Sonntag, 8. März 2020

Kirchlicher Tribalismus: Pfingstbewegungen


ANMERKUNG: Im Jahre 1976 wurde Prof. Plinio Corrêa de Oliveira gebeten, ein Vorwort zu einer neuen Auflage der italienischen Ausgabe seines Buches „Revolution und Gegenrevolution“ zu schreiben. Prof. Oliveira hielt es aber für angebrachter, dem Publikum eine Analyse der Entwicklung des Revolutionsprozesses während der fast zwanzig Jahre vorzulegen, die inzwischen seit dem Erscheinen der ersten Ausgabe vergangen waren. Er fügte daher dem Werk einen dritten Teil hinzu, der erstmals 1977 in der Januarausgabe der Zeitschrift Catolicismo in Brasilien veröffentlicht wurde. Als dann 1989 der Eiserne Vorhang gefallen war, ergänzte er 1992 diese Analyse mit einigen weiteren Kommentaren, die wir dem Leser ebenfalls vorlegen mit dem Hinweis „Kommentar aus dem Jahr 1992“.
Hier geben wir einen Ausschnitt dieser Ergänzung von 1977 wieder, zum Thema Amazonien und empfohlenes Stammesleben von Seiten kirchlicher Obrigkeiten:

E. Kirchlicher Tribalismus: Pfingstbewegungen
Sprechen wir nun vom geistlichen Bereich. Auch diesen möchte die IV. Revolution wohlgemerkt auf den Tribalismus reduzieren. Der Weg, der dahin führen soll, ist schon deutlich erkennbar in theologischen und kanonischen Strömungen. Diese wollen die edle, knöcherne Strenge der kirchlichen Strukturen, die von Jesus Christus eingesetzt und in zwanzig Jahrhunderten religiösen Lebens geformt worden sind, in ein knorpeliges, weiches, formloses Gewebe von Diözesen und Pfarreien ohne festumrissene Gebietsabgrenzungen verwandeln. In religiösen Gruppierungen soll die starke kanonische Autorität schrittweise durch den Einfluss von mehr oder weniger sog. „charismatischen Propheten“, die den Schamanen des Strukturaltribalismus ähneln, ersetzt werden. Letztendlich wird man sie wohl auch nicht mehr von den Schamanen des Strukturaltribalismus unterscheiden können. So wie auch die progressiv-pfingstlerische Pfarrgemeinde und Diözese notgedrungen nicht mehr von den strukturalistischen Stammesgruppen zu unterscheiden sein wird.

Kommentar aus dem Jahre 1992:
„Entmonarchisierung“ der kirchlichen Autoritäten
Unter dieser Perspektive (des Strukturalismus), die an sich einfach historisch und hypothetisch ist, könnte man gewisse Veränderungen, die eigentlich nichts mit diesem Prozess zu tun haben, als Übergänge zwischen dem vorkonziliaren Status quo und dem hier angegebenen extremen Gegenteil einordnen. So zum Beispiel die Tendenz zur Kollegialität als einer innerhalb der Kirche verpflichtenden Form der Machtausübung und als Ausdruck einer gewissen „Entmonarchisierung“ der kirchlichen Autorität. Diese kirchliche Autorität wird damit de facto auf jeder Ebene viel enger als früher an die unmittelbar darunter liegenden Ebenen gebunden.
Wenn dies alles bis zur letzten Konsequenz durchgezogen wird, könnte eine Tendenz zur endgültigen, allgemeinen Einführung der Wahl durch das Volk in der Kirche entstehen. Ein Prozedere, das zu anderen Zeiten schon verschiedentlich von der Kirche angewandt wurde, um bestimmte kirchliche Ämter zu besetzen. Am Ende könnte es sogar zu einer – von den Tribalisten erträumten – Situation kommen, in der die ganze Hierarchie in eine unhaltbare Abhängigkeit von den Laien gerät, dem scheinbar notwendigen Sprachrohr des Göttlichen Willens. Diesen „Göttlichen Willen“ würde das tribalistische Laientum wohl mittels „mystischer“ Offenbarungen aus dem Munde irgendeines „Zauberers“, „pfingstlerischen Gurus“ oder eines „Hexers“ kennenlernen. Indem die Hierarchie den Laien gehorcht, würde sie angeblich ihrer Aufgabe nachkommen, dem Willen Gottes zu gehorchen.

„Revolution und Ggenrevolution“, Plinio Corrêa de Oliveira, TFP-Deutschland, 2013. S. 182ff
© Nachdruck dieser deutschen Fassung ist nur mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.


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