ANMERKUNG:
Im Jahre 1976 wurde Prof. Plinio Corrêa de Oliveira gebeten, ein Vorwort zu
einer neuen Auflage der italienischen Ausgabe seines Buches „Revolution und Gegenrevolution“
zu schreiben. Prof. Oliveira hielt es aber für angebrachter, dem Publikum eine
Analyse der Entwicklung des Revolutionsprozesses während der fast zwanzig Jahre
vorzulegen, die inzwischen seit dem Erscheinen der ersten Ausgabe vergangen
waren. Er fügte daher dem Werk einen dritten Teil hinzu, der erstmals 1977 in
der Januarausgabe der Zeitschrift Catolicismo
in Brasilien veröffentlicht wurde. Als dann 1989 der Eiserne Vorhang gefallen
war, ergänzte er 1992 diese Analyse mit einigen weiteren Kommentaren, die wir
dem Leser ebenfalls vorlegen mit dem Hinweis „Kommentar aus dem Jahr 1992“.
Hier
geben wir einen Ausschnitt dieser Ergänzung von 1977 wieder, zum Thema
Amazonien und empfohlenes Stammesleben von Seiten kirchlicher Obrigkeiten:
E.
Kirchlicher Tribalismus: Pfingstbewegungen
Sprechen
wir nun vom geistlichen Bereich. Auch diesen möchte die IV. Revolution
wohlgemerkt auf den Tribalismus reduzieren. Der Weg, der dahin führen soll, ist
schon deutlich erkennbar in theologischen und kanonischen Strömungen. Diese
wollen die edle, knöcherne Strenge der kirchlichen Strukturen, die von Jesus
Christus eingesetzt und in zwanzig Jahrhunderten religiösen Lebens geformt
worden sind, in ein knorpeliges, weiches, formloses Gewebe von Diözesen und
Pfarreien ohne festumrissene Gebietsabgrenzungen verwandeln. In religiösen
Gruppierungen soll die starke kanonische Autorität schrittweise durch den
Einfluss von mehr oder weniger sog. „charismatischen Propheten“, die den
Schamanen des Strukturaltribalismus ähneln, ersetzt werden. Letztendlich wird
man sie wohl auch nicht mehr von den Schamanen des Strukturaltribalismus
unterscheiden können. So wie auch die progressiv-pfingstlerische Pfarrgemeinde
und Diözese notgedrungen nicht mehr von den strukturalistischen Stammesgruppen
zu unterscheiden sein wird.
Kommentar
aus dem Jahre 1992:
„Entmonarchisierung“
der kirchlichen Autoritäten
Unter
dieser Perspektive (des Strukturalismus), die an sich einfach historisch und
hypothetisch ist, könnte man gewisse Veränderungen, die eigentlich nichts mit diesem
Prozess zu tun haben, als Übergänge zwischen dem vorkonziliaren Status quo und
dem hier angegebenen extremen Gegenteil einordnen. So zum Beispiel die Tendenz
zur Kollegialität als einer innerhalb der Kirche verpflichtenden Form der
Machtausübung und als Ausdruck einer gewissen „Entmonarchisierung“ der
kirchlichen Autorität. Diese kirchliche Autorität wird damit de facto auf jeder
Ebene viel enger als früher an die unmittelbar darunter liegenden Ebenen
gebunden.
Wenn
dies alles bis zur letzten Konsequenz durchgezogen wird, könnte eine Tendenz
zur endgültigen, allgemeinen Einführung der Wahl durch das Volk in der Kirche
entstehen. Ein Prozedere, das zu anderen Zeiten schon verschiedentlich von der
Kirche angewandt wurde, um bestimmte kirchliche Ämter zu besetzen. Am Ende
könnte es sogar zu einer – von den Tribalisten erträumten – Situation kommen,
in der die ganze Hierarchie in eine unhaltbare Abhängigkeit von den Laien
gerät, dem scheinbar notwendigen Sprachrohr des Göttlichen Willens. Diesen „Göttlichen
Willen“ würde das tribalistische Laientum wohl mittels „mystischer“
Offenbarungen aus dem Munde irgendeines „Zauberers“, „pfingstlerischen Gurus“
oder eines „Hexers“ kennenlernen. Indem die Hierarchie den Laien gehorcht,
würde sie angeblich ihrer Aufgabe nachkommen, dem Willen Gottes zu gehorchen.
„Revolution und Ggenrevolution“,
Plinio Corrêa de Oliveira, TFP-Deutschland, 2013. S. 182ff
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