Eröffnet wurde das Königtum des Herzen Mariens
von Plinio Corrêa de Oliveira


Wohl verstanden soll diese Gnade, die sich an das Herz eines jeden Menschen richtet, seine Seele auch erneuern. Dass „in der Nachfolge und zu Ehren einer so großen Königin die Christen sich endlich wahrhaft als Brüder fühlen werden und dass sie den Hass und die ungezügelte Sehnsucht nach Reichtum verbannen, die soziale Liebe üben, das Recht der Armen achten und den Frieden lieben werden.“ Es geht nicht darum, eine rein äußerliche und formale marianische Bewegung zu fördern, sondern den Seelen eine ernsthafte und wirkungsvolle Umsetzung der Gnaden zu fordern, die sie von ihrer Mutter bekommen werden: „Niemand halte sich als Kind Mariens für würdig, unter ihren Schutz aufgenommen zu werden, wenn er nicht nach ihrem Beispiel gütig, gerecht und rein ist und wenn er nicht mit Liebe wahre Brüderlichkeit übt und ohne jemand Unrecht zu tun, im Gegenteil Hilfe und Trost bringt.“
Diese Worte des Papstes verdienen eine eingehende Betrachtung. Einerseits spricht er gegen den Neid: eine eindeutige Haltung großer Menschenmassen, die über ungerechte Prüfungen verbittert sind und vielfach durch die demagogischen Prinzipien der Französischen Revolution und des Kommunismus vergiftet sind: die Reichen hassen, nur weil sie über deren Vermögen neidisch sind und die ganze soziale Hierarchie zerstören wollen. Der Heilige Vater spricht auch vom maßlosen Wunsch nach Reichtum, ein Übel, das fast alle Länder der Welt plagt. Machthaber der Industrie und des Handels häufen in ihren Händen enorme Reichtümer an, neben welches das Vermögen der ehemaligen Aristokratien fast unbedeutend erscheint. Sie verwandelten die Wirtschaft in ein geschlossenes Reich, in dem sie über den An- und Abstieg der Preise, über den Umlauf und die Verwendung des Reichtums bestimmen. Bald unterdrücken sie den Staat, bald werden sie von diesem Unterdrückt, wenn die Welle der Demagogie steigt. So sieht sich die Gesellschaft immer bedrängter von diesen zwei mehr oder weniger verdeckten Formen von Diktatur: die der Finanzoligarchie und die der Masse. Daraus kann nur die Erdrosselung der echten gesellschaftlichen und geistigen Eliten, die Unterdrückung des ehrlichen und friedlichen Arbeitnehmers, die Vernichtung der kleinen und mittleren Bourgeoisie hervorkommen. Es ist das erbärmliche Phänomen des Klassenkampfes in der, das, was in der Gesellschaft am unechtesten und schlechtesten ist – Kamarillas von Blutsaugern der Wirtschaft oder vulgäre Demagogen – das verschlingt, was am authentischsten und besten ist. Wie weit dies das Gegenteil der „sozialen Liebe“ ist, von der der Papst spricht, wer sieht das nicht? Um die Gesellschaft vor der Macht des Schlechten über das Beste zu schützen, proklamiert der Papst in der Welt die königliche Würde Mariens.
Sicher ein dringendes Werk, das der sozialen Reform. Um so mehr da Pius XII. sie wesentlich in der Art einer moralischen Reform sieht. Doch Maria hat eine große Macht über die menschliche Seele; ihr müssen sich die Menschen nahen nicht nur, „um Hilfe in der Gefahr, Licht in der Finsternis, Trost in Schmerz und Tränen zu erflehen“, sondern die Gnade erflehen, „die kostbarer ist als alle anderen“, „den Mut aufbringen, sich von der Knechtschaft der Sünde loszureißen“.
Die Verkündigung der Souveränität Mariens in der Enzyklika „Ad Coeli Reginam“, die Einsetzung ihres Festes auf den 31. Mai, die Krönung des Marienbildes „Salus populi Romani“ durch den Papst selbst, dies alles kann und muss der Ausgangspunkt sein für eine neue Zeit in der Geschichte der Menschheit: die Ära des Königtums Mariens.
Mit der der Heiligen Kirche eigenen Vorsicht begründet die Enzyklika „Ad Coeli Reginam“ die königliche Würde Mariens nicht nur mit theologischen Argumenten. Es wäre jedoch nicht überflüssig daran zu erinnern, dass dieser große Tag der Ausrufung des Universalen Königtums Mariens und die Hoffnung auf eine Epoche von Triumph und Ruhm der Religion schon seit Jahrhunderten Gegenstand der Wünsche vieler frommen Seele ist.

Nun sind aber die Schriften der Heiligen, die sich am meisten ausgezeichnet haben, die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu zu lehren und zu verbreiten, gefüllt von der Hoffnung auf den Sieg des Königtums Christi nach den stürmischen Zeiten, in denen wir leben, und das Beten für diesen Sieg war der eigentliche Zweck des Herz Jesu Gebetsapostolats in der ganzen Welt. Auf der anderen Seite sind die Schriften des hl. Ludwig Grignion von Montfort reich an prophetischen (wir benutzen diesen Ausdruck mit den Vorbehalten des guten katholischen Sprachguts) Lichtstrahlen über das Königtum Mariens, als Schlusspunkt der Katastrophenära, die mit der protestantischen Reformation begonnen hat.
Königtum Christi und Königtum Mariens sind nicht unterschiedliche Dinge. Das Königtum Mariens ist nichts anderes als ein Mittel – oder eher das Mittel – zur Einrichtung des Königtums Jesu Christi. Das Herz Jesu regiert und triumphiert im Reich und im Triumph des Herzens Mariens. Das Reich und der Triumph des Herzens Mariens beruhen auf nichts weiteres, als den Triumph und das Reich des Herzen Jesu herbeizuführen. So münden diese nach der protestantischen Reformation entstandenen zwei großen Ströme zu einem gleichen Ziel, zur Vorbereitung eines gleichen Ereignisses: das Königtum Jesu und Mariens in einer neuen historischen Ära.
Der hl. Papst Pius X. gedachte in der Enzyklika „Ad diem illum“ zum 50. Jahrestag der Verkündigung des Dogmas der Unbefleckten Empfängnis der wunderbaren Früchte, die das Dogma hervorbrachte: vor allem die Wunder in Lourdes und die Erklärung der Päpstlichen Unfehlbarkeit. Werden im diesjährigen Hundertsten die Früchte geringer gewesen sein? Die göttliche Vorsehung wollte, dass sie aus den Händen Pius XII. sprießen. Es waren die Verkündigung des Dogmas der Himmelfahrt Mariens und die Proklamation des Königtums Mariens. Was kann reicher, fruchtbarer, schöner sein?
in „Catolicismo“ Jahrgang IV – Dezember 1954 – Nr. 48
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