Sonntag, 21. April 2019

Die Sonne, Spiegelbild Gottes



Plinio Corrêa de Oliveira
Gott hat uns ein Abbild seiner selbst hinterlassen, das bedeutender ist als alle anderen: die Sonne. Wir wären enttäuscht, wenn wir in der Sonne die Absicht sehen würden, eine Show zu geben, in der sie am Himmel sich auf verschiedene Weisen posieren würde um von uns bewundert zu werden. Im Gegenteil, weil sie nicht denken kann, kann sie auch keine Absichten haben. Sie erfüllt uns mit Wohltaten durch ihr Licht und ihre Wärme, doch kein Ende ihrer Strahlen sorgt sich um gut gesehen zu werden. Bestehend aus einer Masse von Reibungsgasen, die sehr hohe Temperaturen erzeugen, hat sie keine Gedanken, kein Wissen, keinen Plan. Sie brennt ohne Unterlass, ist allem gegenüber gleichgültig und setzt ihren Zyklus fort.
Die Sonne scheint mit ihrem Feuer und durchdringt alles und beleuchtet alles. Geht ihren Lauf Tag für Tag, mit einem Aussehen in der Morgendämmerung, einem anderen während des Tages, beide unterschieden vom Untergang. Nach dem funkelnden Satz von Edmond Rostand — die Sonne, ohne die die Dinge nur das wären, was sie sind — fügt der König der Sterne allen Gegenständen Aspekte hinzu, die sie selbst nicht hätten.
Wie viele Sonnenaufgänge, wie viele Sonnenuntergänge im Laufe der Jahre, der Jahrhunderte, der Jahrtausende, ohne sich jemals zu wiederholen. Aber in diesem so leuchtenden und vielfältigen Dasein weiß sie nicht einmal, dass wir existieren. Was sie für uns am besten tut, ist, Jemanden unendlich viel größer als sie selbst zu widerspiegeln. Wenn wir zum Himmel schauen, können wir an Gott den Schöpfer denken, dem reinen Geist, und ausrufen: Oh Gott, wie großartig herrlich bist du!



Auszüge aus einem Vortrag von Plinio Corrêa de Oliveira am 19. September 1981. Ohne Revision des Autors

Freitag, 19. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 7. Teil


von Plinio Corrêa de Oliveira

Dreizehnte Betrachtung



»Und als er ihn herabgenommen hatte, wickelte er ihn in Linnen und setzte ihn bei in einem ausgehauenen Grab, in dem noch kein anderer gelegen war« (Lk 23,53).

Herr Jesus, ich betrachte deinen vom Kreuz herabgenommen Leib, deine Menschlichkeit wie zerschmettert, und dein unendlich kostbares Blut, dass du während deinem Leidensweg vergossen hast. Oh, Mann der Leiden, deine Seele und dein Leib litten so viel wie ein Mensch nur hat leiden können.
Solange diese Welt existiert, wirst du unser Vorbild sein im Leiden mit all seinem Adel, Kraft, Ernsthaftigkeit, Süße und Erhabenheit sein. Dies ist ein Vorbild des Leidens, nicht nur rational betrachtet, sondern auch aus der unendlichen Perspektive des Glaubens; ein Leid, das theologisch verstanden wird, als notwendige Buße und ein wesentliches Mittel der Heiligung.

Durch die unendlichen Verdienste deines kostbarsten Blutes, gib unseren Geist die notwendige Klarheit, die Rolle des Leidens in unserem Leben zu verstehen und gib uns die notwendige Kraft, das Leiden wirklich zu lieben.
Die Menschheit kann sich nur aus der enormen Krise retten, in der sie sich befindet, wenn sie die Rolle des Leidens und des Geheimnisses des Kreuzes versteht. Es ist nur dieses Verständnis von Leiden, das auch diejenigen vor der ewigen Strafe retten kann, die selbst in der Stunde des Todes, deiner Einladung, dich auf der Via Dolorosa zu begleiten, nicht nachgekommen sind.
Vermehre auf Erden die Seelen, die das Kreuz lieben. Dies ist die wunderbare Gnade, um die wir dich in dieser Karwoche in dieser Zeit der Dämmerung unserer Zivilisation bitten.

Donnerstag, 18. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 6. Teil


von Plinio Corrêa de Oliveira

Elfte Betrachtung


»Und um die neunte Stunde rief Jesus mit lauter Stimme: „Eli, Eli, lama sabachtani“, das heißt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“« (Mt 27,46)

Unser Herr schrie von der Höhe des Kreuzes. Dieser herzzerreißende Schrei war auf das äußerste Gefühl der Verlassenheit zurückzuführen, in dem Gott scheinbar das Fleischgeworden Wort versetzt hatte. Die Seele des Erlösers erlitt eine geistige Qual, die durch den Mangel an göttlichem Trost verursacht wurde.
Allerdings wurde der schrecklichste Schmerz durch die Betrachtung der Sünden verursacht, die er vor sich hatte. Er sah nicht nur die Sünden der Menschen um ihn herum und von allen, die Ihn verlassen hatten, sondern auch die Vergehen gegen Gott, die in der Zukunft begangen werden würden.
Weil das fleischgewordene Wort alles sehen konnte, hat diese Voraussicht auch ihn in Seiner Via Dolorosa, seinem schmerzhaften Weg, Leiden verursacht. Die ganze Geschichte der Menschheit lief vor seinem erschöpften, von Blut getrübten Blick ab, in einem Leib, in dem das Leben sich langsam zurückzog. Wahrscheinlich war der göttliche Heiland von dem Anblick der ungeheuren und allgemeinen Unordnung unserer Tage überwältigt, was zu jenem qualvollen Schrei führte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Die göttliche Vorsehung hat es so angeordnet, dass wir heute diese tragische Szene bezeugen. Dabei lädt uns unser Erlöser ein, unsere Augen zu öffnen und diese Situation zu betrachten, wie er sie im Garten von Gethsemane vorausahnte, gemessen an all der Grausamkeit seines Leidenswegs.
Die göttliche Vorsehung hat es bestimmt, dass wir Zeugen sind der tragischen Geschehnisse der heutigen Zeit. Damit lädt der Erlöser der Menschheit uns ein, unsere Augen zu öffnen und diese gegenwärtige Situation zu betrachten, und so wie er im Garten von Gethsemane das Ausmaß aller Grausamkeiten seiner Passion voraussah.

Zwölfte Betrachtung


»Einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich kam Blut und Wasser heraus« (Joh 19,34).

Unser Herr war schon gestorben, als der Soldat, mit Namen Longinus, seine Seite durchbohrte. Auf diese Weise vergoss das Heiligste Herz Unseres Herrn den letzten Tropfen Blut, den letzten Tropfen Wasser, für unsere Erlösung. Was für eine außerordentliche Gnade! Welche äußerste Güte! Welches extreme Mitgefühl!
Das ganze Blut im Leib Unseres Herrn Jesus Christus wurde vergossen, um zu zeigen, dass er uns alles gegeben hat. Er tat dies, ohne einen einzigen Tropfen zurückzuhalten, wegen seines unermesslichen Wunsches, uns zu erlösen. Ein Tropfen seines Blutes hätte genügt, um die Welt zu retten, doch er hat sein ganzes Blut vergossen, so dass die letzten Tropfen mit Wasser gemischt waren. Er wollte nichts zurückhalten, um uns zu erlösen.
Mein Gott, wie oft habe ich das Herz Jesu durchbohrt wie die Lanze des Longinus? Es kann durch schwere Sünde gewesen sein. Aber sicherlich durch meine chronische Gewohnheit der Gleichgültigkeit, das ist der Grund, dass ich mich nicht ändere, dass ich keine Fortschritte mache und dass ich keine Fortschritte machen will. Ich sehe andere vorwärts schreiten, aber ich möchte nicht belästigt werden.
Nach der Tradition soll Longinus blind auf einem Auge gewesen sein. Ein bisschen Wasser, das aus der Seite Unseres Herrn floss, fiel auf sein Auge, und es wurde geheilt, und später wurde er ein Heiliger. Wer weiß, vielleicht werde ich auch diese Gnade bekommen, ein Heiliger zu werden. O Herr, im Augenblick deines Todes, ich flehe dich an, mir diese Gnade zu gewähren.

Mittwoch, 17. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 5. Teil


von Plinio Corrêa de Oliveira

Neunte Betrachtung


»Als sie an den Ort kamen, der „Schädelstätte“ genannt wird, kreuzigten sie ihn dort« (Lk 23,33)

Vor der Kreuzigung können wir uns die unendliche Schönheit unseres Herrn, die Schönheit seines Körpers und die Helligkeit seines heiligen Antlitzes vorstellen, wo die ästhetischen Prinzipien des Universums innewohnten. Die Anmut Seiner Gesten, die Eleganz seiner Haltung, die Nüchternheit seiner Sitten und Güte müssen eine starke Anziehungskraft ausgeübt haben. Als er sprach, wer könnte sich den Ton seiner Stimme, seine Modulation und die einzigartige Ausdruckskraft vorstellen?
Als er aber ans Kreuz genagelt wurde, war er entstellt, ohne Schönheit und eine einzige, große, blutige Wunde. Er war das große unschuldige Opfer selbst. Er hatte nie gesündigt. Er war die Personifizierung der Tugend. Er hatte nie die Notwendigkeit, sich für etwas zu entschuldigen, aber trotzdem tat er dies ohne Maßen.
Warum? Wegen der Schwere unserer Sünden. Wir sollten tiefe Traurigkeit und Bedauern über seinen Anblick, den Unschuldigen, fühlen, der die Sünden mit dem Sünder trug. Er, der der reinste war, der heiligste, trug sie für mich! Das sollte uns zu einem großen Vertrauen führen. Jemand, der zu einem solchen Preis erlöst wurde, braucht nur um die notwendige Gnade zu bitten, um die Tugend zu praktizieren und das Gute zu tun, was ihn zum Himmel führen wird.
Heute werden die Schmerzen unseres Herrn durch die Lästerungen und die Verachtung gegen die Katholische Kirche sowie die Götzendienerei einer heidnischen Gesellschaft verursacht: Egalitarismus, Sinnlichkeit, Aufstand, Unreinheit, Mord, Diebstahl, Ehebruch. Welches der Gebote Gottes wird heute nicht übertreten? Was ist meine Haltung angesichts dieser Situation?

Angesichts meiner Sünden und der Unzulänglichkeit meiner Sühne, muss ich mich niederknien, an meine Brust schlagen und mich fest entschließen, nicht mehr zu sündigen.

Zehnte Betrachtung


»Als nun Jesus seine Mutter sah und neben ihr stehend den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter: „Frau, siehe, dein Sohn!“ Darauf sagte er zum Jünger: „Siehe, deine Mutter!“ Un von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich. « (Joh 19,26-27)

Johannes, der Evangelist, war am Fuß des Kreuzes auch eine Art von Gipfel. Seine Liebe hatte einen Höhepunkt erreicht. Er war der Jünger, den Jesus lieb hatte.
Am heiligen Donnerstag hatte er seinen Haupt an der Brust unseres Herrn ausgeruht und hörte die Klopfen des heiligen Herzens Jesu, das da in Liebe für die ganze Menschheit schlug. Später in dieser selben Nacht, so wie die anderen Apostel, hatte er geschlafen und ist geflohen. Allerdings war er der jungfräuliche Apostel, der geliebte Apostel, aber jungfräuliche Seelen, finden auch in bedauernswerten Situationen die Mittel und Kraft, um ihre Pflicht zu erfüllen.
Das heißt, Gott schützt jungfräuliche Seelen. Gott zieht die Reinen an sich. So hat Johannes nicht nur die Ehre, der Jünger der Liebe zu sein, sondern auch gegenwärtig zu sein auf diesem Gipfel der Liebe, als unser Herr am Kreuz gestorben ist. Auf diese Weise vertrat er alle Apostel und rettete das Apostolische Kollegium vor völliger Schande.
Darüber hinaus erhielt er auf diesem Gipfel der Liebe den höchst erdenklichen Lohn, denn es kann kein größeres Geschenk geben für eine Person, als Unsere Liebe Frau als Geschenk zu empfangen. Als
unser Herr sagte: „Frau, siehe, dein Sohn“, und dann zu Johannes, „Sohn, siehe, deine Mutter“, erhielt er ein unschätzbar großes Geschenk.


Betrachtung über das Leiden - Einleitende Anmerkungen


Dienstag, 16. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 4. Teil


von Plinio Corrêa de Oliveira

Siebte Betrachtung
 

»Da übergab er ihnen Jesus zur Kreuzigung, und sie übernahmen ihn und führten in fort« (Joh 19,16)

In früheren Zeiten war das Kreuz eine demütigende, schmerzliche Art, Kriminelle hinzurichten. So bedeutete das Wort „Kreuz“ das Gleiche wie „Schande“, genau wie das Wort „Handschellen“ uns heute an Gefängnis, Verurteilung und rebellische Gefangene erinnert. In jenen Tagen dachten die Menschen beim Wort Kreuz an einen Verbrecher, der so böse und verdorben war, dass nur durch den Tod durch die Kreuzigung sein Verbrechen wirklich vergolten werden konnte.
Das Kreuz war also ein Symbol der Qual und Schande. Indem Unser Herrn Jesus Christus an das Kreuz genagelt wurde, war die Absicht derer, die ihn zum Tode verurteilten, nicht nur, ihn zu töten, sondern ihn in der schändlichsten und unehrenhaftesten Weise zu töten, um seinen Ruf und seine Herrlichkeit völlig zu zerstören.
Was für ein Kontrast: Er, der Verurteilte, war in der Tat der Richter dieser schwersten Strafe. Obwohl scheinbar geschlagen, war Jesus der einzige Sieger. Das Kreuz ist das Holz der Niederlage, Schande und Schmerzen, aber es wurde zum Holz der Herrlichkeit. Wer durch das Kreuz zermürbt wird, der ist Sieger. Wer ohne das Kreuz siegt, ist der Verlierer.

Achte Betrachtung


»Er trug selber sein Kreuz und ging hinaus zu dem Ort, den man Schädelstätte (Kalvaria) nennt, auf hebräisch aber Golgota« (Joh 19,17)

Jeder von uns hat ein Kreuz zu tragen. Jeder von uns möchte etwas sein, was er nicht ist, etwas haben, was er nicht hat, um etwas erreichen zu können, was er nicht kann. Wir müssen aufhören zu sein, was wir nicht sind, zu haben, was wir nicht haben sollen, und das zu erreichen, was wir nicht erreichen können und dürfen. Das ist der Weg für uns alle.
Möge Unser Herr uns eine Liebe zu unserem Kreuz geben, so wie er es sein Kreuz liebte. Anstatt das Heilige Holz mit Widerwillen zu tragen, umarmte und küsste unser Erlöser es, weil er durch das Kreuz seine Sendung auf Erden erfüllte. Unser Kreuz besteht darin, unsere Mission zu erfüllen. Lasst uns es tränenreich umarmen, aber liebevoll. Und sagen wir, „ich werde niemals aufhören, um Kraft zu bitten, so werde ich in der Lage sein, mein Kreuz auf die Höhe meines Kalvarienbergs tragen!“.
Unser Herr ertrug jeden Schmerz, wie ein König, der auf den Weg zu seiner Krönung ist. Er tat dies mit Würde, mit Gelassenheit, standhaft und ohne zu zögern. Nichts wurde ihm, ob körperlich oder geistig, verschont. Er trat in die Tiefe des Leidens mit der Entschlossenheit eines Helden und erschien somit vor der Gerechtigkeit des Ewigen Vaters, umstrahlt vom Glanz seiner Schmerzen. So hat er die Menschheit gerettet: bei jedem Schritt ist das Schlimmste mit ihm geschehen, aber er hat alles vollständig angenommen, ohne jegliche Erleichterung zu verlangen. Er hat niemals jemanden gebeten, ihn zu bemitleiden. Das Leiden war dermaßen groß, dass manchmal seine Stärke ihn verlassen hat, aber er stand sofort wieder auf und ging weiter.
Dieser Gedanke hilft mir, meine Schwäche zu überwinden! Wenn ich Unseren Herrn Jesus Christus in seiner erhabenen Schönheit und Heiligkeit begegnen möchte, muss ich auch mein eigenes Kreuz umarmen.


Betrachtung über das Leiden - Einleitende Anmerkungen

Montag, 15. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 3. Teil


von Plinio Corrêa de Oliveira

Fünfte Betrachtung

»Darauf ließ Pilatus Christus wegführen und ihn geißeln.« (Joh 19,1)
Pilatus dachte, dass er, indem er Jesus geißeln ließ, die Juden befriedigen und so in der Lage sein würde, ihn frei zu machen. So ist es, wie die Schwachen immer denken: Kompromiss, dem Bösen nachgeben, um es zu beschwichtigen. Das macht es aber nur noch schlimmer.
Die Folterer banden seine Hände und brachten ihn an die Säule inmitten von Schlägen, Schützen und Gelächter. Seine Sanftmut, Güte und alles über sich ergehen zu lassen, kontrastiert mit dem brutalen, sinnlosen und grausamen Hass der Schergen. Oh dumme Illusion, dass er, indem er seine Hände fesseln lässt, nun bewegungslos dastünde! Es wäre genug für ihn zu sagen, „Stricke, lockert euch“ und sie würden zu Boden fallen! Hätte er es gewollt, könnten die Stricke auch zu Schlangen werden, um seine Übeltäter anzugreifen.
Das außergewöhnlichste ist, dass er sich selbst hingegeben hat, um gegeißelt zu werden. Wir können uns sein süßes Stöhnen vorstellen. Sein heiliger Körper, der sich in Schmerzen krümmt, sein anbetungswürdiges Fleisch, das von den Peitschen und Geißeln zerrissen wurde. Das war das Fleisch des Gottmenschen! Er stand da voller Würde, sanftmütig und ohne Protest und unterhielt sich mit dem ewigen Vater in seinem Herzen.
Wir können uns auch in diesem Augenblick den Sohn Gottes, den obersten Regierenden über alle Ereignisse, vorstellen, der an die gesegnete Zivilisation denkt, die eines Tages auf die Verdienste Seiner Leidenschaft aufgebaut werden würde. Ach, er sah auch, dass sich die christlichen Völker in einem gewissen Augenblick gegen ihn abwenden und von einer Anti-Zivilisation beherrscht würden. Weil diese Welt den persönlichen Gott verleugnen würde, würde sie auch die Persönlichkeit und Individualität des Menschen verleugnen.
In dieser dekadenten Antizivilisation würde die Menschheit die totale Gleichheit einfordern und so zu einer rebellischen kommunistischen Utopie versklavt werden. Diese Utopie würde das Eigentum und damit die Gerechtigkeit verleugnen; würde die Familie und damit die Reinheit verleugnen; würde die Religion verleugnen, und alles was heilig ist; würde die Tradition und damit die Geschichte verleugnen. Durch die Umkehrung aller Werte würde diese Zivilisation ein großes Chaos erzeugen, ein großes Vakuum, in dem die ehemaligen christlichen Völker ertrinken würden. Diese Zivilisation ist die Tyrannei der Materie, der Maschine, der Anonymität und des Atheismus, in ein Wort, die Herrschaft des Satans.
Unser Herr hätte sich wie der Prophet David beklagen können: „Was nützt denn mein Tod…?“(Ps 30,9) Was nützt denn mein Blut, das ich so großzügig und so reichlich vergossen habe?


Sechste Betrachtung


»Die Soldaten flochten einen Kranz aus Dornen und setzten ihn auf sein Haupt, legten ihm einen purpurroten Mantel um.« (Joh 19,2)
Unser Gott, mit Dornen gekrönt! Ist dies nicht ein Beweis, dass Gottes Königtum ein Königtum des Leidens ist? Lasst uns Leiden annehmen: Demütigungen leiden; leiden an Ungerechtigkeit; leiden unter der unermüdlichen Anstrengung, Gutes zu tun; leiden unter Selbstverleugnung. Das Leiden aus dem Christentum zu entfernen, ist Christus beleidigen, der eine Dornenkrone angenommen hat. Christ sein und Angst haben, für Gott zu leiden, ist, Gott zu einem bloßen Bankier herabzusetzen, der unserer Gewinnsucht nachkommt oder zu einen einfachen Diener, der unseren Wünschen nachkommt. Das Leiden vom Christentum zu beseitigen, ist gleich, sein Rückgrat zu entfernen.

Sind wir nur Gutwetterfreunde? Es ist in der Tat nicht christlich, Angst zu haben, uns für Christus zu opfern, unser größter Freund. Lasst uns nicht die Gemeinheit begehen, Jesus auf Golgatha zu verlassen. Lasst uns nicht auf sein Gesicht schlagen, verwundet aus Liebe zu uns, indem wir sündigen. Lasst uns nicht herzlose Hyänen sein, sondern vielmehr „gütig und demütig von Herzen“ wie Er (Mt 19,2).

Sonntag, 14. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 2. Teil

von Plinio Corrêa de Oliveira
 Dritte Betrachtung


»Als es Morgen war, fassten alle Hohenpriester und Ältesten des Volkes den Beschluss gegen Jesus, ihm den Tod zu überliefern« (Mat 27,1).

Das jüdische Volk sehnte sich nach dem Kommen des Messias. Als er aber kam, verfolgten sie ihn. Er machte Wunder und die Menschen applaudierten. Aber die priesterliche Klasse, die die höchste politische Klasse war, hatte Angst: „Wer ist dieser Mann, der die begeisterte Gunst des Volkes gewonnen hat? Was wird mit unserer Macht passieren? Er ist eine Gefahr für uns!“
In einer heute oft benutzten Methode begann die Verfolgung mit Verleumdungen und Fangfragen, die gemacht wurden, um Fallen zu stellen; Fragen die im Laboratorium der Falschheit entworfen wurden.
Die erste und größte aller Revolutionen brach während der Karwoche aus. Eine Revolution ist definitionsgemäß eine Revolte jener, die lieben und gehorchen sollen, stattdessen aber gegen legitime Autorität rebellieren. Unser Herr besaß jedes mögliches Maß an Macht und Autorität über die Menschlichkeit. Die Sendung der Juden war, Ihn als den Gottmenschen anzuerkennen und sich seiner süßen Herrschaft zu unterwerfen. Sie haben das Gegenteil getan. Sie haben ihn weder anerkannt noch bewundert oder sich ihm unterworfen. Und diese Gesinnung der Seele war auf schlechten Willen und Neid zurückzuführen. Sie wollten sein Gesetz nicht, weil sie korrupt waren und Unser Herr lehrte Strenge. Sie lehnten sich gegen ihn auf und töteten ihn. Die Revolution der Karwoche war die größte aller Revolutionen, weil die Auflehnung gegen eine so hohe Autorität nicht wieder passieren kann.
Möge der Gedanke an unseren verachteten Erlöser uns mit Anbetung und Mitgefühl für ihn erfüllen, ebenso wie Empörung gegen die Revolution, die zu seiner Kreuzigung führte.
Pilatus war ein Gouverneur ohne Rückgrat und wählte den „Dialog“, anstatt Christus zu verteidigen.

Pilatus war ein Gouverneur ohne Rückgrat
er suchte den „Dialog“ mit dem Mob,
anstatt Jesus zu verteidigen
Vierte Betrachtung

»Sie ließen ihn gefesselt abführen und übergaben ihn dem Statthalter Pilatus.« (Mat 27,2)
Pilatus war ein Gouverneur ohne Rückgrat. Obwohl er wusste, dass die Menge den römischen Soldaten nicht widerstehen würde und deshalb auf einen leichten, glänzenden Sieg zählen konnte, wollte er unbedingt keine Gewalt anwenden, um zu tun, was richtig und gerecht war.
Stattdessen trat Pilatus in den Dialog mit dem Mob und schlug vor: „Wen soll ich nach eurem Willen euch freigeben, den Barabbas oder Jesus, der Messias genannt wird?“ (Mat 27,17)
Barabbas war ein bekannter Chef einer aufrührerischen Bande von Verbrechern. Er war der schlimmste Verbrecher, voller Unehre und Boshaftigkeit. Jesus war das äußerste Symbol der Würde und stellte das Beste im jüdischen Volk dar. Er war ein Nachkomme Davids, der bedeutendsten Gestalt des Alten Testaments. Er hatte allen Menschen nur Gutes getan.
Zentrist, wie er war, dachte Pilatus, dass die Juden niemals Barabbas Jesus bevorzugen würden. Er verstand nicht, dass, wenn man nicht Jesus folgt, unbedingt Barabbas wählt. Pontius Pilatus verurteilte ihn nur wegen des politischen Manövrierens der Priester. Sie schrien zu ihm: „Wenn du diesen freilässt, bist du nicht Freund des Kaisers“ (Joh 19,12). Es wäre für Pilatus leicht gewesen, sich gegen diese Anklage zu verteidigen. Doch angesichts der Möglichkeit, sein Amt als Gouverneur von Judäa zu verlieren, hatte Pilatus feige Jesus dem Tod ausgeliefert.
Als Ergebnis seines abscheulichen Ehrgeizes hat Pontius Pilatus die größte Ungerechtigkeit der Geschichte begangen.


Betrachtung über das Leiden - Einleitende Anmerkungen

Samstag, 13. April 2019

Betrachtungen über das Leiden Unseres Herrn Jesus Christus, 1.Teil

von Plinio Corrêa de Oliveira

Erste Betrachtung

Als er nun zu ihnen sagte: „Ich bin es!“
da wichen sie zurück und fielen zu Boden
»Jesus, der alles wusste, was mit ihm geschehen würde, ging hinaus und sprach zu ihnen: „Wen sucht ihr?“ Sie antworteten ihm: „Jesus von Nazareth.“ Jesus sagte zu ihnen: „Ich bin es.“ … Als er nun zu ihnen sagte: „Ich bin es!“ da wichen sie zurück und fielen zu Boden. Wieder fragte er: „Wen sucht ihr?“ Und sie sagten: „Jesus von Nazareth“. Jesus antwortete: „Ich habe es euch gesagt, dass ich es bin!“« (Joh 18, 4-8).

Als unser Herr verhaftet wurde, tat er zwei scheinbar widersprüchliche Dinge. Einerseits sprach er mit einer so autoritären Stimme, dass seine Gegenüber zu Boden fielen. Auf der anderen Seite bückte er sich, um das Ohr des Malchus aufzuheben, das Petrus mit seinem Schwert abgehauen hatte und setzte es wieder an den Kopf des Mannes. Wer sie erschrocken hat, dass sie zu Boden fielen, wusste auch zu trösten. Derselbe, der mit mächtiger Stimme spricht, setzt das abgetrennte Ohr wieder an seinen Ort. Kann man daraus eine Lehre ziehen?

Unser Herr ist immer unendlich gut. Er war gut zu denen, die ihn in jener Nacht als Jesus von Nazareth suchten, und auch gut, wenn er dem Malchus das Ohr wieder ansetzte. Wenn wir gut sein möchten, sollten wir lernen, die Güte unseres Herrn nachzuahmen. Wir sollten von Ihm lernen, dass es Momente gibt, in denen es notwendig ist, zu wissen, wie man die Feinde des Glaubens energisch zu Boden schleudert, und zu wissen, wann es notwendig ist, Mitleid mit denen zu zeigen, die uns verletzen wollen.
Warum hat Jesus gesagt: „Ich bin es“? War es nur, um die, die ihn verhaften wollten, physisch zu Boden zu werfen? Warum so etwas, wenn er, eine kleine Weile später, freiwillig sich selbst hingeben würde? Der Grund dafür könnte sein, dass, wenn er so laut für das Gehör sprach, er es nur so tat, damit es noch lauter in die Herzen eindringen sollte.
Wir wissen nicht, ob diese Männer letztlich von der Gnade berührt wurden, die sie erhielten, aber die Angst, die sie sicherlich fühlten, als sie auf den Klang der Stimme des Meisters zu Boden fielen, war genauso machtvoll, als wenn dieselbe Stimme riefen würde: „Saulus, Saulus, warum verfolgst du Mich?“

Unser Herr sprach laut zu den Ohren. Wenngleich sie zu Boden fielen, erhob die gleiche Stimme, die die Leiber schlug und die Ohren betäubte, die gefallenen Seelen, indem sie die Ohren des Geistes öffneten, die taub waren. Manchmal ist es notwendig, kraftvoll zu sprechen, um zu heilen.

Zweite Betrachtung

Jesus heilt das Ohr des Malchus
»Simon Petrus aber, der ein Schwert hatte, zog es, schlug nach dem Knecht des Hohenpriesters und hieb ihm das rechte Ohr ab; der Name des Knechtes war Malchus« (Joh 18,10).

Der Erlöser hat anders mit Malchus gehandelt. Als er das Ohr, das Petrus im Eifer der Situation abgeschnitten, wieder angesetzt hat, wollte Unser Herr ihm sicherlich körperlich etwas Gutes tun. Doch indem er sein Ohr heilte, wollte Jesus vor allem das Gehör seiner Seele öffnen. Wer also die geistige Taubheit einiger mit der Kraft seiner göttlichen Stimme geheilt hatte, heilte dieselbe geistige Taubheit von Malchus mit Worten der Süße und ein physisches Wunder.
Wir leben in einer Epoche einer schrecklichen geistigen Taubheit. Wenn es jemals eine Zeit gab, in der die Menschheit auf Gottes Stimme hören müsste, so ist es die unsere; doch unsere Zeit ist sicherlich auch eine Zeit, die die härtesten Herzen aufweisen kann.
Der göttliche Meister zeigt uns, dass wir, wenn wir unsere eigene geistliche Taubheit heilen wollen, ebenso wie unsere Nachbarn, Er der Einzige ist, der das tun kann, da bloße menschliche Mittel nutzlos sind.
Lasst uns eins sein mit dem Blinden des Evangeliums, der zu Unserem Herrn schrie, „Domine, ut videam!“ – „Herr, dass ich sehe!“
Lasst uns von den Feierlichkeiten der Karwoche nutzen, um ihn zu bitten, uns zu hören helfen, „Domine, ut audiam!“ – „Herr, dass ich höre!“ Wir wissen nicht, wie unser Herr unsere geistige Taubheit heilen wird - das ist auch nicht wichtig. Lasst uns seinen göttlichen Willen erfüllen, wie auch immer er spricht, ob mit der schrecklichen Stimme der Rüge und der Strafe oder mit der süßen Stimme des Trostes spricht. Was wirklich zählt, ist, dass wir ihn anflehen: „Herr, dass ich höre!“
Lasst uns letztlich von ganzem Herzen auf die Stimme Unseres Herrn hören und indem wir unsere Seelen aufrichtig den Gnaden eröffnen, die er uns gewährt, in uns die Fülle des Reiches Jesu Christi herbeiführen, die die Feinde der Kirche aus dem Angesicht der Erde verbannen wollen.

Freitag, 12. April 2019

Betrachtungen über das Leiden und Sterben Unseres Herrn Jesus Christus - Anmerkungen

Plinio Corrêa de Oliveira



Vorbereitende Anmerkungen

Unser Herr Jesus Christus am Kreuz.
Es reicht nicht, den einzelnen Episoden des Leidensweges Unseres Herrn mit Gefühlen der Zerknirschung zu folgen.
Wenn auch eine echte Frömmigkeit Ergriffenheit hervorbringen kann, besteht Frömmigkeit nicht vor allem aus Hervorrufen von Gefühlen. Echte Frömmigkeit beginnt in einem wohlgeformten Verstand, das heißt, ein Verstand, der im katechetischen Studium und einer genauen Erkenntnis unseres Glaubens geschult worden ist. Die dort erkannten Wahrheiten sollten unser inneres Leben bestimmen. Frömmigkeit ist dem Willen unterordnet. Wir sollten ernsthaft das wünschen, was wir gut kennen. Es ist nicht genug zu wissen, dass Gott vollkommen ist. Wir müssen die Vollkommenheit Gottes lieben und folglich wollen wir eine solche Vollkommenheit für uns selbst begehren. Das ist es, was es bedeutet, Heiligkeit zu begehren.

Etwas „wünschen“ bedeutet nicht, vage und sterile Laune zu fühlen. Wir wünschen nur ernsthaft etwas, wenn wir bereit sind, jedes Opfer zu bringen, um das zu erreichen, was wir wünschen. So wünschen wir nur ernsthaft unsere Heiligung und wachsen in Gott, wenn wir bereit sind, jedes Opfer zu bringen, um dieses höchste Ziel zu erreichen. Ohne diese Bereitschaft ist jeder „Wunsch“ nur eine Illusion und eine Lüge. Wir können uns sehr ergriffen fühlen, wenn wir die Wahrheiten und Geheimnisse der Religion betrachten, aber wenn wir keine ernsthaften und wirkungsvollen Vorsätze von ihnen ableiten, werden diese Geheimnisse unserer Frömmigkeit nicht helfen.
Dies ist besonders der Fall während der Tage der Passion unseres Herrn. Es genügt nicht, den verschiedenen Episoden der Passion mit einem Gefühl der Zerknirschung zu folgen, wenn es auch etwas ausgezeichnet ist, ist es doch unzureichend. In diesen Tagen sollten wir unserem Herrn aufrichtige Beweise unserer Hingabe und Liebe geben. Diese Beweise können durch einen festen Vorsatz gegeben werden, unser Leben zu verändern und für die Kirche zu kämpfen.
Die Kirche ist der mystische Leib Christi. Als unser Herr den heiligen Paulus auf dem Weg nach Damaskus fragte: „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“ Unser Herr sagte ihm, dass er, indem er die junge Kirche verfolgt, ihn selbst, Christus, verfolgt.

Die Kirche verfolgen, ist Jesus Christus verfolgen, und wenn die Kirche heute verfolgt wird, ist es Christus, der verfolgt wird. In gewissem Sinne wiederholt sich die Passion Christi in unseren Tagen.

Einleitung

Der moderne Mensch weiß nicht, wie er mit Leiden fertig werden kann. Oft sehen sogar Christen das Leiden als etwas unter ihrer Würde stehendes an, eine „Verfolgung von dem Bösen“. In unserem katholischen Glauben betrachten wir das Leiden als eine Reinigung und ein starkes Gebet. Wir vereinen unser Leiden mit dem von Unserem Herrn. Wir verstehen es als Geschenk des Vaters, weil öfteres Leiden die Macht hat, das Leben zu verändern. Im Folgenden bringen wir 13 Betrachtungen des Leidens in diesem Sinne. Wir hoffen, sie werden nützlich sein für die Fastenzeit. Wir werden sie in sieben Teilen fortsetzen.

Betrachtungen über das Leiden und den Sterben Unseres Herrn Jesus Christus