Wie bildete ich meine Mentalität
A) Temperament und Gedankenbildung; die familiäre Umgebung
1.- Mit zwanzig Jahren war meine
ultramontane Mentalität vollständig gebildet
Als ich der Marianischen
Kongregation der Pfarrei Santa Cecília beitrat (1928) und begann, an der
katholischen Bewegung teilzunehmen, kann ich sagen, dass ich bereits ein
Ultramontane (*) war und fast mein ganzes Gedankengut, was ich heute habe
(1954), hatte ich in radice schon
damals. Was die damalige Welt betrifft, kann ich sagen, dass ich mit 20 Jahren schon
alles gesehen, gezählt, gemessen und gewogen hatte. Seitdem gab es eine Fülle
von Verdeutlichungen bezüglich der aufeinander folgenden Fakten der
Weltgeschichte, doch nichts mehr als Verdeutlichungen.
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(*) Ultramontan war die Bezeichnung, die im 19. Jahrhundert
der Strömung französischer Katholiken gegeben wurde, die das Päpstliche Primat
verteidigten und militant gegen den liberalen Katholizismus vorgingen. Da Rom
jenseits der Alpen lag, hieß es damals, es handele sich um Ultra-Montane
(jenseits der Berge). Der Begriff wurde später auf andere Nationen ausgedehnt,
immer um antiliberale Katholiken zu bezeichnen.
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Welche waren diese meine
Gedanken?
Ich war ein überzeugter Anhänger
einer radikalen Katholizität und der Überzeugung, dass ein Halbkatholizismus
absolut nichts bringen würde.
Ich war auch überzeugt, dass man
nur katholisch ist, wenn man dem Papsttum absolut treu ist, und dass in dieser
absoluten Treue zum Papsttum die Substanz des Katholizismus liegt.
Auch war ich tief davon
überzeugt, dass die Kirche die eigentliche Säule der Welt, der weltlichen
Ordnung, der bürgerlichen Ordnung und der moralischen Ordnung ist. Und dass
deshalb nur aus der Kirche und aus der Doktrin der Kirche, ihren Geboten und ihren
Lehren eine wirksame Lösung der Krise der Welt hervorgehen kann.
Ich war auch davon überzeugt,
dass die gesamte politisch-soziale Organisation, die sich aus dem
Protestantismus und alles was sich in der Folge daraus ergab, bis hin zum Kommunismus,
die Zerstörung der Zivilisation bedeutete.
Überzeugt auch, dass wir uns
weit fortgeschritten in diesem Phänomen des Verfalls befanden, und dass eine
große Krise ausbrechen würde, die das Ende der modernen Zivilisation bedeuten würde.
Vor allem war ich von der
Wichtigkeit der Verehrung Unserer Lieben Frau überzeugt, obwohl ich die
Abhandlung der wahren Andacht zur Heiligen Jungfrau vom hl. Ludwig Maria
Grignion von Montfort noch nicht kannte, die mir den endgültigen Ausdruck des
Themas der Verehrung Unserer Lieben Frau gab. Aber ich verstand sehr gut, dass
die Verehrung Unserer Lieben Frau die herausragende Seite der katholischen
Lehre in Fragen der Frömmigkeit und meines geistlichen Lebens war.
Schließlich – und hier ist eigentlich
das charakteristische Merkmal der Denkweise, die ich, Gott sei Dank, schon
damals erworben hatte – hatte ich eine sehr lebendige Vorstellung vom
Unterschied zwischen Gut und Böse, vom Kampf des Guten gegen das Böse in der
Geschichte, obwohl ich den Einfluss des Satanismus in diesem Kampf zu dieser
Zeit nur dürftig kannte. Ich hatte nur eine gewisse intuitive Vorstellung von
der Rolle des Satanismus in diesem Kampf.
Wie sind diese Ideen in mir entstanden?
Wie kann man erklären, dass ein Brasilianer, der 1908 in einer Stadt wie São
Paulo geboren wurde und vollständig in der brasilianischen Umwelt lebte, sie
bereits schon im Alter von 20 Jahren diese Mentalität erworben hatte?
Für einen Nicht-Brasilianer,
insbesondere den Europäer, haben diese Fragen meiner Meinung nach eine
interessante Seite, um ihnen zu helfen, die eigentümliche Art und Weise zu
verstehen, wie die Ideen im Kopf eines Brasilianers entstehen.
Dies wird auch zum Verständnis
beitragen, was man von einem Land wie Brasilien mit seinem Ultramontanen Potenzial
erwarten kann.
2. Meine Ideen entstanden nicht
aus Büchern, sondern aus der Beobachtung der Realität.
Alle diese Ideen bildeten sich
in meinem Kopf, nicht eigentlich indem ich die Doktrin in einem Buch las und
auf die Tatsachen anwendete, sondern dass ich eher aus einer instinktiven
Haltung gegenüber den Tatsachen und sozusagen die in den Tatsachen enthaltene
Lehre erriet.
Daher stammte dieses Wissen
nicht aus Ableitungen, Folgerungen, sondern aus einer ersten Intuition, die
bereits alles enthielt, was ich später erläutern würde.
Es war also kein deduktiver
Prozess, sondern ein intuitiver Prozess, bei dem man auf den ersten Blick alles
sieht und das dann wie ein Baum aus dem Samen heraus aufwuchs. Aber auf den
ersten Blick war schon alles enthalten. So funktioniert ein brasilianischer
Kopf.
Das bedeutete für mich natürlich
keine Verachtung für das Buch. Aber ich hielt es für einen bloßen Fehler,
Kultur als bloßes Ergebnis der Anzahl der gelesenen Bücher zu betrachten. Das Lesen
ist nützlich weniger dank der Quantität als der Qualität der gelesenen Bücher,
insbesondere auf die Qualität des Lesers und die Art und Weise, wie man liest.
Ich bin der Meinung, dass eine
sehr gut belesene, gut gebildete Person, die über viele Fakten oder
Vorstellungen von wissenschaftlichem, historischem oder künstlerischem
Interesse informiert ist, weitaus weniger gebildet sein kann als eine Person, dessen
Informationsvermögen geringer ist.
Der Unterricht stärkt den Geist
nur dann in ausreichendem Maße, wenn ihm eine tiefgreifende Assimilation folgt,
die sich aus sorgfältigem Nachdenken (Reflexion) ergibt. Deshalb sind
diejenigen, die wenig lesen, aber viel assimilieren, gebildeter als diejenigen,
die viel gelesen aber wenig assimiliert haben.
Reflexion (Nachdenken,
Betrachten) ist das erste Mittel dieser positiven Handlung. Der Kulturmensch soll
mehr als eine lebendige Ansammlung von Fakten und Daten, Namen und Texten sein.
Er muss ein Denker sein. Und für den Denker ist das Hauptbuch die Realität, die
er vor Augen hat, der am häufigsten konsultierte Autor ist er selbst, und die
anderen Autoren und Bücher sind wertvolle, aber ausgesprochen untergeordnete
Elemente.
Doch bloßes Nachdenken reicht
nicht aus. Der Mensch ist kein reiner Geist. Die kulturelle Anstrengung ist nur
dann vollständig, wenn der Mensch sein ganzes Wesen mit den Werten tränkt, die
seine Intelligenz erwogen hat.
3. Mein angeborenes Temperament,
ruhig und liebevoll
Aus natürlicher Veranlagung bin
ich von Geburt an sehr liebevoll, sehr geneigt, Menschen zu mögen. In meiner
kindischen Einfalt meinte ich, dass alle Menschen sehr gut sind. Mir wurde
schnell klar, dass dies eine Täuschung war.
Mein ursprüngliches Ziel war es,
ein herzliches Leben mit anderen zu führen. Zu Hause, mit meinen Cousins, mit
meinen Verwandten, habe ich mich bestens verstanden.
Ich habe nicht die Absicht, hier
mein Geständnis abzulegen, geschweige denn in Eigenlob verfallen. Aber
vielleicht doch eine Indiskretion machen. Nach allem, was hier gesagt wurde,
sollte der Hintergrund der Erzählung mit der Beschreibung meines Temperaments
beginnen. Wohlgemerkt: ich spreche zunächst nicht von Ideen, sondern von
Temperament, was bereits ein sehr brasilianisches Merkmal ist.
Mein Temperament würde ich von
Haus aus als sehr ruhig einstufen, fast träge; sehr ausgeglichen, ausgeglichen bis
zum Unglaublichen und Unfassbaren; aber zugleich sehr hart in einer Sache: auf
alles, was mir passt, lege ich mein ganzes Gewicht.
Auf der anderen Seite ist es ein
Temperament, das sehr zur Trägheit neigt, zu einer Abscheu von Kampf, Zank und
ähnliches. Aber auch ein Temperament, das für einen in Erbsünde empfangenen
Menschen und mit allen damit verbundenen Vorbehalten, grundsätzlich gemäßigt
war.
Schließlich hatte ich von klein
an, eine sehr logische Denkweise, ich mochte sehr die Logik.
wird fortgesetzt
Übersetzt aus dem Portugiesischen
mit Hilfe von Google Übersetzer in „Minha vida pública – relatos autbiográficos
de Plinio Corrêa de Oliveira“ („Mein öffentliches Leben - autobiographische
Berichte von Plinio Corrêa de Oliveira“), Herausgeber Instituo Plinio Corrêa de
Oliveira, São Paulo, Brasilien, 2015, Verlag Artpress.
© Nachdruck der deutschen
Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.
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