Freitag, 1. August 2025

Patriotismus

 

Plinio Corrêa de Oliveira

Da so viel von Erneuerung die Rede ist, sei es in Politik, Recht oder Volkswirtschaft, ist es an der Zeit, sich mit der grundlegenden Erneuerung zu befassen, die Brasilien braucht: der Erneuerung des öffentlichen Geistes.

Mit der Zerstörung der im Mittelalter von der Kirche geschaffenen Einheit des Denkens nahm die Vielfalt religiöser und philosophischer Strömungen allmählich so stark zu, dass im 20. Jahrhundert die Anarchie im Bereich des intellektuellen Lebens vollständig siegte und sich von dort wie eine Welle zerstörerischer Lava auf alle Institutionen, alle Nationen und alle Kontinente ausbreitete.

Brasilien leidet so sehr unter den verheerenden Folgen dieses Übels, dass es heute unmöglich ist, eine breite Denkströmung zu bilden, die sich auf ein umfassendes Programm der nationalen Neuordnung konzentrieren könnte.

Es ist üblich, dass radikal unvereinbare Ansichten von derselben Person mit gleichem Eifer vertreten werden. Dazu gehören sozialistische Konservative, Kommunisten, die Eigentum abschaffen und die Familie bewahren wollen, sozialistische Liberale, liberale Reaktionäre usw.

Alle Gefühle, selbst die edelsten, werden von exotischen Lehren in Frage gestellt, die stets mit Inbrunst akzeptiert werden.

Und solange dieses Chaos in der Welt des Denkens anhält, wird es absolut unmöglich sein, eine dauerhafte Ordnung in Politik und Wirtschaft zu etablieren.

Zu den in letzter Zeit am stärksten angegriffenen Gefühlen gehört zweifellos der Patriotismus, dessen Bankrott die Führer des Kommunismus und Sozialismus unermüdlich verkünden.

Die katholische Lehre wendet sich eindeutig gegen jede intellektuelle Tendenz, die das patriotische Ideal untergräbt.

Damit dieses Ideal jedoch nicht durch die Angriffe seiner Gegner untergraben wird, ist es unerlässlich, gegen das falsche Konzept des Patriotismus vorzugehen, dass durch einen missverstandenen Nationalismus unter uns verbreitet wurde. Bislang basierte unser Patriotismus in erster Linie auf der natürlichen Schönheit, mit der die Vorsehung Brasilien geschmückt hat.

Unsere Dichter haben die Palmen unseres Landes, „wo die Drossel singt“, die Dichte unserer Dschungel, die Schönheit unserer Küste und den Reichtum unseres Bodens in den höchsten Tönen gepriesen.

Fragen wir einen Menschen durchschnittlicher Kultur, warum er stolz darauf ist, Brasilianer zu sein, und sofort, in einem Ausbruch der Begeisterung, werden wir eine endlose Liste von Verweisen auf unseren indigoblauen Himmel, unsere Fauna, Flora usw. hören.

Selten, sehr selten, wird ein Hinweis auf die Intelligenz unseres Volkes, sein ungewöhnliches musikalisches Flair, die brillanten historischen Traditionen, die es ehren, und die großartige Zukunft, die die Vorsehung für es bereithält, auftauchen.

Doch genau darin liegt der große Irrtum, in den uns ein missverstandener Nationalismus geführt hat.

Es ist richtig, dass wir mit der natürlichen Schönheit unserer Heimat stolz sein sollten. Viel mehr jedoch ehrt uns die Tatsache, dass wir von einem Riesengeschlecht abstammen, das Dschungel rodete, Wilde beherrschte und Bestien zähmte und auf einem von ihnen entdeckten Kontinent eine Zivilisation begründete, die die Zukunft erblühen lassen wird.

Die erhabene Gestalt von Amador Bueno da Ribeira ehrt uns mehr als die Guanabara-Bucht. Die Predigten von Pater Anchieta verleihen uns mehr Glanz als die Wasserfälle von Paulo Afonso und Sete Quedas, und nicht die ganze Majestät des Amazonas besitzt die strenge und sanfte Schönheit unseres alten Familienlebens, das tief vom Geist des Glaubens durchdrungen und - bis zu einem gewissen Grad - vor dem tödlichen Virus der Moderne bewahrt ist.

Die brasilianische Mentalität in ihren traditionellen und nationalen Aspekten (denn in Brasilien Tradition, Nationalität und Katholisch konzentrische Ideen sind) trägt den Keim einer großen Zivilisation in sich. Wir sind noch nicht von der sentimentalen Gefühllosigkeit, der leichtfertigen, selbstsüchtigen und vergnügungssüchtigen Nordamerikaner angesteckt worden. Die Härte, Gier und der unerbittliche Egoismus, die die Welt überwältigen, haben uns noch nicht heimgesucht. Und selbst in unseren Fehlern stecken Elemente missverstandener Güte. So ist die berühmte „Sanftheit“, mit der wir – das muss man zugeben – oft aus schuldhafter Toleranz den verwerflichsten Handlungen nachgeben, nicht gerade eine Umarmung des Bösen, sondern die (gewiss verwerfliche) Angst, jemandes Missfallen zu erregen.

Erzieht diese große Rasse in religiösen und katholischen Prinzipien, und bald wird ein neues Brasilien erblühen, in dem, nachdem Fehler beseitigt und gute Eigenschaften auf ihre wahren Grenzen zurückgeführt wurden, die Geschichte die Entstehung einer großen Nation feiern wird. Und wenn Südamerika das Zepter der Weltherrschaft schwingt, das Graf von Keyserling richtig prophezeite, wird dieses Zepter von seinen Schwesterländern auf dem Kontinent in die Hände Brasiliens gelegt werden, par droit de conquête et par droit de naissance.

 

 

Aus dem portugiesischen von „Patriotismo“ in Legionário vom 2. Oktober 1932.

Die deutsche Fassung dieses Artikels „Patriotismus“ ist erstmals erschienen in www.p-c-o.blogspot.com

© Veröffentlichung dieser deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

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