Fest des Friedens und der Ehre
„Catolicismo“ Nr. 108, Dezember 1959
[Fortsetzung]
Es heißt oft, die
Armut der Heiligen Familie in Bethlehem lehre uns die Loslösung von irdischen
Gütern, und das ist tausendfach wahr. Es sei jedoch hinzugefügt, dass das
heilige Weihnachtsfest auch eine erhabene und klare Lehre über den Wert
himmlischer Güter und moralischer Güter enthält, die auf Erden wie ein Abbild
himmlischer Güter wirken.
Und in dieser
Hinsicht gilt es vielleicht, ein Missverständnis auszuräumen.
Gott schuf das
Universum zu seiner äußeren Ehre. Daher streben alle unvernünftigen Geschöpfe
gänzlich nach der Verherrlichung Gottes. Und der Mensch, mit Intelligenz und
freiem Willen ausgestattet, hat die Pflicht, die Kräfte seiner Seele und seines
ganzen Wesens für dasselbe Ziel einzusetzen. Sein höchstes Ziel ist nicht ein
bequemes, üppiges und sorgloses Leben, sondern Gott die Ehre zu geben.
Der Mensch
erreicht dies, indem er all sein inneres und äußeres Handeln so ausrichtet,
dass er stets die unendliche Vollkommenheit und die souveräne Macht des
Schöpfers erkennt und verkündet. Als Ebenbild Gottes geschaffen, verherrlicht
er ihn, indem er als Geschöpf so gut wie möglich dessen Wesen nachzuahmen
sucht. So macht uns die Ausübung der Gottesliebe, indem sie uns ihm ähnlicher
macht, auch Teilhaber an seiner Herrlichkeit.
Dies erklärt den
immensen Respekt, den die Heiligen stets hervorriefen, selbst bei denen, die
sie hassten und verfolgten. Eine einfache Köchin wie die selige Anna Maria
Taigi beeindruckte die Passanten durch ihre Würde, als sie durch die Straßen
Roms ging. In allen Marienerscheinungen offenbart sich die Muttergottes als
überaus mütterlich, liebevoll und gütig, zugleich aber auch unbeschreiblich
würdevoll, ehrwürdig und von königlicher Majestät erfüllt. Und was lässt sich
über unseren Herrn, den Ursprung aller Heiligkeit, sagen? Er war so gütig, dass
er sogar den Aposteln die Füße wusch! Doch er war so unendlich majestätisch,
dass ein einziges Wort von ihm alle Soldaten, die ihn verhaften wollten, zu
Boden warf (vgl. Joh 18,6).
Jesus Christus
ist unser Vorbild. Auch die Heiligen, die ihm so bewundernswert nachgeeifert
haben, sind unser Vorbild. Daher sollte jeder wahre Katholik nach hoher Würde,
Ernsthaftigkeit, Standhaftigkeit und Erhabenheit streben, die ihn von
Vulgarität, Schmutzigkeit und der Verschwendungssucht all dessen unterscheiden,
was unter die Herrschaft Satans fällt.
Und dies ist
nicht nur eine Frage des Glanzes, der aus der Ausübung von Tugend erwächst.
Alle Macht kommt von Gott (vgl. Röm 13,1), die des Königs ebenso wie die des
Adligen, des Vaters, des Vorgesetzten oder des Lehrers. Und in gewisser Weise
sollte der Amtsinhaber für seine Untertanen gleichsam ein Abbild Gottes sein.
Jeder Macht wohnt eine Würde inne, die ein Spiegelbild göttlicher Majestät ist.
In einer christlichen Gesellschaft muss sich der Inhaber einer wichtigen
Position aufgrund dieser Position selbst achten. Und er muss diesen Respekt
auch bei denen wecken, die mit ihm zu tun haben. So erstrahlt die christliche,
weltliche Gesellschaft in vollem Glanz von Gottes Herrlichkeit. Sie besingt sie
auf ihre Weise, ebenso wie die geistliche Gemeinschaft, die die heilige
katholische, apostolische und römische Kirche ist. Und hier auf Erden ist das
Leben des Menschen ein Vorbild jenes Lobgesangs, den er im Himmel in alle
Ewigkeit singen wird.
* * *
Wir wissen wohl,
dass ein subtiler Stolz den Menschen oft täuschen kann und ihm den Eindruck
vermittelt, er suche aus Liebe zu Gott nach einer Ehre, die er in Wirklichkeit
nur aus Selbstliebe begehrt. Um dieser leider sehr realen Gefahr zu entgehen,
ist es notwendig zu beten, die Sakramente regelmäßig zu empfangen, zu
meditieren, sich Opfer zu bringen, sich strengen Gewissensprüfungen zu
unterziehen und sich geistlicher Begleitung zu unterziehen. Das Heilmittel
liegt in der Anwendung dieser hochwirksamen Mittel und niemals darin, einen
Grundsatz zu verleugnen, der an sich wahr ist.
* * *
Und die Güte?
Besteht sie nicht darin, sich selbst zu „demokratisieren“, sich auf eine Stufe
mit denen unter uns zu stellen, um ihre Liebe zu gewinnen? Einer der
verhängnisvollsten Irrtümer unserer Zeit ist die Annahme, Respekt und Liebe
schlössen sich gegenseitig aus und ein König, ein Vater, ein Lehrer werde umso
mehr geliebt, je weniger Respekt er genießt. Doch die Wahrheit liegt im
Gegenteil. Hohes Ansehen, sofern es von wahrer Gottesliebe durchdrungen ist,
kann nur die Achtung und das Vertrauen rechtschaffener Menschen gewinnen. Und
wenn dies nicht geschieht, liegt es nicht daran, dass das Ansehen zu hoch ist,
sondern daran, dass es nicht auf der Liebe Gottes gründet.
Die Lösung liegt
nicht in der Herabsetzung, sondern in der Übernatürlichkeit. Wahrhaft
übernatürliche Würde erniedrigt sich, ohne sich selbst zu erniedrigen.
Selbstsüchtige und eitle Würde will und weiß nicht, wie sie sich herablassen
kann, ohne dabei ihre Integrität zu verlieren. Wenn sie sich stark fühlt,
erniedrigt sie andere. Wenn sie sich schwach fühlt, erniedrigt sie sich aus
Angst selbst.
Stellen wir uns
also eine weltliche Gesellschaft vor, die gänzlich von dieser erhabenen,
majestätischen und kraftvollen Noblesse durchdrungen ist, einem Abbild der
Erhabenheit Gottes. Eine Gesellschaft, in der diese Erhabenheit untrennbar mit
unermesslicher Güte verbunden ist, sodass mit zunehmender Stärke und Majestät
auch Mitgefühl und Güte wachsen. Welch eine Sanftmut, welch eine Liebe –
kurzum, welch eine Ordnung! Ja, welch eine Ordnung … und welch ein Friede! Denn
was ist Friede anderes als Ruhe in Ordnung (vgl. Augustinus, XIX De Civ. Dei,
Kap. 13)?
Stagnation in
Irrtum und Bösem, Einigkeit mit den Streithähnen Satans, die scheinbare
Versöhnung von Licht und Finsternis, gerade weil sie dem Bösen Bürgerschaft
verleihen, bringen nur Unordnung und erzeugen eine Ruhe, die eine Karikatur
wahren Friedens ist. Wahrer Friede existiert nur unter Menschen guten Willens,
die von ganzem Herzen die Ehre Gottes suchen. Und deshalb verbindet die
Weihnachtsbotschaft das eine mit dem anderen:
„Ehre sei Gott in
der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens!“ (Lukas 2,14)
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