Besuch des Allerheiligsten Altarsakraments
GOTT hat uns in seiner unendlichen Barmherzigkeit viele
Mittel der Heiligung bereitgestellt. Das wichtigste aber ist die Eucharistie.
Durch alle anderen schenkt er uns seine Gnade, doch in der heiligen Kommunion
schenkt er uns sich selbst. Die Kirche hat deshalb die Eucharistie stets mit
aller Verehrung und Zuneigung umgeben und ihr die verschiedensten Kultformen
gewidmet. So hat sie eucharistische Triduen, Wochen und Kongresse, Heilige
Stunden, die Ewige Anbetung, Vigilien, Prozessionen, das Fronleichnamsfest, das
Fest des Eucharistischen Herzens Jesu und viele weitere liturgische oder
private Frömmigkeitsübungen eingeführt.
So hat die Kirche mit dem Ziel, unseren Herrn im
Altarsakrament zu verehren, auch viele Besuche des Allerheiligsten sowohl an
den Tagen feierlicher Ausstellung als auch an gewöhnlichen Tagen empfohlen. Als
eifrige Gläubige, die in allem mit der Kirche fühlen wollen, dürfen wir uns
dieser Empfehlung gegenüber nicht gleichgültig verhalten.
Die tiefe Bedeutung eines Besuchs des Allerheiligsten
Herausragende Persönlichkeiten werden in der Gesellschaft stets mit Bekundungen der Hochachtung und des Respekts behandelt. Es ist dies eine Sitte, die nicht mehr als recht und billig ist. Nehmen wir das Beispiel eines Staatschefs, in dessen Palast das Vorzimmer von Menschen wimmelt, die ihn zu sprechen suchen. Da hat ein jeder eine Bitte vorzutragen. Es geht um Nominierungen, Anträge, Bewilligungen usw. Wenn der Präsident in der Öffentlichkeit erscheint, blieben die Passanten stehen, um ihn zu sehen; eine Eskorte gibt seinem Wagen mit Sirenengeheul das Geleit; stets ist er von einem Gefolge begleitet. Auf Reisen wird erwartet ihn überall ein feierlicher Empfang mit Reden und Musikkapelle.
Gott hat uns in seiner unendlichen Barmherzigkeit viele Mittel der Heiligung bereitgestellt. Das wichtigste aber ist die Eucharistie. |
Die Mächtigen dieser Erde werden alle mehr oder weniger
so behandelt. Ist da ein reicher Mann? Auch sein Vorzimmer ist stets voll. Der
eine bittet ihn um Spenden, der andere möchte ihn zu einem Empfang einladen,
wieder andere suchen ihm nur zu schmeicheln. Ist da ein großer Unternehmer? Es
werden sicher Stellengesuche an ihn herangetragen: man wirbt um seinen
Einfluss. Ist da einer, der für sein Wissen berühmt ist? Man fragt ihn um Rat,
sucht seine Freundschaft zu gewinnen.
Jesus haben wir im Sakrament stets lebendig in unserer
Mitte und er ist bestimmt viel mächtiger als alle Politiker, reicher als jeder
Machthaber, weiser als irgendein Schriftsteller oder Wissenschaftler. Wie wäre
es da möglich, dass wir uns mehr Mühe um die
Großen dieser Welt machten als um ihn? Wer könnte es
wagen zu bestreiten, dass es recht und billig ist, ihn stets mit Eifer und
Hingabe aufzusuchen, um von ihm die geistlichen und materiellen Güter zu
erbitten, deren wir bedürfen; um ihm unsere Versuchungen und Ängste zu
unterbreiten, ihm für die erlangten Gaben zu danken, ihn unserer Liebe zu
versichern und ihn anzubeten? Zur Samaritin hat der Herr einst gesagt „Wenn du
um die Gabe Gottes wüsstest ... “ Dasselbe könnten wir auch zu uns selbst
sagen. Wenn wir mit lebendigem, glühendem Glauben den kennen würden, der uns
gegeben wurde, würden wir uns viel mehr Mühe geben, ihn häufig aufzusuchen und
mit ihm zu sprechen.
Die Besuche sollten häufig sein
Soweit es unsere Lebensumstände erlauben, sollten wir das Allerheiligste mehrmals am Tag besuchen, brauchen wir doch die Gnade Gottes jeden Augenblick und zur Ausführung eines jeden Tugendaktes. Ist es dann nicht angebracht, dass wir diese Gnaden auch häufig erbitten, indem wir wiederholt den Freund aufsuchen, den wir unter uns haben?
Der häufige Besuch des Allerheiligsten hat den großen
Vorteil, dass er uns die Ausübung bestimmter Praktiken erleichtert, die zu einem
asketischen Leben gehören, wie etwa die Wachsamkeit des Herzens, die
Gewissenserforschung und das Bewusstsein, in der Gegenwart Gottes zu leben.
Diese Übungen verlangen von uns eine ständige, aufmerksame Beobachtung unseres
eigenen Verhaltens. Nun ist es aber so, dass uns die Beschäftigungen des
täglichen Lebens derart beanspruchen und bedrängen, dass wir zur Zerstreuung
neigen und uns die asketischen Übungen daher besonders schwer fallen. Wenn wir
aber die Möglichkeit haben, uns im Laufe des Tages einige Male zurückzuziehen
und dem in der Eucharistie gegenwärtigen Herrn all das mitzuteilen, was uns auf
der Seele liegt, wird es uns leichtfallen, unser Herz zu bewahren, unser
Gewissen über einen bestimmten Punkt zu erforschen und stets im Bewusstsein seiner
Gegenwart zu leben.
Lobenswert ist auch die Übung, Jesus im Allerheiligsten
bei gewissen Gelegenheiten aufzusuchen, die uns ungelegen erscheinen. Wenn ein
junger Mann zum Beispiel abends zu einem Treffen unterwegs ist und vom
gewohnten Weg abweicht, um kurz eine Kirche zu besuchen, ist es leicht zu
verstehen, wie angenehm diese Geste unserem Herrn sein muss, der die Menschen
so sehr geliebt hat und auf so wenig Gegenliebe stößt. Wenn es uns manchmal
nicht gelingt, unsere geistlichen Schwierigkeiten zu lösen, oder wenn die
materiellen Probleme Überhand nehmen, liegt dann vielleicht nicht wenigstens
ein Teil der Schuld an der Tatsache, dass wir versuchen, unser Tun und Lassen
systematisch auf das zu beschränken, was uns leichter fällt und weniger Umstände
macht? Uns selbst Opfer aufzuerlegen, ist ein heilsames Vorgehen, das die Seele
stärkt und den Segen des Himmels auf uns herabruft.
Oft kann es auch vorkommen, dass es uns gleich ist, ob
wir unsere gewohnten Gebete zu Hause verrichten oder in einer Kirche - so etwa
den Rosenkranz, die Meditation, das marianische Offizium usw. In diesem Falle
ist es zu empfehlen, dass wir die Kirche vorziehen. Jesus, der sich durch die
Tränen der Witwe von Naim bewegen ließ und ihr das Leben ihres Sohnes
zurückgab, lässt sich bestimmt auch leicht durch die bewegen, die stets seine
Gesellschaft suchen. Sein Herz, das so sehr an der Gleichgültigkeit und Kälte
der Menschen leidet, will uns stets bei sich haben. Auf ihn überträgt die
Kirche das Schriftwort: „Ich suchte einen, der mich trösten könnte, habe
aber keinen gefunden.“ Jesus selbst hat die schlafenden Apostel
zurechtgewiesen: „Konntet ihr nicht eine Stunde mit mir wachen?“
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