Plínio
Corrêa de Oliveira
Fátima
ist ein Thema, das schon häufig in diesem Blatt *) behandelt wurde. Doch „de Maria nunquam satis“. Außerdem, in
diesem Muttergottesmonat, der gezeichnet ist durch die Feierlichkeiten voller
kindlicher Zuneigung und Begeisterung, des vierzigsten Jahrestages der
Bischofsweihe des glorreich regierenden Heiligen Vaters Pius XII., feiern wir
auch vierzig Jahre der ersten Erscheinung der Muttergottes in der Mulde von
Iria. Diese Übereinstimmung ist so bewundernswert, so voll von tiefer
Bedeutung, dass man nicht über das bischöfliche Jubiläum des Papstes sprechen
kann, ohne zugleich an die Verheißungen von Fatima zu erinnern. So kommen wir
also auf das Thema zurück, in der Sicherheit dem Wunsch unserer Leser zu
entsprechen.
Da wir
zu anderen Gelegenheiten schon alles über die Erscheinungen als solche gesagt
haben, was zu sagen war, meinen wir, wir sollten das dornige Thema der
Voraussagen Mariens behandeln.
Man
weiß, dass die Muttergottes, als sie zu den drei Hirtenkindern sprach, und
später auch zu Schwester Lucia, fürchterliche Strafen für die Menschheit
vorausgesagt hat. Man weiß, dass der Portugiesische Episkopat Treuhänder eines
geheimnisvollen Umschlags ist, der Äußerungen von Schwester Lucia enthält, der
nur 1960 geöffnet werden soll. Nach dem glaubwürdigen Autor P. De Marchi („Es war eine Frau, strahlender als die
Sonne“) enthält dieser Umschlag den noch nicht bekanntgegebenen zweiten
Teil des Geheimnisses von Fatima. Es kommt noch hinzu, das die politischen
Horizonte der ganzen Welt von trüben Wolken verhangen sind. So setzt sich spontan,
unaufhaltsam, dringend die Frage auf: Werden die von der Muttergottes
vorhergesagten Strafen über die Welt fallen?
Wir
sind nicht von denen, die eine solche Frage für müßig halten, denn sie bezieht
sich nicht auf gewisse gängige private Offenbarungen, denen mit großer
Möglichkeit Suggestion oder Täuschung anhaften können, sondern auf Fakten offenkundiger
übernatürlicher Art basieren und als solche von der Frömmigkeit der Gläubigen
auf der ganzen Welt angenommen, die von der Heiligen Kirche gutgeheißen werden,
ohne ihren privaten Charakter einzubüßen, und deutliche wie bewundernswerte geistige
Früchte hervorgebracht hat.
Doch
wollen wir uns heute eigentlich nicht einer solchen Erörterung hingeben. Unser Vorhaben
ist bescheidener und praktischer. Wir möchten nur zeigen, dass einerseits es
nicht angebracht ist, zu fragen, ob die Verheißungen von Fatima sich ereignen
werden, denn sie sind ja eigentlich schon im Gange, und andererseits, dass es
in großem Maß uns obliegt, auch noch zum jetzigen Stand der Dinge ihre
vollständige Verwirklichung aufzuhalten.
Wir
können eigentlich nicht verstehen, dass man Zweifel haben kann, dass die
Voraussagen von Fatima sich gegenwärtig schon ereignen. Denn die herrschende
Tatsache unseres politischen Lebens, eine Tatsache, die die Seiten der
Tageszeitungen füllt und alle Sorgen der Staatsmänner beherrschen, gerade diese ist,
dass „Russland seine Irrtümer über die ganze Welt verbreitet“ und somit immer
günstigere Bedingungen schafft für den Ausbruch des furchtbarsten Konflikts der
Geschichte.
Es ist ersichtlich,
dass in dieser allgemeinen Beunruhigung nicht allein Russland die ganze Schuld
zukommt. Denn wenn Moskau seine ideologischen Gifte über die ganze Welt in
Umlauf bringen kann, dann nur weil diese Gifte Aufnahme finden. Wenn man auch
zugeben muss, dass die Welt aus eigener Schuld sich in brennbarem Zustand befindet,
ist es doch am Feuerherd Moskaus, wo die Brandstifter ihre Fackeln anzünden und
von da aus unzählige Funken springen, die in allen Ländern gefährliche
Feuerflammen entzünden.
Außerdem
erlauben die gegenwärtigen Zustände schon die Glaubhaftigkeit des Teils der
noch nicht erfüllten Voraussagen zu erkennen. Die Tatkraft Russlands über die
ganze Welt eine tiefe Weltkrise auszulösen, nicht nur mehr oder weniger
oberflächliche und mehr oder weniger vorübergehende aktuelle Krisen, ist
offensichtlich. Dass dies alles früher oder später in Verfolgung des Papstes
und der Kirche enden wird, ist ebenfalls offensichtlich. Das in den Wirren
eines von Russland provozierten Krieges, eine Weltkatastrophe die Menschheit
treffen kann, ist auch unbestreitbar.
Die
richtige Frage über die Prophezeiungen von Fatima kann also nur diese sein: Ob sie
sich erfüllen werden und ob wir in den Endgreuel fallen werden, der sich
voraussehen lässt.
Zu
diesem Punkt scheint es uns, dass über den Bedingungscharakter der Botschaft
von Fatima nicht genügend hingewiesen wurde. In ihr wird sonnenklar gesagt,
dass diese Ereignisse geschehen werden, wenn die Menschheit sich nicht von
ihren Sünden abwendet und nicht Buße tut. Demnach obliegt der ganzen Menschheit
und jedem einzelnen Menschen die Möglichkeit die schon im Beginnen sich befindende
Strafe jetzt noch abzuwenden. Es reicht von der Sünde abzulassen und Buße zu
tun. Doch wenn dies nicht geschieht, werden auch religiöse Feiern, Gebete,
Ängste und Panik nichts nutzen. Die Strafe wird kommen.
Es ist
also notwendig, dass der vorwiegende Teil, oder gar der zahlenmäßig größte Teil
der Sünder, eine echte und ernsthafte Lebensänderung unternimmt. Was bedeutet
diese Behauptung? Das die Menschen aus Liebe zu Gott, oder wenigsten aus Furcht
vor seiner Gerechtigkeit, die Sünde verabscheuen und sie nicht mehr begehren
und praktizieren, und fortan nach den Geboten leben. Dies ist eine der
wesentlichen Bedingungen, um die Strafen zu verdrängen. Sie muss also klar erwähnt
werden, positiv, ohne unnötige rednerische Verzückungen, Verstellungen oder Milderungen
einer falschen menschlichen Klugheit.
Wer
also ein Apostolat üben will, ganz im Sinne, was man „auf der Linie von Fatima“
nennen könnte, muss deutlich gegen den Irrtum und die Sünde sprechen, alles tun,
damit sie gehasst und verstoßen werden, und in allen die Furcht vor dem Zorn
Gottes erwecken, vor allem in denen, die die Liebe nicht bewegen kann.
Alle
anderen gesetzten Bedingungen der Botschaft von Fatima hängen nicht ganz von
uns ab. Doch diese hängt unbestreitbar von uns ab. Wenn sie erfüllt wird,
werden die Strafen nicht eintreffen. Denn alles lässt glauben, dass Gott den
reuigen Sünder verschonen wird. Was ist wichtiger? Zu fragen ob die Strafen
kommen werden, wann und wie sie kommen werden, oder sich einsetzen, damit sie
nicht eintreffen? Betätigen wir uns also. Und schreiten wir gelassen der Zukunft entgegen, denn so, komme, was
kommen mag, werden wir von denen sein, über die die schützende Hand der Königin
des Himmels ruht.
Setzen wir uns ein! Reicht das? Nein! Es ist nötig, außer Lebenswandlung
und Apostolat, auch Gebet und Buße. Wir müssen uns abtöten, um für uns und für
die anderen zu sühnen. Wir müssen beten, weil das Gebet Berge versetzt.
Mit
dieser geistlichen Einstellung und solchen Vorhaben gewappnet, werden wir mit
Freuden das Lob der Jungfrau von Fatima singen können. Denn für uns wird ihre
Botschaft nicht vergebens gewesen sein.
*) Bezieht sich auf das Monatsmagazin „Catolicismo“ der Diözese Campos, Brasilien
Freie Übersetzung von „Cabe aos homens sustar o castigo iminente“ aus „Catolicismo“ Nr.
77, Mai 1957
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