Am 21. Januar wurde König Ludwig XVI. von Frankreich guillotiniert. Papst
Pius VI. würdigte in seiner Ansprache „Quare
lacrymae“ vom 17. Juni 1793 das Opfer des Monarchen als „einen Tod, der dem Hass auf die katholische
Religion gewidmet war“ und schrieb ihm „den
Ruhm des Martyriums“ zu. Denselben Ruhm, so könnte man sagen, ereilte Marie
Antoinette, deren einziges Vergehen darin bestand, – allein durch ihre
Anwesenheit – das Prinzip des christlichen Königtums angesichts des Hasses der
Revolution verkörpert zu haben.
Der britische Schriftsteller Edmund Burke (1729–1797) schreibt in einer
der vielleicht schönsten Passagen seiner „Betrachtungen über die Französische
Revolution“ (1791): „Es ist nun sechzehn
oder siebzehn Jahre her, dass ich die Königin von Frankreich, damals noch die
Dauphine, zum ersten Mal in Versailles erblickte, und gewiss nie zuvor hat sich
diesem Land, das sie kaum zu berühren schien, eine anmutigere Erscheinung
geboten. Ich sah sie zum ersten Mal am Horizont aufgehen, wie sie jene erhabene
Sphäre, in der sie sich gerade erst zu bewegen begonnen hatte, schmückte und
erheiterte, strahlend wie der Morgenstern, voller Leben, Glanz und Freude. Oh!
Welch eine Revolution! Und welch ein Herz bräuchte ich, um diesen Aufstieg und
diesen Fall emotionslos zu betrachten! […] Ich hätte nie zu träumen gewagt,
lange genug zu leben, um ein solches Unglück über sie hereinbrechen zu sehen,
in einer Nation so tapferer, ehrenhafter und ritterlicher Männer. In meiner
Vorstellung sah ich zehntausend Schwerter, die plötzlich aus ihren Scheiden
gezogen wurden, um auch nur einen Blick zu rächen, der sie mit einer Beleidigung
bedrohte. Doch das Zeitalter der Rittertums war vorbei. Das der Sophisten,
Ökonomen und Buchhalter ist angebrochen; und der Ruhm Europas ist für immer
erloschen“ (Betrachtungen über die Revolution in Frankreich, it. übers. Ideazione,
Rom 1998, S. 98–99).
Heute, zwei Jahrhunderte später, drängen sich die Worte des britischen Schriftstellers angesichts eines weitaus gravierenderen Ereignisses auf. Am 4. November 2025 wurde im Jesuitengeneralat Mater Populi Fidelis eine „Note des Lehramtes“ des Dikasteriums für die Glaubenslehre unter der Leitung von Kardinal Víctor Manuel Fernández vorgestellt.
Das Dokument umfasst achtzig Absätze, die dem „richtigen Verständnis marianischer Titel“ gewidmet sind und klären
sollen, „in welchem Sinne bestimmte
Ausdrücke, die sich auf die Jungfrau Maria beziehen, zulässig sind oder nicht“,
indem sie sie „in die richtige Beziehung
zu Christus, dem einen Mittler und Erlöser“, stellen.
Mit tiefem Bedauern lesen wir diesen Text, der hinter wohlklingender Ton einen
giftigen Inhalt verbirgt. In einer historischen Stunde der Verwirrung, in der
sich alle Hoffnungen gläubiger Seelen auf die Allerheiligste Jungfrau Maria
richten, versucht das Dikasterium des Glaubens, ihr die Titel der Miterlöserin
und universalen Mittlerin aller Gnaden abzuerkennen und sie zu einer Frau wie
jede andere zu degradieren: „Mutter des
gläubigen Volkes“, „Mutter der Gläubigen“, „Mutter Jesu“, „Gefährtin der
Kirche“, als ließe sich die Mutter Gottes auf eine menschliche Kategorie
beschränken und ihres übernatürlichen Geheimnisses berauben. Es ist schwer, in
diesen Zeilen nicht die Erfüllung der nachkonziliaren mariologischen Tendenz zu
erkennen, die im Namen der „goldenen
Mitte“ einen Minimalismus gewählt hat, der die Gestalt der Allerheiligsten
Jungfrau Maria herabwürdigt.
Marie Antoinette verkörperte irdisches Königtum, ein Spiegelbild des
Göttlichen, aber zerbrechlich wie alles Menschliche: Ihr Thron zerbrach unter
dem Zorn der Revolution. Die Allerseligste Maria hingegen ist universale
Königin – nicht von Menschenrechten her, sondern Durch göttliche Gnade. Ihr
Thron steht nicht in einem Palast, sondern im Herzen Gottes. „Der Allerhöchste“, sagt der heilige
Ludwig Maria Grignion von Montfort, „stieg
er durch Maria, die demütigste Jungfrau, vollkommen und göttlich zu uns herab,
ohne etwas von seiner göttlichen Würde und Heiligkeit zu verlieren. Durch Maria
sollen auch wir ohne jegliche Furcht zum Allerhöchsten emporsteigen“. (Die
wahre Andacht zu Maria, Nr. 157).
Man mag versuchen, sie zu „enthaupten“
und sie auf eine bloße Frau zu reduzieren, doch Maria bleibt Mutter Gottes,
Unbefleckte, Immerwährende Jungfrau, Aufgenommen in den Himmel, Königin des
Himmels und der Erde, Miterlöserin und universelle Mittlerin aller Gnaden,
denn, wie der heilige Bernhardin von Siena erklärt: „Jede den Menschen zuteilgewordene Gnade entspringt einer dreifach geordneten
Ursache: Von Gott gelangt sie zu Christus, von Christus zur Jungfrau, von der
Jungfrau wird sie uns geschenkt“ (Serm. VI in festis B.M.V., a. 1, c. 2).
Aus diesem Grund ist, wie der heilige Augustinus, zitiert vom heiligen
Alfons von Liguori, alles, was wir zum Lob Mariens sagen, stets gering im
Vergleich zu dem ist, was ihr aufgrund ihrer erhabenen Würde als Mutter Gottes
gebührt (Die Herrlichkeiten Mariens, Bd. I, Redentoristi, Rom 1936, S. 162).
Edmund Burke beklagte, dass nicht zehntausend Schwerter bereitstanden,
Königin Marie Antoinette zu verteidigen, „gegen
jeden Blick, der sie mit Beleidigung bedrohte“. Wir sind überzeugt, dass es
heute auf der Welt eine Handvoll Priester und Laien gibt, edel und mutig im
Geiste, bereit, das zweischneidige Schwert der Wahrheit zu ergreifen, um alle
Vorrechte Mariens zu verkünden und zu Füßen ihres Thrones zu rufen: „Quis ut Virgo?“(Wer ist, wie die
Jungfrau?)
Auf sie werden die Gnaden herabkommen, die für den Kampf in diesen
stürmischen Zeiten notwendig sind. Und vielleicht wird, wie es in der
Geschichte immer geschieht, wenn man versucht, das Licht zu verdunkeln, das
Dokument des Dikasteriums für den Glauben, das die Heilige Jungfrau Maria
verkleinern will, ungewollt ihre unermessliche Größe bestätigen.
Aus dem Italienischen in https://www.corrispondenzaromana.it/quis-ut-virgo
Bild Schutzmantelmadonna: Fsspx.news (https://fsspx.news/
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