Fest der Ehre und des Friedens
„Catolicismo“
Nr. 108, Dezember 1959
„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den
Menschen guten Willens!“ (Lukas 2,14)! Es ist für keinen Katholiken möglich, das
heilige Weihnachtsfest zu betrachten, ohne an die harmonischen und
erleuchtenden Worte zu denken, mit denen die Engel singend die frohe Botschaft
von der Ankunft des Erlösers verkündeten – Worte, die uns beinahe ins Ohr
flüstern. So wollen wir, in Verbindung mit diesen Worten, neben der Krippe, zu
Füßen des Jesuskindes und in enger Verbundenheit mit der allerseligsten
Jungfrau Maria unsere Weihnachtsmeditation gestalten.
„Ehre!“ Wie sehr verstanden die Alten die Bedeutung
dieses Wortes, wie viele strahlende und ergreifende moralische Werte sahen sie
darin? Um sie zu erobern, weiteten so viele Könige ihre Reiche aus, so viele
Heere stellten sich dem Tod, so viele Weise widmeten sich den schwierigsten
Studien, so viele Entdecker wagten sich in die entlegensten Winkel der Welt, so
viele Dichter schufen ihre größten Werke, so viele Musiker schöpften aus
tiefstem Herzen ihre strahlendsten Töne und so viele Geschäftsleute stürzten
sich schließlich in die gewaltigsten Unternehmungen. Ja, denn selbst im
Reichtum suchte man nicht nur Fülle, Komfort und Sicherheit, sondern auch
Macht, Prestige – kurzum, Ehre.
Doch welche Elemente umfasste dieser Begriff von Ehre?
Manche waren der Person innewohnend: hohe Intelligenz, herausragende Tugend,
das Ausüben von entsprechendem Handeln. Andere waren mit dem verbunden, was wir
heute öffentliche Meinung nennen. Ehre, aus diesem Blickwinkel betrachtet, wäre
die weitverbreitete, unüberhörbare Anerkennung der herausragenden Eigenschaften
einer Person.
Welchen Wert hat die Ehre? Inwiefern adelt das Streben
nach Ehre die Seele?
Die Frage lässt sich leicht beantworten, indem man einen
nach Ehre strebenden Menschen mit einem anderen vergleicht, dessen Wünsche sich
auf Güter ganz anderer Art konzentrieren: lange Nächte in einem weichen Bett,
sich mit Genuss und Überfluss zu ernähren, sich vor Risiken und Unsicherheiten
sicher zu fühlen, ein Leben ohne Kampf und Anstrengung zu führen, in
Vergnügungen und Vergnügen zu schwelgen usw.
Es besteht kein Zweifel, dass materielle Güter für
unseren Gebrauch geschaffen wurden und dass der Mensch sie in angemessenem Maße
und mit gebührender Überlegung begehren darf. Doch was sagt man von ihm, wenn
er sie zu den höchsten Werten des Daseins erhebt? Dass er ein niederträchtiger,
selbstsüchtiger, engstirniger Geist ist. Kurz gesagt, dass er zu jener
Kategorie gehört, die die Heilige Schrift mit einem bedeutsamen Stigma belegt:
Sie haben ihren eigenen Bauch zum Gott (vgl. Phil 3,19). Geister, die nur
verstehen, was dem Körper dient, die alle wahren Güter der Seele ignorieren und
die, wenn sie könnten, – wie Paul Claudel schrieb – die Sterne vom Himmel
fallen und zu Kartoffeln werden lassen würden.
...
Doch für Millionen von Menschen ist dies die größte
Versuchung, der sie ausgesetzt sind, weil sie in einer Welt leben, in der das
Wort „Ehre“ fast bedeutungslos geworden ist. Es findet sich zwar noch in
Wörterbüchern und wird vereinzelt im Alltag verwendet – beispielsweise gibt es
in Rio einen Hügel der Ehre, ein Viertel namens „Ehre“, ein Hotel namens „Glória“,
und manche rauchen „Glória de Cuba“-Zigarren –, man könnte fast sagen, dass das
Wort außerhalb dieser Verwendung tot ist. Und mit dem Verschwinden dieses
Wortes verschwinden auch andere, die damit verwandt sind: Ruhm, Prestige,
Anstand ...
...
Betrachten wir die Heilige Familie im Hinblick auf ihren
guten Platz im Leben. Eine Dynastie, die ihren Thron und ihren Reichtum
verloren hat, hat in dem heiligen Josef einen Nachkommen, der in Armut lebt.
Die Jungfrau Maria nimmt diese Situation mit vollkommenem Frieden an. Beide
streben in dieser Armut nach einem geordneten und besonnenen Leben, doch ihre
Gedanken kreisen nicht um wirtschaftlichen Aufstieg, Komfort und Vergnügen,
sondern um Gott, unseren Herrn. Für ihren Sohn präsentiert die Heilige Familie
eine Grotte als erste Wohnstätte und eine Futterkrippe als Wiege. Doch der Sohn
ist das fleischgewordene Wort Gottes, zu dessen Geburt die Nacht erleuchtet
wird, der Himmel sich öffnet und die Engel singen, und Könige voller Weisheit,
die von den Enden der Erde kommen, um Gold, Weihrauch und Myrrhe darzubringen…
Wie viel Armut und wie viel Ehre! Wahre Ehre, denn sie ist nicht eine bloße Wertung der utilitaristischen und pharisäischen Männer Jerusalems, die andere nach ihrem Reichtum beurteilen, sondern eine Ehre, die dem Abbild der einzig wahren Ehre gleicht: der Ehre Gottes im höchsten Himmel.
Fortsetzung folgt
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