Die Verkündung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis |
Plinio Corrêa de Oliveira
Mir
liegt folgende Karteikarte zum Kommentar vor: Ein Auszug aus den Abenteuern des
Dom Bosco über das Königtum Pius IX. von Hugo Wast:
„Was
für eine Erstarrung der gottlosen Welt, was für ein Hohn für den Papst, da in
dem Moment, indem sich vor seinen Schritten als weltlicher König der Abgrund öffnete,
widmete er sich den Fragen der reinen Theologie. Aber ein Papst ist eher ein
Theologe als ein König, und als er jene denkwürdigen Worte der Verkündigung des
Dogmas der Unbefleckten Empfängnis aussprach, die die Kuppel von Sankt Peter
erfüllten, erhellte ein Sonnenstrahl, der durch ein offenes Fenster
hereinströmte, das strahlende Antlitz des Papstes, wie das des Moses auf dem
Berge Sinai. Wie in besten Zeiten, dröhnte die Kanone der Burg Sant’Angelo; die
unzähligen Glockentürme Roms verkündeten die Nachricht, und Rom erleuchtete sich
in dieser Nacht und tausende Städte auf der ganzen Welt ahmten es nach, und
Millionen Seelen feierten die Herrlichkeit Mariens, in der Gott die Fülle aller
Güter eingab, wie aus den zarten Worten des heiligen Bernhard hervorgeht. Und auf solche
Weise, dass, wenn in uns irgendeine Hoffnung besteht, auf ein Gefallen, eine
Erlösung, müssen wir wissen, dass uns alles von Maria kommt, denn das ist der
Wille [Gottes]. Er wollte, dass wir alles durch Maria erhalten.“
Diese
Passage von Hugo Wast bezieht sich auf eine der kulminierenden Tatsachen des
Pontifikats von Pius IX.
Pius IX. hatte ein extrem langes Pontifikat, und wenn
ich mich nicht irre, war sein Pontifikat länger als das des hl. Petrus. Es war
ein Pontifikat, das in zwei sehr unterschiedliche Teile geteilt war. Im ersten
Teil - es war in den ersten Monaten seines Pontifikats – da er eine liberale
Ausbildung hatte, begünstigte er den Liberalismus in den Kirchenstaaten, die sich
aus einigen mittelalterlichen Lehen zusammensetzte, deren Hauptstadt Rom war, wo
der Papst auch als weltlicher König herrschte.
Kurze
Zeit später gab es eine Revolution, die dem Papst die Augen öffnete. Er musste
aus den Päpstlichen Staaten fliehen, flüchtete in das Gebiet des alten
Königreichs Neapel, das ihm damals treu blieb und den südlichen Teil der
italienischen Halbinsel bildete. Als er dort über die Revolution nachdachte, änderte
er seine Orientierung und wurde einer der gegenrevolutionärsten Päpste der
Geschichte.
Und
zwei seiner besonders gegenrevolutionäre Handlungen waren: die Definition des
Dogmas der Unbefleckten Empfängnis und später die Definition des Dogmas der
päpstlichen Unfehlbarkeit. In dieser Passage von Hugo Wast geht es nur um die
Definition des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis.
Der anti-egalitäre Aspekt des Dogmas
Die Definition dieses Dogmas enthielt zwei besonders gegenrevolutionäre Punkte. Es lehrt, dass Unsere Liebe Frau ohne Erbsünde empfangen wurde, also vom ersten Moment ihres Seins an. Das heißt in anderen Worten: Sie hatte zu keinem Zeitpunkt den Makel der Erbsünde. Das kompromisslose Gesetz, nach dem alle Nachkommen Adams und Evas bis zum Ende der Welt mit der Erbsünde geboren werden, wurde in Bezug auf Unsere Liebe Frau und natürlich auf die heiligste Menschheit Unseres Herrn Jesus Christus aufgehoben.
Unsere
Liebe Frau war also nicht dem Elend unterworfen, dem die Menschen ausgesetzt
sind. Unsere Liebe Frau war nicht den schlechten Impulsen, den schlechten
Neigungen, den schlechten Tendenzen der Menschen ausgesetzt. Alles in ihr floss
harmonisch für die Wahrheit und für das Gute; alles in ihr war Bewegung in
Richtung Gott. Unsere Liebe Frau war das perfekte Vorbild für Freiheit, in dem
Sinne des Wortes, dass sie, was auch immer die durch den Glauben erleuchtete Vernunft
für sie bedeutete, wollte sie vollständig und es gab in ihrem Inneren kein
Hindernis für dieses Wollen.
Die
Gnade hingegen sammelte sich an, sie war voll der Gnade. Der Antrieb, mit dem
sich ihr ganzes Sein allem, was wahr ist, allem, was gut ist, zuwendete, ist wirklich
unbeschreiblich.
Zu
lehren, dass ein bloßes menschliches Geschöpf wie Unsere Liebe Frau - Unser
Herr Jesus Christus war kein bloßes menschliches Geschöpf, die menschliche
Natur war mit der göttlichen Natur verbunden, die eine Person bildete -, dass ein
bloßes menschliches Geschöpf wie Unsere Liebe Frau dieses außergewöhnliche
Privileg besitze, das war grundsätzlich anti-egalitär. Und dieses Dogma zu
definieren, bedeutete, eine solche Ungleichheit im Werk Gottes, eine solche
Überlegenheit Unserer Lieben Frau gegenüber allen anderen Wesen zu definieren,
dass alle egalitären Geister offensichtlich vor Hass schäumen würden.
Die unversehrte Reinheit der heiligen Jungfrau
Aber es gab einen noch tieferen Grund, warum die Revolution dieses Dogma hasste, und der Grund war folgender: Der Revolutionär liebt das Böse, er ist ein Sympathisant des Bösen, er freut sich, wenn er in jemandem eine Spur des Bösen findet; im Gegenteil bedauert er sehr, wenn er eine Person sieht, in der er keine Spur des Bösen wahrnimmt. Weil er schlecht ist, fühlt er Sympathie und Harmonie mit dem, was schlecht ist, und er sucht das Böse in allem zu finden. Nun würde die Vorstellung, dass ein Wesen von Anfang an so außerordentlich gut und so außerordentlich heilig sein könnte, natürlich einen revolutionären Hass hervorrufen, weil er total ohnmächtig ist gegenüber ein solches Wesen.
Stellen
wir uns eine Situation so vor: eine Person, die in Unreinheit versunken ist. Er
fühlt die unreinen Neigungen, die ihn überall hin tragen, und natürlich fühlt
er die Schande, die Depression, die ihn diese unreinen Neigungen verursachen, vor
allem weil sie seine Zustimmung haben, er hat sich ihnen ergeben.
Offensichtlich fühlt er sich von dem Zugeständnis, das er gemacht hat, völlig
verdorben.
Stellen
wir uns nun einen solchen Mann vor, der über Unsere Liebe Frau nachdenkt, die
kein Verlangen nach Unreinheit hatte und die ganz aus der transzendentesten
Reinheit gemacht wurde: Offensichtlich empfindet er einen Hass, eine
Antipathie, weil er in seinem Hochmut von derer makellosen Reinheit überwältigt
fühlt, über die er gerade nachdenkt.
Eine
solche Abwesenheit von Hochmut, eine solche Abwesenheit von Sinnlichkeit, eine
solche Abwesenheit jeglichen Ausschlags von Revolution in diesem privilegierten
Wesen zu definieren, bedeutete zu bestätigen, dass die Revolution das Ziel
einer solchen Ablehnung seitens Unserer Lieben Frau war, was wir wirklich
verstehen, dass es wehtun muss und dass es den Hass der Revolutionäre auslösen
muss.
Innerhalb
der Kirche gab es also immer zwei Strömungen. Ein Strom, der die Unbefleckte
Empfängnis bekämpfte, und ein anderer, der die Unbefleckte Empfängnis
bevorzugte. Natürlich wäre es übertrieben zu sagen, dass jeder, der gegen die
Unbefleckte Empfängnis kämpfte, für revolutionäre Ausschläge eintrat; aber es
ist eine Tatsache, dass jeder, der für revolutionäre Ausschläge arbeitete, auf
der einen Seite gegen die Unbefleckte Empfängnis kämpfte. Andererseits ist es
wahr, dass all jene, die für die Unbefleckte Empfängnis kämpften und die
Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis forderten, in diesem Punkt
eine gegenrevolutionäre Mentalität zeigten.
In
gewisser Weise war der Kampf der Revolution und der Gegenrevolution ein Kampf
zwischen diesen beiden theologischen Strömungen. Und auf diese Weise können wir
verstehen, dass es zu einer Zeit, als die Revolution bereits Flammen auf der
ganzen Welt geworfen hat, Menschen gab, die über die Definition des Dogmas
empört waren.
Die Anwendung der päpstlichen Unfehlbarkeit
Aber es gab noch einen anderen Grund, der die Definition dieses Dogmas für Liberale hassenswert machte. Da das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit noch nicht definiert worden war und es in der Kirche eine Strömung gab, die besagte, dass der Papst selbst nicht unfehlbar war, sondern nur wenn er ein vom Konzil unterstütztes Dogma definierte. Und Pius IX. hat, bevor er das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit definierte, einfach eine Reihe von Theologen konsultiert, dann alle Bischöfe der Welt konsultiert und dann mit eigener Autorität und unter Anwendung der päpstlichen Unfehlbarkeit das Dogma der Unbefleckten Empfängnis definiert.
Was
für einen liberalen Theologen eine Art grundsätzlicher Kurzschluss war, denn
wenn nicht definiert ist, was er definieren kann, wie definiert er dann. Und im
Gegensatz, wenn er definiert, behauptet er, dass er die päpstliche
Unfehlbarkeit besitzt.
Das
heißt, all dies war ein Ausbruch der Empörung in der revolutionären Welt. Es
war auch eine große Begeisterung in der gegenrevolutionären Welt. Und überall
tauchten Mädchen auf, die auf dem Namen Conceição getauft wurden, genau zum Lob
des neuen Dogmas. Daher eine Reihe von „Conceições“, die sich im Laufe der Zeit
vermehrt haben, und die besagten, dass die Eltern dieses Mädchen der
Unbefleckten Empfängnis Unserer Lieben Frau geweiht haben.
Pius IX. führt den Kampf im Feindeslager
Pius IX. ging so weit, dass er während seines Pontifikats Folgendes tat: Die Hauptstadt des europäischen Protestantismus war die Stadt Genf in der Schweiz. Es war der Ausstrahlungspunkt des Protestantismus in seiner radikalsten Form, des Kalvinismus.
Aufgrund
von Gesetzesänderungen in der Schweiz wurde genehmigt, dass zur Zeit von Pius
IX. in der Stadt Genf eine katholische Kathedrale gebaut wurde. Als Pius IX. das
hörte, sagte er, er würde ein Bild als Geschenk schicken, und das Bild sei eine
Statue der Unbefleckten Empfängnis, die im Zentrum von Genf aufgestellt werden
solle, um dieses Dogma der Calvinisten, Lutheraner und Protestanten zu
verkünden. So führte Pius IX. den Kampf gegen die Revolution in seiner Zeit und
in seinem Pontifikat.
Hier
ist eine sehr schöne Tatsache, die genau das ist: Pius IX. befand sich in einer
schrecklichen politischen Situation: die Armeen Garibaldis bedrohten zunehmend
die Päpstlichen Staaten; als König war er ein König, dessen zeitliche Macht von
seinen Feinden untergraben wurde. Und dann machten sich die Liberalen über ihn
lustig: Was für ein Papst-König ist das, was für ein törichter Papst, der sein
Land verliert und sich darum sorgt, Dogmen zu definieren. Pius IX. machte sich
keine Sorgen, er definierte das Dogma, und ein Ausbruch weltweiter Begeisterung
folgte der Definition des Dogmas.
Aber
er ging noch weiter, 1870, als die Päpstlichen Staaten in Gefahr waren zu
fallen, berief er das 1. Vatikanische Konzil ein und während dieses definierte
er das Dogma der päpstlichen Unfehlbarkeit.
Es
wird gesagt, dass es eine wahre Schönheit war: Als er sich erhob, um das Dogma
zu definieren, traf ein Gewitter die Peterskirche, es kam zu Blitzen und
Donnern, und man würde sagen, dass alle Elemente des Hasses aus der Hölle
entfesselt und erschüttert waren. Wir können uns diesen Papst vorstellen, von
dem viele sagen, er sei ein Heiliger - und ich gebe es zu -, dieser Papst, der
in Mitten donnernden Blitzen steht und die Unfehlbarkeit des Papsttums
definiert.
Was
ist passiert? Tage nach der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit zogen sich
die französischen Truppen aus Rom zurück - die Truppen, die den Papst
beschützten - und Garibaldis Truppen marschierten in Rom ein, und der Papst
wurde ein Gefangener im Vatikan. Aber das Prestige, das die päpstliche
Unfehlbarkeit dem Papst einräumte, war so groß und so groß seine Autorität, die
sie ihm über die gesamte Kirche gab, so dass Historiker sagten, dass selbst die
Päpste des Mittelalters keine größere Macht hatten als Pius IX.
Wir
haben dann zwischen Pius IX. und Gregor VII. eine Analogie. Der heilige Gregor
VII. zwang einen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, sich vor ihm zu
verneigen und um Vergebung zu bitten. Pius IX. tat meines Erachtens eine
härtere und außergewöhnlichere Sache: Er zwang die Revolution, sich vor ihm zu
verneigen, ohne um Vergebung zu bitten, weil die Revolution nicht um Vergebung
bittet, sondern vor Hass sabbert, gedemütigt und niedergeschlagen, ohne um
Vergebung zu bitten. Was noch schöner ist, als einen Kaiser dazu zu führen, um
Vergebung zu bitten.
In
dieser Atmosphäre des Sieges schenkte der große Papst Pius IX., ein Gefangener,
aber mehr Herr als alle seine Vorgänger, mehr Herr des Christentums und der
Weltkirche, seine schöne Seele Gott.
Aus
dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer von der Abschrift einer
Tonaufnahme eines Vortrages von Prof. Plinio Correa de Oliveira am 15.6.1973
©
Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.
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