Bereits Mitte der 1980er Jahre nahm er Stellung zum
Phänomen eines immer frecher auftretenden Homosexualismus und skizzierte darin
mit erstaunlicher Klarsicht die weitere Entwicklung dieser „homosexuellen
Revolution“ in und für die Katholische Kirche. Gehalten wurde der Vortrag vor
Mitgliedern der amerikanischen TFP-Vereinigung.
von Plinio Corrêa de Oliveira
Wenn die revolutionäre Bewegung zugunsten der
Homosexualität so weit kommt, eine ausreichende Zahl an Anhängern zu haben, um
wirkliches Gewicht auf die öffentliche Meinung zu erlangen; wenn die Masse
jener über ein bestimmtes Maß anwachsen wird, die sich zwar nicht an die Seite
der Homosexuellen stellen, aber nicht über die Begünstigung der Homosexualität
empören, und aufgrund von liberalen Vorurteilen nicht wollen, daß diese
unterdrückt wird, könnten die Promotoren der homosexuellen Revolution
versuchen, den Papst Schach Matt zu setzen, indem sie sagen:
„Der Block aus Homosexuellen und Toleranten hat
inzwischen in den USA eine Stärke gewonnen: Hätten Sie, Heiliger Vater, den
Mut, die Homosexualität zu verurteilen, wohl wissend, daß dieser Block Ihnen
nicht folgen und sich daher von der Kirche lösen könnte? Wie viele würden in
diesem Fall treu bleiben? Und zudem, Heiliger Vater, wissen Sie, daß es
inzwischen organisierte homosexuelle Bewegungen auf der ganzen Welt gibt und
daß die Zahl der Toleranten überall wächst. Was wären die Auswirkungen dieses
Schismas auf die Katholiken in anderen Ländern?“
Kirche an Schweigen
zum Thema Homosexualität gewöhnen
Es tritt noch eine andere Frage auf: Wie viele werden
unter jenen, die gegen die Homosexualität und gegen die Toleranz sind, also
jene, die in dieser Frage eine aufrechte Gesinnung haben, den Mut haben, sich
dem organisierten Angriff gegen die Kirche entgegenzustellen? Werden sie
standhalten? Oder werden sie „Klugheit“ und Schweigen empfehlen, in der
Hoffnung auf bessere Zeiten, um dann eine energischere Haltung einzunehmen?
Meines Erachtens werden jene, die den zweiten Weg wählen,
faktisch die Homosexualität fördern, weil sie durch das Lähmen des Widerstandes
auf unbestimmte Zeit die Türen der Kirche für eine sich immer weiter
ausbreitende Mentalität öffnen, die nicht mehr gegen das widernatürliche
Laster, sondern freizügig und tolerant ist. Wenn nicht eine doktrinelle
Toleranz, so aber zumindest eine effektive Toleranz. Eines schönen Tages werden
wir feststellen, daß die Homosexualität in der Heiligen Apostolischen
Römisch-Katholischen Kirche Heimatrecht erworben hat.
Das ist die Strategie, die die homosexuelle Revolution zu
verfolgen beabsichtigt.
Offensichtlich zielt das darauf ab, die Kirche daran zu
gewöhnen, zu so zentralen Themen zu schweigen, daß man meinen könnte, es gebe
sie gar nicht mehr. Die Kirche wird nicht verschwinden, dem steht die göttliche
Verheißung entgegen, aber sie wird so sein, als wäre sie im modernen Panorama
verdampft.
Dazu kommt noch ein anderer, schrecklicher Aspekt: Die
Einführung des freien Gewissens als Letztinstanz in der Kirche. Damit wird
deutlich, daß der Stellvertreter Christi, der Papst, einen gewissen Standpunkt
hat, und eine nicht absehbare Zahl von Katholiken einen entgegengesetzten. Das
heißt, die Autorität des Papstes leugnet.
Wie sind wir in diese Situation gelangt?
Das freie Gewissen
als Letztinstanz ist in die Kirche eingedrungen
Es ist eine graduelle, intelligente Vorbereitung erfolgt,
um eine wachsende Zahl von Katholiken daran zu gewöhnen, das Problem der
Homosexualität als persönliche Meinung zu betrachten: „Der Papst denkt zwar so,
sicher, aber dieser Erzbischof, jener Bischof oder diese Bischofskonferenz
denkt anders“. Die Katholiken sehen, daß viele Prälaten, Priester und Theologen
offen vom Heiligen Stuhl abweichen, aber nicht bestraft werden. Sie sehen, daß
die Kirche nicht bestraft, wer sich gegen sie auflehnt. Im Gegenteil, sie
erlaubt es, daß diese Personen, die sich durch ihr rebellisches Verhalten
selbst aus der Kirche ausgeschlossen haben und sich daher im Zustand der
Todsünde befinden, weiterhin die Heilige Messe zelebrieren, die Sakramente
verwalten und ihr Lehramt ausüben.
Wenn diese Situation sich in diesem Sinn fortsetzt,
werden wir eine zum Schweigen gebrachte Kirche haben. Ein Schweigen, das zum
Teil der Weichheit, zum Teil der Panik geschuldet ist, einem starken und verschlagenen
Feind entgegentreten zu müssen.
Mangel an heiliger
Empörung gegen die Sünde
Vor allem aber wird es Schweigen aus Mangel an heiligem
Eifer gegen die Sünde sein, jener heiligen Empörung, aus der heraus ein Papst
allem und allen gegenübertritt mit der Feststellung: Das Lehramt der Kirche
bleibt trotz allem aufrecht! Veritas Domini manet in aeternum! Die
Welt mag sich drehen, wie sie will, doch der Fels Petri steht fest!
Leider müssen wir feststellen, daß in vielen katholischen
Kreisen es zwar kein stillschweigendes doktrinelles Einverständnis mit der
Homosexualität gibt, aber einen Mangel an Empörung gegen die Sünde. Ein Mangel,
der das Ergebnis einer gewissen pazifistischen Sentimentalität ist, die sich
vor der Gefahr, statt Heldenmut zu beweisen, sich von Weichheit, Nachgiebigkeit
und der im übrigen völlig unbegründeten Hoffnung leiten läßt, das Böse werde
sich schon von alleine bessern.
Garantierte
Straflosigkeit fördert die Frechheit der Sünde
Auf diese Weise rückt die homosexuelle Offensive frech vor,
weil sie weiß, daß ihr nichts geschehen wird. Die Promotoren dieser Revolution
wissen, daß sie auf ein Klima der Straflosigkeit zählen können, die eine
Tochter der Angst und der Nachgiebigkeit ist, die inzwischen zu viele
katholische Kreise beherrscht. Ich sage nicht, daß diese katholischen Kreise
direkt in die Förderung der Homosexualität verwickelt sind. Ich sage etwas
anderes. Da sie diese sentimentale und nachgiebige Mentalität gut kennen,
erarbeiten die Anführer der homosexuellen Verschwörung ihre Pläne, indem sie in
Rechnung stellen, daß sie von dieser Seite nichts zu befürchten haben.
Wir haben so, auf der einen Seite, die sich ausbreitende
Sünde wider die Natur. Und wir haben auf der anderen Seite die, meines
Erachtens, noch schwerwiegendere Sünde unzähliger Katholiken, die den Heiligen
Stuhl, entweder weil sie mit der Homosexualität gemeinsame Sache machen oder
weil sie Angst davor haben, sich ihr entgegenzustellen, zwingen wollen, zu
diesem Punkt zu schweigen, das heißt, vor der Sünde zurückzuweichen, indem sie
ihren Auftrag aufgibt.
Nachgiebigkeit
katholischer Kreise noch größere Sünde
Meines Erachtens entspricht diese zweite Sünde einem
Sakrileg, da es ein stillschweigendes Einverständnis mit dem Wunsch ist, die
Kirche zu zerstören. Und das ist weit schwerwiegender. Wenn diese Situation
weiter andauert und, mehr noch, sich verschärft, sollte man sich fragen, ob wir
nicht am Ende des revolutionären Prozesses angelangt sind. Es ist der Ausfluß
einer Sünde, die seit 500 Jahren andauert. Es ist eine solche Anhäufung von
Sünden, daß sie im Angesicht Gottes nach Rache schreit. Dann können wir keine
Zweifel haben: Es ist die Stunde, in der die Vorsehung eingreift, die Stunde,
in der die Gottesmutter eingreift!
Quelle: TFP-Italien
katholisches.info 4. Juni 2014
Einleitung/Übersetzung Giuseppe Nardi
Den Originaltext auf Italienisch können Sie hier lesen.
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