Heute
feiert die Kirche das liturgische Fest der hl. Therese vom Kinde Jesu.
Ebenfalls
am 3. Oktober 1883 begann der Aufstand der Carlisten in Spanien. Es war eine
neue Reconquista, durchgeführt in modernen Zeiten von den spanischen
Ultramontanen, nicht mehr gegen die Sarazenen sondern gegen die damaligen
Revolutionären, die Liberalen. Es sind die heldenhaften Carlistischen Kämpfe,
die damals anfingen.
Über
die hl. Therese wurden mir zwei Texte zum kommentieren gegeben. Erstens ein
Brief von ihr an den Pater Bellière (vom 10. August 1897), ein sehr schöner
Brief, im Hinblick auf die Friedfertigkeit, mit der sie ihren Tod herannahen
sah.
Wir
sehen da, wie die Gnade ihre Seele vor den Schrecken des Todes schützte. Wir
sehen auch wie eine Seele, mit einer gewissen Berufung, eine besondere Kraft
erhält, um diese Berufung zu erfüllen. Man könnte sagen, dass die kleine
Therese vom Tod sprach wie von einer herrlichen, wunderbaren Reise. Und in der
Tat war es so, weil sie ja letztendlich in den Himmel ging.
Man
sieht auch – im vorliegenden Text – die wunderbare Gewissheit, die sie vom
Himmel hatte. Es gibt auch ein Hinweis über die Barmherzigkeit der Seligen im
Himmel, die man nicht ohne besondere Anmerkung zur Kenntnis nehmen sollte.
So
schreibt sie denn in einem Brief an P. Bellière:
„Mein lieber kleiner Bruder*, jetzt bin ich ganz
bereit abzureisen, ich habe meinen Pass für den Himmel, und durch meinen
geliebten Vater erlangte ich diese Gnade.“
Ihr
Vater war schon verstorben, und sie bat ihn, oder sie wenigsten hatte Gründe,
um zu meinen, dass er um dies für sie gebetet hat.
„Am 29. gab er mir die Zusicherung, das ich bald bei
ihm sein werde; am folgenden Tag sagte der Arzt, erstaunt über das
Fortschreiten der Krankheit innerhalb von zwei Tagen, zu unserer guten Mutter,
es sei nun Zeit meine Wünsche zu erfüllen und mich letzte Ölung empfangen zu
lassen.“
„Ich habe also am 30. dieses Glück gehabt und auch
jenes, dass Jesus in der Hostie um meinetwillen den Tabernakel verließ und ich
ihn als Wegzehrung für meine lange Reise empfing!...“
Wir
merken hier mit welcher Freude sie über den Tod spricht: Es ist ein
„Reisepass“, ein eingelöstes Versprechen ihres Vaters, es ist die Hostie, die
kommt, ihr zu helfen, ihr beizustehen. Sie empfängt dies alles mit großer
Freude.
„Dieses Brot vom Himmel stärkte mich. Sie sehen, meine
Pilgerfahrt scheint sich nicht vollenden zu können. Weit entfernt, mich zu
beklagen, freue ich mich, dass der liebe Gott mir noch gewährt, um seiner Liebe
willen zu leiden. Ah! Wie süß ist es, sich in seine Arme zu werfen, ohne Furcht
und ohne Wünsche.“
Sie
befand sich in einer vollständigen und heiligen Gleichgültigkeit. Was Gott von
ihr auch immer verlangen würde, war sie bereit zu erleiden. Sollte sie sofort
sterben, so war es gut. Sollte sie später sterben und noch mehr leiden, war es
ebenso gut. Sie wünschte nichts und fürchtete nichts. Sie hatte sich ganz dem
Willen Gottes überlassen. Es ist die perfekte Haltung einer Heiligen angesichts
des Todes. Aber das, was eine heldenmütige Haltung ist und eine Seele mit
gewisser Anstrengung einnehmen würde, ist es bei der hl. Therese über den Weg
der Verzückung etwas so natürliches, so mildes, so einfaches, man könnte sagen,
dass es ihr nicht im geringsten schwer fiel, sich mit solcher Natürlichkeit dem
Tode zu stellen.
Weiter
schreibt sie:
„Ich gestehe Ihnen, mein kleiner Bruder, dass wir
nicht dieselbe Auffassung vom Himmel haben. Sie meinen, wenn ich an der
Gerechtigkeit und Heiligkeit Gottes teilhabe, werde ich nicht mehr auf der
Erde, Ihre Fehler entschuldigen können. Vergessen Sie denn, dass ich auch an
der unendlichen Barmherzigkeit des Herrn teilhaben werde?“
Der
Pater sagte ihr nämlich, wenn sie im Himmel sei, würde sie nicht die gleiche
Nachsicht zu seinen Fehlern üben, wie sie auf Erden hatte.
„Ich glaube, die Seligen haben ein großes Mitleid mit
unseren Armseligkeiten. Sie erinnern sich daran, dass sie hinfällig und
sterblich waren wie wir. Sie haben dieselben Fehler begangen, dieselben Kämpfe
durchgestanden, und ihre brüderliche Zuneigung wird noch größer sein, als sie
auf der Erde war, deshalb hören sie nicht auf, und zu beschützen und für uns zu
beten.“
Das
heißt, wenn eine Seele in den Himmel kommt, wird sie viel mitleidiger und
barmherziger als sie auf Erden war.
So
weit der Brief Thereses an ihren „kleinen Bruder“.
Nun
haben wir hier einen langen Text der Heiligen über den Wunsch des Martyriums.
Damit dieser Text richtig verstanden wird, möchte ich einiges sagen, um was es
hier geht und zwar folgendes:
Es
gibt viele fromme Seelen, die sich wünschen für die Kirche viel mehr
einzubringen, als sie es schon tun. Menschen, zum Beispiel, die das Krankenbett
hüten müssen und so im Apostolat nicht tätig sein können. Andere, die im
Apostolat tätig sind, bedauern, dass sie nicht in einem Krankenhaus für die
Kirche leiden können. Und so weiter. So ist es für die Seelen, die alles für
die Kirche tun wollen, ein wahres Martyrium nicht alles tun zu können.
Der
Wunsch ist da, und dieser Wunsch kann glühend und feurig sein wie der Durst
Jesu am Kreuz. Es ist der Wunsch alles zu tun, überall zu sein, alles sagen zu
können, alle nur erdenkliche Tätigkeiten zu erfüllen an allen Orten bis ans
Ende der Welt. Die Unersättlichkeit dieser Wünsche kann, für gewisse Seelen ein
wahres Martyrium bedeuten. Die kleine Therese litt dieses Martyrium. Mit
wunderbaren Worten löste sie das Problem, welches ihr dieses Martyrium brachte.
Wir werden sehen, welche Wünsche sie in ihrer Seele hegte:
„Oh! Verzeih mir, Jesus, wenn ich von Sinnen bin,
indem ich meine ans Unendliche grenzenden Wünsche und Hoffnungen abermals
vortrage, verzeih mir und heile meine Seele, indem du ihr gibst, was sie
erhofft!!!...
Deine Braut sein, o Jesus, Karmelitin sein;
durch meine Verreinigung mit dir Mutter
der Seelen sein, das sollte mir genügen… Und doch ist dem nicht so…“
In
der Tat, wer für die Seelen leidet, sollte damit genug getan haben. Doch das
reichte ihr nicht. Sie wollte noch mehr.
„Gewiss, diese drei Vorrechte sind meine Berufung,
Karmelitin, Braut und Mutter, aber ich fühle noch andere Berufungen in mir, ich
fühle die Berufung zum KRIEGER, zum PRIESTER, zum APOSTEL, zum KIRCHENLEHRER,
zum MARTYRER; kurz, ich spüre das Bedürfnis, den Wunsch für dich, Jesus, die
heroischsten Werke allesamt zu vollbringen… Ich spüre in meiner Seele den Mut
eines Kreuzfahrers, eines päpstlichen Soldaten (zouaves pontificaux);
Es
waren die Soldaten, die gegen die Truppen Garibaldis kämpften, um die
Souveränität der Kirchenstaaten zu verteidigen.
„... zur Verteidigung der Kirche möchte ich auf dem
Schlachtfeld sterben…“
Hier
ist die Schönheit des Gedankens hervorzuheben: Wie ein Kreuzritter, wie eine
echte Jeanne d’Arc, für die Kirchenstaaten kämpfen, wie Jeann d’Arc für
Frankreich kämpfte und auf dem Schlachtfels sterben für die Verteidigung der
Kirche.
(„Ich fühle in mir die Berufung zum PRIESTER; mit
welcher Liebe trüge ich dich, o Jesus in meinen Händen, wenn auf mein Wort hin
du vom Himmel herabstiegest… Mit welcher Liebe reichte ich dich den Seelen!…
Jedoch, so sehr ich wünschte Priester zu sein, so bewundere und beneide ich
dennoch die Demut des Hl. Franz von Assisi und spüre in mir die Berufung, ihn
nachzuahmen, indem ich die erhabenen Würde des Priestertums ausschlage“).
„O Jesus! Meine Liebe, mein Leben... wie sind diese
Gegensätze vereinbar? Wie können die Begierden meiner armen kleinen Seele
Verwirklichung finden?...
Oh! Trotz meiner Kleinheit möchte ich die Seelen
erleuchten wie die Propheten, die Kirchenlehrer, ich habe die Berufung, Apostel
zu sein…“
Das
ist wunderbar!
…ich möchte die Welt durcheilen, deinen Namen
verkünden und dein glorreiches Kreuz in den Heidenländern aufpflanzen…“
Sie
wollte Missionarin werden.
„...aber, o mein Viel-Geliebter, eine einzige Mission
genügte mir nicht; ich möchte das Evangelium in alle fünf Weltteilen
gleichzeitig verkünden, bis zu den fernsten Inseln... Ich möchte Missionar sein
nicht nur für einige Jahre, sondern möchte es gewesen sein vom Anbeginn der
Welt und es bleiben bis ans Ende der Zeiten.“
Es
kann nichts Schöneres geben!
„Vor allem aber möchte ich, mein Viel-Geliebter
Erlöser, möchte ich mein Blut für dich vergießen bis zum letzten Tropfen…“
„Das Martyrium, ja das war schon der Traum meiner
Jugend, und dieser Traum ist in der Zelle des Karmels mit mir gewachsen… Aber
auch da fühle ich wieder, dass mein Traum zur Torheit wird, denn ich könnte
mich nicht darauf beschränken, nur eine Art von Marter zu ersehnen… Um mir
genugzutun bedürfte ich ihrer aller… wie du, mein angebeteter Bräutigam, möchte
ich gegeißelt und gekreuzigt werden… “
„O mein Jesus, was antwortest du nun auf alle meine
Torheiten?... Gibt es wohl eine kleinere, ohnmächtigere Seele als die meine!...
Doch gerade um meiner Schwachheit willen hat es dir gefallen, meine kleinen
kindlichen Wünsche zu erfüllen, die größer sind als das Weltall…“
„Die Liebe gab mir den Schlüssel meiner Berufung. Ich
begriff, dass wenn die Kirche einen aus verschiedenen Gliedern BESTEHENDEN Leib
hat, ihr auch das notwendigste, das edelste von allen nicht fehlt; ich begriff,
dass die Kirche ein Herz hat, und das dieses Herz von LIEBE BRENNT. Ich
erkannte, dass die Liebe allein die Glieder der Kirche in Tätigkeit setzt, und
würde die Liebe erlöschen, so würden die Apostel das Evangelium nicht mehr
verkünden, die Martyrer sich weigern, ihr Blut zu vergießen… Ich begriff, dass
die LIEBE ALLE BERUFUNGEN IN SICH SCHLIESST, DAS DIE LIEBE ALLES IST, DASS SIE
ALLE ZEITEN UND ORTE UMSPANNT… MIT EINEM WORT, DASS SIE EWIG IST!...“
„Da rief ich im Übermaß meiner überschäumenden Freude:
O Jesus, meine Liebe… endlich habe ich meine Berufung gefunden, MEINE BERUFUNG
IST DIE LIEBE!..“.
„Ja, ich habe meinen Platz in der Kirche gefunden, und
diesen Platz, mein Gott, den hast du mir geschenkt… im Herzen der Kirche,
meiner Mutter, werde ich die Liebe sein… so werde ich alles sein… so wird mein
Traum Wirklichkeit werden.“
Das
heißt, sie hat verstanden, dass ihre Arbeit, ihr Dasein, ihr Gebet, alles, was
sie tat, um die Liebe unter allen Menschen zu steigern, damit der Grad der
Liebe in der Kirche sich erhöhe, sie wäre wie eine Wunderquelle des Lebens in
der Kirche. Die Propheten würden treu sein, die Kirchenlehrer erleuchtet, die
Apostel unermüdlich, die Kämpfer unbeugsam und in der Kirche würde alles
anfangen sich mit erneutem Schwung zu bewegen. Dann verstand sie, dass sie als
Opfer der Liebe sterben solle. Opfer der barmherzigen Liebe damit andere auch
lieben könnten, derart, dass durch diese Verstärkung der Liebe in der Kirche,
alle Berufungen zu ihrer Erfüllung kommen.
Wenn
sie unsere Berufung hätte kennengelernt, wenn sie die Berufung derer
kennengelernt hätte, die berufen sind, die Katholische Kirche zu lieben und die
Treue zu ihr darzustellen; und in sich alle Treuen zu vereinen wie in einer
Arche, während der Zeit der schlimmsten Untreue, und so in gewissem Sinn alle
Apostolate aller Zeiten und aller Orten durchzuführen – wenn sie diese Berufung
gekannt hätte – wie wäre sie erfreut und mit welcher Bestrebung sie wünschen
würde diese Berufung zu haben.
Wir
verstehen nun wie sehr ihre Verdienste uns nützlich waren. Wie viel sie im
Himmel für uns betet. Wir können sie auch bitten, das sie mit uns so umgehe,
wie sie es dem Pater gesagt hat, im Himmel seien die Seligen mitleidiger und
barmherziger als auf Erden. Möge sie Mitleid haben mit unseren Fehlern und uns
vorbereiten zur großen Weihe am 13. Oktober, damit wir vollständig der
Muttergottes gehören.
Dieser
Gedanke, dass dies unsere Berufung ist und, dass sie daher für uns beten würde,
wird bestätigt durch unzählige Gefälligkeiten, die sie uns erwiesen hat. Wir
haben also einen historischen Beweis ihrer besonderen liebevollen Zuneigung zu
uns. Das ist der Grund, dass wir heute Abend diesen Tag besonders gedenken und
ehren.
Bitten
wir also der hl. Therese, sie möge in der Tiefe unseres Herzens die Liebe
entzünden, die Begeisterung, die Verehrung und die Zärtlichkeit vermehren. Sie
möge unsere Liebe zur Heiligen, Katholischen, Apostolischen und Römischen
Kirche vergrößern. Mit dieser Liebe, mit Steigerung unserer Marienverehrung und
der Begeisterung für unsere Bewegung, wird die kleine Therese dazu beigetragen
haben, die Berufung der Apostel der Letzten Zeiten, wie sie der hl. Ludwig von
Montfort vorausgesehen hat, zu verwirklichen. Dies ist, um was wir am heutigen
Tag bitten sollten.
Dieser Text ist übernommen aus einem
informellen Vortrag von Professor Plinio Corrêa de Oliveira, den er am 3.
Oktober 1967 hielt. Er wurde frei übersetzt und angepasst für die
Veröffentlichung ohne Überarbeitung von Seiten des Autors.
*)
Am 17.10.1895 hat Therese im Auftrag von Mutter Agnès das Gebetsapostolat für
den Seminaristen Maurice Bellière übernommen, doch erst unter Mutter Marie de
Gonzague beginnt der persönliche Briefkontakt.
Im
Brief vom 25. April 1897 gebraucht zum ersten Mal die Anrede „mein kleiner
Bruder“ mit folgender Begründung: „Meine Feder oder vielmehr mein Herz weigert
sich, Sie weiterhin ,Herr Abbé‘ anzureden, und unsere gute Mutter sagte, ich
könne, wenn ich Ihnen schreibe, denselben Namen gebrauchen, mit dem ich Sie vor
Jesus nenne.“
Abbé
Bellière wurde Franziskaner-Tertiar und erhielt als zweiten Namenspatron den
Heiligen Ludwig von Frankreich. Am 29.9.1897 schifft er sich ein nach Algier
ins Noviziat bei den Weißen Vätern, wird 1901 zum Priester geweiht, wirk als
Missionar in Nyassaland und kehrt 1906, von der Schlafkrankheit befallen, nach
Frankreich zurück.
Quelle
der deutschen Zitate:
„Briefe
der heiligen Therese von Lisieux“ – Deutsche authentische Ausgabe – Paulinus
Verlag, Trier. Herausgeber Theresienwerk e.V., Augsburg. 4. Auflage 2011.
Therese
vom Kinde Jesu – „Selbstbiographische Schriften“. Johannes Verlag Einsiedeln,
1958
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