Mittwoch, 24. Februar 2021

„Passio Christi, conforta me“

 

Leiden Christi stärke mich

„Alle oben genannten Elemente (des Klerus und der Katholischen Aktion) für die soziale und vielfältige Arbeit der christlichen Nächstenliebe gewinnen, um allen physischen oder moralischen Bedürfnissen unseres Nächsten zu Hilfe zu kommen, unabhängig von Hautfarbe, Rasse, Nationalität oder Klasse.“ Dies ist einer der wichtigsten Punkte des Aktionsplans des neuen Erzbischofs von São Paulo.

„Hilfe in physischen oder spirituellen Bedürfnissen“: Dies ist genau das Konzept der Werke der Barmherzigkeit, die Unser Herr der Welt gelehrt hat und die die Heilige Kirche im Laufe von Jahrhunderten ununterbrochen durchgeführt hat. Der ganze Geist der Kirche besteht aus fruchtbaren Kontrasten, die in einer göttlichen Harmonie gelöst werden. Während des Mittelalters reiste ein muslimischer Potentat durch Europa, gefangen genommen von den feudalen Kriegern, Verteidigern des Glaubens. Eines Tages fanden sie ihn sehr nachdenklich und denen, die ihn nach dem Grund fragten, antwortete er: „Ich kann es nicht verstehen wie so demütige Menschen, so göttlich stolze Werke bauen“. Es sind demütige Seelen, die solch göttlich stolze Werke bauen, so werden die, die durch das kostbare Blut unseres Herrn Jesus Christus gerettet wurden, wirklich dargestellt. Es scheint einen Widerspruch zu geben zwischen Demut und Stolz. Die heidnische Welt verstand diesen Widerspruch nicht, und eine der Anschuldigungen, die die Römer den Märtyrern vorwarfen, war genau, dass ihre Religion die Niedrigkeit verherrlichte. Sie wussten nicht, welches bewundernswerte Saatfeld stolzer Seelen jene dunklen und geheimnisvollen Katakomben waren, in denen sich große und kleine Patrizier und Sklaven um die Altäre versammelten und von Jesus Christus das Geheimnis der Demut und des Stolzes lernten, von dem er uns in seinem irdischen Leben so anbetungswürdige Beispiele gab. „Christianus alter Christus“, die Demut des Christen oder der Stolz des Christen sind nichts als Spiegelbilder des Stolzes und der Demut unseres Herrn Jesus Christus.


Ein weiterer Kontrast, den die Welt nicht versteht und der jedoch so harmonisch und fruchtbar ist wie der des Stolzes und der Demut des wahren Christen, ist der der Sanftmut und der Kampfbereitschaft. Wenn der Araber, von dem wir sprachen, das Leben der Heiligen beobachten würde, würde er sicherlich auf dieses Geheimnis stoßen und über sie sagen: „Ich kann nicht verstehen, wie so friedliche Seelen so kriegerisch und wie so kriegerische Seelen so friedlich sein können“. Es ist so, dass im Katholizismus alles Liebe ist, und selbst wenn jemand aus Notwendigkeit und Nachahmung unseres Herrn die Geißel schwingt, die die Irrtümer der Welt prügeln, tut er dies aus Liebe. Er tut es aus Liebe und tut es mit Liebe. Christliche Kampfbereitschaft hat die ausschließliche Begründung in der Selbstverteidigung. Es gibt für sie keine andere Möglichkeit, legitim zu sein. Es ist immer die Liebe zu etwas, was beleidigt wurde, die den Christen in den Kampf zieht. Jeder Kampf ist umso heftiger, je größer die Liebe ist, mit der man kämpft. Und genau aus diesem Grund gibt es für den  Katholiken keine größere Kampfbereitschaft als die, mit der er für die Verteidigung der beleidigten, verleugneten und mit Füßen getretenen Kirche kämpft. Warum kämpft er? Um die Rechte der Seelen zu verteidigen, die man der Kirche entreißen will. Um die Zugangspforten offen und hindernisfrei zu halten, damit die Auserwählten Gottes sich seiner Kirche nähern können. Um die Unverschämtheit der Bosheit zu besiegen und zur Erhöhung der Heiligen Mutter Kirche. Für diese Dinge muss sich der Katholik schlagen. Und wenn alle friedlich angewandten Mittel, eines nach dem anderen, geduldig, unabänderlich erschöpft sind, erhebt sich der Katholik mit der Tapferkeit eines neuen Makkabäers, entbrannt im Eifer für die Braut Christi, kann er gut sagen, dass es in all seiner Kampfbereitschaft nur eine Sache gibt: Liebe.

Verlassen wir dieses Bild und betrachten wir statt des christlichen Kriegers, die Schwester der Nächstenliebe. Sie, die sich lieblich dem Bett eines im Todeskampf befindlichen, mit einer abstoßenden Krankheit befallenen Patienten, nähert. Er ist ein Fremder für sie, in dem sie aber ein Glied des mystischen Leibes Christi, der heiligen katholischen Kirche, sieht. Aus diesem Grund nähert sie sich ihm voller übernatürlicher Zärtlichkeit, löst die Binden, die die Abscheulichkeit seiner Wunden verbergen, und empfängt in ihrem Gesicht stärker als je zuvor den schrecklichen Geruch von faulendem Fleisch. Das Gesicht der Schwester der Nächstenliebe ist vollständiger Gleichmut. Sie betrachtet die Wunden als wären es Perlen, sie atmet den Geruch von Fäulnis ein, als wäre es Parfüm. Nur Gott weiß, welchen schrecklichen Ekel sie in sich zurückdrängt und welchen hartnäckigen, gewaltigen, titanischen Kampf sie entwickeln muss, um den Ort des Opfers, an dem Unser Herr Jesus Christus sie will, nicht aufzugeben! Wie viel Liebe, werden diejenigen sagen, die nur auf die Gelassenheit ihres Gesichts und ihrer Handlung achten.

Wie viel Kämpfergeist, werden diejenigen sagen, die durchdringender sind, und die Turbulenzen des inneren Kampfes enträtseln, vor denen die Religion nicht nachgibt! Wie viel Liebe in diesem inneren Kampf! Wie viel Kampfbereitschaft in dieser Liebe!

Kampfgeist und Liebe. Wenn die heutige Welt verstehen würde, wie diese Tugenden harmonieren, wie man selbst das, was man bekämpft, lieben muss... und mit beiden Händen manchmal selbst das bekämpfen muss, was einem um mehr als einen gerechten Grund teuer ist, wie wäre das Angesicht der Erde anders!

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Es ist für die heiligen Kämpfe der christlichen Nächstenliebe, innere Kämpfe, die die Ströme der Liebe in uns vergrößern, äußere Kämpfe, Siege, die freudiger sind, je friedlicher sie errungen wurden, weil Christus der König des Friedens ist, aber auf jeden Fall Siege, die nicht an Glanz verlieren durch die Energie, die angewendet wurde, und ebenso wenn der offene Kampf der einzige Weg war, ihn zu erreichen — zu diesen heiligen Kämpfen der christlichen Nächstenliebe ruft uns unser Erzbischof auf.

Von Weitem auf seine geistliche Herde blickend, hat Dom Carlos Carmelo de Vasconcelos Mota Worte der Zärtlichkeit und des Mitgefühls, die ein Echo sind des göttlichen Ausruf: „Misereor super turbam“ — mich erbarmt des Volkes. Und wie Recht hat er! Pius XII. sagt in seiner meisterhaften Ansprache, die wir kürzlich veröffentlicht haben, dass es notwendig ist, einen mit den Märtyrern vergleichbaren Heldenmut zu haben, um die Religion heute treu und sorgfältig auszuüben. Somit sind die großen modernen Städte echte Orte des Kampfes und der Qual für die „Christi-Fideles“ unserer Zeit. Im Luxus der aristokratischen Salons, im Komfort der bürgerlichen Umgebung, in der Ruhe der kleinbürgerlichen Klassen, in der Einfachheit der Arbeiterklasse, in der rohen Not der armen Klassen, in all diesen verbergen sich heute schreckliche Versuchungen, deren Überwindung viel kostet, es kostet geistiges Leiden, das das Blut der Seele ist. Es ist notwendig diesen Seelen zu Hilfe zu laufen, zu fliegen, weil sie leiden, um unserem Herrn treu zu bleiben oder sich ihm zu nähern. Jede Verzögerung ist eine Niederlage bei dieser Aufgabe, und jede Vernachlässigung ist ein Verbrechen. Aus diesem Grund fordert Dom Carlos Carmelo de Vasconcelos Mota einen echten Kreuzzug zur Rettung so vieler trauriger Seelen in unserer Zeit.

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Das reicht aber nicht. Es reicht nicht, die Seelen dazu zu bringen, das harte und leichte Joch der christlichen Moral zu akzeptieren. Es ist immer noch notwendig, diejenigen zu trösten, die unter körperlichem Elend aller Art leiden. Warum an die schmerzhafte Situation, die wir immer vor Augen haben, erinnern: Krankenhäuser voller Menschen, die Patienten aus Platzgründen ablehnen, kranke Menschen, die aus Geldmangel schmachten, um teure Medikamente zu kaufen, gesunde Menschen, die langsam in Krankheiten untergehen aufgrund von Überarbeitung, die für den Unterhalt der Familie notwendig ist, oder aufgrund von Mangel an Nahrung? Warum mit Entsetzen an die unzähligen Menschen erinnern, die ohne Glauben oder spirituellen Horizont ein Leben der Verzweiflung und des Aufstands im Schatten ihrer Häuser umherziehen oder an die Wände der Krankenhäuser gedrückt werden? All dies schmerzt im Herzen zu sehr, und dies ist immer noch nicht alles. Es gibt das Problem der Kindheit, der unschuldigen Kindheit, der vielversprechenden Kindheit, der Kindheit, die die schädliche Umgebung der Großstädte so schnell so elend und sündig macht. Wie unser neuer Erzbischof zu Recht betont, wurde in dieser Hinsicht bereits viel unter uns getan. Die Stadt der Minderjährigen der Liga der katholischen Frauen ist einfach ein Wunder. Aber ... wie viel mehr bleibt noch zu tun! Und wenn wir alle Mitleid haben, was für einen ganz besonderen Platz nimmt die Kindheit, die Jesus Christus so sehr geliebt hat, in unseren Herzen ein!

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Viel Nächstenliebe tut Not. Aber die Worte unseres Erzbischofs sind sehr klar: Was wir brauchen, ist christliche Nächstenliebe und nicht irgendeine Philanthropie.

Warum? Einfach, weil es ohne die Kirche Jesu Christi keine wahre Nächstenliebe gibt. Wir leugnen nicht, dass es Seelen geben kann, die außerhalb der Kirche in unserer gegenwärtigen Zivilisation leben und anderen Gutes tun. Sie besaßen den Glauben, und dieser Glaube, den sie verloren hatten, hinterließ ein schwaches Parfüm in ihnen, wie das in der Vase, aus der die Rosen entfernt wurden. Dies sind die Worte des großen Pius X. Tatsächlich ist die Nächstenliebe entweder christlich oder sie existiert nicht, und das Christentum ist entweder katholisch oder eine Fälschung.

Und was ist im Katholizismus das Hauptaugenmerk der Nächstenliebe? Die Betrachtung der Passion unseres Herrn Jesus Christus. Es ist in der detaillierten Meditation darüber, was der „Mann der Schmerzen“ gelitten hat, es ist in der liebevollen und ständigen Erinnerung an den, an dem „vom Kopf bis zu den Fußsohlen kein einziger Ort gesund war“. Es ist Tag und Nacht vor Augen zu haben, den, der unter der gewalttätigen Hand seiner Gegner so entstellt wurde, dass er „ein Wurm und kein Mensch, die Schande der Menschen und den Hohn des Volkes“ wurde, dass sich unsere Herzen ausdehnen, um unseren Nächsten zu bemitleiden. Wenn wir in jedem Leiden das Leiden Christi selbst sehen, in jeder Wunde eine Wunde Christi, jedes Leiden mindern, jede Wunde heilen, als würden wir unsere liebende Seele über so viel Schmerz niederbeugen, als würden wir mit den eigenen Finger den tröstlichen Balsam auf die Wunde Christi legen, auf diese Weise werden wir wirklich die Tugend der Nächstenliebe üben. Die Geschichte sagt uns, dass es vor Christi keine Krankenhäuser oder Wohltätigkeitsorganisationen gab. Es war eine katholische Frau namens Fabíola, die das erste Krankenhaus gründete. Wie viele gemeinnützige Werke wurden seitdem gegründet! Woher sind sie entsprungen? Aus den heiligsten Wunden unseres am Kreuz genagelten Herrn Jesus Christus. Aus der Passion Christi entstand der Trost für so viele leidende Geschöpfe.

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Das ist aber noch nicht alles. Der beste Balsam gegen menschliche Schmerzen ist nicht die Medizin, sondern das Mitleid. Mitleid, „mit Leiden“, ist das Leiden in Vereinigung mit unserem Nächsten, nur weil unser Nächste leidet. Es ist ein Spiegel der Leiden anderer in unserer eigenen Seele. Wie kann aus dem so kalten, harten und egoistischen menschlichen Herzen die Blüte des Mitleids entspringen? Durch die Meditation der Passion Christi. Die von dieser Meditation getränkten Seelen, wissen, wie sie ihren Nächsten wirklich bemitleiden können. Nur sie haben in ihren Gesten genug Zärtlichkeit, in ihrer Stimme genug Aufrichtigkeit, in ihrem Verfahren die angebrachte Diskretion, um in der leidenden Seele des Nächsten das unvergleichliche Heilmittel des Mitgefühls zu destillieren.

Wenn aus der Passion Christi die Barmherzigkeit entspringt, die Werke der Barmherzigkeit sprießen, der Trost entspringt, was gibt es für ein angemesseneres Stoßgebet für alle, die bereit sind, sich der großen Mobilisierung der christlichen Barmherzigkeit zu widmen, die Dom Carlos Carmelo de Vasconcelos Mota fördern will, wenn nicht das: „Passio Christi, conforta me“ (Leiden Christi, stärke mich)?

 

Aus de Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in
“O Legionário” vom 22. Oktober 1944 — Nr. 637

© Nachdruck oder Veröffentlichung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Diese deutsche Fassung erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

Dienstag, 23. Februar 2021

Ein Jahrhundert des Krieges, des Todes und der Sünde

Fatima, die Welt und die Sünde

Die Botschaft von Fatima wirft eine Frage auf, mit der man sich, wenn man die Botschaft wahrhaftig verstehen möchte, tiefer auseinandersetzen sollte. Man könnte sie gewissermaßen folgend formulieren: Gibt es in der Botschaft eine Lehre, die die Muttergottes der Welt darreichen wollte? Wenn ja, welche sind deren Hauptmerkmale?

Wer die Botschaft von Fatima aufmerksam liest, der kann unmittelbar die Motive der Haltung Unserer Lieben Frau gegenüber der Welt feststellen: a) daß die religiöse und sittliche Lage der Welt katastrophal ist; b) daß die Menschheit sich von der Sünde entfernen, Buße tun und beten muß; c) daß, wenn die Menschen sich nicht bekehren, werden sie gestraft werden durch Kirchenverfolgungen und Kriege.

Dies bedenkend und um den Ernst der Lage hervorzuheben, zögerte Maria sogar nicht davor, den Hirtenkindern die Hölle zu zeigen und zu betonen: „Ihr habt die Hölle gesehen, wohin die Seelen der armen Sünder gehen.“

Im Gegensatz zu der Muttergottes versucht heutzutage eine große Anzahl von Religionslehrern die Sünde und das Bestehen der Hölle  zu verschleiern und sogar zu bestreiten. Das ist nicht die Lehre, die uns die Muttergottes erteilte. Ganz im Gegenteil. Sie sprach von Sünde, von menschlicher Bosheit, sie zeigte Kindern im Alter von nur  7, 9 und 10 Jahren die ewigen Qualen der Hölle.

Wie ist die Sünde der heutigen Welt näher zu beschreiben? Ist sie dermaßen schwerwiegend, daß sie nur durch Strafen gesühnt werden kann? (*)

Die Antwort auf diese Frage gab Prof. Dr. Plinio Correa de Oliveira in einem in der Monatszeitschrift „Catolicismo“ veröffentlichten Artikel.

Wer sich näher mit diesem Thema befassen möchte, sollte den lehrreichen Bestseller von Prof. Correa de Oliveira, „Revolution und Gegenrevolution“ (DVCK e.V., Frankfurt, 1995 und 2013), lesen.

A. Faoro

Ein Jahrhundert des Krieges,
des Todes und der Sünde

Plinio Correa de Oliveira

Papst Leo XIII. lehrt uns in seinem Rundschreiben „Annum ingressi sumus“ (1902), daß die heutige Welt mit ihrem Fortschritt, ihren Krisen, ihrem Reichtum und ihrer Schwachheit eine Frucht von zwei nicht nur verschiedenen, sondern sogar entgegengesetzten Einflüssen ist. Zu einem besteht die von der Kirche erbaute christliche Zivilisation auf dem Fundament des Glaubens, der Keuschheit, der Disziplin und des Heroismus, die die Missionare des Frühmittelalters in die rauhen Seelen der Barbaren eingepflanzt haben. Zum anderen findet man die skeptische, sinnliche, egoistische und stets zur Aufwiegelung  bereite Welt, die, durch die Häresie von Luther entstanden ist, in der Französischen Revolution sich behauptete, und heute durch den Triumph des Kommunismus eine Ordnung der Dinge einführen will, die ganz im Einklang mit ihrer geistigen Gesinnung steht.

Dieser tiefe Gedanke von Leo XIII., der eigentlich das Leitmotiv beim Unterricht der mittelalterlichen, modernen und zeitgenössischen Geschichte in den katholischen Schulen und Universitäten sein sollte, erklärt das Wesentliche der großen Krise unserer Zeit.

Die christliche Auffassung
von Gott und Schöpfung

Beginnen wir mit der Festlegung einiger Merkmale der katholischen Lehre und der christlichen Zivilisation, wie sie im Mittelalter stattfanden. Zunächst stellen wir fest, dass die katholische Auffassung von Gott und Schöpfung wesentlich und tief hierarchisch ist:

1. — Nach katholischer Lehre ist Gott ein persönliches, transzendentales  Wesen, das Wesen schlechthin, das alles Leben und alle Vollkommenheit in sich birgt. Alle anderen Wesen wurden aus dem Nichts von Gott erschaffen und würden zum Nichts zurückkehren, wenn Gott ihr Bestehen nicht ununterbrochen erhalten würde. Ihre Eigenschaften sind nicht mehr als eine Spiegelbild der Vollkommenheiten Gottes. Ihr einziger Zweck besteht darin, Gott zu dienen und ihn zu verherrlichen. Zwischen Gott und den Geschöpfen besteht also die größte Ungleichheit, die man sich vorstellen kann.

2. — Die Kreaturen wiederum sind einander ungleich. Die Engel sind reine Geister. Unter ihnen sind die Menschen, die zugleich geistig als auch materiell sind. Dann kommen in absteigender Rangordnung die Tiere, die Pflanzen und die Mineralien. In jeder dieser Kategorien gibt es noch zahlreiche Hierarchien. Um nur von intelligenten Wesen zu sprechen, die Engel sind in neun übereinander stehende ungleiche Chöre unterteilt. Die in der Kirche versammelten Menschen wurden von Gott für verschiedene Grade der Heiligkeit geschaffen und nehmen gemäß ihrer Entsprechung zu diesem göttlichen Plan ungleiche Positionen in den Augen Gottes ein, in den Reihen der glorreichen, leidenden oder streitenden Kirche. Diese Ungleichheiten kommen in einem Kult zum Ausdruck. Der Mensch erweist Gott den Kult der „Latrie“ der Anbetung), den Engel und Heiligen der „Dulie“ (der Verehrung).

3. — Innerhalb dieser Ungleichheiten kann die göttliche und menschliche Person unseres Herrn Jesus Christus nicht unerwähnt bleiben. Als nicht erschaffenes Wort — „Deum de Deo, Lumen de Lumine“ — ist Er allen Kreaturen unendlich überlegen aber in seiner Menschlichkeit von der Natur her ist Er den Engeln unterlegen. Er verdient aber von den Engeln nicht nur in Seiner Gottheit, sondern auch in Seiner Menschlichkeit angebetet zu werden. Und Unsere Liebe Frau, die als Mutter des Gottmenschen Jesus, obwohl sie Gott unendlich unterlegen und von Natur aus den Engeln unterlegen ist, ist Sie aber in den Augen Gottes diesen als Mutter und als Heilige unermesslich überlegen ist und verdient es, von den Engeln als Königin gedient zu werden!

4. — Ihrerseits wie viele Ungleichheiten gibt es in der Struktur der streitenden Kirche! Die Kirche ist in zwei radikal unterschiedliche Klassen unterteilt: die Hierarchische, der das Lehren, Regieren und Heiligen zusteht, und dem Volke, dem regiert, gelehrt und geheiligt werden zusteht. So klar diese Ungleichheit auch ist, sie lässt dennoch Raum für ein weiteres Element der Verschiedenartigkeit und Abstufung. Zwischen der Hierarchie und den Gläubigen „mischt sich der Zustand des religiösen Lebens ein, der seinen Ursprung in der Kirche selbst hat und seine Existenzberechtigung und seinen Wert in engem Zusammenhalt mit dem Zweck der Kirche hat, das darin besteht, alle Menschen zur Heiligkeit zu führen” (Pius XII., Ansprache vom 8.12.1950 an die Mitglieder des I Internationalen Kongresses der Ordensleute).

5. — Als ob diese Ungleichheiten in der Struktur der Kirche nicht genug wären, wie viele Ebenenunterschiede gibt es im Herzen der Hierarchie selbst, sowohl vom Standpunkt der Befugnis als auch der Ehre: vom einfachen Minoristen (der nur die niederen Weihen erhalten hat) bis zum Diakon und von diesem zum Priester, den Kanoniker, den Monsignore, den Bischof, den Erzbischof, den Patriarchen, den Kardinal. Gehen wir weiter ohne weitere Hinweise auf die Unterschiede zwischen dem Ehren- und dem Universitätskanonikern, den verschiedenen Formen der Monsignoren, der Titular-, Weih- Hilfs-, Diözesanbischöfe, Bischöfe, Erzbischöfe, und Metropoliten, die Kardinalbischöfe, bis hinauf zum Papst, der die Fülle der Regierung, der Lehre, des Priestertums und der Ehre innehat. Wie viele Grade, wie viele Schattierungen, was für ein unerschöpflicher Reichtum an Ungleichheiten!

6. — Wir sind hier am Prüfstein dieses Teils unserer Darstellung angekommen. Es gibt eine Tugend, durch die der Mensch die unendliche Überlegenheit Gottes und die eingeschränkt Überlegenheit der Geschöpfe liebt, die Gott über ihm als Talent, Schönheit, Macht, Reichtum oder Tugend konstituiert hat: Es ist die Demut. Diese Tugend gibt, dass wir Freude empfinden für das, was andere mehr haben als wir. In einer Welt, in der es Demut gibt, ist nichts liebevoller und verständlicher als Hierarchie. Sobald es keine Demut mehr gibt, ist nichts unvermeidlicher als der Hass auf Hierarchie, der Durst nach Nivellierung und folglich die Revolution. Demut und Hierarchie; Hochmut und Revolution sind daher verwandte Begriffe. Daher die Tatsache, dass die erste Revolution das „Non serviam“ (ich Diene nicht) des ersten, des großen, des ewigen Hochmütigen war.

7. — Was hat der Protestantismus mit seiner Explosion im Schoß einer hierarchischen Kirche in all ihren Vorstellungen, in all ihren Lehren, in ihrem ganzen Wesen verursacht? Das Werk des Hochmuts und der Revolte: Er ebnete alle Sekten ein, indem er die freie Auslegung der Schrift einführte. Er hat das Lehramt der Kirche verleugnet und jeden Menschen zum eigenen Papst erklärt. Aufgrund ihrer Ansichten über das Messopfer und das Priestertum reduzierten sie den Geistlichen auf einen bloßen Delegierten der Gläubigen und machte jeden Gläubigen zu seinem eigenen Priester. Zum Schein gibt es unter den Protestanten weiterhin Geistliche und Laien. Dies ist jedoch nur ein zufälliger Unterschied und nicht der Unterschied, der in der katholischen Kirche den gesalbten des Herrn vom Rest der Gläubigen trennt. In diesem in ihrem Wesen so verminderten Klerus übten die Protestanten noch die Verwüstung ihrer Nivellierungsaktion aus. Nach der Abschaffung des Papstums gab es Sekten, die die Bischöfe abschafften, und andere gingen so weit, auf Priester zu verzichten. Ordensgemeinschaften wurden ausgelöscht. Selbst in den Beziehungen zwischen der Triumphierenden Kirche und der streitenden Kirche trat der egalitäre Wut ein, der Kult der Engel und Heiligen wurde geleugnet, so wie das Königtum Mariens über die gesamte Schöpfung.

8. — Die bürgerliche Gesellschaft war im Mittelalter sichtbar ähnlich organisiert wie die Kirche. An der Spitze ein höchstes Oberhaupt, der deutsche römische Kaiser. Unter ihm waren die Könige und nacheinander die verschiedenen Stufen der feudalen Aristokratie und die Bürger selbst in verschiedene soziale und wirtschaftliche Ebenen unterteilt, sogar der Knecht in der Landwirtschaft oder in der Industrie, der Lehrling in den Innungen.

Da dem Protestantismus staatliches Existenzrecht in Europa verliehen wurde und daher der Geist der Revolte und der Nivellierung, wäre es vorhersehbar, dass er auf weltlicher Ebene eine Art Organisation unangetastet ließe, die er gerade im kirchlichen Bereich gestürzt hatte?

Die tiefste Ursache der Französischen Revolution liegt darin. Das „Dogma“ der freien Auslegung der Schrift würde früher oder später das „Dogma“ der Volkssouveränität hervorrufen. Der Untergang des Heiligen Römischen Reiches, die Verallgemeinerung des republikanischen Systems in Europa, die Aufhebung der Privilegien der Aristokratie und des Adels, die Einführung der absoluten Gleichheit im politischen Bereich durch das allgemeine Wahlrecht: all dies geschah unter dem Hauch eines egalitären politischen Mystizismus, der offensichtlich eine Brut der protestantischen egalitären religiösen Mystik ist.

9. — Die einzige Ungleichheit, die nach der Französischen Revolution bestehen blieb, war die finanzielle. Welcher Erbe der Revolution hat die Nivellierung auf diese Sphäre ausgedehnt? Der Kommunismus. An dem Tag, an dem dieser gewinnen würde, hätte Luthers Nivellierungsarbeit auf der ganzen Linie gesiegt. Es würde auf der Welt keine Geistlichen, keine Adligen und keine Arbeitgeber geben. Gott schuf das hierarchische Universum. Der Teufel hätte die Hierarchie in der menschlichen Gesellschaft abgeschafft.

Der Glaube und die Revolution

Der Glaube, ein weiteres wesentliches Merkmal der mittelalterlichen Seele, auch er ist in gewisser Weise ein Akt der Demut. Der Mensch akzeptiert die Wahrheiten, die Gott ihm offenbart, nicht weil er sie durch die bloßen Kräfte seiner Vernunft oder seiner Sinne entdeckt hat, sondern einfach weil Gott sie offenbart hat.

Natürlich würde sich der Hochmut gegen die Offenbarung auflehnen. Daher die protestantische Weigerung, an die reale Gegenwart Christi im Altarsakrament zu glauben, die die Sinne nicht wahrnehmen. Daher auch die Weigerung, im Lehramt des Papstes eine Unfehlbarkeit zuzugeben, vor der sich die Vernunft verneigen muss. Daher auch die Bildung einer zunehmend rationalistischen biblischen Exegese, die letztendlich die Göttlichkeit unseres Herrn Jesus Christus und die Existenz eines persönlichen Gottes leugnete. Der Protestantismus ist zum Deismus verkommen, der Deismus zum Pantheismus. Und was ist der Pantheismus, wenn nicht die Behauptung, dass alles Gott ist, d.h. der Triumph der Gleichheit im Kosmos? Denn wenn alles vom Wesen her, von Natur aus göttlich ist, ist alles wesentlich, natürlich, gleich unter sich ist, ist alles wesentlich und natürlich gleich Gott.

Es ist zum Mare magnum (großen Gewässer) des Pantheismus wohin auch alle Strömungen der modernen Philosophie fließen, die direkt oder indirekt aus dem protestantischen Rationalismus und Skeptizismus stammen und in diesem Sinne parallel zu dem reformistischen Denken verlaufen, aus dem die moderne Welt geboren wurde.

Reinheit und Revolution

Um dieses Bild zu vervollständigen, muss nur noch ein Wort über Keuschheit gesagt werden.

Nach katholischer Lehre sind die Beziehungen zwischen den Geschlechtern nur in der Ehe rechtmäßig. Diese ist wiederum monogam und unauflöslich. Der Zustand der vollkommenen Keuschheit wird von Geistlichen und Ordensleuten gefordert und ist für Laien sehr lobenswert. Diese Lehre ist der Triumph der Disziplin der Sinne.

Der im Wesentlichen revolutionäre Protestantismus und damit ein Feind aller gezügelten Einschränkungen schaffte den priesterlichen und religiösen Zölibat ab und führte Ehescheidung ein. Luther erlaubte sogar der Polygamie, wenn es sich um Fürsten handelte. Die Französische Revolution begann mit der Bestrebung, die Ehescheidung in die Zivilgesetzgebung der katholischen Länder einzuführen. Nur ein Schritt fehlte noch, und den tat Marx entschlossen: die Ehe selbst abzuschaffen. Es ist der Höhepunkt der Auflehnung der Sinne gegen jede Autorität, jeden Zügel, jedes Gesetz.

Der Epilog

Pantheismus, absoluter politischer, sozialer und wirtschaftlicher Egalitarismus, freie Liebe: Dies ist das dreifache Ende, zu dem uns eine alte Bewegung von mehr als vier Jahrhunderten führt.

Welche genaue Rolle spielt unser Zeitalter in dieser tragischen Kette von Ereignissen?

Was diese vierhundert Jahre alte Revolution auszeichnet, ist der überaus schrittweise Entwicklungsprozess. Im 16., 17. und 18. Jahrhundert war sie überwiegend religiös: Die politischen Institutionen blieben mehr oder weniger intakt. Von 1789 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war sie im Wesentlichen politisch. Von da an drang sie in die Wirtschaft ein, das einzige Feld des sozialen Lebens, das noch zu erschüttern war. Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert ging man Parallel dazu vom Christentum zum Deismus über. Das 19. Jahrhundert markierte den Höhepunkt des Atheismus. Das 19. Jahrhundert ist durchaus das Jahrhundert des Pantheismus. Vom Ende des 16. bis zum 19. Jahrhundert war die Ära der Ausweitung des Ideals der Ehescheidung. Das 20. Jahrhundert ist das große Jahrhundert für die Ausbreitung der freien Liebe.

Diese große Revolution macht keine Sprünge. Es brauchte vierhundert Jahre, um bis dort hinzukommen, wo sie nun ist. Und man muss unbedingt erkennen, dass sie jetzt ihrem Ziel sehr nahe zu sein scheint.

Der große Kampf

Dies ist der Punkt, der beachtet werden muss, wenn wir eine genaue Vorstellung von den Tagen haben wollen, in denen wir leben. Alle Nivellierungs- und Revolutionstrends der letzten Jahrhunderte haben heute den Höhepunkt ihrer Erbitterung erreicht. In der Linie des Hochmuts und der Revolution kann man nicht radikaler sein, als die Gleichheit zwischen Gott und den Menschen und die totale Gleichheit der Menschen im politischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zu verkünden. Man kann die Zügellosigkeit nicht weiter bringen, als die freie Liebe einzuführen.

Es stimmt, dass diese Trends ihren vollständigen Triumph noch nicht erreicht haben. Um mit den Nebensächlichen oder sogar den äußerst Nebensächlichen zu beginnen, stellen wir zunächst fest, dass selbst außerhalb der Kirche nicht alles Pantheismus, Egalitarismus und freie Liebe ist. Und vor allem sei angemerkt, dass die Heilige Kirche in gewisser Weise üppiger denn je ist, in der Pracht ihrer Heiligkeit, ihrer Einheit, ihrer Katholizität. Vier Jahrhunderte eines zyklopischen Angriffs hinderten sie nicht daran, sich inmitten unermesslicher Rückschläge und Schmerzen weiterhin auszubreiten.

Ein Konflikt zwischen der Revolution, die kein Halt machen, sich nicht zurückziehen kann, und der Kirche, die sie dennoch nicht überwinden konnte, schein in unseren Tagen unvermeidbar zu sein. In der Vergangenheit gab es in verschiedenen Phasen der Revolution schwere Zusammenstöße zwischen der Kirche und der Revolution. Da aber das revolutionäre Virus nicht den Höhepunkt seines Anfalls erreicht hatte, war es möglich, Anpassungen, Rückzüge und Vereinbarungen zu erreichen, ohne die Prinzipien tatsächlich zu verletzen. Heute ist dies unmöglich, weil die revolutionäre Erbitterung die Dinge so weit gebracht hat, dass es keine andere Möglichkeit gibt als den Kampf um die Ausrottung. Es braucht nicht viel Einsicht, um eine Beziehung zwischen diesem Titankonflikt und der großen Ära der Kriege und Umwälzungen zu erkennen, die sich uns zu nähern scheinen? Die Heerscharen des roten Antichristen decken das gesamte Gebiet von Indochina bis zur Elbe ab. Zahlreiche und organisierte kommunistische Parteien rühren sich in den Eingeweiden der westlichen Welt. Mehr noch: die Institutionen westlicher Länder entwickeln sich zum Sozialismus, der nichts anderes als ein getarnter Kommunismus ist. Die westliche Philosophie und Kultur tendiert zum Pantheismus.

Die dekadenten Bräuche des Westens tendieren zur freien Liebe. Und — was noch trauriger ist — innerhalb der katholischen Reihen selbst sind die Infiltrationen dieses Geistes so tiefgreifend, dass sie forderten, dass Pius XII. eine Reihe von Maßnahmen ergriff, um die Gläubigen vor diesem schrecklichen Übel zu bewahren.

Es wäre daher sehr naiv, sich vorzustellen, dass alles, was antikatholisch ist, jenseits der Elbe liegt.

Sicher ist jedoch, dass der Sieg der Roten heute eine Katastrophe für den Westen sein würde, ebenso wie für den Sieg Mao-Tse-Tung über Chang-Kai-Chec für den Osten.

Religionskrieg

Krieg, Tod und Sünde kündigen sich an um die Welt wieder zu verwüsten, diesmal in größerem Ausmaß als je zuvor. 1513 stellte Dürers unvergleichliches Talent sie in Form eines Ritters dar (Bild oben), der in voller Rüstung in den Krieg zieht und von Tod und Sünde begleitet wird, wobei letztere durch einen Einhorn dargestellt wird. Damals bewegte sich Europa, das bereits in die Umwälzungen vor der Reformation eingetaucht war, in Richtung der tragischen Ära religiöser, politischer und sozialer Kriege, die der Protestantismus ausgelöst hatte.

Der nächste Krieg, ohne explizit und direkt ein Religionskrieg zu sein, wird die heiligsten Interessen der Kirche so beeinflussen, dass ein wahrer Katholik in ihm insbesondere den religiösen Aspekt nicht übersehen kann. Und das Gemetzel, das sich entfesseln wird, wird sicherlich unvergleichlich verheerender sein als in den vergangenen Jahrhunderten.

Wer wird siegen? Die Kirche?

Die Wolken, die wir vor uns haben, sind nicht rosig. Aber eine unbesiegbare Gewissheit ermutigt uns, dass nicht nur die Kirche — wie es angesichts der göttlichen Verheißung offensichtlich ist — nicht untergehen wird, sondern dass sie in unseren Tagen einen größeren Triumph als den von Lepanto im 16. Jahrhundert erzielen wird.

Wie? Wann? Die Zukunft gehört Gott. Es gibt viel Grund zur Trauer und Besorgnis, sogar wenn wir einige Brüder im Glauben betrachten. In der Hitze des Kampfes ist es möglich und sogar wahrscheinlich, dass wir schreckliche Enttäuschungen haben werden. Aber es ist sicher, dass der Heilige Geist in der Kirche weiterhin bewundernswerte und unbezwingbare geistige Energien des Glaubens, der Reinheit, des Gehorsams und der Hingabe hervorrufen wird, die im richtigen Moment den christlichen Namen wieder mit Ruhm bedecken werden.

Das 21. Jahrhundert wird nicht nur das Jahrhundert des großen Kampfes sein, sondern vor allem das Jahrhundert des immensen Triumphs.

 

Anmerkung
(*) Jetzt werden sogar die letzten Schranken beseitigt, die die Menschen von den schlimmsten Sünden trennten. Durch die Abtreibung, die Euthanasie und das Klonen maßt sich der Mensch das Gott einzig und allein gehörende Recht auf Verfügung über das Leben an. Durch die Legalisierung der Homosexualität vergewaltigt er die Ordnung der Natur, der alle Menschen folgen müssen. Und durch die esoterischen und satanischen Rituale, die sich rasant bei unserer Jugend verbreiten, beginnt er damit, den Teufel anstelle Gottes anzubeten.


Übersetzung entnommen aus dem Mitteilungsblatt „Allianz mit Maria“ Nr. 1/2000 der Aktion „Deutschland braucht Mariens Hilfe“ der DVCK e.V.

Das Original Portugiesisch erschien in der Zeitschrift Catolicismo Nr. 2 – Februar 1951

© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet. 


 

Fatima, das Geheimnis Mariens und die Strafe Gottes

 

Plinio Corrêa de Oliveira

Heute ist der 13. Oktober, Tag der letzten Erscheinung in Fátima im Jahre 1917. Wir lesen den Bericht dieser Erscheinung im Buch von P. Johannes de Marchi, „Fatima von Anfang an“ (deutsche Ausgabe).

Die wirkliche geistige Führerin der Kinder war ohne Zweifel die selige Jungfrau selbst. Ich spreche von den Kindern Francisco, Jacinta und Lucia. Die gütige Dame der Cova da Iria nahm dieses Meisterwerk persönlich in die Hand und, wie es nicht anders sein konnte, führet sie es zur erfolgreichen Beendigung. Aus ihren Händen gingen drei Engel hervor, Engel in Fleisch und Blut und wirkliche Helden. Das Rohmaterial war von wunderbarer Formbarkeit. Und was kann man von der Meisterin sagen?

In ihrer Schule machten die drei kleinen Dorfkinder Riesenschritte auf dem Weg zur Vollkommenheit. Hier bewahrheitet sich der Ausspruch vom hl. Grignion von Montfort: «In der Schule der Seligen Jungfrau macht die Seele in einer Woche größere Fortschritte als anderswo in einem Jahr.» Die Lehre der Gottesmutter ist einmalig. Innerhalb von zwei Jahren vermochte sie die zwei Geschwister Francisco und Jacinta zu den höchsten Gipfeln der christlichen Heiligkeit zu erheben.

Das Porträt, das Lucia mit sicherer Hand von ihrer Kusine zeichnet, besagt sehr viel: «Jacinta zeigte stets ein sehr ernstes, bescheidenes und gütiges Verhalten, das in allem die Gegenwart Gottes wiederzuspiegeln schien, eine Eigenschft, die man sonst nur bei älteren Menschen von hoher Tugend findet. Ich sah bei ihr nie jene übertriebene Leichtfertigkeit, jene bei kleinen Mädchen häufige Begeisterung für Schmuck und Spiel. Das gilt nur für die Zeit nach den Ercheinungen. (...) Ich kann nicht sagen, dass die aneren Kinder ihr so zuliefen wie mir. Das kam vielleicht (...) auch daher, dass sie für ihr Alter ein äußerst ernstes Betragen zeigte. Wenn ein Kind oder selbst Erwachsene in ihrer Gegenwart etwas Unschickliches sagten oder taten, wies sie diese mit den Worten zurecht: „Tut das nicht, es beleidigt Gott Unseren Herrn, der schon sehr beleidigt wird!“

Francisco fühlte sich hingezogen zu einem asketischen und betrachtenden Leben. Er bevorzugte die Einsamkeit.

Des Öfteren verschwand er aus der Sicht der beiden Mädchen, indem er abgelegen Orte aufsuchte, wo er dann in Gedanken versank. „Was hast du so lange Zeit getan?“ fragte Lucia. „Ich dachte an Gott, der sehr traurig ist wegen der vielen Sünden. Wenn ich ihn doch trösten könnte. Jesus ist so traurig und ich möchte ihn mit Gebet und Buße trösten“.

Ein anderes Mal sagte er: „Ich liebe Gott so sehr, er ist so traurig über unsere Sünden. Wir dürfen nicht die kleinste Sünde begehen.“

Eines Tages als Lucia den dringlichen Bitten der Freundinnen nachkam, an ihrem Alter entsprechenden Vergnügungen teilzunehmen, rufte Francisco sie beiseite und sagte ihr sehr ernst: „So, du gehst nun wieder zu diesen Spiele zurück, nachdem die Muttergottes dir erschienen ist?“ „Aber Francisco“, antwortete Lucia, „die haben mich so bedrängt!“ Doch Francisco antwortete ihr logisch und streng: „Alle Leute wissen, dass dir die Muttergottes erschienen ist, so dürfen sie es nicht seltsam finden, dass du nicht tanzen willst!“

In Fatima ist die Schule nicht weit von der Kirche entfernt, und so nutzten die Kinder die Gelegenheit, vor und nach dem Unterricht das Allerheiligste zu besuchen. Sie verbrachten manchmal Stunden vor dem Tabernakel. Besonders Francisco und Jacinta, die um ihren bevorstehenden Tod wussten, betrachteten sich vom Unterricht befreit und begaben sich öfters in die Kirche, um allein mit dem „verborgenen„ Jesus zu sprechen.

Immer wenn Lucia Jacinta besuchen kam fragte diese: «Hast du heute schon viele Opfer gebracht? Ich habe schon viele gebracht. Habe auch viele Stoßgebete gemacht. Ich liebe Unseren Herrn und unsere Liebe Frau so sehr, dass ich nie müde werde, ihnen zu sagen, dass ich sie liebe. Ich fühle ein Feuer in mir, das mich aber nicht verbrennt.»

Ein andres Mal zu Lucia: «Schau Lucia, die Muttergottes kam dieser Tage uns zu sehen. Sie sagte, sie werden Francisco sehr bald in den Himmel holen. Mich fragte sie, ob ich noch viele Sünder bekehren will. Ich sagte ja. Dann sagte sie. Sie möchte, dass ich noch in zwei Krankenhäuser, nicht aber um geheilt zu werden, sonder um mehr zu leiden aus Liebe zu Gott für die Bekehrung der Sünder und zur Sühne für die Beleidigungen gegen das Herz Mariens. Sie sagte mir, du würdest nicht mitkommen, sondern meine Mutter würde mich dort hinbringen und dann würde ich allein bleiben.»

Eine Zeit später sagt Francisco zu Lucia: «Ich bin sehr krank, Lucia. Ich werde sehr bald in den Himmel kommen.» Lucia: «Vergiss nicht zu beten für die Sünder und den Heiligen Vater, für mich und für Jacinta.» Dann sagte er: «Ja ich werde beten. Bitte aber darum eher der Jacinta, denn ich habe Angst es zu vergessen wenn ich Unseren Herrn sehe. Und ich möchte ja vor allem ihn trösten.»



Dieser Text vermittelt eine bemerkenswerte Gnade, weil er viele kleine und große Aspekte des Werkes Unserer Lieben Frau an diesen drei Kindern aufzeigt. Aber wir wollen zuerst den symbolischen Wert des Wirkens Unserer Lieben Frau an den Kindern berücksichtigen.

Diejenigen, die sich vorstellen, dass es sich bei diesem Wirken nur um ein Wirken an drei Kindern handelt, irren sich: Es ist ein Wirken, das diese Kinder von einem Moment zum andern sanft verwandelt hat, eigentlich nur auf Grund der wiederholten Erscheinungen der Muttergottes. Über einem dieser Kinder sagte sie sogar, sie sei traurig. Und dieses Kind war Francisco, der sie wahrscheinlich deswegen nicht hörte, sondern nur sah. Und er kann daher als ein Bekehrter betrachtet werden. Alle drei haben sich infolge der Erscheinungen außerordentlich verändert.

Wir haben hier etwas Ähnliches wie das Geheimnis Mariens (von dem der heilige Luddwig Grignion von Montfort spricht). Das heißt, eine dieser tiefen Gnadenhandlungen in der Seele, Handlungen, die sich entwickeln, ohne dass die Person es merkt. Die Person fühlt sich immer freier, immer ungezwungener, das Gute zu tun, und die Mängel, die sie verhindern das Gute zu tun und am Bösen noch anhängen, lösen sich langsam auf. Die Person wächst in der Liebe Gottes, wächst im Willen sich hinzugeben, wächst im Gegensatz zur Sünde, aber all dies geschieht auf wunderartiger Weise in der Seele, so dass die Seele nicht die großen und methodischen Kämpfe des bewundernswerten Aufstiegs zum Himmel, zur Tugend, zur Heiligkeit führt, derer, die nach dem klassischen System des spirituellen Lebens kämpfen, sondern die Muttergottes verändert sie sachte von einem Moment zum anderen.

Und wenn dieses Wirken Mariens in Fatima, insbesondere in den beiden zum Himmel gerufenen Kindern, ein solches Wirken war, können wir uns gut fragen, ob dies nicht einen symbolischen Wert hat und nicht angibt, wie die Handlung Unserer Lieben Frau sein wird auf die ganze Menschheit, wenn sie die Versprechen erfüllt, die sie in Fatima gemacht hat; ob es nicht erlaubt ist, die Erfüllung der Versprechen von Fatima vorauszusehen, die auf gleicher Weise wie bei Jacinta und Francisco durchgeführt wurden, und vielleicht noch markanter als in diesem Text beschrieben.

Und ob wir hier nicht einen Anfang sehen dürfen - einen der vielen Anfänge, weil enorme Dinge haben viele Anfänge - einen Anfang des Reiches Mariens, als den Triumph des Unbefleckten Herzens über zwei Seelen, die Verkünder der großen Offenbarung Unserer Lieben Frau waren, die zunächst durch ihre Gebete und Opfer auf Erden und später durch ihre Gebete im Himmel den Seelen sehr geholfen haben und weiterhin helfen, die Botschaft von Fatima anzunehmen.

Das heißt, wir müssen diese Veränderungen sehen - ich glaube, zumindest auf sehr wahrscheinliche Weise – als ein Symbol, für das, was in Zukunft passieren wird. Wir müssen sie als ein Symbol für diese tiefgreifenden Veränderungen sehen, die - wahrscheinlich am Ende der dramatischsten Ereignisse der Züchtigung Gottes - das den Anfang des Reiches Mariens kennzeichnen werden.

Diese erste Beobachtung scheint mir direkt zu folgendem zu führen: Wenn dies so ist, dann sind Francisco und Jacinta die natürlichen Fürsprecher, um von Unserer Lieben Frau zu erlangen, dass das Reich Mariens in uns schon jetzt beginnt, durch diese mysteriöse Umwandlung, welches das Geheimnis Mariens ist.

Und dann müssen wir innständig sowohl Jacinta als auch Francisco bitten, uns zu verwandeln, dass sie uns die Gnaden und Gaben erlangen, die sie bekommen haben. Dass sie durch ihr Gebet über diejenigen hier auf Erden wachen, die berufen sind, die Botschaft von Fatima zu verkünden, von der Botschaft von Fatima zu leben, wie es in unserem Fall ist.

In diesem Zusammenhang wäre es meines Erachtens sehr wichtig, ein Wort über die Beziehung zwischen der Botschaft von Fatima und der TFP zu sagen.

Es wurde hier unter uns bereits tausendmal gesagt, dass unser spirituelles Leben wächst, in dem Maße indem wir die Überzeugung oder die Tatsache ernst nehmen, dass sich die gegenwärtige Welt in einem erbärmlichen Verfall befindet und sich ihrem völligen Zusammenbruch nähert; dass dieser Zusammenbruch die Verwirklichung der von Unserer Lieben Frau in Fátima vorhergesagten Strafe darstellt - wir können sagen: die prophezeiten Strafen von Unserer Lieben Frau in Fátima - und dass je mehr wir uns in diese Perspektive versetzen, unser geistliches Leben umso mehr sich ereifert; und im Gegenteil, je weiter wir uns von dieser Perspektive entfernen, desto mehr verkümmert unser geistliches Leben.

Dieselben jüngsten Gnaden, die die Gruppe erhalten hat, - Gnaden, die mich so erfreuen, wie ein größeres Interesse daran, die Abhandlungen über die internationalen politischen Fragen zu lesen. - All dies hängt mit der Vorstellung zusammen, dass sich die von Unserer Lieben Frau vorgesehenen Tage nähern, als Ergebnis der Hippie-Revolution, der Protest-Revolution und all der Erosion, die leider in der westlichen Welt auftritt.

Wenn dies wahr ist, müssen wir zugeben, dass der Glaube an eine Züchtigung Gottes, die Akzeptanz dieser Bestrafung, ein grundlegendes Element der Existenz der TFP ist. Und das entscheidende Argument ist, das in der Reihenfolge der historischen Tatsachen der Zusammenbruch kommen wird, die Prophezeiung Unserer Lieben Frau.

Auf philosophischer oder theologischer Ebene kann man mehrere Argumente in diese Richtung führen. Aber auf der Ebene der konkreten Tatsachen gibt es eine, die zeigt, dass die Strafe kommen wird und zwar, dass alle privaten Offenbarungen nicht den Wert haben werden, wie die Offenbarung von Fatima; alle Auslegungen der Schrift sind nicht klar genug, um zu sagen, dass sich diese Krise konkret im Moment auf diese Weise entfalten wird. Aber in Fatima, auf die Fatima-Offenbarung, stützt sich meine Konferenz wie auf einer Säule, in der ich beweise, dass wir den Zusammenbruch haben werden, und aus anderen Gründen beweise ich, dass wir ihn noch in unseren Tagen erleben werden.

Das heißt, die Offenbarungen von Fatima, die Jacinta, Francisco und Lúcia erhalten haben, sind Offenbarungen, sind die Säulen der TFP. Ich hätte keine vollständig schlüssigen Beweise - zumindest für viele Seelenformen und kostbare Seelen für unsere Bewegung - ich hätte diese Beweise nicht, wenn ich mich nicht auf die Botschaft von Fatima verlassen könnte. Wir sehen also, dass Jacinta und Francisco eine Rolle im gesamten Prophetismus der TFP spielen. Das heißt, sie sind die Wortführer der Ankündigung Unserer Lieben Frau, dass es diesen Zusammenbruch geben wird. Und deshalb sind sie in gewisser Weise der Grund unserer Hoffnung.

Unsere Liebe Frau, die die „causa nostrae laetitiae“ ist, die Ursache unserer Freude, Ursache unserer Hoffnung, sprach durch die Seherkinder und verkündete, was kommen soll. Dies ist umso mehr ein Grund für uns, eine ausdrückliche Verehrung zu ihnen zu haben.

Interessant ist auch die Wirkung des „Geheimnis Mariens“ auf diese Kinder: Sie haben sich verändert. Gut. Aber was waren die äußeren Symptome dieser Veränderung? Was waren die äußeren Merkmale dieser Veränderung? Es sind drei Dinge hervorgehoben worden: große Ernsthaftigkeit, ein Geist des Gebets und ein Geist des Opfers. Darüber hinaus, wenn Sie möchten, eine sehr starke Überzeugung von ihrer Mission und den Wunsch, für diese Mission zu leben. Daher kamen diese drei Konsequenzen.

Geist des Ernstes: Wir haben gesehen, wie Jacinta Lúcia ermahnte, weil Lúcia nicht ernst genug war, weil sie sich bereit erklärte, mit den Kindern zu tanzen, das heißt, bei diesen portugiesischen Kinderreigentanz mitzumachen. Der Grund, warum Jacinta Lúcia ermahnte, war folgender: „du, die Unsere Liebe Frau gesehen hast, solltest nicht mehr an diesen Spielen teilnehmen.“ Lúcia sagte: „Aber sie haben doch so sehr bedrängt!“ Jacinta antwortet: „Alle Leute wissen, dass dir die Muttergottes erschienen ist, so dürfen sie es nicht seltsam finden, dass du nicht mehr tanzen willst!“

Als ob sie sagen würde: „Sie werden deine Ablehnung verstehen oder zumindest über alle Angaben verfügen, um deine Ablehnung zu verstehen. Wenn sie es nicht verstehen, ist es ihre Schuld. Aber du hättest dich weigern sollen.“ Hier sehen wir die Idee, dass man es sehr ernst meinen muss, wenn man Unserer Lieben Frau gefallen will; dass man Unsere Liebe Frau nicht erfreuen kann, wenn man alles nicht sehr ernst nimmt.

Und von Francisco sagt der Text, dass er logisch war, dass er sehr fest in der Frage der Pflichten argumentierte. Der Bericht verwendet sogar ein Wort - das heute oft in einem abwertenden Sinne verwendet wird -, dass er streng war. Das heißt, er hatte vollständige Logik. Und dass er auf Grund seiner Mission folgerte, dass es notwendig war, so zu sein, dass er ernst sein musste, dass es notwendig war, nicht zu sagen, was nicht angemessen war, dass es notwendig war, so zu handeln, wie es sein sollte. Deshalb verpasste er keine Gelegenheit, ein Beispiel zu geben und logisch zu handeln.

Darüber hinaus führte diese Ernsthaftigkeit unter den unbedeutenden Bedingungen von Kindern zu Kampfbereitschaft. Ebenso dass Jacinta keine Person gesehen hat, die etwas gesagt oder getan hättet, das nicht richtig war, dass sie nicht gescholten hat - „das ist nicht gut“ - und nicht den religiösen Grund angegeben hat: „Gott darf nicht beleidigt werden. Er wird in unserer Zeit schon so viel beleidigt, willst du ihn noch mehr beleidigen? Willst du diesem Berg von begangenen Sünden noch mehr hinzufügen?“

Wir sehen also, wie der Ernst und die Logik Früchte des Geheimnis Mariens sind. Und wenn wir den Gnaden Unserer Lieben Frau entsprechen wollen, müssen wir handeln damit wir ernsthaft und logisch seien. Und wenn wir ernsthafte und logische Menschen innerhalb der TFP sehen, versuchen wir, diese Menschen zu bewundern, uns ihnen zu nähern, mit ihnen zu sprechen, uns von ihrem Geist durchdringen zu lassen, anstatt im Gegenteil die Dinge mit Witz, Größenwahn oder Eitelkeit zu führen.

Genauso handeln wie wenn Francisco und Jacinta unter uns wären, wenn Francisco uns die erhabene Ehre geben würde, Mitglied der TFP zu sein, wäre sein Verhalten, den Hof der Eitelkeiten zu bekämpfen, alles zu bekämpfen, was albern ist, was dumm ist, was Größenwahn ist, und um absolut, vollständig Ernsthaft zu sein.

Auf der anderen Seite sehen wir den Geist des Opfers. Die beiden Kinder erhalten von Unserer Lieben Frau die Nachricht, dass sie sterben müssen. Und Francisco könnte durch diese Nachricht irgendwie in Panik geraten, weil ihm gesagt wurde, dass er bald sterben würde. Wir wissen ja, dass der Tod eine Strafe für den Menschen ist und dass die Nähe des Todes im Allgemeinen Angst macht. Wenn der Mensch nicht eine besondere Gnade bekommt, hat er angesichts der Nähe des Todes Angst.

Francisco sah den Tod sich nähern, glücklich: Er würde das Opfer bringen, um das die Muttergottes gebeten hatte. Er hatte überhaupt keine Sehnsucht nach den irdischen Gütern. Er wollte in den Himmel kommen und diese Erde verlassen, um sein Leben für den Sieg der katholischen Sache aufzuopfern. Von Jacinta bat Unsere Liebe Frau um etwas, das in gewisser Hinsicht weniger erschreckte, aber andererseits doch mehr: Sie bat sie, länger zu leben, etwas länger. Die Voraussicht wurde etwas weiter entfernt gesetzt.

Andererseits sagte sie ihr, dass sie etwas länger leben würde, um mehr zu leiden. Wer hat keine Angst vor einem Leben voller Leiden? Noch mehr: sie sagte ihr eines der Leiden voraus, die Kinder am meisten erschrecken: krank und fern von ihren Eltern zu sein.

Wir waren alle einmal in ihrem Alter. Wir können uns gut erinnern, wie jede kleine Halsentzündung, jede Erkältung fern der Eltern, Unsicherheit und Angst verursachte. Ich würde mir nicht vorstellen, einfach fern von meiner Mutter krank zu werden, weil die Figur der Mutter und die Idee der Heilung bei mir zusammenhängend waren. Wenn sie wegging, hatte ich den Eindruck, dass ich am Hang der Krankheit zum Tode herunterstürzen würde. Und ich wollte nicht sterben; auf keinen Fall wollte ich sterben. Jedes Mal, wenn ich krank wurde, hatte ich Angst vor dem Tod.

Ein Kind kann natürlich die Schwere einer Krankheit nicht gut einschätzen und wenn es im Hals zu eng wird, glaubt es zu ersticken. Daher ist es für ein Kind eine sehr schwierige Sache. Unsere Liebe Frau sagte: „Du wirst nach Lissabon gebracht und deine Mutter wird zurück nach Hause fahren“. Das bedeutet: „Du wirst ohne den Beistand der Deinen in der Fremde krank werden und wirst sterben“. Und sie war tatsächlich alleine, als sie gestorben ist. Sie ist ohne mütterlichen Trost gestorben. Sie hat es auch so angenommen. Ich glaube, es ist das schwerste Opfer, das von einem Kind erbeten kann. Wir sehen, wie das Geheimnis Mariens sie zu diesem Opfer führte.

Dann der Geist des Gebets. Wir sehen, wie sie ununterbrochen beteten. Und wofür haben sie gebetet? Sie beteten für die katholische Sache, damit Gott nicht beleidigt wird, damit Gott verherrlicht wird, was das eigentliche Wesen der katholischen Sache ist. Alles besteht letztendlich daraus: Möge Gott verherrlicht werden, möge Gott nicht beleidigt werden. Und das hatten sie ständig im Sinn und beteten viel.

Aber welche war die Quelle, die ihnen ständig diese geistige Nahrung gab? Es war der Glaube an die Aufgabe selbst, die ihnen gegeben wurde, der Glaube, dass das Wort Unserer Lieben Frau für sie erfüllt werden würde, diejenige, die Franziskus sah, aber dessen Stimme er nicht hörte. Jacinta sah und hörte sie. Und die Francisco später sicher von Angesicht zu Angesicht betrachten konnte.

Können wir einiges aus diesen Überlegungen auf uns anwenden? Ich glaube schon, denn diese Tugenden, die die Kinder geübt haben, sind die Tugenden, zu denen uns unsere Berufung einlädt.

Unsere Berufung enthält eine Art Wurzel des Geheimnisses Mariens. Es ist eine positive Sache, dass jeder, der mit normalen Dispositionen in TFP eintritt, sofort einige Verbesserungen in seiner Seele erfährt und dass er später den Zusammenprall der Prüfungen durchlaufen muss, die wir alle leider kennen. Aber dass es eine Ähnlichkeit gibt - Ähnlichkeit heißt nicht Identisches -, dass es eine Ähnlichkeit gibt mit dem Wirken des Geheimnis Mariens und der Berufung, insofern dass jeder Neuling bei der TFP einen großen Impuls nach vorne verspürt, der für ihn eine gewisse Umwandlung bewirkt. Diese Umwandlung bewirkt sich schnell, einfach und attraktiv, genau wie Gnade des Geheimnisses Mariens wirkt. Mehr noch, unsere Berufung ist den von Fatima angekündigten Tatsachen hin angeordnet. Hier gibt es also noch eine Beziehung zwischen unserer Berufung und die Berufung der beiden Seher.

Ich glaube, dass jeder, der die Muttergottes von Fatima bittet, uns zu helfen, dieser Berufung treu zu bleiben und uns durch ihre Fürsprache zu helfen, der Muttergottes ein besonders dankbares Gebet machen wird. Und damit können wir insbesondere die Gnade der Treue zu unserer Berufung erhalten, noch bevor wir das Geheimnis Mariens erhalten. Das heißt, wir können enorme Gnaden erhalten, um der Berufung treu zu bleiben, selbst unter schwierigen Umständen, selbst unter sehr schwierigen Umständen, gerade dank des Geheimnisses Mariens.

Wir sehen also die Beziehungen zwischen uns und den Seherkindern von Fatima, aber auch, dass für unsere Berufung die vier Tugenden notwendig sind, die sie übten: die grundlegende Tugend, dass wir an unsere Berufung glauben, wie sie an ihre glaubten; mit der Folge der Ernsthaftigkeit, Geist des Gebets, Geist des Opfers. Damit formt sich der TFP-Aktivist. Aus alldem verstehen wir gut, wie nützlich es ist, wie angebracht es ist, dass wir sie für uns bitten.

Sollen wir nur für uns bitten? Im Himmel betrachten sie unseren Herrn und unsere Liebe Frau, die immer mehr beleidigt werden. Wir müssen sie bitten, dass sie im Himmel beten, dass dieser Strom von Beleidigungen aufhört; damit die Muttergottes auf die eine oder andere Weise endlich die Menschen bekehren kann. Ich meine, wir können durch sie zu Unserer Lieben Frau sagen: „Zu uns komme Dein Reich. Aber es komme, o Frau, es komme unverzüglich dein Reich zu uns. Wir bitten dich inständig, mit einer ungestümen Inständigkeit, mit einer inständigen Ungestümtheit, wir bitten dich, Dein Reich komme zu uns herab. Dass du eingreifest, o Frau, in die Ereignisse, dass du eingreifest in die Pläne deiner Gegner, dass du schließlich alle bösen und sündigen Absichten, die sie haben, null und nichtig machst und dein Reich auf Erden errichtest.

Das müssen wir heute mit großer Dringlichkeit von ihnen erbitten, durch sie der Muttergottes. Das ist es auch worum wir im Rosenkranz bitten, den wir gleich beten werden.

 

 

Übersetzt aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer von “Santo do Dia” vom 13. Oktober 1971

Bild Jacinta im Krankenbett entnommen aus „Meine Name ist Jacinta“, von P. Fernando Leite, 5. deutsche Ausgabe von DVCK e.V. 2009. Zeichnung von José. R. Dias Tavares, TFP USA.

© Nachdruck oder Veröffentlichung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

Diese deutsche Fassung erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

 

Donnerstag, 18. Februar 2021

Aus der Biografie: Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts

 

7. „Zur Verteidigung der Katholischen Aktion“

 

Mit einem Vorwort des Nuntius Bento Aloisi Masella und dem Imprimatur des Erzbischofs von São Paulo erschien im Juni 1943 das von Plinio Corrêa de Oliveira als dem Vorsitzenden der Diözesan-Junta der Katholischen Aktion von São Paulo verfasste Buch Zur Verteidigung der Katholischen Aktion.60 Es setzte sich aus zwei Teilen zusammen und enthielt die erste umfassende Widerlegung der progressistischen Irrtümer, die im Innern der Katholischen Aktion in Umlauf waren und auch in der bürgerlichen Gesellschaft auf Widerhall stießen.

Das Buch sollte keine Abhandlung über das allgemeine Gedankengut der Katholischen Aktion bieten. Nach den Worten des Verfassers in der Einführung ging es ihm bei diesem Werk vielmehr darum zu „auszudrücken, was die Katholische Aktion nicht ist, was sie nicht sein darf, was sie nicht tun soll“.61

1. Als erstes Problem grundsätzlicher Art stellte sich dem Autor die Frage nach der „Natur“ der Katholischen Aktion. Im Legionário hatte er bereits geschrieben: „Was die Katholische Aktion angeht, gibt es kein wichtigeres Problem als das der rechtlichen Natur dieser Organisation.“62 Neuere Behauptungen unterstellten Pius XI. die Absicht, dem in der Katholischen Aktion tätigen Laienstand einen innovatorischen „Auftrag“ im Schoße der Kirche verleihen zu wollen. Plinio Corrêa de Oliveira untersuchte die juristische Natur der Vereinigung, um zu zeigen, dass der vom Papst der Katholischen Aktion verliehene „Auftrag“ keinesfalls deren rechtlichen Kern veränderte, der durchaus dem zahlreicher anderer katholischer Werke entsprach, die vor oder nach ihr entstanden waren. Der Aufruf Pius‘ XI. an die Laien sei zwar ernst und feierlich gemeint, unterscheide sich aber nicht von anderen Einladungen zur Mitarbeit, wie sie die Hierarchie im Laufe der Geschichte immer wieder an die Laien gerichtet habe.

Und er hob hervor, dass die Laien seit den ersten Jahrhunderten in der Kirche stets mit der Hierarchie zusammengearbeitet haben.

„Welcher Kirchenhistoriker würde die Behauptung wagen, dass es ein Jahrhundert, ein Jahr, einen Monat oder auch nur einen Tag gegeben habe, an dem die Kirche nicht die Zusammenarbeit der Laien mit der Hierarchie erbeten und in Anspruch genommen habe? Ganz zu schweigen von den Kreuzzügen, einer typischen Art militarisierter, aufs feierlichste von den Päpsten aufgerufener Katholischer Aktion; ganz zu schweigen von den umherziehenden Rittern und den Ritterorden, denen die Kirche umfangreiche Vollmachten und apostolische Aufträge anvertraut hat; ganz zu schweigen auch von den zahllosen Gläubigen, die in den von der Kirche geschaffenen Aktionsgruppen für das Apostolat mit der Hierarchie zusammenwirkten, prüfen wir einmal andere Einrichtungen, die unsere Beweisführung auf ganz besondere Weise bekräftigen.

Jeder weiß, dass es in der Kirche verschiedene Orden und Genossenschaften gibt, die nur Personen aufnehmen, die nicht die priesterliche Weihe erhalten haben. Dazu gehören vor allem weibliche Gemeinschaften, aber auch gewisse männliche Kongregationen wie etwa die Maristen-Schulbrüder. Daneben gibt es viele Ordensleute, die selbst keine Priester sind, aber in den Mönchsorden als Laienbrüder die Klerikerprofessen unterstützen. Nur ein Vermessener würde den Mitgliedern dieser Orden und Genossenschaften im allgemeinen die Berufung des Heiligen Geistes absprechen wollen.“63

2. Ein zweites, ebenfalls bedeutendes Problem betraf die Frage, welcher Art die Beziehungen zwischen den Laien und der kirchlichen Hierarchie sind. Worin besteht der Unterschied zwischen dem an die Hierarchie gerichteten Auftrag Gottes und den von den Gläubigen ausgeübten Tätigkeiten? Kann man vielleicht sagen, dass die Katholische Aktion als solche einen eigenen Auftrag erhalten hat? In seiner Antwort kommt Plinio Corrêa de Oliveira zu folgenden Schlüssen:

„1. Ja, wenn man unter Auftrag eine von der Hierarchie auferlegte Verpflichtung zum Apostolat versteht.

2. Nein, wenn man unter dem Begriff Auftrag versteht, dass die Katholische Aktion sowieso Bestandteil der Hierarchie ist und damit am unmittelbaren und direkten Auftrag Anteil hat, den der Herr der Hierarchie erteilt hat.“64

Wenn man unter „Auftrag“ jeden Befehl versteht, den eine Autorität rechtmäßig an einen Untergebenen richtet, dann können einen solchen sowohl die Hierarchie als auch der Laienstand empfangen; das schließt allerdings nicht aus, dass es einen wesentlichen Unterschied zwischen der der Hierarchie und der den Laien übertragenen Gewalt gibt. „Der Hierarchie hat der Herr die Pflicht auferlegt zu regieren. Die Laien aber erhalten von der Hierarchie keine Regierungsfunktionen, sondern Aufgaben, die ihrem Wesen nach Untergebenen entsprechen.“65

Hier spricht Dr. Plinio das heikle Problem der „Teilnahme der Laien am Apostolat der Hierarchie“ an, wie es in der bekannten Definition Pius‘ XI. heißt. Tatsächlich weist er denn auch darauf hin, dass die neue Auffassung von Teilnahme und Auftrag, wie sie in Kreisen der Katholischen Aktion um sich zu greifen begann, zu einer neuen „Theologie des Laienstandes“ führen musste, die in egalitärer Absicht die Regierungsstruktur der Kirche umstoßen würde.

Für Plinio Corrêa de Oliveira bestehen in dieser Hinsicht keine Zweifel: „Teilnahme“, wie sie der Papst und vor ihm noch das Lehramt der Kirche versteht, bedeutet „Mitarbeit“. Der „Auftrag“ der Katholischen Aktion ergeht nicht unmittelbar von Gott an die Gläubigen, sondern nimmt den Weg über die Hierarchie. Dieser steht es zu, die Aktion der Gläubigen, und das bedeutet auch die Katholische Aktion, zu leiten.

Tatsächlich „besteht die Aufgabe der Gläubigen darin, in der Aufgabe der Hierarchie den Anteil von Mitarbeitern und Werkzeugen zu übernehmen, das heißt, die Gläubigen nehmen am hierarchischen Apostolat als instrumentelle Mitarbeiter teil.“66

Mit der Feststellung, dass die Katholische Aktion eine Teilnahme am Apostolat der Hierarchie bedeutet, wollte Pius XI. zum Ausdruck bringen, dass es sich schlicht und einfach um Mitarbeit, um eine im Grunde instrumentelle Tätigkeit handelt, deren Natur sich ihrem Wesen nach in nichts von der apostolischen Aufgabe unterscheidet, die auch die anderen, nicht zur Katholischen Aktion gehörenden Vereinigungen erfüllen; diese ist also eine untergeordnete Organisation wie jede andere Vereinigung von Gläubigen auch.“67

3. Der dritte Punkt, um den es im restlichen Teil des Buches vor allem geht, brachte die Abweichungen der Katholischen Aktion auf den Gebieten der Liturgie, der Spiritualität und der Methoden des Apostolats und der Aktion zur Sprache.

Ohne auf das Problem der „dialogierten Messe“ einzugehen, das ja nicht zum eigentlichen Themenbereich des Buches gehörte, bezog sich Plinio Corrêa de Oliveira auf die Lehren, die die herkömmlichen Unterweisungen der Kirche entstellten.

Unter dem Gesichtspunkt des geistlichen Lebens schien der zur Verbreitung anstehende Liturgizismus eine „neue Askese“ vorauszusetzen, die an eine besondere, der Katholischen Aktion eigene „Standesgnade“ gebunden war. Nach den neuen Thesen übte die Liturgie einen derart mechanischen oder gar magischen Einfluss auf die Gläubigen aus, dass sich jede Bemühung um eine Zusammenarbeit von Mensch und Gott erübrigte.68 Von den üblichen Frömmigkeitsübungen69 und allen Willensanstrengungen, angefangen von der Gewissenserforschung bis hin zu den Exerzitien des heiligen Ignatius, wurde systematisch abgeraten, da sie als nutzlos und überholt angesehen wurden. Der Ausgangspunkt dieser Irrtümer lag für Prof. Plinio in einer Geisteshaltung der Unabhängigkeit und der Genusssucht, die den Menschen von der Last jener Opfer befreien wollte, die das Bemühen um Heiligung dem Menschen auferlegt. „Mit der Beseitigung des geistlichen Ringens erscheint ihnen das Leben des Christen als eine ununterbrochene Reihe geistlicher Genüsse und Tröstungen.“70 Plinio Corrêa de Oliveira erinnert an den Satz Leos XIII., wonach „die Vollkommenheit der christlichen Tugend in der großzügigen Haltung der Seele liegt, die nach mühevollen, schwierigen Dingen strebt“71, sowie an die Worte Pius‘ XI. in seinem Schreiben Magna Equidem vom 2. August 1924:

„Das zügellose Streben nach Genuss zerstört allmählich das Pflichtbewusstsein, indem es die Kräfte der Seele schwächt und die guten Sitten zersetzt. Tatsächlich ist heute die Zahl derer überaus groß, die, von den Genüssen der Welt angezogen, nichts lebhafter verabscheuen, nichts aufmerksamer vermeiden als die auf sie zukommenden Leiden oder die freiwilligen Kümmernisse der Seele und des Leibes, und die sich gewohnheitsmäßig, nach den Worten des Apostels, wie die Feinde des Kreuzes verhalten. Niemand kann aber die ewige Seligkeit erlangen, wenn er nicht sich selbst entsagt, wenn er nicht sein Kreuz trägt und Christus nachfolgt.“72

Neben dem Geist des Gebetes, ergänzt Plinio Corrêa de Oliveira, ist auch der des Apostolats vonnöten. Dieser aber beginnt bei unserem Nächsten und breitet sich dann in konzentrischen Kreisen auf die weiter Entfernten aus.

Ohne Zögern behaupten wir, dass unser größter Wunsch die Heiligung und Standhaftigkeit der Guten zu sein hat, danach kommt die Heiligung jener Katholiken, die der Kirche fern stehen, und an letzter Stelle steht schließlich die Bekehrung der Nichtkatholiken.“73

Daneben hob der katholische Führer von São Paulo die Wichtigkeit der „Formen“ von Apostolat hervor. Obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits die Politik der „ausgestreckten Hand“ in katholischen Kreisen um sich zu greifen begann, bestand er auf dem heroischen, übernatürlichen Wesenszug des katholischen Apostolats.

„Es muss unbedingt klargestellt werden, dass sowohl die von Liebe und Milde durchdrungene Sprache des Apostolats als auch die Furcht verbreitende, von heiliger Energie geladene Sprache gerechtfertigt und beide jederzeit einzusetzen sind; es gibt natürlich Zeiten, in denen eine strengere Note angebracht ist, und Zeiten, in denen einer milderen Note der Vorzug gegeben werden sollte, doch sollten diese Bedenken nicht in den Extremfall ausarten, unter Auslassung der einen nur noch die andere Note zu spielen, denn damit wäre das Gleichgewicht gestört.

Wo würden wir da unsere Epoche einstufen? Offensichtlich ist der zeitgenössische Mensch der übertriebenen Süßlichkeit, des trägen Gefühlsüberschwangs, der frivolen Haltung der vorausgegangenen Generationen überdrüssig. Die größten Massenbewegungen unserer Zeit stützen sich nicht auf die Vorspiegelung bequemer Ideale. Ganz im Gegenteil haben es die wichtigsten politischen Führer verstanden, die Massen bis zur Raserei zu treiben, weil sie an die völlige Hingabe appelliert und auf die rauhen, steilen Pfade des Heldentums verwiesen haben.

Die Größe unserer Zeit liegt gerade in diesem Durst nach Absolutem, nach Heldentum. Warum sollte diese lobenswerte Gier nicht mit der furchtlosen Verkündigung der absoluten Wahrheit und der übernatürlich heldenhaften Moral unseres Herrn Jesus Christus gestillt werden?“74


Später würde er mit dem Begriff „weiße Häresie“ eine gefühlsbetonte Haltung bezeichnen, die besonders in einer bestimmten Art von süßlicher Frömmigkeit und einer relativistischen Einstellung zur Lehre zum Ausdruck kam, die sich mit dem Vorwand einer angeblichen „Liebe“ zum Nächsten zu rechtfertigen suchte.

„Sagen wir die Wahrheit mit Liebe, machen wir aus der Liebe ein Mittel zur Wahrheit, doch bedienen wir uns nicht der Liebe als Vorwand für irgendeine Minderung oder Verunstaltung der Wirklichkeit, weder um Beifall zu erhaschen oder der Kritik zu entgehen, noch um umsonst zu versuchen, allen Meinungen gerecht zu werden. Denn sonst würde uns die Liebe zum Irrtum führen und nicht zur Wahrheit.“75

„Ein weiterer Fehler liegt immer wieder darin“, fügte er hinzu, „das Schlimme an den Häresien zu verbergen oder zu unterschätzen und so dem Häretiker das Gefühl zu geben, dass ihn nur ein kleiner Schritt von der Kirche trennt. Dabei vergisst man jedoch, dass den Gläubigen die Heimtücke der Häresie vorenthalten wird und die Schranken, die sie von der Apostasie trennen, niedergerissen werden. Dies wird aber geschehen, wenn dieses Vorgehen in breitem Ausmaß oder gar ausnahmslos zum Einsatz kommt.“76

Er erwähnte, dass sich einige Leute gern selbst als „freie Spiritualisten, Christen oder Katholiken“ ausgeben, um auf diese Weise „einen  zweifelhaften ‚gemeinsamen Boden‘ als Voraussetzung für ihr Fischen in trüben Wassern zu schaffen. Ahmen wir nicht die gleichen Methoden nach, die wir bekämpfen, machen wir nicht aus ständigem Rückzug, aus dem fortgesetzten Gebrauch zweideutiger Begriffe und aus der Angewohnheit, unseren Glauben zu verstecken, eine Verhaltensnorm, die letztendlich zu einem Triumph menschlicher Erwägungen führen würde.“77

Zum Abschluss seiner langen Aufzählung von in Kreisen der Katholischen Aktion anzutreffenden Verirrungen in Lehre und Geisteshaltung beendete Plinio Corrêa de Oliveira seine Ausführungen mit den Worten:

„Sie alle hängen mehr oder weniger direkt mit folgenden Prinzipien zusammen: Leugnung der Folgen der Erbsünde, ein sich daraus ergebendes Verständnis der Gnade als dem ausschließlichen Faktor des geistlichen Lebens und die Neigung, von der Autorität abzusehen und so mit einer Ordnung rechnen zu können, die sich aus dem freien, vitalen und spontanen Zusammengehen der Verstandes- und Willenskräfte ergeben soll. Die Mandatslehre, die übrigens von europäischen Autoren vertreten wird, von denen viele in mancher Hinsicht Respekt verdienen, ist bei uns auf fruchtbaren Boden gefallen und hat Früchte hervorgebracht, die viele ihrer Urheber nicht vorausgesehen haben.“78

In einer scheinbar noch einigen und homogenen religiösen Umgebung schlug das Buch wie eine Bombe ein. Es trug dazu bei, die schläfrige Mehrheit aufzurütteln und sie vor der progressistischen Strömung, deren heimtückische Machenschaften plötzlich gebremst wurden, zu warnen. „Dieses Buch“, schrieb Bischof Geraldo de Proença Sigaud, „war ein Alarmruf und ein Brenneisen. Der Alarmruf verhinderte, dass Tausende von Gläubigen sich arglos den Irrtümern und Übergriffen des Liturgizismus auslieferten, der wie eine verheerende Welle heranrollte.“79

„In der Geschichte der katholischen Kirche“, ergänzte derselbe Bischof dann, „gibt es Bücher, die Gott seinem Volke als eine große Gnade schenkte. (...) Sie sind eine Gnade, weil ihr Inhalt den Verstand mit außerordentlichem Lichte erhellt. Gnade auch, weil sie den Willen dazu anregen, so zu handeln, dass der Wille Gottes geschehe.“ Nachdem er Bücher wie die Bekenntnisse und den Gottesstaat des heiligen Augustinus, die Nachfolge Christi, das Exerzitienbüchlein des heiligen Ignatius, die Abhandlung von der wahren Andacht zur allerseligsten Jungfrau Maria des heiligen Ludwig von Montfort erwähnt hat, fügt Bischof Geraldo Sigaud dieser Liste am zwanzigsten Jahrestag seiner Veröffentlichung auch das Werk Plinio Corrêa de Oliveiras hinzu: „Hier in unserem Lande und unter Wahrung des richtigen Verhältnisses kann man behaupten, dass Zur Verteidigung der Katholischen Aktion ebenfalls ein Buch der Gnade für Brasilien war.“80

 

Quelle: Roberto de Mattei: „Der Kreuzritter des 20. Jahrhunderts: Plinio Corrêa de Oliveira“, Hrsg. TFP-Büro Deutschland, Frankfurt am Main, 2004, S. 112-119. Übersetzung aus dem Portugiesischen von Alfred J. Keller.

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Diese deutsche Fassung erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

 



60 Vgl. Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Em defesa da Ação Católica, Ave Maria, São Paulo 1943.

61 Ibid., S. 14.

62 Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Rumos da Ação Católica sob o Pontificado de Pio XII, in O Legionário Nr. 510 (21. Juni 1942).

63 Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Em defesa da Ação Católica, loc. cit., S. 42f.

64 Ibid., S. 49.

65 Ibid., S. 52.

66 Ibid., S. 63f.

67 Ibid., S. 64.

68 Ibid., S. 94.

69 „Diese Andachtsübungen“, erklärt Kardinal Palazzini, „bringen kostbare Vorteile (Ablässe usw.) und besondere Gnaden sowohl geistiger als auch materieller Natur mit sich. Sie alle haben sittliche und soziale Ergebnisse von höchstem Interesse zur Folge. Bei diesen frommen Übungen, die von kurzsichtigen, blinden Geistern völlig verachtet oder vernachlässigt werden, lernten und lernen Große und Kleine, Kinder und Erwachsene, Gelehrte und Unwissende, die Seele über die Gemeinheiten oder Schamlosigkeiten dieser Welt zu erheben.“ (Piietro PALAZZINI, Stichwort Devozione in EC, Bd. IV (1950), Sp. 1514).

70 Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Em defesa da Ação Católica, loc. cit., S. 97.

71 Leo XIII., Enzyklika Auspicato concessum, 17. September 1882.

72 Vgl. Plinio CORRÊA DE OLIVEIRA, Em defesa da Ação Católica, loc. cit., S. 102f..

73 Ibid., S. 184f.

74 Ibid., S. 238.

75 Ibid., S. 230.

76 Ibid., S. 196.

77 Ibid., S. 213.

78 Ibid.. S. 337.

79 Geraldo de Proença SIGAUD, A Encíclica ‚Mediator Dei‘ e um pouco da história da Igreja no Brasil, in O Legionário Nr. 803 (28. Dezember 1947).

80 Geraldo de Proença SIGAUD, Um livro que foi uma graça para o Brasil, in Catolicismo Nr. 150 (Juni 1963).