Das eindrucksvolle und tiefgründige Gebet
von Monsignore Joseph Gawlina im Namen der katholischen Priester hinter dem
Eisernen Vorhang (s. Gebet für die inhaftierten Priester in https://r-gr.blogspot.com/2025/07/gebet-fur-die-inhaftierten-priester.html), das diese Zeitung („Catolicismo“) in ihrer Dezemberausgabe
veröffentlichte, hat die Aufmerksamkeit unserer Leser stärker denn je auf die
Pflicht zum Kampf gegen den Kommunismus gelenkt. Dies ist für uns eine
willkommene Gelegenheit, dem Thema Antikommunismus einige Überlegungen zu
widmen.
Der Hintergrund dieser Überlegungen ist
einfach, komplex und dramatisch zugleich. Es gibt eine äußerst einfache Frage,
die das gesamte Thema beherrscht. Da der Kommunismus weltweit von einer
Minderheit getragen wird und Gold, Kanonen und Kultur in den Händen der
gegnerischen Mehrheit liegen, wie lässt sich erklären, dass diese angesichts
einer möglichen Niederlage erstaunt und sprachlos sind? Die passende Antwort
auf diese Frage ist eine der komplexesten. Andererseits bringt dieser Zustand der
Panik die dramatischsten Folgen mit sich, wie die Lähmung von Initiativen, die
Hemmung von Reaktionen und die Zersplitterung von Bemühungen.
Man könnte dasselbe Problem auch mit der
Frage betrachten, warum in einer Welt, in der es so viele Antikommunisten gibt,
die Projekte, die angeblich die rote Bedrohung bekämpfen sollen, – zumindest
relativ – so wenig Unterstützung finden.
Diesem Problem wollen wir uns widmen.
Zunächst müssen die Lehren und
Denkgewohnheiten einer über hundert Jahre alten liberalen Strömung als Ursache
für die Apathie so vieler Menschen gegenüber dem kommunistischen Problem
genannt werden. Der Liberale hat Gewissheiten oder kann sie zumindest haben.
Aber es sind schwache, schwankende Gewissheiten. Eine Gewissheit ist nur dann
kraftvoll, wenn sie angesichts von Widersprüchen standhaft bleibt und sogar an
Stärke gewinnt. Und diese Standhaftigkeit besteht nicht nur darin, die
gegenteilige These abzulehnen, sondern sie als falsch zu brandmarken, sie zu
denunzieren und zu verfolgen. Denn angesichts von Irrtum oder Bösem liegt Mut
nicht einfach darin, die Zusammenarbeit zu verweigern, neutral zu bleiben und
die Arme zu verschränken, sondern zu reagieren, anzuprangern und zu kämpfen.
Dem widerstrebt dem liberalen Geist. Der Liberalismus hat nichts dagegen, wenn
jemand eine der elementaren und grundlegenden Wahrheiten bekräftigt, die der
Kommunismus brutal leugnet: das Recht eines jeden, sich zum katholischen
Glauben zu bekennen und ihn zu verbreiten, das Recht, eine gesetzlich
anerkannte und geschützte Familie zu gründen, das Recht auf Eigentum und die
freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft. Doch von hier bis hin zur
Erklärung, dass gegensätzliche Positionen falsch, offensichtlich falsch,
monströs falsch sind, liegt für den Liberalen ein Abgrund. Und die Bekämpfung
der sowjetischen Propaganda mit Energie, Ausdauer und Einsicht führt in einen
weiteren Abgrund. Der Liberale überwindet diese Abgründe nicht. Träge, lauwarm,
selbstgefällig verschränkt er die Arme. Theoretisch befürwortet er eine Welt,
die auf Religion, Familie und Eigentum basiert. In der Praxis wird es nichts
daran ändern, dass die Welt – wenn man das überhaupt als „Aufbau“ bezeichnen
kann – auf Atheismus, freier Liebe und Kollektivismus aufgebaut wird.
Natürlich ist eine solche abweichende
Haltung nicht immer bewusst. Manchmal äußert sie sich in klangvollen, aber
hohlen Formeln, die einen schrecklichen Wunsch offenbaren, nicht zu kämpfen.
* * *
Eine davon ist die Behauptung, der
Kommunismus werde nicht mit Waffengewalt oder Polemik bekämpft, sondern
ausschließlich mit Schulen, Hilfsprojekten und „Dialogen“.
Diese These enthält einige
Wahrheitsfragmente, in denen jedoch zahlreiche Irrtümer, einige der
eklatantesten, schlummern.
Es stimmt, dass die Desorganisation des
irdischen Lebens, ob intellektuell oder materiell, eine Atmosphäre schafft, die
dem Kommunismus förderlich ist. Theoretisch wirken daher diejenigen, die gute
Bildung, soziale Fürsorge und Wohlstand fördern, dem Kommunismus entgegen.
Mehr noch. In dem Maße, wie die herrschenden
Klassen ihre Pflicht vernachlässigen, die geistigen und materiellen Interessen
des Volkes zu schützen, liefern sie kommunistischen Intrigen einige der
notwendigen Vorwände, um Klassenkämpfe zu entfesseln.
Damit bestreitet niemand die Legitimität,
die Notwendigkeit und die Dringlichkeit, den bedürftigen Klassen geistige und
materielle Hilfe zukommen zu lassen.
All dies ist so klar, so offensichtlich,
dass es banal wird. Wir stellen es kategorisch fest, nur um Missdeutungen zu
vermeiden.
Doch lassen Sie uns nun die Irrtümer und
Missverständnisse aufzählen, die in diesen Wahrheiten schlummern.
Vor allem ein Missverständnis: Man denke
nicht, der Hauptgrund, warum wir den Armen Gutes tun sollten, sei die Angst vor
dem Kommunismus. Der Hauptgrund ist die Liebe zum Nächsten aus Liebe zu Gott.
Selbst wenn die kommunistische Gefahr nicht existierte, wären wir verpflichtet,
den Armen mit Gerechtigkeit und Nächstenliebe zu begegnen.
Zweitens: Man denke nicht, die
kommunistische Gefahr resultiere aus Unwissenheit und Armut, sodass der Kommunismus
aufhören würde zu existieren, wenn diese beseitigt würden. Es besteht ein
wesentlicher Unterschied zwischen Ursache und günstigen Umständen.
So könnte beispielsweise das Fehlverhalten
der Geistlichen in einem bestimmten Land einen Faktor darstellen, der den
Antiklerikalismus begünstigt. Es wäre jedoch absurd daraus zu folgern, dass in
diesem oder in jenem Land der Antiklerikalismus existiert aufgrund des
Fehlverhaltens des Klerus. Erstens, weil der Antiklerikalismus an sich ein
Phänomen der Ireligion ist, der viel tiefere ideologische und moralische
Ursachen hat. Zweitens, da es sehr antiklerikalische Regionen mit einem guten
Klerus gibt und schließlich auch Städte mit lauen Geistlichen oder sogar
Skandalösen, in dem kein Ausbruch des Antiklerikalismus verzeichnet wurde.
In gleicher Weise begünstigte die
Gleichgültigkeit so vieler Bürger gegenüber dem Elend des Volkes sicherlich die
Verbreitung des Kommunismus. Aber es wäre lächerlich, dies als Hauptursache für
diese Tatsache zu sehen. Dies resultiert aus einem ganzen spirituellen,
kulturellen und moralischen Klima. Wenn der Kommunismus ein bloßes Produkt des
Hungers wäre, könnte er in reichen Umgebungen nicht entstehen. Es ist aber es offensichtlich,
dass er sich in bestimmten bürgerlichen Kreisen energisch entwickelt, in denen
es keinen Hunger, Lehrer, Studenten, Schriftsteller gibt. Und noch mehr, in
bestimmten „Ultrabürgerlichen“ Kreisen, in denen der Überfluss sein Höhepunkt
erreicht: Menschen der Gesellschaft, hohe Finanziers, Politiker der großen
Projektion usw.
Und deshalb ist es falsch, dass es mit
Öffnung von Schulen und Hilfsinstitutionen, Gehälter zu verbessern usw. ausreicht
um den Kommunismus zu beseitigen. Die antikommunistische Reaktion auf dieses
verdienstvolle und friedliche Feld zu beschränken, ist offenkundig unzureichend,
es ist fast genauso wie die Arme vor dem Gegner zu verschränken.
* * *
Gleiches gilt mutatis mutandis auf internationaler Ebene. Es gibt unter uns die,
die Einweihung eines internationalen Dating-Regimes erwarten, begleitet von
Banketten, Toast, Lächeln und vielen Zugeständnissen an den Osten, würde hinter
dem Eisernen- und Bambusvorhang eine psychische Entspannung, ein Klima der Lauheit,
der Zuneigung, Gutmütigkeit und Herzlichkeit einführen, das den Frieden retten
würde. Von wo aus der Kampf gegen den Kommunismus im Lächeln, Bankgeschäft und
Geben bestehen würde.
Dass es nützlich für die Sache des
Friedens sei, die Probleme mit dem Osten in einer polierten und sogar höflichen
Umgebung zu behandeln, kann niemand leugnen. Dass einige kleine Zugeständnisse
erforderlich sein können, um dieses Ambiente zu fördern, ist offensichtlich.
Aber zu glauben, dass die Vorteile dieser Politik weiter gehen können und dass
unser Lächeln die Gabe der Lyra des Orpheus hat, wodurch die Bestien besänftigen
und mild gemacht werden können, und die kommunistischen Führer väterlich und
sogar gutmütig gestimmt werden, kann nur durch extremster Naivität oder durch tiefsten
Willen nicht zu kämpfen, erklärt werden.
Wir wollen niemanden verletzen. Aber um
das vorliegende Thema ganz und ehrlich anzusprechen, müssen wir ehrlich sagen,
das diese Ansicht total primär ist. Denn es zeigt die völlige Unkenntnis was
das Böse ist, seine Faszination für die widerspenstigen Leidenschaften des
gefallenen Menschen, die Macht des Irrtums und des Teufels usw. Nur so versteht
man, dass man meint mit Lächeln, mit diplomatischen Banketten, mit kleinen
Ballsaalannehmlichkeiten, die Festung des marxistischen Anti-Christen besiegen
zu können.
Als die Muttergottes in Fatima zu den
Hirtenkindern sprach, empfahl Sie andere, viel tiefere Mittel, unter anderen
die moralische Bekehrung und die Buße. Und der Heilige Vater Pius XII., der
übrigens so bewusst allen guten und schlechten Menschen, mit väterlichem
Antlitz und offenem Herzen die Botschaft von Fatima wiederzugeben, und das
Thema „sub speciae Aeternitatis“
behandelte, legte das Beste seiner Hoffnung, der Lösung des kommunistischen Problems,
in der Weihe Russlands an das Unbefleckte Herz Mariens
* * *
So gibt es also keine Möglichkeit, den
Kommunismus nur durch extra-militante Handlungen zu zerstören. Es ist
notwendig, eindeutig eine Position gegen ihn einzunehmen. Der kommunistischen
Propaganda ist es notwendig, mit einer eindeutig antikommunistischen Reaktion entgegenzutreten.
Aber der liberale Geist, der jedem Kampf
feindlich ist, erhebt auch hier noch eine Schwierigkeit: „Ich bin absolut gegen eine antikommunistische Aktion“, sagte mir
eine bestimmte Person. „Denn jede Aktion
ANTI ist negativ. Und alle Ideale, die sich in negativer Form präsentieren
werden, sind nichts als Verneinungen und daher sind sie falsche Ideale!"
Arme Ausrede, die scheint den natürlichen
Grenzen der menschlichen Sprache nachzukommen, die aus dem ersten Sündenfall stammt,
drückt Konzepte höchster und positivster Art aus, die es wert sind, Ideale des
Lebens in negativer Form zu auszudrücken.
Das am wenigsten Negative ist die
Unfehlbarkeit des Papstes. Man könnte den Zustand der Unabhängigkeit eines
Volkes, die Unschuld einer Jungfrau, den unerschütterlichen Glauben eines
Katholiken, die unbestreitbare Ehre einer Frau, den unveräußerlichen Ruhm eines
Mannes, die Unerschütterlichkeit eines Meisters in seinem Stuhl, den
unschätzbaren Wert eines Juwels, den unermesslichen Reichtum eines Finanziers,
die unermessliche Güte eines Herzens, die unfehlbare Beständigkeit eines
Freundes, den unverzichtbaren Dienst eines Mitarbeiters, das unbestreitbare
Recht des Arbeiters auf seinen Lohn, das unauflösliche Band der Ehe, das
unzweifelhafte Wort des guten Mannes, die unerschöpfliche Nachsicht einer
Mutter, die unbeschreibliche Schönheit eines Panoramas, die unendliche Dauer
des ewigen Glücks, das unsterbliche Leben der Seele, die makellose Weiße eines
Gewandes, die unergründliche Weisheit eines Theologen, das unanfechtbare Urteil
eines Richters, die unantastbare Festigkeit der Argumentation, die
unerschütterliche Vertrauen in die Seele eines Missionars usw.
Daher ist es falsch zu behaupten,
antikommunistisches Handeln sei negativ nur, weil es negativ formuliert ist.
Der positive Charakter eines solchen
Handelns lässt sich jedoch, wenn es richtig verstanden wird, viel besser
belegen, indem man es inhaltlich analysiert.
Dieser Aufgabe werden wir uns, Deo volente, in einem anderen Artikel
widmen (siehe Catolicismo Nr. 66, Juni 1956).
* * *
Von nun an können wir jedoch sagen, dass
die positivste Arbeit auf Erden die Errichtung des Reiches Mariens ist.
Antikommunistisches Handeln ist, sofern es darauf abzielt, die erbittertsten
Gegner dieses Reiches zu vernichten, eine intrinsisch positive Handlung, selbst
wenn ihr Aspekt lediglich negativ ist.
Aus dem portugiesischen von „Anticomunismo e o Reino
de Maria“ in Catolicismo von Februar 1956
Die deutsche Fassung
dieses Artikels „ANTIKOMMUNISMUS UND DAS KÖNIGREICH MARIENS“ ist erstmals
erschienen in www.p-c-o.blogspot.com
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