Dienstag, 1. August 2017

Madonna del Miracolo


Unsere Liebe Frau von Miracolo
 - 20. Januar -

Plinio Corrêa de Oliveira

Im Jahre 1842 besuchte ein 28-jähriger französischer Jude namens Alphonse Ratisbonne Rom. Er war der jüngste Sohn einer bedeutenden Bankiersfamilie in Straßburg, die enge Beziehungen zu den Rothschilds hatte. Wie es oft bei europäischen Juden geschieht, nimmt eine Familie den Namen einer Stadt an. Der französische Ratisbonne stammte aus Ratisbona, dem lateinischen Namen von Regensburg, einer berühmten deutschen Stadt in Bayern. Alphonse war ein Jude von Rasse und Religion, virulent anti-katholisch und führte einen sittlich zügelloses Leben.

Er machte gerade eine Tour durch Europa und den Osten vor der Vermählung mit seiner Cousine Flore und vor Beginn einer Partnerschaft bei der Bank seines Onkels. Durch Zufall landete er in Rom statt in Palermo, wie er beabsichtigt hatte. Er wurde vom dortigen Französischen diplomatischen Kreis freundlich empfangen. Widerwillig machte er einen Anruf an Baron Theodore de Bussières, ein sehr eifriger Katholik. Wenn auch Ratisbonne ziemlich weit entfernt von einer Bekehrung war, sah der Baron, unbeirrt von dessen Sarkasmus und Gotteslästerungen, in ihm einen zukünftigen Katholiken und ermutigte seine Besuche.

Eines Nachmittags, während eines lebhaften Gesprächs, in dem Ratisbonne den Aberglauben der katholischen Religion lächerlich machte, forderte der Baron ihn auf, sich einem einfachen Test zu unterwerfen und die Wundertätige Medaille zu tragen. Erschrocken, aber um die Unwirksamkeit solchen religiösen Tands zu beweisen, stimmte Ratisbonne zu und erlaubte der jungen Tochter des Barons, die Medaille um seinen Hals zu legen. Baron de Bussières bestand auch darauf, dass Ratisbonne jeden Tag einmal das Memorare beten sollte. Ratisbonne versprach es und sagte: „Wenn es mir nicht gut tut, schaden wird es mir wenigstens auch nicht“.

Der Baron und ein enger Kreis der aristokratischen Freunde vermehrten ihre Gebete für den skeptischen Juden. Bemerkenswert unter ihnen war ein frommer Katholik, der ernsthaft krank war, Graf Laferronays, der sein Leben für die Bekehrung des jungen Juden angeboten hat. Am selben Tag ging er in eine Kirche und betete mehr als 20 Memorare für dieses Anliegen. Kurz darauf erlitt er einen Herzinfarkt, bekam noch die letzten Sakramente und starb.

Am nächsten Tag war sein Freund Baron de Bussières auf dem Weg, um die Beerdigung des Grafen in der Basilika St. Andrea delle Fratte zu vereinbaren, als er Ratisbonne traf. Er bat ihn, ihn zu begleiten und in der Kirche zu warten, bis er einige Sachen mit dem Priester in der Sakristei besprochen hatte.

Ratisbonne begleitete seinen Freund nicht in die Sakristei. Er wandelte durch die Kirche und bewunderte den schönen Marmor und verschiedene Kunstwerke. Als er vor einem Seitenaltar stand, der dem Heiligen Erzengel Michael gewidmet war, erschien ihm plötzlich Unsere Liebe Frau. Es war der 20. Januar 1842.



Die Muttergottes erschien stehend über dem Altar, mit einer Krone und einer einfachen, langen, weißen Tunika mit einem juwelenbesetzten Gürtel um ihre Taille und einen blau-grünem Mantel, der über ihre linke Schulter drapiert war. Sie sah ihn freundlich an. Aus ihren offen ausgebreiteten Händen strömten Gnadenstrahlen herab. Ihre Haltung war sehr königlich, nicht nur wegen der Krone, die sie trug. Vielmehr verlieh ihre Größe und Eleganz den Eindruck einer hohen Dame, die sich ihrer eigenen Würde bewusst war. Sie strahlte zugleich Größe und Barmherzigkeit aus in einer Atmosphäre von großem Frieden. Sie hatte einige der Eigenschaften der Gnadenfrau der wundertätigen Medaille. Alphonse Ratisbonne sah diese Gestalt und verstand, dass er vor einer Erscheinung der Muttergottes war. Er kniete sich vor ihr nieder und bekehrte sich.

Als der Baron von der Sakristei zurückkehrte, war er überrascht, den Juden vor dem Altar des Heiligen Erzengel Michaels inbrünstig betend auf den Knien zu sehen. Er half seinem Freund aufstehen, und Ratisbonne bat sofort, um einen Beichtvater, damit er die Taufe empfangen könnte. Elf Tage später, am 31. Januar, erhielt er Taufe, Firmung und seine erste heilige Kommunion aus den Händen von Kardinal Patrizi, dem Vikar des Papstes.

Seine Bekehrung hatte enorme Auswirkungen auf die ganze Christenheit. Die gesamte katholische Welt nahm Kenntnis von ihr und war höchst beeindruckt. Später wurde Ratisbonne Jesuitenpriester. Zehn Jahre später gründeten er und sein Bruder Theodore, der sich auch aus dem Judentum bekehrt hatte, eine religiöse Gemeinde, die „Kongregation von Sion“, die sich der Bekehrung der Juden widmete.

Alphonse Ratisbonne (r) und sein Bruder Theodore
Die Bedeutung des Wunders

Kurz nach der Erscheinung, wurde ein Bild gemalt, das Unsere Liebe Frau darstellte, so wie sie, nach der Beschreibung von Fr. Ratisbonne, ihm damals in Sant 'Andrea delle Fratte erschienen war. Als das Bild fertig war, sah er es an und sagte, dass es nur sehr vage die Schönheit der Erscheinung, die er gesehen hatte, wiedergab. Das ist nicht schwer zu glauben, denn die eigentliche Schönheit Unserer Lieben Frau übertrifft notwendigerweise weit jede menschliche Darstellung. Das Bild wurde genau an der Stelle augestellt, wo sie ihm erschienen war, und wurde bekannt als „Madonna del Miracolo“, Unserer Lieben Frau vom Wunder, was sich auf das zweifache Wunder, ihre Erscheinung und die sofortige Bekehrung von Alphonse Ratisbonne, bezog.


Natürlich war diese Erscheinung von großem Vorteil für die Seele von Ratisbonne. Es war aber auch ein Vorteil für die katholische Kirche mit der Gründung der Kongregation von Sion, mit seiner besonderen Aufgabe, für die Bekehrung der Juden zu arbeiten. Dieser Orden drückt die Haltung der Kirche gegenüber den Juden sehr gut aus. Ihre Position ist nicht, die Juden zu hassen, sondern sich gegen ihre Angriffe zu verteidigen. In dem Maße wie sie die Kirche angreifen, verteidigt sie sich. Vor allem aber wünscht sie ihre Bekehrung, die Auflösung des Judentums als eine Religion und den Eintritt der Juden in die katholische Kirche, die die wahre Fortsetzung des auserwählten Volkes ist.

Aber im doktrinären und psychologischen Kontext der damaligen Zeit hatte das Ratisbonne-Wunder eine tiefere Bedeutung. Im 19. Jahrhundert förderte die Revolution stark den Rationalismus, eine Denkschule, die heute veraltet erscheint. Damit betonte die Revolution folgendes: Der rationale Mensch, der Mensch, der versucht, alles nach der Vernunft zu bestimmen, kann nicht die notwendige Unterstützung in der Vernunft finden, um zu glauben, dass Gott existiert, dass die katholische Kirche die wahre Religion ist und dass sie von Jesus Christus gegründet wurde. Damit kam die Revolution zu dem Schluss, dass die menschliche Vernunft das ganze Bauwerk der katholischen Lehre nicht akzeptieren kann.

Diese revolutionären Behauptungen waren nur Mythen, wie die römische Mythologie oder die Legenden der indigenen und afrikanischen Völker. Die meisten der rationalistischen Argumente waren Schikanen oder Sophismen, die von spitzfindigen Argumenten ausgingen. Weil aber die Revolution unermüdlich auf diesen Punkten bestand und eine Flut von Einwänden gegen die katholische Lehre vorstellte, verloren viele Menschen dieser Zeit ihren Glauben.

Um dieser unerbittlichen Welle der Angriffe gegen den katholischen Glauben entgegenzuwirken, erschien die Gottesmutter an mehreren Orten und bestätigte ihre Erscheinungen durch eklatante Wunder.


Das Wunder der Bekehrung Ratisbonne‘s in Rom, erschütterte die ganze Christenheit. In jenen Zeiten gab es nicht diesen verheerenden Ökumenismus, den wir heute erleben. Damals war die Trennung der Religionen viel gründlicher und dementsprechend war auch die Schlucht tiefer, die die Wahrheit vom Irrtum und das Gute vom Bösen trennte. Ein reicher und einflussreicher Jude, der absolut kein Grund hatte, die katholische Kirche zu begünstigen, bekehrte sich plötzlich, weil er die Muttergottes gesehen hatte. Er bezeugte seine Aufrichtigkeit, indem er seine Positionen in der Welt und sein vorteilhaftes Engagement aufgab. Er umarmte das religiöse Leben und gründete eine religiöse Gemeinde, um andere Juden zu bekehren und das Judentum zu bekämpfen. Es ist unmöglich, sich einen objektiveren Beweis für die Wahrhaftigkeit der Erscheinung vorzustellen. Diese Episode hatte enorme Auswirkungen in Italien und Frankreich und in der ganzen katholischen Welt.

Es war offensichtlich ein Wunder, ein Wunder, das vom Himmel fiel, wie ein Tropfen Wasser auf einer ausgedörrten Menschheit, die unter dem Einfluss der rationalistischen Mythen der Revolution stand.


Die göttliche Vorsehung hatte schon 1830 etwas Ähnliches mit den Erscheinungen in der Rue du Bac (Paris) an die hl. Katharina Labouré gemacht. Dort hat unter anderem die Gottesmutter der Welt die wundertätige Medaille gegeben und einen Strom von Gnaden und Wundern der Menschheit eröffnet. Die Muttergottes erschien auch 1858 in der Grotte von Lourdes, und bald darauf gab es Berichte über viele Heilungswunder für diejenigen, die im dortigen Quellwasser ein Bad nahmen. Die Wunder von Lourdes bilden die längste Reihe von Wundern, die jemals in der Geschichte der Kirche aufgetreten ist. In diese Folge von Erscheinungen reiht sich auch die der „Madonna del Miracolo“ an Alphonse Ratisbonne in Rom ein.

Diese Reihe von Erscheinungen und Wundern war der Schlag zu dem sich Unserer Lieben Frau entschied, der Revolution in dieser Zeit zu geben. Es war ein geschickter strategischer und gut berechneter Gegenangriff. Es war ihr Weg, den Kopf der Schlange zu zertreten. Der Kopf des Judentums wurde von dem öffentlichen Zeugnis eines bedeutenden Juden zerschlagen, der nun behauptete, die katholische Kirche ist die wahre Kirche.

Wir sollten also die Wunder analysieren, die die göttliche Vorsehung uns schickt, auf der Suche nach höheren Regeln, mit denen sie regiert. Wunder werden in den Zeiten häufiger, in denen sie notwendiger sind.

Das Wunder, das wir heute brauchen

Heute haben wir die Situation erreicht, wo die Aktion des Teufels mit jedem Tag deutlicher wird. Ich spreche nicht über UFOs und die Hippie-Revolution. Meiner Meinung nach ist es klar, dass diese Phänomene mit einem außernatürlichen  Einfluss verbunden sind.

Ich beziehe mich aber auf das Aussterben der Vernunft in der öffentlichen Meinung. Dass die Menschen effektiv aufgehört haben, ihre Vernunft zu benutzen — wie in den 80er und 90er Jahren — und nur noch durch temperamentale Impulse handeln, ist etwas, was man nicht erklären kann, außer durch eine besondere Aktion des Teufels. Er macht eine enorme Anstrengung, die Revolution in Gang zu halten, ungeachtet ihres Versagens, die öffentliche Meinung zu überzeugen. Da wir diese außernatürliche Handlung nicht erklären können, ist es auch schwierig, sie effizient zu bekämpfen. Sie wächst weiter und erreicht ein Ausmaß, wonach es mir scheint, dass ein außerordentliches Wunder Not tut.

Was für ein Wunder soll es sein? Welches Wunder könnte den zeitgenössischen Menschen bewegen, um zum katholischen Glauben zurückzukehren? Die geheimnisvollen Absichten Gottes sind jenseits der Erkenntnis des Menschen. Aber das hindert uns nicht daran, nachzudenken, was Er in der Vergangenheit getan hat.

Der zeitgenössische Mensch ist dermaßen hartherzig, dass er nicht einmal mehr von Wundern berührt wird, wie es Ratisbonne erlebt hat, oder von den spektakulären Wundern von Lourdes.
Der Altar auf dem die Muttergottes erschien
Vorne rechts und links die Marmorbüsten der beiden Brüder Ratisbonne

Meiner Meinung nach sind zwei Wunder notwendig:

Als erstes brauchen wir ein Wunder, das die guten Katholiken dazu bewegen würde, nicht mit der vorherrschenden Meinung des revolutionären Milieus einverstanden zu sein. Sie sollten dieser Meinung gleichgültig gegenüberstehen. Außerdem sollten sie die Offensive gegen das revolutionäre Gedankengut  ergreifen. Dies ist der erste Teil dessen, was notwendig ist. Es ist, was zu Pfingsten geschehen ist: Feuerzungen erschienen über den Aposteln, und sie verließen das Zönakel mit dem Mut, allen entgegenzutreten. Vorher waren sie ängstlich, nun aber wurden sie unbesiegbare Kämpfer.

War es etwas Innerliches oder Äußerliches, was dort stattfand? Ich weiß es nicht. Die ganze Stadt Jerusalem hörte ein gewaltiges Brausen, das aus dem Zönakel kam. Es scheint also, dass es nicht nur ein inneres Geschehen in ihren Seelen war, sondern dass ein äußeres Wunder dem entweder vorausging oder folgte. Was wirklich passiert ist, wissen wir nicht. Aber da wir heute der „Madonna del Miracolo“ gedenken, sollten wir die Muttergottes bitten, in uns ein ähnliches Wunder zu wirken, um uns in die Apostel der Endzeit zu verwandeln, wie sie vom hl. Ludwig Grignon von Montfort vorhergesagt wurden.

Zweitens. könnte dieses göttliche Eingreifen eine Strafe für die Welt sein, wegen der Annahme der Revolution und aller Zugeständnisse an sie und vor allem für die in der katholischen Kirche begangenen Sünden. Um klarer zu sein, für die Akzeptanz des Progressismus innerhalb der Kirche sogar in ihren höchsten Gipfeln.

Ich beziehe mich auf die Züchtigung, die die Muttergottes in Fatima vorausgesagt hat, in der viele Nationen verschwinden werden. Das Sonnenwunder, bei dem sie ihre Umlaufbahn verlassen und auf die Erde zu fallen schien, scheint eine kosmische Züchtigung vorauszusagen, in der das Gleichgewicht der Sonne auf Geheiß der Gottesmutter verändert werden kann. Was wäre die Konsequenz in unserem Sonnensystem, wenn die Sonne tatsächlich wanken und ihren Kurs für eine kurze Zeit ändern würde? Ein solches kosmisches Ungleichgewicht könnte alle Arten von meteorologischen Katastrophen auf der Erde hervorbringen und unzählige Dinge und Menschen zerstören.

Selbst danach werden viele der Menschen, die diese Katastrophen überleben, noch das Wunder einer Bekehrung wie die, die Ratisbonne erlebt hat, nötig haben.

Beide Perspektiven deuten auf grandiose Wunder hin, die notwendig sind, um die gegenwärtige Menschheit auf den richtigen Weg zu bringen und die Herrschaft Marias zu ermöglichen, wie sie sie in Fatima voraussagt hat.

Um auf solche Wunder vorbereitet zu sein, würde ich raten, das Memorare zu beten, das Gebet, das Ratisbonne vor seiner Bekehrung betete. Wir sollten es oft beten und die „Madonna del Miracolo“ bitten, uns diese beiden Wunder und den Sieg der Heiligen Kirche über die Revolution zu geben.

Aus einem Vortrag "Santo do Dia"
Freie Übersetzung aus dem Englischen bei TIA


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