Donnerstag, 17. Oktober 2019

Fides intrepida - II

„Unerschrockener Glaube“ - II

Im Januar 1930 schrieb ich unter diesem Titel im „Legionário“ einen langen Artikel, in dem ich die leuchtende Politik des Heiligen Vaters gegen die Anschuldigungen der Feinde der Kirche gegen den Lateranvertrag verteidigte, der die Versöhnung zwischen dem Vatikan und dem Quirinal besiegelte.
Ich betonte dann die bemerkenswerte Prophezeiung, in der der hl. Malachias jedem Papst eine Devise zuschrieb, das die Geschichte der Kirche unter seinem Pontifikat zusammenfassen sollte.


Für Pius XI. gab er das Kennzeichen: „Fides intrepida“. Und ich habe diesen Titel gerechtfertigt, indem ich alle Triumphe aufgezählt habe, die die Kirche in einem Umfeld von Siegen setzte. Und mein Artikel interpretierte die Gefühle aller Mitglieder der Marianischen Kongregation der Pfarrei Santa Cecília.
Wir waren damals auf der Höhe des Tabors. Überall erhoben sich die Äußerungen der Bewunderung und Freude zu den Füßen des Heiligen Vaters für die deutlichen Siege der Kirche auf der ganzen Erde. Die Lösung der mexikanischen Frage, der Fortschritt der Kirche in protestantischen Ländern, die vielversprechende Entwicklung katholischer Missionen in Asien und Afrika, der zunehmende Einzug der katholischen Philosophie in allen europäischen und amerikanischen Wissenschaftskreisen, umgaben den Heiligen Vater mit einem Diadem der Herrlichkeit, unter denen die Versöhnung zwischen der Kirche und Italien mit unverkennbarer Helligkeit leuchtete.
Vom Tabor ziehen wir jetzt zum Golgatha. Das Diadem der Herrlichkeit verwandelte sich in eine Dornenkrone. Das Murmeln der Bewunderung verwandelte sich in Stöhnen und es brachen Verfolgungen in verschiedenen Teilen der Erde aus. Fast gleichzeitig entsteht ein Konflikt mit Litauen, es explodiert der kommunistische Antiklerikalismus in Spanien, die Krater der Grausamkeiten gegen die Religion in Mexiko öffnen sich wieder, und zu diesen Folterungen kommt mit schmerzlicher Bitterkeit der Kampf des Faschismus gegen die Kirche hinzu.
Aber die Gefährten des Tabors wussten, den Heiligen Vater nach Golgatha zu folgen. Und so wie wir unsere Stimmen mit denen vermischen, die zum Thron des heiligen Petrus aufstiegen, um dem Heiligen Vater zu beglückwünschen, wollen wir, dass unser Protest sich inmitten der gegenwärtigen Verwirrung erhebe, um dem Heiligen Vater die respektvolle und kindliche Solidarität aller Mitglieder der Kongregation von Santa Cecília zuzusichern.
Mehr denn je ist das zugeteilte Motto des hl. Malachias berechtigt. In der Folter, in Verbitterung, im Kampf ist es Pius XI. gelungen, das Bollwerk des Glaubens mit einer Kühnheit zu bewahren, die den Märtyrern des Kolosseums würdig ist. Die Ereignisse, die dazu führen, dass die Kirche gleichzeitig an so vielen Orten verfolgt wird, überwältigen oder erschrecken uns nicht.
In der Tat sind die rein menschliche Ideen und Institutionen nie so nahe am Verfall, als wenn sie ihren Höhepunkt erreichen. Nie ist die Frucht so nah an der Fäulnis, als wenn sie ihre volle Reife erreicht hat. Die Bosheit erreicht heute ihren Höhepunkt. Der Kommunismus, der die schärfste Note in dem Gotteslästerungsbund darstellt, der seit dem 16. Jahrhundert gegen die Kirche geschlossen wurde, repräsentiert genau den Paroxysmus des Unglaubens. Und wir Katholiken stöhnen heute unter der Last der Unterdrückung unserer Gegner, die Brennos Ausruf uns ins Gesicht werfen: „Wehe den Besiegten!“ Aber die Kirche, die unsterblich ist, weil sie nicht menschlich ist, ruft ihnen den Satz in umgekehrter Form zurück: „Wehe den Siegern!“
Tatsächlich ist die Blütezeit für alle Dinge, die nicht an der unzerstörbaren Dauerhaftigkeit der Kirche teilhaben, nichts anderes als eine glänzende Etappe auf dem Weg zum Tod. Jeder Sieg Napoleons bedeutete für ihn einen Schritt, der ihn Waterloo näher brachte. Das Waterloo der Bosheit ist nahe. Lassen wir deshalb diese Wagrame und diese Austerlitze des Unglaubens vorübergehen. Ihr Triumph wird nicht von Dauer sein.
Wenn die Strecke für eine Bahnlinie zu lang ist, wenn die Berge zu steil sind, um zu sie zu überwinden, wenn die Kurven zu groß sind wegen des hügeligen Geländes, bohren die Ingenieure einen Tunnel, der, wenngleich er die Fahrgäste für ein paar Minuten in Dunkelheit taucht, jedoch die Reisemüdigkeit verkürzt und ihnen lange Reisestunden erspart.
Wir glauben, dass die Phase des immer schlimmer werdenden Schmerzes, den der Katholizismus durchlaufen wird, wie der Tunnel ist, der uns für einige Zeit in die tiefste Dunkelheit, in die Dunkelheit des absolutesten Schmerzes stürzt und unseren Weg zum endgültigen Sieg verkürzt, Berge durchbohrt und Hindernisse überwindet. Ohne diesen Tunnel des Schmerzes würde diese Phase viele Jahrzehnte — vielleicht Jahrhunderte — dauern. Die Kirche und die westliche Zivilisation betreten einen Tunnel der Geschichte, durch den die göttliche Vorsehung sie führt, um die Leiden des Katholizismus zu verkürzen. Und jedes Mal, wenn wir den Angriff als geschlossener, die Prüfungen als schrecklicher empfinden, sind wir der beruhigenden Überzeugung, dass wir im Tunnel vorankommen, und uns dem glücklichen Moment nähern, in dem wir uns wieder in der strahlenden Klarheit einer vollständigen christlichen Zivilisation wiederfinden.
In was besteht letztlich der Kampf zwischen der Kirche und der italienischen Regierung?
Der faschistische Staat, der mit einer Reihe absolut neuer Doktrinen auf dem Gebiet des modernen Rechts ausgestattet war, griff den politischen und wirtschaftlichen Liberalismus mit einer Virulenz und Energie an, die nicht nur von den Gläubigen, sondern auch von den katholischen Geistlichen selbst gelobt wurde. Die sozialistischen und kommunistischen Unruhen, die Irreligiösität und die Unmoral der Öffentlichkeit wurden an ihrer Hauptquelle ausgelöscht: der italienischen Freimaurerei, die durch einen einfachen Erlass der Regierung des Herrn Mussolini geschlossen wurde.
Mussolini beschränkte sich nicht auf diese großartige Reihe von Maßnahmen, sondern restaurierte in gewissem Maße die alten Gilden, die der unsterbliche Papst Leo XIII. so sehr wünschte und proklamierte. Und um diese Reihe von klugen Maßnahmen und Reformen zu krönen, schloss er ein Bündnis mit dem Vatikan, der die katholische Kirche an die Spitze der italienischen sozialen Organisation stellte. So konnte die Kirche mit ihren heiligen und ewigen Grundsätzen erneut das ganze Familienleben, die Schulen, die Bildung und selbst das öffentliches Leben in Italien prägen.
Gegen diesen Zustand stieg in den Reihen der Ungläubigen und der professionellen Agitatoren ein intensives Geschrei auf. Während einige dem italienischen Patriotismus schaden wollten, indem sie annahmen, Mussolini habe Italiens Interessen im Lateranvertrag geopfert, versuchten andere, den Stolz der Katholiken zu erregen, indem sie behaupteten, der Heilige Vater habe Mussolini seine eigene Unabhängigkeit und Handlungsfreiheit verkauft, im Tausch zur territorialen Souveränität des Vatikanischen Staates.
Beim heutigen Kampf sehen wir, zu was die zweite Version reduziert wurde. Als die immer unerträglicher werdende Hypertrophie des italienischen Staates in den Aktionsbereich der Kirche eindringen wollte, stellte Mussolini fest, dass die strenge und majestätische Gestalt von Pius XI. ihm den Weg versperrte. Mühelos konnte Mussolini den Sozialismus und alle linken Lehren, die Italien zu beherrschen drohten, zerstören. Doch die katholische Kirche, die weder Pistolenschützen noch Dynamit besitzt, entgegnet ihm mit einer Kühnheit und einem Mut, die die Geschichte verewigen wird, wie sie schon den ruhmreichen Eingriff des Papstes verewigte, der vor Jahrhunderten mit dem Kreuz in der Hand, den Weg Attilas versperrte und so die Zivilisation rettete.
Diejenigen, die die italienische Situation genau studieren, können nicht verfehlen, dem Papst vollkommen Recht zu geben.
Die Kirche hat das unveräußerliche Recht, Glauben und Moral in absoluter und souveräner Weise zu lehren. Und gegen dieses Recht ist kein Anspruch berechtigt, kann keine Kontrolle errichtet werden. Was wäre in der Tat die Lehre Gottes, wenn ihre Verkündigung den Launen der Staatsoberhäupter unterworfen wäre und ihr Wirkungsbereich durch die politischen Intrigen der Kanzlerämter im Dienste der Tyrannen oder der ignoranten Massen abgegrenzt werden könnte? Bald wären die von Gott gelehrte Lehre verfälscht, und die Wahrheit, die Er offenbarte, völlig vergessen worden. Aus dieser Feststellung folgt, dass: 1) die Verkündigung des Glaubens und der Moral ausschließlich der Kirche gehört; 2) Folglich können die Grenzen dieser Predigt nur von Ihr allein gezogen werden können.
Man kann nicht verstehen, dass der Staat die Moral der Bürger nicht übernimmt. Es wäre in der Tat absurd, sich eine Vielzahl von moralisierten Individuen vorzustellen, die gemeinsam unmoralisch handeln würden. Man kann sich keinen Staat mit katholischer Bevölkerung vorstellen, der nicht katholisch sei. Und das liegt daran, dass es intuitiv ist, dass der Staat, der eine Reihe von politisch organisierten Individuen ist, keine anderen Attribute und Charaktere haben kann als die seiner konstituierenden Teile.
Wir sehen daher, wie unangebracht der faschistische Anspruch ist, der Jugend eine nicht katholische und damit antikatholische Erziehung aufzuzwingen. Es überschreitet als erstes die Sphäre einer Regierung, sich in rein spirituelle Angelegenheiten einzumischen. Zweitens verletzt es ernsthaft die im Herzen des katholischen Italiens verwurzelten Gefühle.
Zu sagen, die Kirche mache „Politik“, wie Mussolini behauptet, ist eine zweifelhafte Aussage.

Wenn mit „Politik“ irgendeine Aktivität gemeint ist, die das öffentliche Leben in der Nation betrifft, dann macht die Kirche Politik, indem sie die Bürger ihrer Regierung zu gehorchen, und jeden Katholiken dazu verpflichtet, mit äußerster Ehrlichkeit und gesteigertem Gefühl bei der Moralisierung der Massen und der Verbrechensbekämpfung zu handeln. Und von dieser Politik, aus der sie in einer langen Lehramtstätigkeit von zwanzig Jahrhunderten als Siegerin hervorgegangen ist, wird sie niemals abdanken, egal wie stark der Druck der faschistischen Häscher ist.
Aber wenn mit „Politik“ gemeint ist eine Reihe von im öffentlichen Leben ausgeübten Aktivitäten, die nichts mit dem Glauben oder der Moral zu tun haben und der Aufsicht der Kirche entgehen, dann sage ich eindeutig, dass die faschistische Regierung den Heiligen Vater auf würdelose Weise verleumdet, indem sie behauptet, die Kirche mische sich in die italienische Politik ein.
In der Tat warum nimmt der gewalttätigste Mussolini den Heiligen Vater nicht in Gefangenschaft? Es ist einfach die Angst vor dem Druck der katholischen Meinung weltweit. Mussolini hat die Archive aller katholischen Gesellschaften in seinen Händen: er verfügt im Moment über die heimlichsten Informationen über die Katholische Aktion. Warum veröffentlicht er nicht die kompromittierenden Dokumente, von denen er sagt, dass sie ihm gehören? Warum begegnet er keiner Herausforderung, die der Heilige Vater in diesem Sinn an ihn gestellt hat? Man sage nicht, dass es die Angst ist, die seine Bewegungen hemmen. Tatsächlich hätte ein Papst, der beim Lügen ertappt würde, keine moralische Kraft mehr. Die Veröffentlichung solcher Dokumente wäre für Mussolini ein tödlicher Schlag gegen das Oberhaupt der Kirche, den Heiligen Stuhl. Widersprochen, demoralisiert, könnte Pius XI. nichts gegen die Gewalttaten des Faschismus tun.
Unterdessen hat die zivilisierte Welt kein einziges Dokument gesehen, keinen einzigen Beweis zur Sicht bekommen und erhielt nicht einmal eine Erklärung. Der Faschismus hat ihr bis jetzt bloße Aussagen bar jeder Glaubwürdigkeit geliefert. Und in diesem Schweigen sehen wir einen vorsehenden Umstand, der den Angeklagten freispricht und den Ankläger selbst beschuldigt!
Wenden wir uns nun dem zweiten Punkt zu: der Erziehung der Jugend. Herr Mussolini will die Jugendbildung monopolisieren. Wer kann die Rechtmäßigkeit dieses Anspruchs wahren?
Der Kirche das Recht zu entziehen, Menschen zu erziehen, bedeutet, sie ihrer Sendung zu berauben. Und ohne sich selbst zu widersprechen, konnte sie einer solchen Verletzung nicht zustimmen.
Wir sehen daher, dass die Hiebe unbegründet sind, die der Faschismus gegen die Kirche zu führen beabsichtigt, und trügerisch die Behauptungen, die er in die Welt wirft.
Und was macht die Kirche? Sie verteidigt sich mit Sanftmut und Nachsicht. Stark und unnachgiebig gegen den Irrtum, brachte sie die Sanftmut an Grenzen, die nicht überwunden werden konnten, ohne sich sofort in Mitschuld und Schwäche zu verwandeln. Und jetzt, wo eine elementare Selbstachtung sie ins Feld getrieben hat, predigt sie weder den Aufstand gegen den Faschismus, noch fordert sie die Einschränkung der legitimen Rechte der italienischen Regierung. Sie verlangt nur, dass sie ihre eigenen Rechte erhält und dass ihre eigenen Gegner die legitimen Befugnisse behalten, die ihnen zur Verfügung stehen.
Die Feinde der Kirche sollen sich jedoch hüten! Berryer, Neys unsterblicher Verteidiger, sagte: „Die Kirche zahlt die Schläge, die sie erhält, nicht zurück. Sei aber vorsichtig, denn sie ist ein Amboss, der schon viele Hämmer verschlissen hat!“

Anm.: Den ersten Artikel zum Thema lesen Sie HIER

Übersetzung aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer aus Legionário  Nr. 83, 12.7.1931
© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Der revolutionäre Charakter der CEBs



https://www.paroquiaclaret.com.br/comunidades-eclesiais-de-base-cebs/
  
[Anfang der 1980er Jahre] fand die Befreiungstheologie, auch nach der Verurteilung durch Johannes Paul II. in Puebla, in den kirchlichen Basisgemeinden (CEBs) ihre mächtigste Ausdrucksform. In der Presse wurden sie als die große, aufstrebende Kraft in Brasilien hingestellt. Im Namen des Evangeliums setzten sie sich für den Klassenkampf und marxistisch geprägte soziale Veränderungen in Brasilien ein.
Die wirkungsvollste Denunzierung der revolutionären Aktion der kirchlichen Basisgemeinden ging von dem Buch „Die CEBs, von denen viel gesprochen wird, aber wenig bekannt ist – Die TFP beschreibt sie, wie sie sind“ aus, das im August 1982 erschien und sofort im ganzen Land verbreitet wurde. Der Studie der Brüder Gustavo und Luis Sérgio Solimeo ging ein von Plinio Corrêa de Oliveira verfasster erster Teil voraus, in dem der Vorsitzende der TFP die Ziele der CEBs im brasilianischen Kontext vorstellte und auf die Funktion einer „fünften Gewalt“ hinwies, die der Bischofskonferenz als Werkzeug der CEBs in Brasilien zukam.[1] Danach untersucht das Werk, gestützt aus umfangreicher Dokumentation, die Entstehung, die Organisation, die Lehre und die Aktion der Basisgemeinden. Daraus geht deutlich der subversive Charakter der kirchlichen Basisgemeinden hervor, die die Besetzung von Grund und Boden in Stadt und Land, Aufstände in Fabriken sowie Einschüchterungen und Agitation aller Art mit dem Ziel betrieben, das in Brasilien herrschende politisch-soziale Regime zu stürzen. Plinio Corrêa de Oliveira beschrieb das Vorgehen der CEBs als einen „Kreuzzug ohne Kreuz“.
http://comunidade-cebs.blogspot.com/p/blog-page.html
„Im Wesentlichen geht es den CEBs um einen politischen Kreuzzug (...), der keineswegs den Übergang vom legalen bürgerlichen Kampf zur Anwendung von Gewalt ausschließt, wenn es denn keine anderen Mittel mehr gibt, die angestrebten Reformen durchzusetzen.“
Der spanische Historiker Ricardo de la Cierva beschreibt in seinem Buch „Jesuiten, Kirche und Marxismus“ folgendermaßen die wichtigsten Aspekte der TFP-Studie: „Der ideologische Schlüssel der Basisgemeinden ist fast immer in der Befreiungstheologie zu suchen. (...) Wenngleich sie von ihren Förderern als eine Reihe loser Punkte hingestellt werden, weisen die Gelehrten der TFP nach, dass es sich in Wirklichkeit um ein wohl geordnetes Netz handelt, das seine Anregungen vom linken Flügel der Bischofskonferenz erhält. (...) Einer der Schlüssel der Basisgemeinden besteht in der schismatischen Tendenz, eine neue Kirche zu bilden, die im Gegensatz zur traditionellen Kirche steht.“[2]
Der spanische Historiker zeigt sich auch von der Unterstützung überrascht, die die institutionelle Kirche diesen aufsässigen Basisgemeinden angedeihen ließ: „Die brasilianische Bischofskonferenz ist die mitgliederstärkste auf der Welt. (...) Sie wird von einer ,schweigenden Mehrheit‘ gebildet, die meistens von einer linken, liberationistischen Minderheit beherrscht wird, zu der höchstens 60 Bischöfe gehören, die aber bei den Entscheidungen oft die ‚Mitte‘ auf ihre Seite zu ziehen versteht. (...) Das ist derselbe linke Flügel des brasilianischen Episkopats, der die Bewegung der Basisgemeinden kontrolliert, die in der brasilianischen Gesellschaft eine völlig neue Form politischen Wirkens eingeführt haben, die die Basisgemeinden als Ganzes zu einer ,aufstrebenden Kraft bei den Wahlen‘ macht.“
Am 6. August 1984 hat die Glaubenskongregation die Instruktion Libertatis Nuntio veröffentlicht, in der die „Befreiungstheologie“ endgültig verurteilt wird. Darauf folgte am 22. März 1986 eine zweite Instruktion, Libertatis Conscientia, über die christliche Freiheit und Befreiung; sie sollte als eine „positive“ Stellungnahme zu dem angesprochenen Thema verstanden werden. Die beiden von Johannes Paul II. genehmigten Schriften bilden eine einzige Botschaft, die einen Schlussstrich unter die Ansprüche der neuen theologischen Strömung und der von dieser inspirierten Bewegung der kirchlichen Basisgemeinden setzt.
Der doktrinäre und praktische Beitrag der TFP zum Kampf gegen die Befreiungstheologie in Lateinamerika ist nicht zu leugnen. Zehn Jahre nach dieser Denunzierungskampagne hat P. Joseph Comblin, einer der Vorläufer der Befreiungstheologie, der von der TFP mehrmals denunziert worden war, in einem Interview zugegeben, dass die CEBs 1993 endlich „im abseits stehen und überall gegeißelt und niedergeschmettert werden. Heute bilden sie lediglich Minderheiten ohne Einfluss in der Gesamtheit der örtlichen Kirchen“.

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1 Plinio Corrêa de Oliveira besteht auf der Tatsache, dass der moderne Staat vor allem in Brasilien neben den drei herkömmlichen Gewalten (Exekutive, Legislative und Judikative) von zwei weiteren, zwar „informellen” aber nichtsdestoweniger einflussreichen Gewalten beherrscht wird: von den Kommunikationsmitteln und dem Episkopat. „In einem kürzlich erschienen Buch habe ich behauptet, dass es in Brasilien nicht nur die drei Gewalten Exekutive, Legislative und Judikative gibt, sondern noch zwei weitere, die heute einen weitaus größeren Einfluss auf die Öffentlichkeit ausüben. Die vierte Gewalt ist die Publizistik, deren Prestige sich vor allem auf die Gutgläubigkeit der Einfältigen als auf die Zustimmung der wirklich Gebildeten stützt. Die fünfte Gewalt ist die CNBB, die von wenigen, ehrenvollen Ausnahmen abgesehen, mehr ihren Einfluss mehr auf die Leichtgläubigen als auf die wirklichen Männer des Glaubens ausübt.“ (Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, „Prevenindo para tonificar“, in Folha de S. Paulo, 5. Juli 1983) Vgl. auch ders. „Ditatorialismo publicitário centrista“, in Folha de S. Paulo, 10. August 1983.

2 Ricardo DE LA CIERVA, Jesuítas, Iglesia y Marxismo, 1965-1985. La Teología de la liberación desenmascarada, Plaza & Janés Editores, Madrid 1986, S. 116-118.



Quelle: Roberto de Mattei: „Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts: Plinio Corrêa de Oliveira. TFP-Büro Deutschland und DVCK e.V., Frankfurt, 2004, Kapitel V, Abschnitt 7, SS 200-202.


Donnerstag, 3. Oktober 2019

Padre José de Anchieta


Plinio Corrêa de Oliveira

Rede vom 17. März 1934 „Tagebuch der Versammlung“, Ansprache von Dr. Plinio Corrêa de Oliveira in der Konstituierenden Versammlung, Pater Anchieta, Sitzungssaal, 17. März 1934
P. Anchieta, Das Evangelium im Dschungel (Benedito Calixto)
Antrag Nr. 1
Der einstimmigen Haltung der Bevölkerung von São Paulo nachkommend, die in Anchieta ein Grund des legitimen Stolzes für ganz Brasilien anerkennt, sich jedoch in besonderer Weise durch die glorreiche Rolle verbunden fühlt, die er bei der Gründung von São Paulo inne hatte.
In Anbetracht, dass das brasilianische Volk zu Recht erfreut am 19. März das vierhundertjährige Bestehen von Anchieta mit begeisterten Feierlichkeiten begehen wird, die die Bewunderung zum Ausdruck bringen, die dem Apostel der Neuen Welt entgegengebracht wird;
In Anbetracht, dass diese Feierlichkeiten bereits mit der vorläufigen Regierung in Verbindung gebracht wurden, die den 19. März zu einem nationalen Feiertag erklärt hat;
In Anbetracht, dass diese Verfassunggebende Versammlung sich ihrerseits nicht entziehen kann, den Verdiensten und Leistungen von P. José de Anchieta ihre Bewunderung auszudrücken, da sie unauslöschlich mit Dankbarkeit in allen brasilianischen Herzen eingeschrieben sind:
Stellen wir den Antrag an die Konstituierende Versammlung, im heutigen Protokoll der Arbeiten die tiefe Anerkennung der brasilianischen Nation zu verzeichnen, dem, der ihr alle Schätze seiner unbesiegbaren Tugend und seiner fruchtbaren Erfindungsgabe gewidmet hat und unsere Geschichte auf ihren ersten Seiten zu einem Grad von Schönheit erhoben hat, der sich kein anderes Land, auch nicht unter den berühmtesten und ältesten, rühmen kann, sie je übertroffen zu haben.
Sitzungssaal, am 17. März 1934.- (u.) Plinio Corrêa de Oliveira - Alcântara Machado - Cincinato Braga - ... - A. Moraes Andrade.
Nach Einreichung des Antrags wird dem Abgeordneten Plinio Corrêa de Oliveira da Wort erteilt.
- Herr Präsident – Nachdem ich von der Partei, der ich die Ehre habe anzugehören, die Aufgabe erhalten habe, mit kurzen Worten die Abstimmung einzuleiten, um vor dieser hohen Versammlung die Gelegenheit und den gesamten Ursprung einer besonderen Ehrung an Anchieta hervorzuheben, überkam mich die qualvolle Überzeugung von der Unmöglichkeit dieser Aufgabe, zu der ich ausgezeichnet wurde, gerecht zu werden.
Tatsächlich, die Tugenden zu preisen, für die das brasilianische Volk eine Bewunderung erweist, die heute schon ihren Höhepunkt erreicht hat; Taten rühmen, die in sich selbst und in den Ergebnissen, die sie hervorgebracht haben, die größte Verherrlichung erfahren, so dass die Stimme der größten Beredsamkeit schwach wird angesichts von Tatsachen, die ihr Lob über alles Lob erheben; ist das nicht Verwegenheit, besonders im Schoß einer Versammlung, in der schon so viele auserlesenste Geister bereits ihr Talent eingesetzt haben, um Anchieta in Werken von unbestreitbarem Wert zu feiern?


Und unwillkürlich kam mir die Frage in den Sinn, die der Apostel der Neuen Welt in der Einleitung des Gedichts stellte, das er in den weißen Sand der Küste von São Paulo schrieb: „Sileam an loquar, Sanctissima Mater“ (Schweigen oder reden, allheiligste Mutter…).
Er wusste, seine eigenen Akzente zu finden um das höchste Geschöpf zu preisen, diejenige, die von den Propheten bereits vor ihrer Geburt besungen wurde und von allen nachfolgenden Generationen als gebenedeit bezeichnet wurde.
Sollte auch ich nach neuen Worten suchen, um denjenigen zu feiern, der in der Größe seiner Tugenden und der Stärke seines Genies, ein lebendiger Segen derjenigen zu sein scheint, die er mit so viel Liebe besungen hat?
Nein, Lob ist nur dann nötig, wenn das Vergessen ein ruhmreiches Gedächtnis mit seinem Moos zu bedecken beginnt oder wenn Verleumdung einen makellosen Ruf mit Schlamm überzieht.
Weder Vergessen noch Verleumdung verhüllen den Glanz der Herrlichkeit von Anchieta, der heute die Sonne ist, die im Zenit der brasilianischen Geschichte leuchtet.
Seine Gestalt erhebt sich an den Oberläufen unserer Geschichte und präsidiert die Bildung der Landesgesinnung mit seiner heroischen Kraft und seiner Tugend als Heiliger.
Ähnliche Figuren, die wir an den Entstehungsquellen einer großen Anzahl berühmter Nationen sehen, erstrahlen im Allgemeinen in einem aggressiven Eifer wilder und rücksichtsloser Helden und erobern die Berühmtheit mal in gerechten Kriegen, mal in unqualifizierbaren Beuteüberfällen.
Ihre Existenz wird in Frage gestellt, und ihre Größenordnungen sind Fantasien, die von nationalistischem Stolz gestrickt sind, die sich durch das unparteiische Studium der Geschichte gänzlich zunichte machen. Und das von Romulus bis Wilhelm Tell.
Im Gegensatz dazu ging Anchieta in einem Triumphwagen in die Geschichte ein, der nicht von Gefangenen und Verlierern gezogen wurde, und weder Schmerz war Teil seines Zuges, noch feierten Kriegshymnen seinen Triumph, noch waren die Rüstungen sein Gewand.
Zwischenruf Abg. Arruda Falcão - Die herausragende Figur von Anchieta erneuert sich in jeder Phase unserer Geschichte zunehmend.
Weiter Abg. Plinio Corrêa de Oliveira – Als Kleid diente ihm das weiße Gewand seiner makellosen Unschuld.
Eine Rasse, die er aus einem Leben in der Wildnis befreit, und gegen die Gefangenschaft verteidigt hatte, bildete seinen friedlichen Siegeszug, und eine ganze Nation, die er zur größeren Ehre Gottes aufzubauen half, indem er den Groll der Menschen und die Wildheit der Tiere zähmte, zur Erfüllung der Verheißung des Evangeliums: Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Land erben.
Aber ich habe mich inkorrekt ausgedrückt, Herr Präsident, als ich sagte, dass der Schmerz in seinem Siegeszug nicht aufgetaucht war: Es war der Nimbus, der ihn umstrahlte. Es war der christliche Schmerz des Pelikans, der den Märtyrer und den Heiligen mit Bitterkeit erfüllt, aber alle mit Sanftmut umgibt, die sich ihm nähern.
Er hatte sein Leben damit verbracht, Rosen zu verteilen... Und die Dornen, hatte er in der Mühe des Apostolats für sich behalten.
In Anchieta, „vas electionis“ (auserwähltes Gefäß), spross eine Blume der Tugend hervor, und diese Blume hat er über ganz Brasilien gesät: Es ist die milde Sanftmut, verbunden mit der ruhigen, aber unerbittlichen Energie, die die Achse unserer Seele ist.
In seinem Buch über Anchieta, sagt Celso Vieira, gibt es auf der Kanarischen Insel einen Hügel, von dem aus der Wanderer dank eines merkwürdigen visuellen Phänomens seine eigene Figur in sieben Farben am Himmel projiziert betrachten kann, in einer wunderbaren Vision der Herrlichkeit.
Anchieta ist die Krönungsgestalt unserer Geschichte. Und das visuelle Phänomen, das Celso Vieira beschreibt, ist nichts anderes als das großartige Symbol seines Schicksals und der Nation, die er gründen würde.
Gegenwärtig hat Brasilien in seinem historischen Lauf einen Höhepunkt erreicht, von dem aus man gleichzeitig gewundene Pfade sehen kann, die zu dunklen Tälern führen und helle Pfade zu neuen Anstiegen.
Deshalb sollten wir in dieser Stunde enormer Verantwortung den Charakter stählen in der anerkennenden Betrachtung der größten Gestalt unserer Vergangenheit und, unsere Blicke abwendend von den Abgründen, die uns versuchen, in einer Geste des Vertrauens in Gott nach oben schauen, um voraussehend, unsere ruhmreiche Heimat durch die vollständige Verwirklichung ihrer vorsehungsgeschichtlichen Mission in sieben Farben am Himmel der Zukunft betrachten können

(Sehr gut; sehr gut. Applaus. Begrüßungen des Redners)

Quelle: Übersetzung des Originals auf Portugiesisch in
© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe gestattet.

Geistliches Testament von Prof Plinio Corrêa de OlIveira

Plinio Correa de Oliveira
am Grabe des hl. Ludwig von Montfort
 in Saint Laurent sur Sèvres
„Stets war die Gottesmutter das Licht meines Lebens“

„Im Namen der heiligsten und ungeteilten Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und Heiliger Geist, und der seligsten Jungfrau Maria, meiner Mutter und Herrin. Amen.“
Ich, Plinio Corrêa de Oliveira, ehelicher Sohn von Dr. João Paulo Corrêa de Oliveira und seiner Ehefrau Lucilia Ribeiro dos Santos Corrêa de Oliveira, beide bereits verstorben, Brasilianer, geboren am 13. Dezember 1908 in der Stadt São Paulo, Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates, ledig, Rechtsanwalt und Universitätsprofessor, wohnhaft in der genannten Stadt, beschließe, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte frei und unaufgefordert, das vorliegende Testament abzufassen und auf diese Weise darüber zu verfügen, was mit meinem Vermögen nach meinem Tode zu geschehen hat, und weitere Bestimmungen meines letzten Willens im nachstehende Sinne zu treffen:
Ich erkläre hiermit, dass ich im römisch-katholischen apostolischen Glauben gelebt habe und in diesem auch zu sterben gedenke; ihm hänge ich mit allen Kräften meiner Seele an. Es fehlen mir die Worte, um der Gottesmutter auf angemessene Weise für die Gnade zu danken, dass ich seit meinen ersten Lebenstagen und, so hoffe ich, bis zu meinem Tode in der heiligen Kirche leben durfte, der stets meine ganze Liebe galt, gilt und bis zu meinem letzten Atemzuge gelten wird. Sodass ich alle Menschen, Institutionen und Lehren, die ich während meines Lebens geliebt habe und die ich gegenwärtig liebe, nur deshalb geliebt habe beziehungsweise liebe, weil sie mit der heiligen Kirche übereinstimmten oder übereinstimmen, und in dem Maße, in dem sie dies taten oder tun. Gleichermaßen habe niemals Institutionen, Menschen oder Lehren bekämpft, es sei denn, weil und in dem Maße sie der heiligen katholischen Kirche entgegenstanden.
Ebenso danke ich der Gottesmutter – wenn es mir auch nicht möglich ist, genügend Worte dafür zu finden – die Gnade, die „Abhandlung von der wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau“ vom hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort gelesen und mich ihr als Sklave auf immer geweiht zu haben. Die Gottesmutter war stets das Licht meines Lebens, und ich erhoffe von ihrer Barmherzigkeit, dass sie mein Licht und meine Hilfe bis zum letzten Augenblick meines Daseins sein möge.
Voller Ergriffenheit danke ich der Gottesmutter auch die Tatsache, dass mich meine Mutter, Dona Lucilia, auf die Welt gebracht hat. Ich habe sie, so gut ich es vermochte, verehrt und geliebt, und selbst nach ihrem Tode ist kein Tag vergangen, an dem ich ihrer nicht mit unbeschreiblicher Sehnsucht gedacht hätte. So bitte ich sie auch, sie möge mir bis zum letzten Augenblick mit ihrer unaussprechlichen Güte beistehen. Ich hoffe, sie dereinst im Himmel in der leuchtenden Schar der Seelen anzutreffen, die die Gottesmutter auf ganz besondere Weise geliebt haben.
Ich bin mir bewusst, mit der Gründung und Leitung meiner geliebten und glorreichen TFP (Brasilianische Gesellschaft zum Schutze von Tradition, Familie und Privateigentum) meine Pflicht erfüllt zu haben.


Im Geiste küsse ich ihre Standarte, die im Saal des Reiches Mariens[1] hängt. So eng fühle ich mich seelisch mit allen Mitgliedern und Mitarbeitern der brasilianischen TFP sowie mit denen der übrigen TFPs weltweit verbunden, dass ich hier unmöglich irgendeinem im Besonderen meine Zuneigung zum Ausdruck bringen kann. Die Gottesmutter aber bitte ich, alle und jeden einzelnen segnen zu wollen. Nach meinem Tode hoffe ich, in ihrer Nähe für alle beten zu können und ihnen so wirksamer zu helfen als während meines irdischen Lebens.
Denen, die mir Grund zur Klage gegeben haben, verzeihe ich aus ganzem Herzen. Ich wünschte, dass mein Tod für alle eine Gelegenheit sein möge, die Gnade zu empfangen, die wir den Grand Retour[2] nennen.
Ich habe keinerlei Richtlinien im Hinblick auf diese Möglichkeit zu geben, denn die Gottesmutter wird dies besser bewerkstelligen, als ich es vermöge. Auf jeden Fall bitte ich alle und jeden innigst und auf den Knien, die Gottesmutter ihr ganzes Leben lang mit allen Kräften zu verehren. (...)“
São Paulo, 10. Januar 1978



[1] Der Autor bezieht sich auf den nobelsten Raum im Sitz des Nationalrats der brasilianischen TFP in São Paulo. (Anm. des Übers.)
[2] Anmerkung der Redaktion: Der Ausdruck Grand Retour (Große Umkehr) wurde 1942 in Frankreich geprägt. In dem genannten Jahr begannen nämlich die Pilgerfahrten von vier Nachbildungen des bekannten alten Bildes Unserer Lieben Frau von Boulogne, die in fünf Jahren sechzehntausend Pfarreien, ungefähr die Hälfte aller Pfarreien des Landes, besuchten. So groß war der Gnadenstrom, den diese Bewegung auslöste, dass es zu einer eindrucksvollen geistigen Erneuerung im Volke kam. Diese nannte die Bewegung von Anfang an spontan und treffend Grand Retour, dass heißt, Rückkehr Frankreichs zur Marienverehrung.
An dieser Stelle ist es auch angebracht, an einen Auszug aus der Rede Pius‘ XII. während einer Audienz für eine Pilgergruppe des Grand Retour am 22. November 1946 zu erinnern:
„Seid jener treu, die euch bis hierher geführt hat (...) Die unabdingbare Voraussetzung zum Ausharren in dieser Weihe (an das Unbefleckte Herz Mariens) besteht darin, ihren wahren Sinn zu erfassen, sie in ihrer ganzen Reichweite zu verstehen und treu alle damit verbundenen Pflichten zu übernehmen.
Wir können an dieser Stelle nur noch einmal in Erinnerung rufen, was wir dazu an einem unserem Herzen nahestehenden Jahrestag gesagt haben: ‚Die Weihe an die Gottesmutter ... ist eine vollkommene Hingabe seiner selbst für das ganze Leben und alle Ewigkeit; es ist nicht eine rein formelle oder gefühlsmäßïge Hingabe, sondern eine effektive, ausgeführt in der Stärke des christlichen und marianischen Lebens.‘ (aus der Rede vom 21. Januar 1945 an die Marianische Kongregation)
Prof. Plinio Corrêa de Oliveira und die Mitglieder der TFP benutzen den bedeutungsvollen französischen Ausdruck, um damit eine tiefgehende geistliche Erneuerung zu bezeichnen, eine Art Bekehrung, die die Gottesmutter ihren treuen Kindern angesichts der dramatischen, großartigen Ereignisse schenken wird, die von ihr in Fatima vorausgesagt wurden.

Mittwoch, 2. Oktober 2019

Erster Meilenstein in Richtung eines gegenrevolutionären Aufbruchs

Am 11. Februar (1958) jährt sich zum hundertsten Mal die erste Erscheinung der Muttergottes in Lourdes. In der Einfachheit seiner Grundlinien kennt wohl jeder dieses Ereignis. 1854 hatte der große Papst Pius IX. in der Bulle „Ineffabilis“ das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens verkündet. Vom 11. Februar bis zum 16. Juli 1858 erschien die Gottesmutter in Lourdes achtzehn Mal einem Mädchen aus dem Volke, Bernardette Soubirous, und erklärte ihr, sie sei die Unbefleckte Empfängnis. Damit nahmen die Wunder ihren Anfang. Und das staunenswerte Ereignis von Lourdes begann vor den Augen der ganzen Welt zu strahlen, bis auf den heutigen Tag. Das Wunder als eine Bestätigung des Dogmas, das war in wenigen Worten der Zusammenhang zwischen dem Ereignis des Jahres 1854 und dem des Jahres 1858.

19. Jahrhundert: ähnliche Probleme wie in unseren Tagen

Was aber dem großen Publikum weniger bekannt ist, ist die Zusammenhang zwischen diesen beiden großen Ereignissen und den Problemen der Mitte des 19. Jahrhunderts, die bezüglich den Problemen unserer Zeit sehr verschieden und doch sehr, sehr ähnlich sind.
Mit der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis löste Papst Pius IX. auf der ganzen zivilisierten Welt ungleichen und tiefgehenden Widerhall aus.
Auf der einen Seite rief die Definition des Dogmas in einem großen Teil der Gläubigen eine außerordentliche Begeisterung hervor. Zu sehen, wie sich der Stellvertreter Christi in der Fülle und Majestät seiner Macht erhebt, um mitten im 19. Jahrhundert ein Dogma zu verkünden, bedeutete, mitzuerleben, wie eine wundervoll erhabene und kühne Herausforderung gegenüber dem triumphierenden Skeptizismus gesetzt wurde, der damals schon das Innerste der abendländischen Kultur zerfraß.

Der Liberalismus, die Plage des 19. Jahrhunderts

Darüber hinaus handelte es sich um ein Mariendogma. Nun tendiert aber gerade der Liberalismus, eine weitere Plage des 19. Jahrhunderts, naturgemäß zum Interkonfessionalismus, zur Beteuerung all dessen, was den verschiedenen Religionen gemeinsam ist (was im Grunde einem vagen Deismus gleichkommt), und zu einer Geringschätzung oder gar zu einer formellen Ablehnung all dessen, was sie trennt. So war also die Verkündigung des neuen marianischen Dogmas - wie es vor kurzem die Definition der Aufnahme Mariens in den Himmel für einige Kreise gewesen war - für die heimlichen oder erklärten Interkonfessionalisten von 1854 eine ernste, unerwartete Barriere für die Durchführung ihrer Absichten.

Das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis war ein tiefer Schock für den egalitären Geist der Revolution



Mehr noch, das neue Dogma als solches bedeutete für den wesentlich egalitären Geist der Revolution, der seit 1789 auf despotische Weise das Abendland beherrschte, einen tiefen Schock. Mitanzusehen wie ein einfaches Geschöpf so hoch über alle anderen Kreaturen erhoben wird, Kraft eines unschätzbaren Privilegs, dass ihm im ersten Augenblick seines Daseins gewährt wurde, musste und muss den Kindern der Revolution, die die absolute Gleichheit unter den Menschen als Prinzip aller Ordnung, aller Gerechtigkeit und alles Guten verkündeten, weh tun. Den Nichtkatholiken und den von dem Geist der Revolution 1789 mehr oder weniger angesteckten Katholiken war es eine schmerzliche Erfahrung, hinnehmen zu müssen, dass Gott ein so deutliches Element der Ungleichheit an derart hervorgehobener Stelle in seine Schöpfung eingefügt hat.
Schließlich ist die Natur selbst dieses Privilegs den liberalen Geistern unsympathisch. Wenn jemand die Erbsünde mit all ihren Folgen seelischer Unordnung und Erbärmlichkeit des Leibes in Kauf nimmt, muss er auch zugeben, dass der Mensch eine Autorität über sich braucht, der er sich zu unterordnen hat. Nun bedeutete aber gerade die Definition der Unbefleckten Empfängnis diesbezüglich eine implizite Bestätigung der kirchlichen Lehre.

Die unbefleckte Jungfrau hat der Schlange den Kopf zertreten
  
Wenn dies auch schon viel bedeutet, so liegt jedoch nicht nur darin das, was wir das Salz des glorreichen Ereignisses der Dogmafestlegung zu nennen wagen. Es ist unmöglich uns der unbefleckten Jungfrau zu erinnern, ohne gleichzeitig an die Schlange zu denken, deren Kopf sie triumphierend und endgültig mit der Ferse zertreten hat. Der Geist der Revolution ist der Geist des Teufels selbst, und für einen gläubigen Menschen wäre es unmöglich, nicht wahrzunehmen, welch entscheidender Anteil dem Teufel in der Erscheinung und Ausbreitung der Irrtümer der Revolution von der religiösen Katastrophe des 16. Jahrhunderts bis zur politischen Katastrophe des 18. Jahrhunderts und allem, was ihr noch folgen sollte, zukommt. So ist der Triumph ihrer größten, unveränderlichen, unnachgiebigen Feindin bestätigt zu sehen, bedeutete für die Mächte der Finsternis die schrecklichste Demütigung. So erklärt sich das Konzert aus menschlichen Stimmen und satanischem Brüllen, das sich in der ganzen Welt wie ein ungeheures, stürmisches Gewitter erhob. Mitanzusehen, wie sich gegen diese Sturm unsagbarer Leidenschaften, drohenden Hasses, rasender Verzweiflung allein die furchtlose, majestätische Gestalt des Stellvertreters Christi, bar jeglicher irdischen Mittel, nur im Vertrauen auf die Hilfe des Himmels erhob, war für die wahren Katholiken eine Quelle des Jubels, der dem glich, den die Apostel verspürten, als sie im Sturm, der sich auf dem See Genesareth erhoben hatte, die göttlich mannhafte Gestalt des Heilands auftauchen sahen, wie er souverän den Winden und den Wassern Einhalt gebot: "Venti et mare oboediunt ei." (Mat. 8, 27).

Der Anfang vom Ende der Revolution

So wie sich alle Generäle und Gouverneure des Römischen Reiches von den Hunnen besiegen ließen oder die Flucht ergriffen, so waren auch die Unzähligen, die in der weltlichen Gesellschaft die Kirche und die christliche Zivilisation hätten verteidigen sollen, von der Revolution besiegt oder auf der Flucht vor ihr.
In dieser Lage war es Pius IX. voll edler, feierlicher Dramatik wie damals der hl. Leo der Große, der als einziger dem Feind entgegentrat und ihn zum Rückzug zwang.
Rückzug? Es scheint ein gewagter Ausdruck. Und doch ist er angebracht. Ab 1854 begann die Revolution ihre großen Niederlagen zu erleiden.
Es ist richtig, dass dem Anschein nach und auch in Wirklichkeit ihre Herrschaft sich über die Erde weiterentwickelte. Die Gleichmacherei, die Sinnlichkeit, der Skeptizismus errangen zusehends radikalere, weitergehende Siege. Es war jedoch etwas Neues aufgetaucht. Und dieses Neue beginnt nun trotz seines bescheidenen, unscheinbaren, unbedeutenden Aussehens, unaufhaltbar zu wachsen und wird schließlich die Revolution zerschlagen.

Die Kirche ist der Mittelpunkt der Geschichte

Um diesen grundlegenden Punkt zu begreifen, muss man die Rolle der Kirche in der Geschichte und die Rolle der Verehrung der heiligen Jungfrau Maria in der Kirche vor Augen haben.
Nach Gottes Plan ist die Kirche der Mittelpunkt der Geschichte. Sie ist die mystische Braut Christi, die er mit einziger, vollkommener Liebe liebt, und der er alle Geschöpfe unterordnen wollte. Selbstverständlich wird der Bräutigam seine Braut nie verlassen und stets eifrig um ihre Glorie bemüht sein.
Solange also das menschliche Element treu zu Christus hält, braucht die Kirche nichts zu fürchten. Selbst die größten Verfolgungen gereichen ihr zum Ruhm. Und selbst außerordentliche Ehren und Wohlstand werden im treuen Volke nicht das Pflichtbewusstsein und die Liebe zum Kreuz erlahmen lassen. Dies ist zur geistlichen Ebene zu sagen.
Wenn die Menschen auch auf der weltlichen Ebene ihre Seele dem Einfluss der Kirche öffnen, steht ihnen der Weg zu allem Wohlstand und aller Größe offen. Wenn sie sich aber ihrem Einfluss entziehen, begeben sie sich auf den Pfad aller Katastrophen und Greuel. Für ein Volk, das einmal zum Schoße der Kirche gehörte, gibt es nur eine normale Ordnung der Dinge: die christliche Zivilisation. Und das Lebensprinzip dieser über allen anderen stehende Zivilisation ist die katholische Religion.

Die Bedingungen für die Blüte der Kirche

Für die Kirche wiederum gibt es drei für ihre Blüte wesentliche Bedingungen, die alle anderen weit übertreffen. Ich habe schon oft von ihnen gesprochen, aber man kann nie genug auf ihnen bestehen.
Vor allen und über allen steht die eucharistische Frömmigkeit. Unser Herr, gegenwärtig im allerheiligsten Sakrament, ist die Sonne der Kirche. Von ihm kommen uns alle Gnaden zu. Doch diese Gnaden müssen durch Maria gehen. Denn sie ist die universale Mittlerin, über die wir zu Christus gelangen und Christus zu uns kommt. Die hingebungsvolle, aufgeklärte, kindliche Verehrung Marias ist also die zweite Voraussetzung für das Aufblühen der Tugend. Da Christus im Allerheiligsten Sakrament zugegen ist, aber nicht mit uns spricht, hören wir seine Stimme durch den Heiligen Vater. Daher ist der Fügsamkeit gegenüber dem Papst die rechte, logische Frucht der Verehrung der heiligen Eucharistie und der Gottesmutter.
Wenn also diese drei Andachten blühen, wird die Kirche über kurz oder lang triumphieren. Und, a contrario sensu, wenn sie abnehmen, wird über kurz oder lang auch die christliche Zivilisation zerfallen.

Die Unbefleckte Empfängnis

Seit längerem grassierte bereits in katholischen Kreisen in Europa und Amerika eine wahre Lepra, der Jansenismus. Dieser Häresie ging es gerade darum, die Kirche dadurch zu schwächen, dass sie die Andacht zum Allerheiligsten mit dem Anschein eines falschen Respekts untergrub. Sie verunsicherten die Menschen, die sich dem Tisch des Herrn nähern wollten, mit derart strengen Forderungen, dass leider eine sehr große Anzahl von Menschen, die sich durch sie beeinflussen ließen, praktisch nicht mehr die heilige Kommunion empfingen. Auf der andere~ Seite schürte der Jansenismus eine nachhaltige Kampagne gegen die Marienverehrung, da sie angeblich von Christus weg statt zu ihm führte. Schließlich kämpfte diese Häresie auch beständig gegen das Papsttum und besonders gegen die Unfehlbarkeit des Stellvertreters Christi.
Die Festschreibung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis war der erste große Rückschlag, den dieser innere Feind erfuhr. Denn mit dem Dogma bildete sich ein unermesslicher Strom marianischer Frömmigkeit, der immer weiter anwächst.
Um zu beweisen, dass uns alles durch Maria zukommt, war es der Wille der Göttlichen Vorsehung, dass der erste große Triumph ein marianischer sei.

Lourdes, die dröhnende Bestätigung des Dogmas

Um seine Mutter aber noch mehr zu glorifizieren, hat Unser Herr Jesus Christus noch mehr getan. In Lourdes hat er zur dröhnenden Bestätigung des Dogmas etwas bis dahin nie Gesehenes vollbracht. Er führte sozusagen das ständige, immerwährende Wunder in der Welt ein. Bisher hatte es sporadische Wunder in der Kirche gegeben. In Lourdes aber geschehen die wissenschaftlich beglaubigsten und belegtermaßen übernatürlichen Heilungen seit hundert Jahren in einem wahrhaft ununterbrochenen Strahl vor den Augen einer konfusen, verwirrten Welt.

Die Unfehlbarkeit des Papstes

Von dieser Glaubensglut, die sich an der Festlegung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis entzündet hatte, ging wie ein Feuer ein ungeheurer Drang aus, dem sich die besten, die gelehrtesten, die gebildetsten Söhne der Kirche anschlossen: der Wunsch nach Ausrufung des Dogmas von der Unfehlbarkeit des Papstes. Mehr als alle strebte danach der große Pius IX. Die Definition dieses Dogmas rief auf der Welt eine neue Welle der Papstverehrung hervor, die für die Gottlosen eine weitere Niederlage bedeutete.

Die heilige Eucharistie

Mit dem Pontifikat des heiligen Pius X. kam dann die Einladung an die Gläubigen, häufig, ja sogar täglich die heilige Kommunion zu empfangen und auch die Kinder zur Kommunion zu führen. Damit begann in der ganzen Kirche das glänzende Zeitalter der großen eucharistischen Triumphe.
Für die jansenistische Irrlehre war damit in katholischen Kreisen kein Raum mehr. Das Aufkommen des Modernismus und später des Neomodernimus konnte die großen Siege der Kirche gegen ihre inneren Feinde nicht mehr rückgängig machen.

Der Feind, stärker als je zuvor

„Aber, so könnte man fragen, was hat sich daraus [aus dem Dogma der Unbefleckten Empfängnis, das durch die Erscheinung in Lourdes ratifiziert wurde] für den Kampf der Kirche gegen ihren äußeren Widersachern ergeben? Könnte man nicht sagen, dass der Feind stärker ist als je zuvor und dass wir uns jenem Zeitalter nähern, von dem die Aufklärung vor so vielen Jahrhunderten geträumt hat, dem rohen und integralen wissenschaftlichen Naturalismus, beherrscht von einer materialistischen Technik; der heftig egalitären Weltrepublik, von mehr oder weniger philanthropischer und humanitärer Inspiration, aus deren Umgebung alle Überreste einer übernatürlichen Religion weggefegt werden? Ist das nicht Kommunismus, ist das nicht das gefährliche Abgleiten der westlichen Gesellschaft selbst, die angeblich antikommunistisch ist, aber im Grunde auch auf die Verwirklichung dieses „Ideals“ zusteuert?


Die ganze Welt stöhnt in Dunkelheit und Schmerz

„Ja. Und die Nähe dieser Gefahr ist noch größer, als allgemein angenommen wird. Aber niemand beachtet eine Tatsache von primärer Bedeutung. Es ist, dass die Welt, während sie für die Verwirklichung dieses finsteren Plans modelliert wird, von einem tiefen, immensen, unbeschreiblichen Unbehagen ergriffen wird. Es ist ein Unbehagen, das oft unbewusst, vage und undefiniert ist, selbst wenn es bewusst ist, das aber niemand zu bestreiten wagen würde. Man würde sagen, dass die ganze Menschheit Gewalt erleidet, dass sie in eine Form gebracht wird, die ihrer Natur nicht entspricht, und dass sich alle ihre gesunden Fasern winden und wehren. Es gibt eine immense Sehnsucht nach etwas anderem, von dem wir noch nicht wissen, was es ist. Aber schließlich, eine Tatsache, die vielleicht neu ist, seit der Niedergang der christlichen Zivilisation im fünfzehnten Jahrhundert begann, stöhnt die ganze Welt in Finsternis und Schmerz, genau wie der verlorene Sohn, als er zum Letzten der Schande und des Elends kam, weit weg vom väterlichen Heim. In dem Moment, in dem die Ungerechtigkeit zu triumphieren scheint, gibt es etwas Frustrierendes in ihrem scheinbaren Sieg.

„Die Erfahrung zeigt uns, dass aus solchen Unzufriedenheiten die großen Überraschungen der Geschichte geboren werden. Wenn die Windungen zunehmen, verschärft sich das Unbehagen. Wer kann schon sagen, was für großartige Überraschungen daraus entstehen werden?

Am äußersten Ende der Sünde und des Schmerzes schlägt oft für den Sünder die Stunde der Barmherzigkeit ...

„Nun, dieses gesunde und vielversprechende Unbehagen ist meiner Ansicht nach eine Frucht der Auferstehung der katholischen Faser mit den großen Ereignissen, die ich oben aufgezählt habe, eine Auferstehung, die auf das, was vom Leben und der Vernunft in allen Bereichen der Kultur in der Welt übrig geblieben ist, positiv eingewirkt hat.

Die große Bekehrung

Es war sicher ein großer Augenblick im Leben des verlorenen Sohnes, als ein neuer Schimmer von Klarheit seinen vom Laster getrübten Geist erhellte, und sein Wille durch die Betrachtung des Elends, in das er gefallen war, und der Widerlichkeit all der Fehler, die ihn aus dem Vaterhause getrieben hatten, neue Kraft schöpfte. Von der Gnade berührt, stand er nun mit mehr Klarsicht als je zuvor vor der großen Entscheidung. Er konnte bereuen und zurückkehren, oder er konnte im Irrtum verharren und das tragischste Ende seiner Folgen auf sich nehmen. Alles, was ihm eine rechte Erziehung an Gutem eingepflanzt hatte, stand in diesem glücklichen Augenblick wieder wunderbar in ihm auf, während die Tyrannei der schlechten Gewohnheiten sich gleichzeitig vielleicht schrecklicher als je zuvor in ihm aufbäumte. In seinem Innern wurde eine Schlacht geschlagen. Er hat sich für das Gute entschieden. Das Ende der Geschichte kennen wir aus dem Evangelium.
Nähern wir uns nicht diesem Augenblick? Werden all die Gnaden, die dieser neue Aufschwung an Verehrung der Heiligen Eucharistie, der Jungfrau Maria und des Papstes für die Menschheit angehäuft hat, nicht ausgerechnet in den tragischen Momenten einer apokalyptischen Krise, die unabwendbar scheint, zur großen Bekehrung führen?

Die Lehre von Lourdes

Gott allein kennt die Zukunft. Aber uns Menschen ist es erlaubt nach den Regeln der Wahrscheinlichkeit unsere Vermutungen über die Zukunft anzustellen.
Wir leben in einer Stunde schrecklicher Strafen. Aber diese Stunde kann auch zu einer wunderbaren Stunde der Barmherzigkeit werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass wir auf Maria, den Meeresstern, schauen, der uns inmitten der Stürme leitet.
Während Hundert Jahre hat uns die Gottesmutter aus Mitleid mit der sündigen Menschheit die erstaunlichsten Wunder erwirkt. Ist ihre Barmherzigkeit vielleicht erschöpft? Ist das Mitleid einer Mutter, der besten aller Mütter, am Ende? Wer würde es wagen, dies zu behaupten? Wenn jemand zweifeln sollte, würde ihm Lourdes als wunderbare Lektion des Vertrauens dienen. Die Gottesmutter wird uns zu Hilfe kommen.

Lourdes und Fatima

Sie wird uns zu Hilfe kommen. Dieser Behauptung ist teils richtig und teils falsch. Denn in Wirklichkeit hat sie bereits begonnen, uns zu Hilfe zu kommen. Auf die Definition der Dogmen von der Unbefleckten Empfängnis und der Unfehlbarkeit des Papstes sowie auf die Erneuerung der eucharistischen Frömmigkeit sind in den Pontifikaten, die auf Pius X. folgten, neue marianische Ereignisse gefolgt. Unter Benedikt XV. erschien Maria in Fatima. Genau an dem Tag, an dem Pius XII. zum Bischof geweiht wurde, am 13. Mai 1917, fand die erste Erscheinung statt. Unter Pius XI. verbreitete sich die Botschaft von Fatima sachte und sicher über die ganze Erde. Zum 75. Jahrestag der Erscheinungen von Lourdes ließ der Papst ein ungewöhnlich festliches Jubiläum feiern, zu dem er den damaligen Kardinal Pacelli als seinen Vertreter bei den Feierlichkeiten entsandte. Das Pontifikat Pius XII. hat sich durch die Verkündigung des Dogmas von der Aufnahme Mariens in den Himmel und die Krönung der Gottesmutter zur Königin der Welt verewigt. Bei dieser Gelegenheit krönte Kardinal Masella im Namen des Papstes die Statue der allerseligsten Jungfrau in Fatima.
Viele weitere Lichter bilden ein glänzendes Band, das von der Grotte von Massabielle zur Iria-Mulde führt.

Die Herrschaft des unbefleckten Herzens Mariens



Der vorliegende Artikel macht in Fatima halt. In ihren Erscheinungen hat die Gottesmutter die Alternative vorgezeichnet. Entweder wir bekehren uns, oder es erwartet uns eine schreckliche Strafe. Am Ende aber wird die Herrschaft ihres Unbefleckten Herzens errichtet.
Mit anderen Worten, das Herz Mariens wird auf jeden Fall triumphieren, ob es nun die Menschen mehr oder weniger Schmerzen kosten mag.
Dies aber besagt schließlich, dass nach der Botschaft von Fatima die Tage der Herrschaft des Bösen gezählt sind. Die Verkündigung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis war der Anfang einer Reihe von Ereignissen, die zum Reich Mariens führen werden.

Freie Übersetzung aus „Catolicismo“ Nr. 86, Februar 1958

Dienstag, 1. Oktober 2019

Plinio Corrêa de Oliveira und die hl. Theresia vom Kinde Jesu

Pontifikalamt in der Kirche der Benediktinerabtei in São Paulo
Predigt von Weihbischof Athanasius Schneider im Pontifikalamt
zum Andenken an den 20. Todestag von Prof. Plinio Corrêa de Oliveira
in der Kirche der Benediktinerabtei St. Benedikt in São Paulo, Brasilien

Liebe Brüder in Unserem Herrn Jesus Christus!
Nach dem Kalender der traditionellen römischen Liturgie, feiern wir heute das Fest der heiligen Theresia vom Kinde Jesu. Die göttliche Vorsehung hat dieses Fest mit dem Geburtstag von Plinio Corrêa de Oliveira zum ewigen Leben in Übereinstimmung gebracht. Die hl. Theresia war eine Prophetin der Neuzeit, als sie uns daran erinnerte, dass die Gnaden der geistigen Kindheit die wirksamsten Mittel sind, die persönliche Heiligkeit zu erreichen, und um gegen die bösen Geister und die Feinde der Kirche zu kämpfen. Die hl. Theresia hatte auch eine große Liebe zur Kirche und da Maria die Mutter der Kirche ist, war sie auch eine völlig marianische Seele. Ein authentisches Kind der Kirche zu sein bedeutet, zugleich eine marianische Seele zu sein. Die hl. Theresia schrieb: „Im Herzen meiner Mutter, der Kirche, werde ich die Liebe sein, so werde ich alles sein, so wird mein Traum in Erfüllung gehen.“
Diese feurigen Worte erklingen wie ein Echo im folgenden persönlichen Zeugnis von Plinio Corrêa de Oliveira im Jahr 1978, am Jahrestag seiner Taufe: „Das ist meine Haltung an jedem Tag, in jeder Minute, in jedem Augenblick: den Blick ständig auf die katholische Kirche gerichtet, um von ihrem Geist durchdrungen zu werden, um sie in mir zu haben. Und sollte sie von allen Menschen verlassen werden, und soweit dies möglich wäre, ohne dass sie aufhörte zu existieren, möchte ich sie vollständig in meiner Seele haben. Ich möchte nur für die Kirche leben. So dass ich in der Stunde meines Todes sagen kann: Wahrlich, ich war ein katholischer Mann, durch und durch apostolisch, römisch, römisch, römisch!“

„Vir totus catholicus et apostolicus plene Romanus.“ Die Inschrift, die wir auf seinem Grabstein lesen auf dem Friedhof Consolação (in São Paulo), gibt uns ein Überblick und eine Zusammenfassung seines gesamten geistlichen Lebens und der Mission, die ihm von Gott anvertraut wurde. Römisch, apostolisch, katholisch sein, bedeutet liebesentflammt für die Kirche sein, die Christus selbst ist als sein mystischer Leib. Die Kirche ist das Reich Christi durch Maria: „Regnum Christi per Mariam“, „Adveniat regnum tuum per Mariam“. Die Ankunft der vollständigen Verwirklichung des Reiches Christi in der Kirche durch Maria, das ist das Motto und der Kern der Lehre und den Apostolates des hl. Ludwig von Montfort. Man kann sagen, dass es der Kern, das Herz, des gesamten Lebens und Wirkens von Prof. Plinio Corrêa de Oliveira war.
Einer der erfolgreichsten Wege, das geistliche Reich Christi durch Maria zu fördern, ist die vollständige Weihe an Maria, das heilige Sklaventum aus Liebe. Das heilige Sklaventum war der spirituelle Weg vieler Heiligen, die in der Schule des Heiligen Herzens, gelernt haben Gott zu lieben und seinen heiligen Willen zu tun. Heiligen wie die hll. Johannes Maria Vianney, Johannes Bosco, Dominicus Savio, Teresa, Gemma Galgani, Pius X., Pio von Pietrelcina und vielen anderen unserer Zeit haben in der vollkommenen Weihe an die Heilige Jungfrau nicht nur als eine einfache Andacht betrachtet, sondern als die perfekte Andacht, genau wie sie Jesus wollte, als er uns zu Kindern seiner heiligsten Mutter gemacht hat. Prof. Plinio hat dieses heilige Sklaventum nicht nur in aller Treue gelebt, sondern er wurde auch ein wahrer Apostel dieser totalen Hingabe an Maria.
Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort
Der innigste Ausdruck der Ganzhingabe an Maria, das heißt, des heiligen Sklaventums, zeigt sich in dem Wunsch nach einer vollständigen und bedingungslosen Hingabe seines Lebens als ein Opfer, um das Reich Christi zu verbreiten und das Reich des Anti-Christen zu verdrängen. Die innere Stimme der Gnade, die zur Seele von Prof. Plinio sprach, hat ihn aufgerufen, den gegenrevolutionären Kampf aufzunehmen. Es war, wie ein prophetischer Blitz der die Wolken seiner Zukunft durchbrochen hat: er sollte nicht sterben, sondern leben, um zu kämpfen. In diesem Kampf gegen das gegenwärtige anti-christliche Reich wurde Prof. Plinio, im Geist der hl. Theresia, geführt vom Wunsch der Ganzhingabe seinerselbst als Opfer für die Kirche und für die christliche Zivilisation.
Im Zweifel zwischen dem Weg der Sühne in Abgeschiedenheit, wie es die hl. Theresia tat, die er zutiefst bewunderte, und dem Weg des offenen Kampfes gegen die Revolution zu wählen, schrieb Prof. Plinio: „Ich beschloss, einen Aspekt des von der hl. Theresia gelehrten Weges zu übernehmen, der darin besteht, Gott Unserem Herrn um nichts zu bitten und nichts zu verweigern. Er besteht darin, alles zu akzeptieren, dass er mir schicken möchte. ‚Si fieri potest transeat ad me calix iste.‘ Ich beschloss, den Kelch bis zur Neige trinken, den mir Gott reichen wollte, mein Opfer bis zum Ende zu vollbringen. Also hörte ich auf, Unserem Herrn irgendetwas für mich zu erbitten, und mich ganz in die Hände Unserer Liebe Frau hingeben.“
Mit alle Fasern seiner Seele wünschte Plinio Corrêa de Oliveira für die Verteidigung der Kirche und der christlichen Zivilisation zu kämpfen. Dieser Kampf schloss die Möglichkeit nicht aus, zu sterben. Er würde sich glücklich fühlen, wenn kämpfend sterben könnte. Ein Tod ohne Kampf war seiner Seele zuwider: „Sterben ist schön. Die Märtyrer sind gestorben, die Opfer der Französischen Revolution sind gestorben. Sich selbst als Opfer darzubringen ist schön! Ein Kranker, der im Bett stirbt, kann sich als Opfer darbringen. Die hl. Theresia vom Kinde Jesu hat sich als Opferlamm angeboten. Aber der Tod im Kampf hat seine eigene besondere Schönheit.“
Bei einer anderen Gelegenheit sagte er: „Das Schöne ist nicht Gott zu bitten, er möge uns den Kampf ersparen. Genau das Gegenteil ist Sache! Nie ist meine Berufung schöner, wenn ich kämpfen muss! Hier erscheint der Kampf in all seiner Pracht. So nimmt der Kampf den Charakter einer Bestätigung des Absoluten an. Gott wohnt in der Seele die kämpft. Wer für die Kirche und für die christliche Zivilisation kämpft, spürt in der Seele die Berührung der Absolutheit Gottes. Und das ist es, was einen zum Helden werden lässt, auch wenn er zerquetscht sterben sollte.“
Der Kampf Prof. Plinio war kein physischer und blutiger Kampf, wie sie zum Beispiel die Kreuzfahrer führten, aber ein kultureller und moralischer Kampf gegen die Feinde der Kirche, der typisch für die Zeit ist, in der er lebte. In diesem Zusammenhang schrieb er: „Ich gebe nicht mein Blut hin, aber mein ganzes Leben. Es sind Stunden um Stunden der aufmerksamen Beobachtungen, der Mühen, der Eingriffe, der Einsätze. Das ist mein Leben! Das ist mein Opfer, so dass jeder Hieb der Gegenrevolution ein Treffer ist. Ich tue dies mit dem Schwung, mit dem die Kreuzfahrer sich in den Angriff auf Jerusalem warfen. Es ist diese Dynamik, die mir den Mut gibt so viele Opfer zu bringen. Ich sehe jede kleine oder große Episode des gegenrevolutionären Kampfes nicht wie eine langweilige, schwer durchzuführende Tat, eine kleine Episode in meinem täglichen Leben. Nein! Im Kampf und im Opfer ist mein tägliches Leben in ein übernatürliches Licht getaucht, und projiziert sich auf eine viel höhere und schönere Ebene. In diesem Licht sehe ich die Schönheit all dessen, was ich tue.“
Er kämpfte für die Muttergottes: „Wenn ich die Wahl hätte, so würde ich gerne die Jungfrau lobend sterben, und trotz meines Alters, würde ich gerne kämpfend sterben, zum Beispiel in der Verteidigung ihres Bildes. Ich würde gerne in einer Kirche unter dem Altar begraben werden, so dass der Priester jedes Mal wenn er die Messe feiert, sie über meinen Körper feiert.“
Plinio Corrêa de Oliveira,
Prior des 3. Ordens der Karmelitaner
Die göttliche Vorsehung hat zwei Seelen zusammengeführt, zwei blühende Blumen im geistigen Garten des Karmel: die hl. Theresia und Prof. Plinio, der lange Jahre Mitglied und Prior des Dritten Ordens der Karmelitaner war, dessen Geist er sein ganzes Leben lang beibehalten hat. Diese zwei Seelen waren sehr unterschiedlich in ihren jeweiligen Außenmissionen, wie gleichartig in ihren inneren Leben. Eine Seele war die kleine Frühlingsblume von Lisieux, eine andere die von Prof. Plinio Corrêa de Oliveira, ein außergewöhnlicher ‚Miles Christi‘, ein wahrer Ritter Christi in unserer Zeit. Nur Gott könnte eine kleine Frühlingsblume und einen furchtlosen Ritter vereinen. Doch diese Seelen waren vereinigt in der flammenden Liebe zur die Kirche, zur Heiligen Jungfrau Maria, im bedingungsloser Opferbereitschaft zu unserem Herrn Jesus Christus. Sie waren vereint in der Verteidigung des Reiches Christi auf Erden durch Maria: Ad Jesum per Mariam!
Der Schlüssel zum Verständnis des intensiven geistlichen Lebens und den heroischen Eifer für das Reich Christi, dieser beiden auserwählten Seelen ist die Vermittlung Mariens. Beiden lächelte die Madonna in jungen Jahren zu und wählte sie als bescheidene Instrumente, um die Mächtigen dieser Welt und das Reich des Bösen zu verwirren.
Am Festtag der hl. Therese, den zwanzigsten Jahrestag des Ablebens von Plinio Corrêa de Oliveira, hören wir die Worte der Heiligen von Lisieux: „Ich möchte singen, o Maria, weil ich dich liebe. Dein Name ist so süß, dass er mein Herz zum Schwingen bringt. Bald fühle ich die Harmonie deiner Stimme. Bald werden wir dich im schönen Himmel sehen. Du, die du gekommen bist und mir zulächeltest in der Morgendämmerung meines Lebens, komme wieder und lächele mir noch einmal zu. Liebe Frau, der Tag neigt sich. Aber ich habe keine Angst vor dem erhabenen Glanz deiner Herrlichkeit. Mit dir habe ich gelitten und gekämpft, und jetzt will ich auf deinem Schoß singen, o Maria, weil ich dich liebe. Ich werde für alle Ewigkeit immer wiederholen: Ich bin deine Tochter!“
Amen.