Ordnung, Friede und Harmonie sind wesentliche Charakterzüge einer gut gebildeten Seele und einer jeden vernünftig organisierten menschlichen Gesellschaft. Diese Werte hängen aufs engste zusammen mit dem wahren Begriff der Vollkommenheit.
Jedes Wesen, sei es belebt oder unbelebt, hat ein eigenes
Endziel und eine anpassungsfähige Natur zur Erreichung dieses Zieles. So nimmt
jedes Glied einer Uhr zum Beispiel seine eigene Stellung ein und trägt durch
seine Form und Anordnung zur Verwirklichung eines bestimmten Zweckes bei.
Ordnung ist die Disposition der Dinge gemäß ihrer Natur.
So ist eine Uhr in Ordnung, wenn alle Teile ihrer Natur und ihrem Zweck
entsprechend angebracht sind. In der Sternenwelt herrscht deshalb Ordnung, weil
alle Himmelskörper sich mit der Natur und dem Zweck ihres Daseins in
Übereinstimmung befinden.
Wenn die Beziehungen zwischen zwei Wesen der Natur und
dem Endziel eines jeden von ihnen Rechnung tragen, sprechen wir von Harmonie.
Die Harmonie ist das Zusammenwirken der Dinge in ihren wechselseitigen
Beziehungen nach dem Bauplan der Ordnung.
Die Ordnung erzeugt Ruhe. Die Ruhe der Ordnung ist der
Friede. Nicht jeder Zustand der Ruhe verdient Friede genannt zu werden, sondern
nur derjenige, der aus der Ordnung hervorgeht. Der Friede eines ruhigen
Gewissens entspringt einem guten Gewissen und hat nichts zu tun mit der
Gleichgültigkeit eines abgestumpften Gewissens. Körperliches Wohlbefinden
bringt ein Gefühl des Friedens mit sich, das weit entfernt ist von
Scheineuphorie oder Mattigkeit nach dem Genuss von Rauschmitteln.
Wenn ein Wesen sich völlig nach Maßgabe seiner Natur
disponiert und aufgelegt fühlt, befindet es sich im Zustande der
Vollkommenheit. So wird ein junger Mensch, der ein großes Auffassungsvermögen
und ein starkes Verlangen zum Studium besitzt, darauf drängen, eine Universität
zu beziehen, wo ihm alle Mittel für eine wissenschaftliche Ausbildung zur
Verfügung stehen; er befindet sich dann hinsichtlich seines Studiums in einer
vollkommenen Lage.
Ist die Tätigkeit eines Wesens ganz seiner Natur
angepasst und vollständig auf sein Endziel hin ausgerichtet, dann können wir
sie mit Fug und Recht als vollkommen - perfekt - bezeichnen. So ist die Bahn
der Gestirne vollkommen, weil sie ganz und gar der Natur und dem Zweck eines
jeden Sternes entspricht.
Sind die Existenzbedingungen eines Wesens vollkommen, dann werden es mit großer Wahrscheinlichkeit auch seine Lebensäußerungen sein. Es wird all seine Ausdauer, Kraft und Geschicklichkeit einsetzen, um das vorgegebene Ziel zu erreichen. Ein Mensch, der vollkommene Anlagen zum Gehen besitzt, wird in untadeliger Weise gehen, sofern er es nur will.
Für die Erkenntnis der wahren Vollkommenheit des Menschen
und der menschlichen Gesellschaft müssen wir uns zuerst eine genaue Vorstellung
von der Natur und dem Endziel des Menschen machen. Das Gelingen, die
Fruchtbarkeit, der Glanz menschlicher Werke, seien es die einzelner Personen oder
solche von Gruppen, Völkern und Nationen, hängen von der Kenntnis unserer Natur
und ihres Endzweckes ab. Mit anderen Worten, der Besitz der religiösen Wahrheit
ist wesentliche Voraussetzung der Ordnung, der Harmonie, des Friedens und der
Vollkommenheit.
(aus "Der Kreuzzug des 20. Jahrhunderts"
Catolicismo, Januar 1951)
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