Sonntag, 5. Februar 2017

Der politische Zusammenschluss der Katholiken

Was einer der führenden Persönlichkeiten der Katholischen Aktion in São Paulo dem „Diário Nacional“ sagt

Der vor kurzem veröffentlichte Appell an die Katholiken, der weit verbreitet wurde in dieser Hauptstadt (São Paulo) und in Rio de Janeiro, erweckte in allen sozialen Kreisen großes Interesse, denn man behauptete, der besagte Appell sei nichts anderes als der Anfang einer katholischen umfangreichen Aktion im öffentlichen Leben Brasiliens.
Es blieb übrigens niemanden die Bedeutung des Dokuments unbemerkt, da es von repräsentativen Persönlichkeiten aller politischen Strömungen wie auch von einer großen Zahl militanter Katholiken der besten Gesellschaft von São Paulo unterschrieben wurde.
Um die Leser über ein so brisantes Thema zu informieren und Erklärungen zu erhalten, suchten wir gestern Dr. Plinio Corrêa de Oliveira auf, Chefredakteur von „O Século“, Mitglied des „Centro Dom Vital“ und einer der Leiter der Katholischen Aktion von São Paulo.

Dr. Plinio Corrêa, den wir in seinem Anwaltsbüro in der Rua Libero Badaró aufsuchten, verhielt sich äußerst reserviert über das Thema und entzog sich jeglicher Äußerung. Auf unser Drängen willigte er schließlich ein, uns folgendes vorauszusagen:

Warum sollen die brasilianischen Katholiken nicht eine Heilige Allianz zur Verteidigung des Katholizismus bilden?

„Der jüngste Appell an die Katholiken nahm eine große Bedeutung an. Das hohe doktrinäre und religiöse Niveau des Dokuments drückt mit entsprechend deutlichen Worten die Haltung der Katholiken gegenüber den politischen und sozialen Problemen aus, die derzeit die Nation bewegen. *)
Mitglieder aller Parteien kamen nach Jahrzehnten zum ersten Mal in unserer Geschichte zusammen, um den Reliquienschrein der katholischen Prinzipien über die politischen Konkurrenzkämpfe und das Getrampel der öffentlichen Plätze wie ein nationales Symbol zu erheben.
Nach Meinung der Unterzeichner beabsichtigt der Appell, alle der Kirche und der nationalen Traditionen ernsthaft verbundenen Elemente um die katholischen Prinzipien zusammenzuführen, damit sie, unbeachtet der hervorgerufenen Differenzen unter den Söhnen des selben Landes, diese jede Zwietracht überwinden, um sich zur Verteidigung des Katholizismus hinzugeben, in eine fruchtbare Vereinigung der Kräfte, sobald er durch die Handlung seiner Feinde angegriffen wird.
In Frankreich ist es gelungen eine Heilige Union zwischen alle Parteien herzustellen, um gegen die Deutschen zu kämpfen, die den Boden ihrer Heimat überfielen.
Warum sollten nicht auch hier die Katholiken ihre Heilige Union bilden, unbeschadet ihrer politischen Verschiedenheiten, immer wenn versucht wird, in die der Kirche vom natürlichen und historischen Recht her gebührende Einflusssphäre einzudringen?
Übrigens — fügt Dr. Plinio Corrêa hinzu — gaben so die Katholiken von São Paulo ein schönes Beispiel von Idealismus, indem sie über die Schranken ihrer parteiischen Verschiedenheiten sprangen, um ein gemeinsames Ideal zu verteidigen. Man sieht schon, dass der Katholizismus, sogleich er in das nationale öffentliche Leben eintritt, seine Tätigkeiten mit einem hervorragenden Beispiel von Liebe zum Ideal beginnt, das uns sehr oft gefehlt hat.“

Der Zusammenschluss der Katholiken

Gefragt, ob die Katholiken sich ab sofort für Wahlzwecke zusammenschließen werden, erklärte Dr. Plinio Corrêa, „ihre Parteigenossen werden bestimmt nicht in der gegenwärtigen Notsituation den hohen Anspruch an Klugheit, Takt und Eleganz abwerfen, die alle katholischen Initiativen kennzeichnen.
Deshalb werden die Katholiken auch nicht voreilig handeln. Wenn es aber soweit ist, dann werden sie mit einem hohen Kriterium an Idealismus und Mäßigung hervorgehen und mit der absoluten Zurückstellung ihrer persönlichen Interessen zugunsten des Sieges ihrer Sache kämpfen.
Außerhalb und über den Parteien — das ist die Losung, die wir zur gegebener Zeit anzunehmen und durchzuführen wissen werden, wenn die Fakten uns zum Handeln aufrufen“, schloss Dr. Plinio Corrêa de Oliveira.

Aus Diário Nacional 27.4.1932

*) Das Bundesland São Paulo befand sich mitten in einer Revolution gegen die politische Aristokratie als Folge eines Machtkampfes in der nationalen Regierung.


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