1789 – 1815: Die Französische Revolution
Der internationale und prozessive Charakter der
Französischen Revolution
Die entgegengesetzten Thesen der liberalen Schule und der
gegenrevolutionären Schule
Plinio Corrêa de Oliveira
Einigen Historikern zufolge begann die Französische
Revolution im Jahr 1789 und endete im eigentlichen Sinn des Wortes im Jahr 1815
mit dem endgültigen Sturz Napoleons und der Wiedererrichtung des Throns der
Bourbonen.
Die „Kurve“ des Prozesses der Französische Revolution:
Der Ausbruch etlicher aufeinanderfolgenden Etappen
Während dieser Zeit durchging Frankreich eine enorme
Evolution. Es brachen etliche aufeinanderfolgende Revolutionen aus:
1) In der ersten Phase wurde der König von Frankreich,
der ein absolutes Herrschertum innehatte, in einen konstitutionellen König
verwandelt.
2) In der zweiten Phase verwandelte er sich in einen
bloßen nominellen Monarchen.
3) Und zuletzt wurde er vom Thron gestürzt und
enthauptet.
4) Anschließend kam eine kurze Zeit einer bürgerlichen
Republik.
5) Danach folgte ebenfalls kurz, eine kommunistische
Republik. Der Kommunismus etablierte sich nicht in seinem vollen Ausmaß, es gab
aber viele Veränderungen kommunistischer Prägung. Die Inhaber der öffentlichen
Macht und die Partei, die sie unterstützte, waren alle Kommunisten. Es ist die
sogenannte Zeit des Terrors, in der Robespierre, Danton, Marat und andere
Frankreich regierten.
Dann begann die Revolution langsam auf den umgekehrten
Weg, den sie beschritten hatte, zurückzugehen.
1) Von der kommunistischen ging sie zurück zur
bürgerlichen Republik in der Zeit des Direktoriums.
2) Von der bürgerlichen Republik zur Volksmonarchie in
der Zeit Napoleons.
3) Und wurde wieder eine aristokratische Monarchie. Eine
blasse Wiederherstellung der Monarchie aus der Zeit Ludwig XVI.
Das heißt, die Französische Revolution beschritt eine Art
Kurve.
Zum besseren Verständnis können wir das auf eine andere
Weise wiederholen.
A) Die Tatsache: Die Französische Revolution war ein
Prozess. Ein Prozess, der 1. ein Voranschreiten in Etappen beinhaltete und 2.
einen symmetrischen Rückwärtsgang, ebenfalls in Etappen durchführte. Eine
Tatsache, die jedermann annimmt.
B) Die Etappen waren:
Der Vormarsch:
1. Von der
absoluten Monarchie zur konstitutionellen Monarchie;
2. Von der
konstitutionellen Monarchie zur bürgerlichen Republik;
3. Von der
bürgerlichen Republik zum Kommunismus;
Der
Rückmarsch:
1. Vom
Kommunismus zur bürgerlichen Republik;
2. Von der
bürgerlichen Republik zu einer halbwegs volks-aristokratischen Monarchie eines Napoleon;
3. Die
Rückkehr zu den Bourbonen.
Natürlich ging der Rückwertsgang nicht zum Ausgangspunkt
zurück. Man ging zurück zu etwas ähnlichen, das dem Ausgangspunkt entsprach.
Das Regime der Bourbonen nach der Revolution war schon nicht mehr das Ancien
Régime, war diesem aber ähnlich.
Eine spontane, planlose Bewegung in die sich aufeinander
folgenden Revolutionen: Eine falsche Sicht der „Kurve“ der Französische
Revolution
Doch die Mehrheit der Historiker nimmt an, die
Französische Revolution sei
- erstens, eine völlig spontane Bewegung gewesen, die
nicht artikuliert wurde. Sie hatte tiefe Ursachen, war aber nicht das Ergebnis
eine Verschwörung;
- zweitens, war sie nicht einem Plan unterworfen, denn,
wo keine Verschwörer, da kein Plan.
- drittens, kann man deshalb auf keine Methode hinweisen,
der die Französische Revolution gefolgt wäre als ein Plan für die folgenden
Revolutionen.
Die zwei Schulen bezüglich des Prozesses der Französische
Revolution
So gibt es für den Kommentar oder für die Analyse des
Prozesses der Französischen Revolution zwei Schulen: die liberale oder
revolutionäre und die gegenrevolutionäre Schule.
Die liberale oder revolutionäre Schule: die Spontaneität
– das Fehlen einer Verschwörung und einer Methode im revolutionären Prozess
In der liberalen oder revolutionären Schule ist die erste
These die Spontaneität. Das heißt, diese Bewegung sei spontan gewesen,
hervorgegangen aus dem Spiel der Umstände, der menschlichen Leidenschaften und
der Ideen. Sie sei nicht vorsätzlich gewesen. Es gab niemanden, der sie in Gang
setzen wollte um einen ganzen Prozess durchzuführen. Es könnte höchsten jemand
gegeben haben, der eine Etappe vollziehen oder in die nächste Etappe übergehen
wollte. Doch niemand habe die Idee einer Revolution gehabt, die voranschreitet
und dann zurückrollt.
Dies ist die liberale These.
Die gegenrevolutionäre Schule: Die Vorsätzlichkeit –
Verschwörung und Methode des revolutionären Prozesses
Die gegenrevolutionäre Schule lehrt im Gegensatz die
Vorsätzlichkeit der Revolution. Das heißt, es gab eine Intention, ein Vorhaben,
eine Revolution zu entfachen, die sich nicht auf ihren Höhepunkt halten könnte
und von der man wusste, sie müsse zurückstellen.
So gibt es nach der liberalen These weder Verschwörung
noch Methode. Nach der gegenrevolutionären These gab und gibt es nicht nur eine
Verschwörung, sondern auch eine Methode.
Ein praktisch wichtiger Aspekt der gegenrevolutionären
Sicht: Die Französische Revolution – indem sie eine Verschwörung war und nach
einer Methode verwirklicht wurde – bestimmte die Ereignisse, die ihr folgten.
Nun der dritte Punkt – dieser ist in der Praxis sehr
wichtig, weil er nicht eine reine historische Nachforschung ist, sondern ein
Punkt von praktischer Wichtigkeit.
Und zwar, wenn nach der revolutionären Schule die
Französische Revolution keine Folge einer Verschwörung war und keine Methode
folgte, dann beeinflusste sie auch nicht die ihr folgenden Ereignisse.
Für uns ist es das Gegenteil: sie bestimmt alle ihr
folgenden Ereignisse, bis hin zum Kommunismus und bis in unsere Tage hinein.
Hauptschlussfolgerung: Gegen die Revolution kämpfen,
bedeutet – 1. Gedankengut mit Gedankengut bekämpfen; – 2. Eingreifen, um die
Umstände zu ändern; - 3. Eine Verschwörung zerstören
Daraus ergibt sich eine Schlussfolgerung, die sehr
wichtig ist für die Aktion.
Nach der liberalen These — die Revolution sei nur ein spontaner, zufälliger Prozess — besteht der Kampf gegen die Revolution nur in der Bekämpfung von Gedankengut und soziale Situationen und nicht die Bekämpfung einer Verschwörung.
Nach der Gegenrevolutionären These — die Französische Revolution sei das Ergebnis einer Verschwörung gewesen und der Befolgung einer Methode — bedeutet der Kampf gegen die Revolution:
1. Ein Kampf von Gedankengut gegen Gedankengut;
2. Mit Gewissheit ein Eingreifen, um Umstände zu
verändern;
3. Doch nicht nur das. Es ist die Zerstörung einer
Verschwörung, denn es handelt sich um eine Vereinigung und einer Organisation,
die sich der Verschwörung angenommen hat: und das ist die Freimaurerei.
Hier sind nun klar differenziert die entgegengesetzten
Thesen der liberalen und der gegenrevolutionären Schule in der Betrachtung der
Französische Revolution.
Beweise der Richtigkeit der gegenrevolutionären These:
historische Persönlichkeiten – der Herzog von Chartres, zukünftiger König Louis
Philippe, und Danton, Justizminister.
Warum ist die gegenrevolutionäre These, die richtige?
Um einen Beweis der Richtigkeit der gegenrevolutionären
These zu bringen, müssen wir einige Persönlichkeiten historisch erörtern.
Da ist zunächst der Herzog von Chartres.
Er war ein junger französischer Offizier, der unter dem
Befehl von Dumouriez kämpfte. Dieser war einer der höchsten Generäle der
bürgerlichen Phase der Französische Revolution und des Beginns der Phase des
Terrors.
Dieser Herzog von Chartres war ein Prinz der königlichen
Familie Frankreichs. Er war ein Sohn des Herzogs von Orléans, genannt Philippe
Égalité.
Dieser Philippe Égalité war ein Cousin des Königs, der,
in der Hoffnung selbst König zu werden, sich mit den Republikanern gegen die
Monarchie verschwörte. Er war Großmeister der französischen Freimaurerei. Er
endete auf dem Schafott noch während der Französische Revolution. Die
Republikaner sahen, dass er König werden wollte und deshalb köpften sie ihn.
Der Sohn des Philippe Égalité war der Herzog von
Chartres. Dieser wurde zu Frankreichs König im Jahre 1830 ausgerufen. Er
regierte unter dem Namen Louis Philippe I. und regierte von 1830 bis 1848.
Um die Rolle dieses Herzogs von Chartres zu verstehen,
muss man bedenken, dass Napoleon im Jahre 1815 gefallen ist und es stieg auf
den Thron Frankreichs Ludwig XVIII, Bruder Ludwig XVI.
Ludwig XVIII. starb im Jahre 1824 und es folgte ihm König
Karl X. sein Bruder und natürlich ebenfalls Bruder Ludwig XVI. Karl X. regierte
von 1824 bis 1830.
1830 brach eine liberale fast republikanische Revolution
aus, die Karl X. absetzte und Louis Philippe zum König ausrief. Die Monarchie
Louis Philippes wird als bürgerliche Monarchie bezeichnet, weil die Regierung
eher von der Bourgeoisie ausgeführt wurde als von den Adeligen.
Eine andere Persönlichkeit, die in Erscheinung tritt, ist
Danton. Danton war Justizminister der damaligen republikanischen Regierung.
Eine von Louis Philippe erzählte Begebenheit:
Beweis des
Vorhandenseins einer Verschwörung
Die Episode wird beschrieben in ein sehr gut
geschriebenes Buch von F. A. Gruyer, der Mitglied des „Institut de France“ war.
Das heißt, ein berühmter ernstzunehmender französischer Historiker und sehr
glaubwürdig in Sachen französischer Geschichtsschreibung.
Herzog von Chartres |
Eine der anwesenden Personen, mit einem merkwürdigen
Gesicht und einer rauen Stimme, rief den Herzog beiseite und sagte ihm: „Der
Servan ist ein Schwachkopf. Kommen sie morgen zu mir, ich werde mich ihr
Anliegen annehmen“. Der Herzog fragte, wer er sei. Antwort: „Ich bin Danton,
der Justizminister“.
Danton war genau einer der berühmtesten Revolutionäre,
der grauenhaftesten, der aktivsten und der die Guillotine auf Trab hielt. Sein
Name ist unwiderruflich mit den Massakern des Terrors verbunden.
Am nächsten Tag suchte der Herzog von Chartres Danton auf,
der ihm sagte: „Es ist alles geregelt. Sie bekommen die Position, die sie
wünschen unter dem Befehl von General Kellermann und nicht unter General
Dumouriez. Wollen sie das?“ Der Herzog bedankte sich glücklich.
Danton |
Antwort des Herzogs: „Es ist aber doch ein greuelhaftes
Massaker. Kann jemand dies nicht grauenhaft finden?!“
Antwort Dantons, der als Justizminister die Macht hatte
irgendeinen zur Guillotine zu schicken, und schickte sie auch: „Es war ich, der
diese Massaker befohlen habe. Alle Pariser sind Kanaillen; es war notwendig
eine Fluss von Blut zwischen ihnen und den Anhängern der Monarchie strömen zu
lassen, sonst wäre die Monarchie wieder eingeführt worden.“
So etwas sagt der Justizminister selbst! Dass heißt, er
selbst sah, dass die Republik sich auf schwache Grundlagen stützte, so dass sie
sich nur durch Gewalt aufrechterhalten ließe.
Danton weiter: „Sie sind noch zu jung, um diese Dinge zu
verstehen. Kehren sie zum Heer zurück. Es ist der einzige Posten, der für sie
heutzutage angebracht ist, angesichts ihrer persönlichen Werte und der hohen
Sippe aus der sie stammen. Sie haben eine Zukunft. Um die Zukunft aber, die sie
vor sich haben, zu verwirklichen, müssen sie das Schweigen lernen.“
Der Herzog von Charters war General.
Danton fügte hinzu: „General, all dies – d.h. die
Massaker und die ganze willkürliche Gewalt – geht nur uns was an und nicht Sie.
Ihre Rolle ist es, keine Politik zu machen, sondern eifrig für ihr Land zu
kämpfen, wie sie es bis jetzt getan haben. Das erkenne ich Ihnen an.“
Das sagt also der Justizminister einem republikanischen
General, einem Sohn eines Adeligen, der zum Sturz der Monarchie mitgewirkt
hatte!
„Ich weiß und fühle es sehr gut, dass diese Republik, die
wir ausgerufen haben, nicht von Dauer sein wird. Viel Blut wird noch vergossen
werden müssen...“
Sehen sie also den Plan! Es ist ein Mensch, der die
Republik ausgerufen hat, der weiß, dass sie nicht haltbar sein wird. Warum rief
er die Republik aus, von der er wusste, dass sie nicht von Dauer sein würde,
wenn nicht mit einer Intention, die er für später hatte? Niemand schafft ein
Werk, von dem er weiß, dass es nicht haltbar sein wird. Außer mit Absicht. Er
hatte also schon ein anderes Ziel.
Und er wusste noch mehr: „Dass schon viel Blut geflossen
war und es war geplant, dass noch mehr fließen würde.“
Es war also alles vorbereitet und er wusste, was
geschehen würde!
Sehen wir, wie es weiter ging: „... Frankreich wird durch
seine Laster und vielleicht auch durch seine Tugenden zur Monarchie
zurückgeführt. Doch die Monarchie, die kommen wird, wird nicht die des Ancien
Régime sein. Und die Errungenschaften der Revolution als solche werden keine
Gefahr laufen, sie werden ewig bleiben.“
Sie sehen, es ist ein Mann, der den Plan kennt, der die
freimaurerische Verschwörung kennt, dessen Vollstrecker er ist; und er weiß,
dass die Monarchie, die zurückkommen wird, nicht die des Ancien Régime sein
wird.
Und es ist genau das, was geschehen ist. Sie war nur eine
vage Erinnerung an das Ancien Régime. Doch das wesentliche der Revolution ist
geblieben.
Danton weiter: „Niemals wird Frankreich den Hauptzweig
ihrer Familie dulden...“
Er merkte, dass die Bourbonen eine geistige Einstellung
hatten, die sich nie mit der Revolution versöhnen würde. Es war der Zweig, dem
der Herzog von Chartres nicht angehörte. Er gehörte dem jüngeren Zweig der
Familie an, den der Orléans.
„Nie wird sich der erstgeborene Zweig mit der Revolution
versöhnen. Sie aber, der sie unter der Tricolore gekämpft haben, haben große
Chancen zu regieren.“
Tatsächlich regierte er später. Das heißt, alles war
vorgesehen.
„So ist es ihre Pflicht, sich für die Zukunft zu schonen.
Sicher überrasche ich sie mit dem, was ich ihnen sage. Aber, werde ich sie eines
Tages wiedersehen?“
„Sehen sie, sie werden eine schwere Aufgabe zu erfüllen
haben: Diesem Volk die zwei Güter wiederzugeben, die es am meisten wünscht,
aber nicht zu bewahren im Stande ist: die Ordnung und die Freiheit.“
„Sie werden noch eine andere Aufgabe haben, die nicht
minder ernst ist: unsere Unabhängigkeit zu bewahren, die ständig bedroht ist
durch die Nähe von Paris zu den Landesgrenzen. Sie, der sie die glorreiche
Kampagne von 1792 durchgeführt haben, werden wissen welcher der Schwachpunkt ist.
Der Schwachpunkt ist hier: Denken sie daran, dass Paris das Herz Frankreichs
ist. Tun sie das, wofür uns keine Zeit bleibt vor unserem Fall zu tun:
befestigen sie Paris.“
„So, Herr General, nun gehen sie zum Heer von Dumouriez
und kämpfen sie gegen die Österreicher“.
Eine Anmerkung des Buches:
König Louis Philippe I. |
Dies war der bis ins Detail vorgezeichnete Plan, den
Danton preisgegeben hat. Was hat sich zwischen beide noch ereignet, über das
der Herzog nichts erzählt hat?
(Frage: Hat die Pariser Kommune nicht etwas zu tun mit
der Befestigung der Stadt?)
Sicher. Paris war der Ort in Frankreich, wo es am leichtesten
war eine Revolution zu entfachen. Wenn sie befestigt würde, könnte sie vor den
Angriffen der Feinde besser verteidigt werden. Das Vorhaben war also, aus Paris
einen Feuerherd zu machen, der den Anmärschen aus den Provinzen standhalten
könnte.
Es ist also folgerichtig. Es ist der Plan eines
Staatsmannes, der eine Verschwörung anzettelte und sie einem Komplizen
preisgab.
Das ganze endet so:
„Louis Philippe, der König, hatte dieses ganze Anliegen
unveränderlich in seinem Gedächtnis behalten. Er fand Vergnügen daran, es ab
und zu seinen engsten Freunden zu wiederholen, Wort für Wort, immer auf
gleicher Weise.“
Also etwas, was er auswendig gelernt hatte.
„Der Herzog von Aumale, einer seiner Söhne, hatte diese
Geschichte oft von seinem Vater gehört und wiederholte sie ebenfalls gerne des
öfteren. Er erzählte es mit viel Charme.“
In den Enthüllungen Dantons, ein Plan zur Durchführung
der „Prügelmethode“: Den Gegnern der Revolution Furcht einzuflössen, um ihnen
die Hoffnung auf einen Sieg zu nehmen; den Kampfeswillen schwächen und
vernichten.
Sie sehen, dass es eine Aussage eines Revolutionärs ist
an seine Komplizen, einer, der der König sein würde, der das Werk der
Französische Revolution in Frankreich sichern sollte. Diese Enthüllungen wurden
40 Jahre bevor dieser König regieren sollte, gemacht...
Es gab also eine Idee, die Französische Revolution
durchzuführen, um einen großen Schock in der französischen Öffentlichkeit zu
verursachen, damit die Anhänger der alten Ordnung sich dermaßen schwach und
demoralisiert fühlen sollten, dass nie mehr daran denken sollten, die alte
Ordnung wieder herzustellen. Oder, dass sie wenigstens dazu nicht mehr fähig
sein würden. Dann käme eine mehr oder weniger Monarchie, die aber wieder in
eine Republik landen würde.
Das war es, was geschah.
1830 wurde Louis Philippe König. 1848 wurde er abgesetzt
und kurz darauf kam Napoleon III, der ebenfalls gestürzt wurde. Und Frankreich
wurde endgültig für immer eine Republik...
In der Tat kam das zur Anwendung, was wir die „Prügelmethode“
nennen. Das heißt, den Gegnern der Revolution durch Gewalt Entsetzen
einflössen, sie schwächen und ihnen die Hoffnung auf einen Sieg und den Willen
zum Kampf zu nehmen.
In einem Artikel erwähnte ich einmal die Lehre von
Clausewitz, nach der, einen Krieg gewinnen, bedeutet nicht, den Feind physisch
zu vernichten, sondern ihm den Kampfeswillen zu nehmen.
Ich erwähnte auch die Meinung eines chinesischen Denkers
aus dem Jahr 500 vC, der sagte, dass der wahre General, der ist, der Länder
erobert, ohne sein Schwert zu zücken, sondern nur durch den Terror, den er
verbreitet und den anderen den Willen zum Widerstand schwächt.
Der Plan der Französischen Revolution war also, diese
Methode anzuwenden. Durch äußerste Gewaltanwendung und -verbreitung,
verursachte sie Panik und nahm den dekadenten, schwachen und verweichlichten
Feinden, den Willen zu widerstehen. Das Ergebnis war, dass der Rest eine
langsame Dekadenz war, die bis zum republikanischen Regime führte, in dem sich
Frankreich heute befindet.
Es gab also ein im Voraus studierter Prozess, der dann
mit aller Technik durchgeführt wurde, so wie man einen wissenschaftlichen
Prozess durchführt. Und der zu seinem vorgezeichneten Ergebnis kam.
Die Aussagen sind sehr sicher, weil sie von einem Autor
dieses Prozesses stammen, in der sogenannten kommunistischen Phase der
Französischen Revolution, gegenüber dem künftigen König, der die
Errungenschaften der Französischen Revolution festigen sollte.
Es ist eine höchst interessante Äußerung: sie bestätigt
die These des vorsätzlichen und prozessiven Charakters der Revolution.
Ein sehr interessantes Dokument für geschichtliche
Argumentation.
Danton: ein eingeweihter der Revolution und nicht
einfacher Vollstrecker
(In diesem Fall scheint Danton eingeweihter, als man es
sich hätte vorstellen können. Man dachte er sei eher nur ein Vollstrecker.)
Ich bin sehr erstaunt, dass er in diesem Maße eingeweiht
war.
Grund, warum die Revolution ihre Pläne verheimlicht:
jeder Verschwörer will nicht erkannt werden.
(Frage: Warum geben die Lehrer nicht diese Sicht der
Französische Revolution?)
Sie wollen verhindern, dass die Menschen eine Idee davon
haben, dass es eine Verschwörung gibt, die die Welt bis dorthin führt, wo die
Revolution sie haben will. Denn, wenn sich diese Kenntnis verbreitet, können
sich diejenigen, die gegen diese Verschwörung kämpfen, zahlenmäßig vermehren.
Und es ist klar, dass jeder Verschwörer Interesse daran hat, nicht als solcher
erkannt zu werden. Das steckt in der Natur der Dinge.
Das Ziel der Enthüllungen Dantons: Eine Taktik den Herzog
von Chartres in die Revolution einzuweihen
(Frage: Was wollte Danton mit der Enthüllung des Plans an
Louis Philippe? Welche Erklärung gab dieser, als er es anderen weitersagte?)
Man kann nur mutmaßen. Danton sagte irgendwann dem Herzog
von Chartres: „Sie sind noch zu jung und werden es nicht verstehen. Es wird
aber dies und jenes passieren...“
Auf der anderen Seite, sieht man, dass der Herzog eine
gewisse Ablehnung gegenüber den Ausschreitungen der Revolution zeigte. Es war
sehr schwer eine Person zu finden, es sei denn sie wäre ein Monster, die die
Ausschreitungen der Revolution mit Sympathie sah, und gerade dann als der
Terror seinen Höhepunkt erreichte. Ganz Europa war mit Entsetzen erfüllt.
Außerdem war der Herzog von Chartres noch jung. Wenn er
auch General der Revolution war, hatte er jedoch seinen Titel verloren und all
sein Vermögen. Man versteht, dass es viel besser ist, ein reicher Herzog von
Chartres, als ein zweitrangiger General zu sein, der sein Leben auf dem
Schlachtfeld riskiert. Es war nicht leicht diesem Jungen die Beleidigungen
schlucken zu machen, die er selbst gegen die Revolution ausbreitete.
Auf der anderen Seite rechneten sie mit ihm, der
revolutionäre König zu sein. Dann war es angebracht, dass es Danton war, ein
Monster, der ihm diese Zukunftsperspektiven eröffnete, um im Nachhinein in
einer Loge zur Annahme dieser Ideen eingeweiht zu werden.
Dass heißt, es vereinfachte die Sache, wenn ein Monster
wie Danton ihm als erster dies offenbarte. Als starker Mann und einflussreicher
Politiker, der die Macht in den Händen hat, hatte er alles, um ernst genommen
zu werden. Für eine Einweihung war es ein interessanter Schritt. Dies ist nur
eine Hypothese.
Der Zweck der Erzählung von Seiten Louis Philippes: Ein
Mittel für die Einweihung der eigenen Söhne — der Herzog von Aumale,
republikanischer Tendenz; der Herzog von Nemour, monarchistischer Tendenz
Warum erzählte Louis Philippe dies seinen Intimsten?
Der Grund ist, weil sich das Problem bei seinen Söhnen
wiederholen würde. Er hatte etliche Söhne, jeder mit einer unterschiedlichen
politischen Richtung.
Einer der Söhne, der Herzog von Aumale, war der
Republikaner unter seinen Söhnen.
Ein anderer, der Herzog von Nemours, war der Monarchist.
Dieser ist der Vorfahre der Mitglieder des brasilianischen Kaiserhauses.
Die Revolution war daran interessiert, alle Söhne Louis
Philippes in ihren Strom einzuführen, denn irgendwann könnten sie für
irgendeine Taktik der Revolution gut sein. Wie sie tatsächlich oft eingesetzt
wurden...
Der Vater erzählte also seinen Söhnen alles, um unter
ihnen den Ehrgeiz zu wecken. Es war eine Vorbereitung, wie es Danton mit ihm
selbst gemacht hatte. Deshalb erzählte er es auch nur in intimen Kreisen.
Dieser Historiker hörte diese Geschichte vom Herzog von
Aumale, und fand nichts Besseres, es in einem Buch zu veröffentlichen. Das sind
Dinge, die die Vorsehung steuert, das sie bekannt werden. Und das Buch landete
in unseren Händen.
(Frage: Der Herzog von Chartres war Sohn von Philippe
Égalité, Herzog von Orléans. Es ist also sehr wahrscheinlich, dass er vom
eigenen Vater eingeweiht wurde. Und als Danton ihm davon erzählte, wusste er
bereits davon?)
Philippe Égalité - Herzog von Orléans |
Eine Überraschung für die Mentoren der Französische
Revolution: die Stärke der Reaktion von Seiten unzähliger Priester und vor
allem des Volkes
(Frage: Rechneten die Revolutionäre mit dem Aufstand der
Vendée? In wie fern störte das die Revolution?)
Es gibt eine Reihe kleiner Gründe, die dazu führen,
anzunehmen, als die Französische Revolution organisiert wurde, dass die
Anstifter wussten, dass es eine sehr heftige monarchistische Reaktion geben
würde. Wie es sie auch tatsächlich gab.
Jeder gewissenhaf republikanischer Historiker, behauptet,
dass, als Ludwig XVI. geköpft wurde, fast ganz Frankreich, empört über das
begangene Verbrechen, zu den Waffen griff. Das heißt, fast ganz Frankreich
hatte oder war noch nah dran, monarchistische Gefühle zu äußern. Sie rechneten
also mit einer monarchistischen Reaktion.
Es scheint aber, dass sie nicht mit einer religiösen
Reaktion gerechnet haben. Was verständlich ist, denn in jener Zeit gab die
Kirche Frankreichs alle Anzeichen einer großen Dekadenz.
Gegen alle Voraussicht war die Zahl der Priester, die
sich nicht der Revolution angeschlossen hatten, viel höher als man hätte
erwarten können. Weil die Revolution die Kirche angegriffen hatte. Es war der
religiöse Eifer des Volkes, der den Aufstand erwirkte, viel mehr als der
monarchische Aspekt.
So war die Stärke der Reaktion für die Revolutionäre eine
gewisse Überraschung. Trotzdem erwarteten sie eine Reaktion und waren bereit
Blut fließen zu lassen, um diese Reaktion zu zerschlagen. Das erkennt man aus
dem Bericht heraus.
Verwundbarkeit der Reaktion, die keine feste gegenrevolutionäre
Bildung hatte:
Kampf von Blinden gegen Sehende.
(Frage: Warum kam es nach Karl X. unter den Bourbonen zu
einer ernsthaften Reaktion gegen diese Taktik, die die Revolution mit den
Orléans durchführte?)
Der Zweig der Bourbonen bestand weiter, weil er in
verschiedenen Ländern regierte: Spanien, Beide Sizilien, Herzogtum Parma. Es
war der ältere Zweig und hatte natürlich viele Nachkommen. Doch keiner bekam
eine gute und feste gegenrevolutionäre Bildung.
Ohne im Kopf eine Struktur der Thesen von „Revolution und
Gegen-Revolution“ zu haben, kann man die Revolution nicht erfolgreich
bekämpfen. Es ist wie ein Blinder, der seine Angreifer ohrfeigen will. Solch
eine Reaktion ist voll verwundbar, sie ist nur instinktiv. Ein Blinder kann
einen Angreifer erwürgen oder ihn zu Boden werfen. Er verliert aber unbedingt
de Kampf.
Nützlichkeit dieses historischen Ereignisses im
Apostolat: Gefahr der Mafia.
(Kann man das weitersagen?)
Das einzige, was ich empfehle, ist, dass man es gut
dokumentiert, eine perfekte Bibliographie vorlegen kann: das vollständige
Dokument, Autor, Jahr der Herausgabe und Verlag. Weil im Fall einer reinen
wörtlichen Information, würde besonders ein Lehrer darüber lachen.
Nicht irgendeinem erzählen. Dann wird man gleich sagen
wir hätten einen Freimaurerfimmel, man sähe Freimaurer überall.
Unterscheidung des utopischen Kommunismus vom sog.
wissenschaftlichen Kommunismus
(Wurde diese Taktik im Kommunismus verwendet?)
Höchstwahrscheinlich. Das Problem ist, dass diejenigen,
die sich mit solchen Themen beschäftigen, im Allgemeinen zwischen zwei Formen
des Kommunismus unterscheiden: dem utopischen und dem sogenannten
wissenschaftlichen Kommunismus.
Den utopischen Kommunismus betrachten sie als eine Art
Prä-Kommunismus. Er wird dargestellt als eine Strömung von Philosophen und
Schriftstellern, die von einer Errichtung des Kommunismus aus rein
sentimentalen Gründen träumten.
Der sog. wissenschaftliche Kommunismus basiert sich auf
wirtschaftliche Gründe und greift auf die Philosophie Hegels zurück. Er wurde
auf den Materialismus transponiert durch Karl Marx: der Vorrang der Materie
über den Geist, des Wirtschaftlichen über das Ideologische. Er kam auf mit dem
Manifest von Karl Marx 1848.
Der utopische Kommunismus ist viel älter. Schon Thomas Morus
im XVI. Jahrhundert veröffentlichte ein Werk, in dem das kommunistische Ideal
gepriesen wurde. Vor ihm gab es noch einen Campanella.
In der Französischen Revolution versuchte man den
Kommunismus einzuführen im Sinne Rousseaus, nicht aber mit der Begründung, die
ihm später Marx gab.
Historiker geben zu, dass es während der Französischen
Revolution eine echte kommunistische Revolution gab, angeführt von Babeuf, und
dass Danton, Robespierre, Marat und andere — Vorsitzende des Comité du Salut
Public — alle Kommunisten waren und etliche kommunistische Gesetze machten.
Hatten aber nicht den Mut ein kommunistisches Regime einzuführen. Deshalb
revoltierte Babeuf kurz nach dem Terror, um zu versuchen den Kommunismus voll
einzuführen.
[RN – Vortrag gehalten am 30.06.70]
Das Gespräch zwischen dem Herzog von Chartres und Danton
ist entnommen (freie Übersetzung) aus
F.-A. Gruyer (Membre de l’Institut), „La jeunesse du Roi
Louis-Philippe“ d’après les portraits et les tableaux conservés au Musée Condé,
Paris, Librairie Hachette et cie., 79, boulevard Saint-Germain, 1909, S. 124-127
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