Plinio Corrêa de Oliveira schrieb folgenden Artikel für die katholische spanische Zeitschrift
“Cristiandad” - Barcelona - Nov. 1958
Wer die Geschichte mit
den Augen des Glaubens betrachtet und in ihrem Lauf die Eingriffe der Vorsehung
zu Gunsten der Heiligen Kirche herauszufinden weiß, wird die beeindruckende
Übereinstimmung und Harmonie zweier Heiligen bemerken: des hl. Ludwig Maria
Grignion von Montfort und der hl. Margareta Maria Alacoque.
Als sich die revolutionäre Krebsgeschwulst bildete
Beide lebten in Frankreich in einer höchst wichtigen
Zeit der Weltgeschichte. Im tiefsten Grund der französischen Gesellschaft
entwickelten sich weiterhin mit aller Kraft die Keime der ideologischen
Bewegungen des 16. Jahrhunderts. Noch unauffällig verbreiteten sich wie ein
unterirdischer reißender Wasserstrom die Tendenzen in Richtung Rationalismus,
Laizismus und Liberalismus in den einflussreichsten Kreisen der Gesellschaft. Der
langsame aber unerbittliche Untergang der Aristokratie und der Zünfte der Handwerker
und Händler, und gleichzeitigem immer sichtbareren Aufstieg des Bürgertums,
bereitete von Weitem schon die gesellschaftliche Form her, die die Revolution
von 1789 hervorbringen würde.
Mit einem Wort, lange im Voraus aber seit ihrem Anfang
mit einer Kraft ausgestattet, die sich bald als menschlich fast unaufhaltsam
erweisen sollte, wuchs die Revolution wie ein Krebsgeschwür in den Eingeweiden
eines noch gesunden Organismus.
Historische Prozesse wie dieser müssten vorzüglich in
ihrem Keimstadium aufgehalten werden. Denn, wenn man seine Entwicklung zulässt,
wird es immer schwerer sie abzuwürgen.
Der Eingriff der
Vorsehung, um die Revolution zu vermeiden
So ist es wichtig hervorzuheben, dass genau in dem
Moment, in dem eine Aktion zur Abwehr der Revolution am zweckmäßigsten und
wirksamsten schien, die Vorsehung in Frankreich zwei Heilige mit einer
eindeutigen und speziellen Aufgabe in diese Richtung hervorrief. Eine Aufgabe,
die sich hauptsächlich und direkt an die „erstgeborene Tochter“ der Kirche
richtete, aber indirekt der ganzen Welt zugute kommen würde. Denn einerseits
hätte die Vernichtung „in ovo“ der revolutionären Keime in Frankreich die
Katastrophen der Revolution für die ganze Welt verhindern können; andererseits würde
ein hervorragender Sieg der Religion in einem führenden europäischen Land im
18. Jahrhundert unvorstellbare Auswirkungen in der religiösen und kulturellen
Geschichte der Menschheit hervorbringen.
König Ludwig XIV. regierte von 1643 bis 1715. Die hl.
Margareta Maria lebte von 1617 bis 1690. Der hl. Ludwig von Montfort wurde 1673
geboren und starb 1716. Wie man sieht, geschahen die Mission der heiligen Nonne
im Orden der Schwestern der Heimsuchung, der das Herz Jesu seine Botschaft der
Liebe offenbarte und die Predigten des großen Apostels, der die „wahre Andacht
zur Heiligsten Jungfrau“ gelehrt hat in der gleichen Zeit der Regierung des
Sonnenkönigs.
Der antirevolutionäre
Sinn der Botschaft von Paray-le-Monial
Die Leser von „Cristiandad“ kennen sicher schon die
Bitten, die Unser Herr über die hl. Margareta Ludwig XIV. zukommen ließ. Sie
wissen, dass das Herz Jesu für Frankreich große Prüfungen voraussagte, aber
auch versprach, sie verhindern zu können, wenn seine Bitten gehört werden würden.
Sie wissen auch, da Ludwig XIV. den Bitten Unseres Herren nicht nachkommen
wollte – vielleicht durch heute noch nicht bekannten Informationen und Machenschaften
–, versprach Ludwig XVI. während seiner Gefangenschaft im Tempel, die Bitten
Jesu zu erfüllen. Doch es war zu spät. Die Revolution ging ihren eingenommenen
Kurs weiter, zu unser aller Unglück.
Wichtig ist aus diesen Fakten im Moment festzuhalten,
dass vom Zentrum Frankreichs, von Paray-le-Monial aus, die Vorsehung im
„Christlichsten Königreich“ einen Feuerherd der Frömmigkeit und ein Brennpunkt
der sittlichen Erneuerung entzünden wollte, um die später eintretenden
Katastrophen zu verhindern.
Im gleichen Sinn berief die Vorsehung im Westen
Frankreichs eine weitere Bewegung.
Vorläufer und Patriarch
der Gegenrevolution
So wie die hl. Margareta Maria, hatte auch der hl.
Ludwig von Montfort keine Spur von persönlichen politischen Gedanken. Er sah
für sein Vaterland und für die Kirche große Katastrophen voraus. Aber sein
Blick richtete sich ausschließlich auf die tiefen Ebenen in denen sich diese
Katastrophen vorbereiteten. Seine Schriften deuten eine religiöse und sittliche
Krise von großem Ausmaß an, aus der, wie aus der Büchse der Pandora, jede Art
von Übel hervortreten würde. Um diese Übel zu verhindern, sprach er seine
flammenden Predigten, die von den Bauern des frommen Westens gierig gehört
wurden. Es waren geistliche Lehren, die er in etlichen Werken zusammenfasste,
von denen die „Abhandlung von der wahren Andacht zu Maria“, der „Rundbrief an
die Freunde des Kreuzes“ und „Die Liebe zur ewigen Weisheit“ die wichtigsten
waren.
Diese drei monumentalen – leider wenig bekannten – Werke
gründlich analysiert, sind eine Widerlegung aller Irrlehren, aus denen das
Monstrum der Französischen Revolution später geboren würde. Eine Revolution
„sui generis“ (einzig in ihrer Art). Die Werke des hl. Ludwig hatten nicht
vorrangig das Ziel die zweifelnden, sinnlichen, naturalistischen Geister zu
überzeugen, dass sie im Irrtum waren. Seine wichtigste und größte Sorge war,
die eifrigen und lauen Katholiken vor diesen Irrtümern zu warnen und zu
bewahren. So bestand seine ganze Dialektik die Liebe zur Weisheit seinen Lesern
einzuschärfen, um sie vor dem Laizismus oder der Lauheit zu schützen; die Liebe
zum Kreuz den Menschen einzuschärfen, um sie gegen die Sinnlichkeit und die
tosende Genusssucht einer unsittlichen und mondänen Epoche zu bewahren; und die
Verehrung Mariens durch das „heilige Sklaventum“ den Menschen einzuschärfen, um
sie vor den ständigen Arglisten eines echten verdeckten Kalvinismus, wie es der
Jansenismus war, zu warnen.
In all seinen Werken ist die Dialektik die gleiche. Er
zeigt mit Argumenten aus der Heiligen Schrift, der Tradition, der
Kirchengeschichte und dem Leben der Heiligen, dass ein Katholik keinesfalls mit
dem Zeitgeist paktieren darf, und dass jede Mittelstellung zwischen diesem
Geist und dem Frömmigkeitsleben nichts weiter als ein gefährliches Blendwerk
der Sinne oder des Teufels ist.
Maria in den Predigten
des hl. Ludwig
In diesem gesamten System muss hervorgehoben werden,
dass die Verehrung der Muttergottes, besonders als Königin des Weltalls, als
Muter Gottes und der Menschen und als Mittlerin aller Gnaden eine absolut
zentrale Rolle spielt. Durch diese Andacht kann der Gläubige die Weisheit und
die Liebe zum Kreuz von Gott erhalten. Denn Maria ist das Mittel, durch das
Jesus zu uns kam und durch das wir zu ihm gehen sollen. Je mehr wir mit Maria
vereint sind, desto mehr werden wir mit Jesus vereint sein. Der Heilige Geist
bildet Jesus in den marianischen Seelen, die intensiv, glühend und kindlich
marianisch sind. Ohne Maria scheitern die größten Bemühungen zur persönlichen
Heiligung. Mit ihr aber ist alles erreichbar, was unserer Schwachheit
unerreichbar scheint, alle Wege werden frei, alle Türen öffnen sich, und unsere
Kräfte, die wir aus dem Kanal der Gnaden schöpfen, vervielfältigen sich. Das
wichtigste ist also, ein wahrer Verehrer Mariens zu sein.
Doch es gibt auch Fälschungen dieser Andacht. Der
Heilige weist sie aus und warnt uns vor den Minimalisten und vor allem vor
denen, die sich mit einer hohlen Andacht, die nur aus äußerlichen Formeln und
Frömmigkeitsübungen besteht. Die vollkommene Andacht lehrt er uns: Sie besteht
darin, dass wir Sklaven Mariens werden und ihr alle unsere geistlichen und
zeitlichen Güter übergeben und alles für sie, mit ihr und in ihr tun.
Gegenrevolutionäre
Früchte der Predigten des hl. Ludwig
Der hl. Ludwig war ein großer Verfolgter. Prälaten, Fürsten
der Kirche, die Regierung bekämpften ihn heftig. Nur der Papst und einige
wenige Bischöfe in Frankreich unterstützten ihn. In der Bretagne, im Poitou und
Aunis konnte er frei predigen, was der Bevölkerung für Generationen zur
Erhaltung des Glaubens zugute kam. Als während der Revolution die christliche
Zivilisation Helden benötigte, um sie in Frankreich zu verteidigen, erhoben sie
sich mehr oder weniger im ganzen „Christlichsten Reich“. Aber in einer gewissen
Region griff das ganze Volk zu den Waffen und bauten eine massive, kompakte,
ungestüme und unbeugsame Reaktion auf. Die „Chouans“, dessen Gedenken kein
Katholik ohne eine tiefe und religiöse Ergriffenheit hervorrufen kann, waren
die Enkel der Bauern, die vormals der hl. Ludwig in die wahre Andacht zu Maria
eingeführt hatte. Wo der hl. Ludwig gepredigt hatte und angenommen wurde, bekam
die gottlose und frevelhafte Revolution keine Chance, es bildete sich, im
Gegenteil, ein Kreuzzug, eine Gegen-Revolution.
Die Bedeutung
der hl. Margareta Maria und des hl. Ludwig von Montfort in der Gegenwart
Es ist unbedeutend nachzuforschen in welchem Maße die
Bewegungen von Paray-le-Monial und der Vendée im 17. Jahrhundert sich
gegenseitig kannten. Die Wichtigkeit beider beschränkte sich nicht auf jene
Zeit. Als Kinder der Kirche in diesem tragischen 20. Jahrhundert können und
müssen wir beide Bewegungen unter einer einzigen Perspektive sehen, und in
dieser Einheit sie als einen geistlichen
Schatz betrachten.
Der wesentliche Zusammenhang ist heute so klar im
Gewissen eines jeden Gläubigen, dass es garnicht nötig ist, speziell darauf
hinzuweisen. Die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu ist der kostbarste,
äußerste, zärtlichste Liebeserweis Unseres Erlösers uns gegenüber. Der Weg um
zum Herzen Jesu zu kommen, ist die Mittlerin aller Gnaden. Und so geht man zum
Herzen Jesu durch das Herz Mariens. Diese Andacht zum Herzen Mariens, die der
hl. Antonius Maria Claret so sehr ins Licht setzte, scheint dem hl. Ludwig
nicht bekannt gewesen zu sein. Aber es ist der Verbindungspunkt zwischen der
Botschaft von Paray-le-Monial und der Verkündigung des marianischen Apostels
der Vendée. Ein Verbindungspunkt, der, nebenbei gesagt, sehr in der Botschaft
von Fatima hervorgehoben wurde.
Wir können sie in einem raschen Überblick gut verstehen,
wenn wir überlegen, was heute Frankreich und die christliche Zivilisation und
die Welt sein könnten, wenn beide Bewegungen, Paray-le-Monial und die Vendée,
in den 17. und 18. Jahrhundert siegreich hervorgegangen wären. An Stelle der
Revolution mit all ihren abscheulichen Folgen, die uns bis hin zum
gegenwärtigen Schlund mitgerissen haben, hätten wir ein Reich der Gerechtigkeit
und des Friedens. „Opus justitiae pax“ liest man auf dem Wappen Pius XII. Ja,
der Frieden Christi im Reiche Christi, von dem wir uns aber immer weiter
entfernen.
So haben wir also die enorme Aktualität der Botschaft
von Paray-le-Monial und das Werk des hl. Ludwig Maria hervorgehoben. Sie lehren
uns, dass der Grund der Probleme, die die gegenwärtige Krise hervorgebracht hat,
religiös und sittlich ist. Sie zeigen uns auch die übernatürlichen Mittel,
durch die die weltweite Revolution unserer Tage, die die unverschämte und
verderbliche Tochter der Französischen Revolution ist, erwürgt werden kann. Nur
aus dem guten Gebrauch dieser Mittel können auf kultureller, sozialer und
politischer Ebene die Reaktionen hervorkommen, um auf der Welt das Reich
Christi durch das Reich Mariens vorzubereiten.
Plinio Corrêa de Oliveira
São Paulo, Oktober 1958
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