von Plinio Corrêa de Oliveira
Fünfte Betrachtung
Pilatus dachte, dass er, indem er Jesus geißeln ließ, die
Juden befriedigen und so in der Lage sein würde, ihn frei zu machen. So ist es,
wie die Schwachen immer denken: Kompromiss, dem Bösen nachgeben, um es zu
beschwichtigen. Das macht es aber nur noch schlimmer.
Die Folterer banden seine Hände und brachten ihn an die
Säule inmitten von Schlägen, Schützen und Gelächter. Seine Sanftmut, Güte und
alles über sich ergehen zu lassen, kontrastiert mit dem brutalen, sinnlosen und
grausamen Hass der Schergen. Oh dumme Illusion, dass er, indem er seine Hände
fesseln lässt, nun bewegungslos dastünde! Es wäre genug für ihn zu sagen,
„Stricke, lockert euch“ und sie würden zu Boden fallen! Hätte er es gewollt,
könnten die Stricke auch zu Schlangen werden, um seine Übeltäter anzugreifen.
Das außergewöhnlichste ist, dass er sich selbst
hingegeben hat, um gegeißelt zu werden. Wir können uns sein süßes Stöhnen
vorstellen. Sein heiliger Körper, der sich in Schmerzen krümmt, sein
anbetungswürdiges Fleisch, das von den Peitschen und Geißeln zerrissen wurde.
Das war das Fleisch des Gottmenschen! Er stand da voller Würde, sanftmütig und
ohne Protest und unterhielt sich mit dem ewigen Vater in seinem Herzen.
Wir können uns auch in diesem Augenblick den Sohn Gottes,
den obersten Regierenden über alle Ereignisse, vorstellen, der an die gesegnete
Zivilisation denkt, die eines Tages auf die Verdienste Seiner Leidenschaft
aufgebaut werden würde. Ach, er sah auch, dass sich die christlichen Völker in
einem gewissen Augenblick gegen ihn abwenden und von einer Anti-Zivilisation
beherrscht würden. Weil diese Welt den persönlichen Gott verleugnen würde,
würde sie auch die Persönlichkeit und Individualität des Menschen verleugnen.
In dieser dekadenten Antizivilisation würde die
Menschheit die totale Gleichheit einfordern und so zu einer rebellischen
kommunistischen Utopie versklavt werden. Diese Utopie würde das Eigentum und
damit die Gerechtigkeit verleugnen; würde die Familie und damit die Reinheit
verleugnen; würde die Religion verleugnen, und alles was heilig ist; würde die
Tradition und damit die Geschichte verleugnen. Durch die Umkehrung aller Werte
würde diese Zivilisation ein großes Chaos erzeugen, ein großes Vakuum, in dem
die ehemaligen christlichen Völker ertrinken würden. Diese Zivilisation ist die
Tyrannei der Materie, der Maschine, der Anonymität und des Atheismus, in ein
Wort, die Herrschaft des Satans.
Unser Herr hätte sich wie der Prophet David beklagen
können: „Was nützt denn mein Tod…?“(Ps 30,9) Was nützt denn mein Blut, das ich
so großzügig und so reichlich vergossen habe?
Sechste Betrachtung
»Die Soldaten flochten einen Kranz aus Dornen und setzten
ihn auf sein Haupt, legten ihm einen purpurroten Mantel um.« (Joh 19,2)
Unser Gott, mit Dornen gekrönt! Ist dies nicht ein
Beweis, dass Gottes Königtum ein Königtum des Leidens ist? Lasst uns Leiden
annehmen: Demütigungen leiden; leiden an Ungerechtigkeit; leiden unter der
unermüdlichen Anstrengung, Gutes zu tun; leiden unter Selbstverleugnung. Das
Leiden aus dem Christentum zu entfernen, ist Christus beleidigen, der eine
Dornenkrone angenommen hat. Christ sein und Angst haben, für Gott zu leiden,
ist, Gott zu einem bloßen Bankier herabzusetzen, der unserer Gewinnsucht
nachkommt oder zu einen einfachen Diener, der unseren Wünschen nachkommt. Das
Leiden vom Christentum zu beseitigen, ist gleich, sein Rückgrat zu entfernen.
Sind wir nur Gutwetterfreunde? Es ist in der Tat nicht
christlich, Angst zu haben, uns für Christus zu opfern, unser größter Freund.
Lasst uns nicht die Gemeinheit begehen, Jesus auf Golgatha zu verlassen. Lasst
uns nicht auf sein Gesicht schlagen, verwundet aus Liebe zu uns, indem wir
sündigen. Lasst uns nicht herzlose Hyänen sein, sondern vielmehr „gütig und
demütig von Herzen“ wie Er (Mt 19,2).
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