibt es im
Mittelschiff eine Monument aus dunklem Material (Bronze), das den hl. Petrus
als Papst darstellt mit den Schlüsseln in der Hand, auf einem Thron sitzend.
Seine Füße sind genau in der Höhe des Mundes des Betrachters, so dass sie
leicht mit einem Kuss verehrt werden können. Und alle Pilger, die nach Rom
kommen, gehen hier vorbei und küssen den Fuß des hl. Petrus. Das Ergebnis ist,
dass mit dem tausend und tausend Mal wiederholten Kuss sogar der Fuß des
heiligen Petrus abgenutzt ist. Ich denke, es ist das einzige Beispiel in der
Geschichte, in dem Küsse Bronze abnutzen.
Der etwas vorgerückte Fuß,
der geküsst wird, ist abgenutzt und geglättet. Und was noch schöner ist, ist,
dass am Fest des hl. Petrus diese Figur mit den päpstlichen Ornamenten
bekleidet wird. Sie hat also eine Tiara, sie ist gekleidet, als wäre sie ein
lebender Papst, um auf die großartige und offensichtliche Solidarität und
Kontinuität hinzuweisen, die vom hl. Petrus bis zum Papst unserer Tage geht.
Was sollen wir heute machen?
Im Geiste den Fuß dieses Bildes küssen. Das heißt, im Geiste das Papsttum, im
Geiste dieses Prinzip der Weisheit oder der Unfehlbarkeit der Autorität küssen,
das die katholische Kirche regiert. Und durch die Muttergottes, Unserem Herrn
Jesus Christus für die Einsetzung dieser Unfehlbarkeit dieses Stuhls zu danken,
der in der Tat die (tragende) Säule der Welt ist. Denn wenn es keine
Unfehlbarkeit gäbe, wäre die Welt völlig verloren, die Kirche wäre zerbrochen
und mit ihr wäre die Welt verloren, wie auch der Weg zum Himmel. Denn die Menschen
würden den Weg in den Himmel nicht finden, wenn es keine unfehlbar regierende
Autorität gäbe.
Doch eine Sache, an die wir
uns erinnern müssen, ist folgende: Die Treue zum Stuhl ist unter allen
Umständen nicht zu verwechseln mit der bedingungslosen Akzeptanz dessen, was
die Person tut. Unser Herr Jesus Christus unterscheidet zwischen dem Stuhl und
der Person. Obwohl der Papst der Meister selbst ist und die Macht des Stuhls in
ihm wohnt, ist nicht alles in ihm Stuhl, und wir können uns die Kirche nicht
vorstellen, wie sie von unserem Herrn Jesus Christus nicht gemacht wurde. Die
Kirche wurde von unserem Herrn Jesus Christus auf diese Weise geschaffen.
Deshalb muss unsere höchste
Treue zur Kathedra Petri wie folgt sein: Wenn ein Lehrmeister wie Pius IX. etwas
tut, was die Kathedra nicht gelehrt hat, mit wem sollen wir bleiben? Mit dem
Stuhl oder mit dem Lehrmeister? Mit dem Stuhl, bis zum Tod, mit der Gewissheit,
dass der Stuhl nie den Meister verlässt; der Meister aber kann manchmal den
Stuhl verlassen. Und deshalb kann man keine abstrakte Treue zum Papsttum haben,
die keine konkrete Treue zum gegenwärtigen Papst ist, in jedem Maß, in dem er
unfehlbar ist und die Macht hat, die katholische Kirche zu leiten und zu
regieren.
Plinio Correa de Oliveira, Vortrag „Heiliger des Tages“ am 22. Februar 1964.
Freie Übersetzung aus dem
Portugiesischen. Der Originaltext ist die Abschrift einer Aufzeichnung, wurde
vom Urheber nicht revidiert.
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