Freitag, 21. August 2020

Lehrer, Prophet und Apostel in der gegenwärtigen Krise

Plinio Corrêa de Oliveira

Sollte mich jemand darum bitten, einen Standardapostel für unsere Zeit zu nennen, würde ich ohne zu zögern den Namen eines Missionars erwähnen, der im Jahre 1716 gestorben ist! Und wenn ich eine so überraschend verwirrende Antwort gebe, hätte ich das Gefühl, etwas vollkommen Natürliches zu tun. Denn bestimmte Männer, die in der Linie des Prophetischen stehen, befinden sich außerhalb der zeitlichen Umstände.

Um es mit dem Propheten Elias zu veranschaulichen: Innerhalb von hundert Jahren werden wir, die wir heute leben, vom Ablauf der Zeit überwunden sein, wie es heute die Menschen sind, die vor hundert Jahren gelebt haben. Wir werden rückständig, anachronistisch und verschimmelt sein. In zweihundert, dreihundert Jahren werden wir mehr oder weniger so verkrustet im Reich des Todes, der Schatten und der Geschichte sein, wie die ägyptischen Mumien, die in den Räumen des British Museum auf den Tag des Jüngsten Gerichts warten. Und was kann man über unseren „Zustand“ in tausend Jahren sagen? Doch es gibt jemanden, der lebt, sehr lebendig ist, der das letzte Wort eines modernen Apostels sein wird, nicht heute, sondern am Weltuntergang, wenn wir in den totalsten Anachronismus versunken sein werden. Jemand, der viel frühere Tage gesehen hat als die des brasilianischen Kaisers Pedro II, Pius IX. und Napoleon III. Noch frühere als die von hl. König Ludwig, Karl dem Großen, Attila, Cäsar Augustus und Jesus Christus. Es ist der Prophet Elias, der moderne Apostel! Ja, und sehr modern, nicht weil von ihm geschrieben steht, dass er am Geist und Tendenzen der Menschen, die dann am Ende der Zeiten leben werden, teilnimmt, sondern weil er von Gott als der ideal geeignete Mann zur Erde gesandt sein wird, um die Korruption der Menschen frontal zu bekämpfen. Elias wird modern sein, nicht durch die Annahme des Zeitgeistes in den letzten Jahren der Weltgeschichte – „passt euch nicht der Welt an“ warnt der hl. Paulus -, sondern weil er aktualisiert und geeignet für die Zeit sein wird. Aktualisiert in dem Sinne, dass er fähig wird dieser Zeit „Gutes“ zu tun. Geeignet, in dem Sinne, dass er die adäquaten Mittel haben wird, sie zurechtzuweisen. Und aus diesem Grund wird er sehr modern sein. Denn modern heißt nicht unbedingt, dem Weltgeist ähnlich zu sein, sondern oft sogar das Gegenteil. Modern sein bedeutet für einen Apostel die Fähigkeit, Gutes zu tun in der Zeit, in der er lebt...

Ohne einen Vergleich zu stellen zwischen dem hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort und dem Propheten Elias, der für eine offizielle Mission bestimmt ist, gibt es eine gewisse Analogie zwischen beiden. Denn in den Schriften des hl. Ludwig Grignion leuchten beeindruckende prophetische Lichter von rein privatem Wert. Und im Hinblick auf diese Analogie ist der französische Heilige ein Vorbild des Apostels für unsere Zeit und für die kommenden Jahrhunderte.

Der hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort wurde 1673 in Montfort-sur-Meu, Frankreich, geboren. Er stammte aus einer armen Familie, die nicht die Mittel hatte, für die notwendigen Studien zum Priestertum aufzukommen, die er schon früh anstrebte. Er ging nach Paris, wo er an einigen Abenden der Woche sich als Leichenwärter in der Pfarrei St. Sulpice bedingte, um seine Unterkunft im Seminar zu bezahlen. Nach einem ausgezeichnet erfolgreichen Studium wurde er 1700 zum Priester geweiht.

Angesichts des Ausmaßes der Schwierigkeiten, mit denen sein Apostolat in Frankreich konfrontiert war, und des Wunsches, den Heiden das Evangelium zu verkünden, ging der hl. Ludwig Maria nach Rom, um Clemens XI. eine Anweisung zu bitten. Der Papst veranlasste ihn, in seine Heimat zurückzukehren, um dort dem katholischen Volk zu predigen, das der Katechese und Erbauung benötigte. In den zehn Jahren, in denen der Heilige noch lebte, widmete er sich ganz dieser Tätigkeit und forderte insbesondere den Verzicht auf Lüsternheit und Weltgeist, die Liebe zur Buße und zum Kreuz und die kindliche Hingabe an Unsere Liebe Frau. Als Angehöriger des Dritten Ordens der Dominikaner verbreitete er weit und breit den Rosenkranz.

Als Opfer der wütenden Angriffe von Calvinisten und Jansenisten war er Gegenstand strenger Maßnahmen einer kleinen Anzahl französischer Bischöfe, die ihn nicht als Missionar in ihren Diözesen haben wollten.

Der Tod ereilte ihn, als er erst 43 Jahre alt war.

Er gründete zwei religiöse Kongregationen: die Gesellschaft Mariens und die der Töchter der Weisheit.

Unter seinen Schriften sticht die „Abhandlung von der wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria“ hervor, eines der hervorragendsten Werke der Mariologie aller Zeiten und vielleicht das höchste. Dieses bewundernswerte Buch wurde von ihm als Manuskript hinterlassen, verschwand nach seinem Tod auf mysteriöse Weise und tauchte Mitte des 19. Jahrhunderts durch göttliche Fügung wieder auf.

Er wurde von Leo XIII. 1888 seliggesprochen und Pius XII. schrieb ihn 1947 in den Katalog der Heiligen ein.

Dies ist ein kurzer Überblick des Lebens dieses großen Heiligen.

Wie viel Reichtum steckt in einer genaueren Untersuchung der Hauptaspekte dieses Lebens.

Die Renaissance löste in Europa einen Hang nach Belustigung, Opulenz und sinnlichen Freuden aus, der die Geister stark dazu veranlasste, die Dinge des Himmels zu unterschätzen und sich viel mehr mit denen der Erde zu beschäftigen. Daher nahm im 15. und 16. Jahrhundert der Einfluss der Religion auf die Mentalität der Menschen und Gesellschaften erheblich ab. Zusätzlich zu dieser aufkommenden religiösen Gleichgültigkeit kam oft eine Abneigung gegen die Kirche dazu, die bei einigen diskret und kaum wahrnehmbar war, bei anderen ausgeprägter und bei einigen bis zur äußersten militanten Feindseligkeit. Ein solcher Geisteszustand trug wesentlich zum Ausbruch des Protestantismus und zu den unter Humanisten so häufigen Manifestationen von Rationalismus und Skeptizismus bei. Die Gleichgültigkeit brachte natürlicherweise auch das Freidenkertum hervor.

Aber dieser Sauerteig griff nicht sofort die gesamte Gesellschaft an. Zunächst dominierten mit Unterstützung einer Reihe von Souveränen nur bestimmte Elemente mit hohem Einfluss auf das geistige Leben, den Adel und den Klerus. Allmählich erreichten sie jedoch die tieferen Gewebe des sozialen Körpers. Zur Zeit von hl. Ludwig Grignion kann man sagen, dass dieser Einfluss in allen Bereichen spürbar war: Die Politik war laizistisch geworden, die alte organische und christliche Gesellschaft wurde vom Absolutismus des neucäsarischen und neuheidnischen Staates halb verschluckt, der Einfluss der Religion auf das Leben aller sozialen Schichten hauptsächlich in den Eliten nahm ab, eine allgemeine Tendenz zu lockeren, „freien“ und leichteren Bräuchen verbreitete sich in allen Umgebungen, der Durst nach Vergnügen und Profit wuchs, der Geist der Welt drang sogar in eine Reihe religiöser Gemeinschaften ein, der Merkantilismus breitete seine Fangarme aus, um jede Existenz zu beherrschen. Im Allgemeinen war die damalige Lage der unserer Zeit sehr ähnlich.

Beträchtliche Unterschiede

Wenn die Analogie jedoch tiefgreifend, offensichtlich und unbestreitbar ist, wäre es unmöglich, von dort zu einer absoluten Gleichsetzung überzugehen. Der Körper, in dem die Keime im 15., 16. und sogar 17. Jahrhundert wirkten, war immer noch die robuste Gestalt des alten Christentums, das im Mittelalter erzeugt wurde. Eine Reihe von Institutionen, mentalen Gewohnheiten, Traditionen, Bräuche und Gesetzen spiegelten immer noch den Geist der organischen und christlichen Gesellschaft von früher wider. Wenn die absolute Monarchie den modernen Sozialismus voraussagte, verkörperte sie sich dennoch in den Königen des Gottes-Gnadentums, die sich immer noch als die Väter ihrer Völker im guten alten Stil eines hl. Ludwig IX. betrachteten. Wenn auch das internationale Leben mit den Verträgen von Westfalen säkularisiert wurde, gab es jedoch immer noch Spuren einer Christenheit, einer Familie von Königen und christlichen Völkern, die das Bewusstsein hatten, ein Ganzes außerhalb der heidnischen Welt zu bilden. Wenn die Gesellschaft auch weltlich geprägt war, fanden religiöse Streitigkeiten - wie die zwischen Jesuiten und Jansenisten - eine Resonanz, die sie in unserer Zeit niemals haben würden. Wenn die Gewohnheiten an den Höfen und in Städten locker waren, so gab es doch zahlreiche und auffällige Ausnahmen. Selbst der Skandal auf dem Thron eines Ludwig XIV. wurde gewissermaßen gesühnt durch seine Bekehrung und seinen vorbildlichen Lebenswandel nach seiner Heirat mit Mme. de Maintenon und ebenso der Fall von Mlle. de La Valière durch ihre beispielhafte Buße im Karmel. Mme. de Montespan wiederum starb christlich, der Herzog von Burgund, Enkel von Ludwig XIV., zeichnete sich durch seine Frömmigkeit aus, und die königliche Familie konnte noch im 18. Jahrhundert, neben dem schändlichen Lebenswandel von Ludwig XV., das Beispiel aufweisen der ungewöhnlichen Tugenden von zwei seiner Kinder, des Kronprinzen Ludwig und der Karmelitin Mme. Louise de France, die im Ruf der Heiligkeit starben. Wie streng die Analogien zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert auch sein mögen, wäre es offensichtlich übertrieben zu behaupten, das politische und soziale Leben sei damals vollständig oder fast vollständig laizisiert und heidnisch gewesen.

In der Geschichte der Neuzeit, d.h. im 16., 17. und 18. Jahrhundert, erwiesen sich die aus dem Neu-Heidentum der Renaissance gebildeten Keime zweifelsohne als zunehmend stark, was zur immensen Explosion von 1789 führte.

Vorläuferzeiten unserer Zeiten

Wenn wir diese Tatsachen aus Sicht des Papstes Leo XIII. in der Enzyklika „Annum ingressi sumus“ (Beim Eintritt in das 25. Jahr) betrachten, war die Französische Revolution eine Folge des Protestantismus. Und jene brachte den Kommunismus hervor. Dem Egalitarismus und religiösen Liberalismus des Abtrünnigen Mönchs von Wittemberg folgten der Egalitarismus und der politisch-soziale Liberalismus der Träumer, Verschwörer und Mörder von 1789. Darauf folgte Marx´ totalitärer, sozialer und wirtschaftlicher Egalitarismus.

Die protestantische Revolution war eine Vorläuferin der Französischen Revolution und diese des heutigen Kommunismus. Jede dieser Vorläuferformen enthielt bereits alle Giftstoffe, derer die ihr folgten. Es sind drei Seuchen, die nacheinander schwerwiegender sind, verursacht aber durch dasselbe Virus. Oder es sind drei nacheinander schwerwiegendere Phasen derselben Krankheit. Oder drei Stufen einer allumfassenden und universellen Revolution.

Ein Prophet erscheint im Lauf der Revolution

Der hl. Ludwig von Montfort war in diesem historischen Prozess ein wahrer Prophet. In einer Zeit, in der sich so viele berühmte Geister bezüglich der Situation der Kirche völlig unbesorgt fühlten und sich in einem lässigen, lauen, systematischen Optimismus wogen, lotete er mit einem Adlerblick die Tiefen der Gegenwart aus und sagte eine zukünftige religiöse Krise voraus, die an die Katastrophen denken lässt, denen die Kirche während der Revolution ausgesetzt wurde, d.h. die Einführung des staatlichen Säkularismus, die Errichtung der „konstitutionellen Kirche“, das Verbot des katholischen Gottesdienstes, die Anbetung der Göttin Vernunft, die Gefangenschaft und der Tod Papst Pius VI., die Massaker und Deportationen von Priestern und Ordensschwestern, die Einführung der Ehescheidung, die Beschlagnahme kirchlicher Güter usw. Mehr noch. Zu unserer Ermutigung und Freude prophezeite der Heilige einen großen und universellen Sieg der katholischen Religion in künftigen Tagen.

Hammer der Revolution

Der hl. Ludwig war nicht nur ein Prophet, sondern auch Missionar und Kämpfer. Als Missionar bekämpfte er unerbittlich den neuheidnischen Geist und tat alles Mögliche, um die Gläubigen von der Weltlichkeit und allem, was den bösen Geist der Renaissance ausmachte, fernzuhalten. Die Region, die er evangelisierte, war so tiefgreifend gegen das Virus der Revolution immunisiert worden, dass sie mit Waffen in der Hand gegen die republikanische und antikatholische Regierung in Paris aufstand. Es war die Chouanerie. Wenn der heilige seine Missionstätigkeit auf ganz Frankreich ausgedehnt hätte, wäre die Geschichte dieses Landes wahrscheinlich anders gewesen und auch die Geschichte der Welt.

Warum hat er Frankreich nicht ganz evangelisiert?

Als sehr effizienter Redner predigte er das Wort Gottes mit außerordentlicher Unerschrockenheit. Dies brachte ihm den Hass ein, nicht nur der Calvinisten, sondern auch einer der verabscheuungswürdigsten und einflussreichsten Sekten, die jemals die Kirche infiltriert haben, der Jansenisten. Es würde weit führen, die vielfältigen und komplexen Gründe zu nennen, warum der Jansenismus mit seiner angeblichen Strenge ein authentisches Produkt der religiösen Krise des 16. Jahrhunderts ist. Sicher ist, dass diese Sekte, die einen bedauerlichen Einfluss auf viele Gläubige, Priester und sogar Bischöfe, Erzbischöfe und Kardinäle hatte, einer Linie von Gedanken und Handlungen folgte, die für die Wiederherstellung des religiösen Lebens äußerst schädlich waren, die Seelen von den Sakramenten entfernte und stark gegen die Verehrung Unserer Lieben Frau kämpfte.

Im Gegensatz dazu hatte der hl. Ludwig eine leidenschaftlichste Andacht zur Heiligen Jungfrau und verfasste zu ihrem Lob die „Abhandlung von der wahren Andacht“, die heute die stärkste Grundlage aller tiefen marianischen Frömmigkeit darstellt. Andererseits brachte er aufgrund seiner Missionen die Menschen näher an die Sakramente heran, ereiferte sie zum Rosenkranzgebet, mit einem Wort, er schuf ein den Absichten der Jansenisten diametral entgegenwirkendes Werk.

Dies brachte ihm in den eigenen katholischen Kreisen eine offene Verfolgung, die ihm die größten Demütigungen vorbereitete. Es ist erstaunlich, dass so viele Prälaten, Geistliche und Laien im Namen der Nächstenliebe über die gerechte Strenge des Heiligen Stuhls in Bezug auf die Jansenisten irritiert oder besorgt waren, aber sparten im Geringsten an Bestrafungen, Feindseligkeiten oder Demütigungen gegen den hl. Ludwig. Man kann sagen, dass er einer der meist verachtete und gedemütigte Heilige in diesen zwanzig Jahrhunderten des kirchlichen Lebens war. Schließlich durfte er nur in zwei Diözesen seine Missionstätigkeit ausüben. Aber der neue Ignatius von Loyola, ließ sich in Ruhe und Gelassenheit nicht abhalten von der Wucht der antikatholischen Wellen des Hasses gegen seine Person, die getarnt unter einem Mantel der Frömmigkeit über ihn einbrachen. Und gedemütigt bis zum Ende, kämpfte er bis zum Ende.

Dieser außergewöhnliche Heilige hinterließ ein bewundernswertes Gebet, das spezielle Lehren und Lichter für unsere Zeit enthält, Gott um Missionare für seine Kongregation zu bitten. In diesem Monat Mai ist es nützlich, uns an die Engelgleiche Figur dieses hohen Paladins der Jungfrau zu erinnern. Im Juni, der dem Herzen Jesu geweiht ist, wollen wir sein bewundernswertes Gebet bringen und kommentieren.

Wie wir in der nächsten Ausgabe zeigen möchten, sieht man in diesem Gebet, dass der hl. Ludwig Maria betrachtete seine Zeit als Vorläufer einer immensen Krise, die bis heute andauert und bis zur Errichtung des Königreichs Mariens andauern wird. Und er selbst erscheint uns als Vorbild der Apostel, die berufen werden, um in dieser Krise zu kämpfen und den Kampf für Maria zu gewinnen. Dies ist die erhabene und tiefgreifende Bedeutung des hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort für die Apostel unserer Zeit.

Ein fruchtbares Meditationsthema in diesem Monat, in dem die Heilige Kirche zum ersten Mal - am 31. Mai - das Fest feiert, das den starken und zutiefst frommen Seelen so teuer ist, des Königtums Mariens.

 

Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

Catolicismo Nr. 53 – Mai 1955 – Doutor, Profeta e Apóstolo na crise contemporânea.

Die deutsche Fassung dieses Artikels ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Donnerstag, 13. August 2020

Lucilia Corrêa de Oliveira

  


„Ich danke Unserer Lieben Frau noch einmal - und mit welcher Ergriffenheit -, dass ich von Donna Lucilia geboren wurde, die ich so gut ich es vermochte, verehrt und geliebt habe. Und nach ihrem Tod ist kein Tag vergangen, an dem ich mich nicht mit unbeschreiblicher Zärtlichkeit an sie erinnerte. So bitte ich sie auch, sie möge mir bis zum letzten Augenblick mit ihrer unbeschreiblichen Güte beistehen. Ich hoffe, sie im Himmel unter der leuchtenden Schar der Seelen anzutreffen, die die Gottesmutter auf ganz besondere Weise geliebt haben.“

So schrieb Prof. Plinio Corrêa de Oliveira in seinem geistlichen Testament.

Seit der Geburt Gott anvertraut

Man kann die Figur dieses großen gegenrevolutionären katholischen Denkers nicht verstehen, wenn man von seiner Mutter, Frau Lucilia Ribeiro dos Santos Corrêa de Oliveira (1876-1968), absieht. Süße und fürsorgliche Mutter, sechzig Jahre lang begleitete sie ihn Schritt für Schritt, lehrte ihn die Grundlagen des Glaubens, beleuchtete ihn mit den Strahlen ihrer Tugenden, leitete ihn auf den Weg der Vollkommenheit und ermutigte ihn bis zur letzten Stunde: „Ich liebte sie bis zum Äußersten wie ein Kind seine Mutter lieben kann“. Diese Liebe ging weit über die rein menschliche Ebene hinaus und fand ihre endgültige Grundlage, ihren vollkommensten Ausdruck im gemeinsamen katholischen Glauben, d.h. im Leben der göttlichen Gnade.

Als unvergleichliche Erzieherin wusste Donna Lucilia, wie sie die Seele ihres Sohnes mit dem katholischen, apostolischen und römischen Glauben prägen konnte, dem er sein ganzes Leben widmen wird. Als diese noble Dame ihre Seele Gott übergab, verdiente sie das größte Lob, das ein Sohn seiner Mutter geben kann: „Meine Mutter hat mich gelehrt, unseren Herrn Jesus Christus zu lieben, sie hat mich gelehrt, die heilige katholische Kirche zu lieben. (...) Ich habe etwas von ihr erhalten, das sehr ernst genommen werden muss: den römisch-katholischen apostolischen Glauben und die Andacht zum Heiligsten Herz Jesu und zu Unserer Lieben Frau.“

Die Geburt ihres Sohnes ist auf ihr christliches Heldentum zurückzuführen. Während ihrer Schwangerschaft sagte ihr Arzt, dass die Geburt riskant sei und dass sie oder das Baby höchstwahrscheinlich sterben würde. Er bat sie daher, die Möglichkeit einer Abtreibung in Betracht zu ziehen. Donna Lucilia antwortete ruhig, aber fest: „Doktor, das ist keine Frage, die man einer Mutter stellen sollte! Sie hätten das nicht einmal in Erwägung ziehen sollen!“

Dann beschloss sie, sich in die Hände Gottes zu geben und ihm das ungeborene Kind zu weihen. Viele Jahre später schrieb sie an ihren Sohn: „Plinio, Du weißt, dass Du Gott anvertraut wurdest, bevor Du geboren wurdest. Daher wirst Du im Glauben und in der Liebe zum Herrn nichts anders als glücklich sein. Umso mehr, als ich Tag und Nacht für Dich bete und es selbstverständlich ist, dass die Gebete einer katholischen Mutter, auch wenn sie wenig Verdienste hat, von Unserer Lieben Frau, auch sie einer Mutter, und von Unserem Herrn Jesus Christus angenommen werden.“

Es ist nicht überraschend, dass die ersten Worte, die Plinio im Alter von nur sechs Monaten aussprach, „Jesus“ und „Maria“ waren. Als Antwort auf die Frage „Wo ist Jesus?“ zeigte der Junge mit dem Finger auf eine Statue des Heiligsten Herzens, die seine Mutter im Schlafzimmer hatte. Die tiefe Hingabe von Donna Lucilia durchdrang die gesamte Wohnung und schuf ein Umfeld der Gelassenheit und Frömmigkeit, aus dem Plinio seit seiner Kindheit trank.

Die Rolle von Donna Lucilia endete nicht damit, Plinio zum Taufbecken zu bringen und ihn zur Erstkommunion vorzubereiten. Sie verbrachte ihr ganzes Leben damit, ihm eine solide katholische Ausbildung zu geben, die Grundlage für das außergewöhnliche Apostolat, das er später ausführen würde. Donna Lucilia brachte Plinio und seiner Schwester persönlich den ersten Katechismus bei. Diese Lehre wurde mit dem Herzen gemacht: „Ich war vollkommen davon überzeugt, dass Jesus Gott war, weil meine Mutter es sehr deutlich machte, als sie aus der Heiligen Schrift erzählte.“ Im Alter von vier Jahren stand der kleine Plinio auf einem Tisch, um die Lektionen seiner Mutter vor einem „Auditorium“ zu wiederholen, das aus verschiedenen Hausangestellten bestand!

„Eine authentisch katholische Dame“

Professor Plinio Corrêa de Oliveira ergriff nie die Initiative, über seine Mutter zu sprechen. Auf Drängen seiner engsten Freunde ließ er jedoch manchmal die Gefühle seines Herzens überfluten. Einmal erinnerte er sich an ihre mütterliche Gestalt und erklärte:

„Sie war eine authentische katholische Dame. (...) Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr sie mich im Leben inspiriert hat. (...) Ich habe ihre schöne Seele ständig und sehr sorgfältig unter die Lupe genommen und bin immer zu dem gleichen Schluss gekommen: Sie war eine katholische Dame! Deshalb habe ich sie so begeistert geliebt. Ihre Seele war so schön, dass ich sie, auch wenn sie absurderweise die Mutter eines anderen gewesen wäre, genauso geliebt und einen Weg gefunden hätte, immer in ihrer Nähe zu sein.“

Die Andacht, die das Leben von Donna Lucilia charakterisierte, war ohne jede andere die des Heiligsten Herzens. Sehr oft ging die junge Mutter mit dem kleinen Plinio und seine Schwester Rosée in die dem Heiligsten Herzen Jesu geweihte Kirche, die sich in der Nähe ihres Hauses befand. Hier, in dem übernatürlichen Klima, das diesen Tempel umwob, wurde seine Vision der katholischen Kirche gebildet, die sich tief in seinem Geist einprägte. „Ich habe verstanden - erinnert er sich -, dass der Ursprung ihrer Wesensart in ihrer Hingabe an das Heiligste Herz Jesu durch die Jungfrau Maria lag.“

Von der mütterlichen Liebe zur marianischen  Andacht

Prof. Plinio Corrêa de Oliveira schuldet seiner Mutter auch die Erfahrung der Liebe, etwas, das niemals unterschätzt werden kann:

„Meine Mutter war eine ausgezeichnete Trösterin. Als ich mich wegen eines Leidens oder Problems an sie wandte, genügte es, ihre samtene Stimme zu hören: „Mein Kind, was hast du?“. Damit war die Hälfte des Problems schon gelöst... Die Zuneigung meiner Mutter war verlockend. Als ich klein war, wachte ich manchmal nachts auf, nur damit sich meine Mutter neben mich setzte und mich streichelte und mir das Kreuzzeichen auf die Stirn machte. Es war wie ein duftender und beruhigender Balsam, bei dem ich mich gut fühlte.“

„Diese Zuneigung hat unabhängig von den Umständen oder meinem Gesundheitszustand nie nachgelassen. Ich wusste, dass ich mich immer voll und ganz auf meine Mutter verlassen konnte. Als Unsere Liebe Frau mir die Gnade gab, das Salve Regina zum ersten Mal zu hören, habe ich vollkommen verstanden, dass die Liebe meiner Mutter mich zu der unbeschreiblich höheren, vollkommenen und himmlischen der Mutter Gottes veranlasst hatte. So entstand meine Andacht zur Muttergottes.“

Sehr liebevolle aber standhafte Mutter

Donna Lucilias Seele war von einer immensen Fähigkeit zur Zuneigung geprägt. „Sie besaß eine enorme Zärtlichkeit - erinnert sich ihr Sohn - sie war sehr liebevoll als Tochter, sehr liebevoll als Schwester, sehr liebevoll als Frau, sehr liebevoll als Mutter, als Großmutter und sogar als Urgroßmutter. Sie drückte ihre Zuneigung so weit wie möglich aus. Aber ich habe den Eindruck, dass eines in ihr den Ton für all diese Zuneigungen gab: die Tatsache, vor allem Mutter zu sein!“

Diese enorme Zärtlichkeit war jedoch weder weich noch nachgiebig. In der Tat wurde sie vervollständigt durch eine klare Vorstellung des Widerspruchs zwischen Gut und Böse, zwischen Wahrheit und Irrtum, zwischen Schönheit und Hässlichkeit und die daraus resultierende Ablehnung von allem, was schlecht, falsch oder gemein ist. Als Donna Lucilia beispielsweise das Wort „Teufel“ aussprach, drückte sie einen solchen Ekel aus, dass der Hörer einen natürlichen Schrecken über den Feind der Menschheit bekam.

Dazu kommentiert Prof. Plinio Corrêa de Oliveira:

„Es gab einen Aspekt in meiner Mutter, den ich sehr schätzte: ununterbrochen und bis in die Tiefen ihrer Seele war sie eine vollkommene Dame! Im Umgang mit ihren Kindern behielt sie eine mütterliche Überlegenheit, die mich davor warnen ließ, dass ich viel Schaden anrichten würde, wenn ich versehentlich gegen ihre Autorität verstoßen, und dadurch ihr große Traurigkeit verursachen würde. Das wäre gleichzeitig eine Brutalität und eine Bosheit von mir. Sie war eine Dame, die in allen Lebensbereichen die richtige Ordnung walten ließ.“

„Ihre Autorität war höflich. Manchmal bestrafte sie ein wenig. Aber selbst darin oder im Tadeln war ihre Milde so offensichtlich, dass sie die Person tröstete. Der Tadel schloss Wohlwollen nicht aus. Sie war immer bereit, auf die Rechtfertigungen der Kinder zu hören. Güte war die Essenz ihrer Herrschaft. Das heißt, es war eine Überlegenheit, die aus Liebe zur hierarchischen Ordnung der Dinge ausgeübt wurde.“

„Ihre Erziehungsart war daher sowohl streng als auch mild. Zu Hause ließ sie nie aus einer Laune heraus eine Zeitumstellung zu. Ihre Tage waren von bestimmten Gewohnheiten geprägt. Sie bestand immer auf regelmäßigen Gebeten morgens und abends sowie vor jeder Mahlzeit.“ Ihre Sorgfalt war so, dass Prof. Plinio sie später liebevoll als „Lady Perfection“ nannte.

Darüber hinaus muss man ihre Sorgfalt in Betracht ziehen den ihrem eigenen sozialen Rang angemessenen Benehmen einzuhalten.

Aristokratische Dame

Tatsächlich gehörte Donna Lucilia zur traditionellen Klasse der „vierhundert Jahre alten Paulistaner Familien“, d.h. sie stammte von den Gründern oder den ersten Einwohnern der Stadt São Paulo ab. Sie verkörperte den besten Geist der alten paulistanischen Aristokratie und der vornehme menschliche Umgang war eine Konstante in ihrem Leben, gleichsam mit der Freundlichkeit der Manieren.

Dieses Merkmal hatte nichts Weltliches an sich. Als 1961 ihr Ehemann, der Anwalt João Paulo Corrêa de Oliveira, starb, hörte sie auf, Schmuck zu tragen. Auf die Frage ihres Sohnes nach dem Grund für diese Geste antwortete sie: „Eine Dame schmückt sich wegen des Ehegatten. Jetzt habe ich keinen Grund mehr dazu“.

Donna Lucilias aristokratischer Geist entsprang ihrer intensiven Liebe zu Gott. Die Vollkommenheit schöner Manieren ist die Frucht einer Aszese, die nur mit einer beträchtlichen Anstrengung der Tugend erreicht werden kann. Der Mensch besteht aus Seele und Leib. Das Leben der Seele ist dazu bestimmt, sich durch das des Leibes sinnvoll zu manifestieren, die Nächstenliebe, sich mit äußeren Höflichkeitsbewegungen auszudrücken. Höflichkeit ist ein sozialer Ritus, der von der christlichen Nächstenliebe genährt wird und auch zur Ehre Gottes angeordnet ist.

„Majestätischer Heimgang“...

Am 21. April 1968 verbrachte Donna Lucilia die letzten Momente ihres Lebens ruhig. Sie lag mit geschlossenen Augen im Bett und bewegte kaum ihre Lippen in einem ständigen Gebet zum barmherzigen Gott. Als sie spürte, dass die letzte Stunde gekommen war, hob sie die rechte Hand und machte mit einer zarten, aber festen Geste ein großes Kreuzzeichen. Dann kreuzte sie ihre Arme über die Brust und entschlief in großer Milde. Am nächsten Tag wäre sie zweiundneunzig geworden.

Ein Verwandter kommentierte später: „Sie schied mit Majestät aus einem Leben, das sie mit Ehre zu führen wusste.“

 

Aus dem Italienischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in

https://www.atfp.it/rivista-tfp/2005/76-ottobre-2008/254-donna-lucilia-correa-de-oliveiraOttobre 2005

eingesehen am 23.04.2020

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