Die „Greuel“ der Inquisition
Plinio Corrêa de Oliveira *
Man
muss schon sehr ignorant sein, um die Inquisition zu verleumden und in Lügen
nach Vorwänden suchen, um sie zu verabscheuen.“ (Voltaire, Aufsatz über die
Sitten).
Einer
der eindrucksvollen Angriffe auf die Kirche, die am meisten sich eignen bestimmte
krankhaft leichtgläubige und sensible Mentalitäten zu beeinflussen, ist
zweifellos die sogenannte Heilige Inquisition.
Der
finstere Apparat ihrer öffentlichen Hinrichtungen, in feierlichen „Autodafé“ (Ketzerverbrennungen),
die düstere und spektakuläre Aufführung aller Kleinigkeiten und Etiketten, die
einer solchen Zeremonie eigen sind, das Knistern des Feuers, das Stöhnen der
Opfer und das heftige und sarkastische Lächeln der Inquisitoren, kurz gesagt, alles
verschwört sich auf günstige Weise zur Bildung einer malerischen Umgebung, in
der parteiische Historiker die Farben frei bekräftigen, die wahre Bedeutung der
Tatsachen ändern und mit dem nicht immer sauberen Strahl ihrer unerschöpflichen
Vorstellungskraft zur Schaffung der größten historischen Monstrositäten
beitragen.
Historische
Romane, die die natürliche Neigung eines nicht gut gebildeten Publikums
ausnutzen, fantastische Theaterszenen zu mögen, stellen die Inquisition immer
in den ungünstigsten Aspekten dar. So sind die Inquisitoren immer alte
Priester, die, nach einem Leben des Lasters und Hofintrigen sich mit einer
unvergleichlichen Scheinheiligkeit tarnen, den Groll ihres enttäuschten Alters
gegen diejenigen auslassen, deren Glauben die Kirche verurteilt. Und die Ausbeuter
der Geschichte verkörpern in den Inquisitoren gewöhnlich die legitimsten
Vertreter des Geistes der Treue zur Orthodoxie der katholischen Kirche.
Inquisitoren gelten allgemein als eine Auslese der Geistlichkeit,
charakteristische Figuren von hochgradig begabten Personen, ausgestattet mit
dem höchsten Grad der Katholizität, typische Produkte des guten Geistes der
Kirche. Da man den Baum an seinen Früchten erkennt und die so gemalten
Inquisitoren als Früchte betrachtet werden, wird die
römisch-apostolisch-katholische Kirche mir nichts dir nichts, kategorisch und
definitiv beurteilt und verurteilt. Und alles unter breiter Vorführung
humanitärer Prinzipien, hohler Phrasen und unpassender Sentimentalität, die
immer einen fruchtbaren Boden finden. Dies sind letztlich die Konsequenzen, die
die „unabhängigen und liberalen“ Geister, die sich als „unparteiisch und frei
von Aberglauben des Mittelalters“ bezeichnen, aus der Geschichte der
Inquisition ziehen.
Ist
eine solche Anklage durch gesunden Menschenverstand und historische Wahrheit
gerechtfertigt?
* Man kann die Falschheit einer Lehre
nicht durch die Grausamkeit derer beweisen, die sie verteidigen
1)
Zugegeben, dass alle Anschuldigungen gegen die Kirche in Bezug auf die
Inquisition wahr wären, wäre die Falschheit des Katholizismus damit noch nicht
bewiesen.
Tatsächlich
wenn man die Falschheit einer Lehre unter Verwendung der Grausamkeit, mit der
ihre Anhänger sie verteidigten, demonstrieren könnte, wären wir gezwungen zu
folgern, dass alle Religionen und der Atheismus selbst falsch sind, was absurd
ist.
Es
ist nichts einfacher zu beweisen, dass der Katholizismus das Opfer der größten
Grausamkeiten seitens der Anhänger aller Glaubensbekenntnisse war, die gegen ihn
sind. Es wird nicht nötig sein, an die Verfolgungen von Juden und Römern gegen
das entstehende Christentum zu erinnern. Es muss auch nicht nötig sein, die
Barbarei der Völker im Morgenland gegenüber den katholischen Missionaren zu erwähnen.
Ist es notwendig, die Grausamkeiten zu erwähnen, mit denen die von der Kirche
getrennten „Orthodoxen“ die Katholiken verfolgten? Es wird ausreichen, auf die
Geschichte zurückzugreifen, die von Personen, die des Katholizismus unverdächtigt
waren, wie Albert Mallet und Isaac geschrieben wurde, um Luthers
unaussprechliche Grausamkeit zu demonstrieren (auf deren Befehl ein
„gnadenloser“ Krieg gegen empörte Bauern geführt wurde, in dem unter dem
Beifall des Abtrünnigen achtzehntausend Rebellen im Elsass und zehntausend in
Schwaben verbrannt wurden), die fanatische Intoleranz einer Elisabeth in
England (zu deren Gewalt gegen Katholiken Mallet einen höchst merkwürdigen Stich
veröffentlicht), dazu zahlreiche andere Tatsachen, die wir zitieren könnten.
Was
die blutrünstigen Exzesse des Atheismus betrifft, ist es da noch notwendig von der
Reihe von Massenmorde zu sprechen, die 1789 eröffnet und fortgesetzt wurden in der
„Kommune“ von 1870, in Mexiko von 1924 und im heutigen Russland, das, wie es
scheint, die Idee von Gott in Blut ertränken will?
Wenn
wir nun zeigen, dass alle religiösen Strömungen Exzesse praktiziert haben und
nicht alle gleichermaßen falsch sein können, was schließen wir daraus? Dass die
Gewalt der Gläubigen die Falschheit des Glaubens nicht beweist.
* Wenn es in der Inquisition Fehler gab,
beweist dies nicht, dass die Kirche nicht heilig ist
2)
Angenommen, alle Märchen um die Inquisition haben etwas wahres, ist immer noch
nicht bewiesen, dass die Kirche nicht heilig ist.
Zuallererst:
Angenommen, die Gewalttaten der Geistlichen eines jeglichen Glaubens die
Falschheit des Glaubensbekenntnisses beweisen können, kommt man zu dem Schluss,
dass alle Kirchen falsch sind. Dadurch sehen wir, dass die einzigen, die das
Recht haben, die Inquisition zu benutzen, um die Heiligkeit der Kirche
anzugreifen, die Atheisten sind.
Ihre
Kritik ist jedoch total unbegründet. Tatsächlich ist es ein Punkt der
katholischen Lehre, dass die Menschen als Menschen Geschöpfe sind, die der
Sünde ausgesetzt sind. Und diese Schwäche ist der menschlichen Natur so
innewohnend, dass sie erst mit dem Tod aufhört zu existieren.
Wenn
nun unter allen Priestern, wenn unter allen Würdenträgern der Kirche im Laufe von
neunzehn Jahrhunderte nicht einige nennen könnte, die der Amtsausübung absolut
unwürdig waren, würde dies beweisen, dass diese Personen nicht der Sünde
unterworfen waren. Daraus folgt, dass die katholische Lehre falsch wäre.
Die
Unwürdigkeit einiger Priester und vielleicht sogar einiger Bischöfe (nicht zu
vergessen Judas) und Päpste zeigt daher nicht die Falschheit, sondern die Wahrhaftigkeit
der katholischen Lehre.
Die
Heiligkeit der Kirche besteht nicht und könnte daher nicht in der Heiligkeit
des Klerus bestehen, sondern in der Heiligkeit der Lehre.
* Der heilsamste Einfluss der Kirche
während des gesamten Lebens im Mittelalter
3)
Angenommen, alle Legenden im Zusammenhang mit der Inquisition wären wahr, könnte
man die Zweckmäßigkeit der Trennung von Kirche und Staat nicht beweisen.
Einige
Leute sagen, dass der Klerus in der Inquisition bereits gezeigt hat, wozu er
fähig ist, wenn er einen Teil der weltlichen Macht besitzt.
Die
Aussage ist kindisch. In der Tat ist es mehr als eine Ungerechtigkeit, den
heutigen Klerus durch die Inquisitoren zu beurteilen, es ist absurd.
Wer
wird es außerdem wagen, den heilsamsten Einfluss der Kirche während des
gesamten Lebens des Mittelalters zu leugnen? Ist es nicht ein unbestreitbarer
Grundsatz in Fragen des Völkerrechts, dass das Christentum, das von der Kirche
auf das öffentliche und private Völkerrecht angewendet wird, einen starken Faktor
für Harmonie und Fortschritt unter den Völkern darstellt? Hatte sich der
Heilige Stuhl vor der Gründung des Völkerbundes nicht mit dem Problem des
internationalen Friedens konfrontiert und versucht, mit großem Vorteil für alle
Völker die „Waffenruhe Gottes“ einzuführen?
Ist
es nicht bekannt, dass die Autorität der Bischöfe im Mittelalter so mild war,
dass Bürger aus der Herrschaft der Feudalherren flohen, um Schutz bei den
Geistlichen zu erhalten?
Warum
übrigens die Evidenz demonstrieren? Warum auf einer Wahrheit beharren, die
niemand leugnet?
Wir
kommen also zu dem Schluss, dass selbst wenn alle Anklagen gegen die
Inquisition annehmbar wären, könnte man deswegen nicht ein einziges Argument
gegen die Kirche führen.
* Die Inquisition war das mildeste Gericht
dieser Epoche
Reduzieren
wir nun die Fakten auf ihre gerechten Proportionen und geben wir der
Inquisition ihren wahren Charakter wieder.
Wir
haben bereits gesehen, was der schreckliche und unverdächtige Voltaire von der
Inquisition hielt. Laut Valera war die Inquisition eines der gütigsten Gerichte
der Zeit, da die Brände der Inquisition vergleichsweise wenig Opfer machten.
Wir sind daher gezwungen zu schließen, wie Justino Mendes in „Die Kirche und die Geschichte“, dass die
Inquisition, ein weltliches Gericht wie jedes andere und daher unweigerlich den
damals geltenden strafrechtlichen Vorschriften unterworfen war, die im
Vergleich zu den anderen der damaligen Zeit immer noch milder war. Wir sehen,
dass es offensichtlich übertrieben ist, ihr ungewöhnliche Greueltaten und den
Vorrang unter den grausamsten Gerichten in der Geschichte zuzuschreiben.
Und
doch widersprach ihr Vorgehen den humanitären Grundsätzen der Kirche, die aus
diesem Grund heftig reagierte, wie wir später sehen werden.
* Inquisition: kirchliches Gericht,
jedoch weltlichen Herrschern unterstellt
Wir
kommen nun zum Charakter der Inquisition. Wenn wir die Rechtsabhandlungen des
letzten Jahrhunderts und andere noch frühere nachschlagen, werden wir sehen,
dass die Inquisition immer als kirchliches Gericht eingestuft wird. Das tut unter
anderen Pereira e Souza in seinem Juristischen Wörterbuch. Nun ein kirchliches
Gericht war nicht eines, das unter der Autorität des Heiligen Stuhls
funktionierte, sondern das, obwohl es sich aus Geistlichen zusammensetzte, als
Organ der öffentlichen Verwaltung den weltlichen Souveränen untergeordnet war.
Daher
gibt es zwischen der Inquisition und der Kirche, keine Solidarität die den
Auftragnehmer mit dem Auftraggeber verbindet. Im Gegenteil, wir werden zeigen:
a) dass die Inquisition unabhängig von den Befehlen des Heiligen Vaters und
direkt den Souveränen untergeordnet war; b) dass die Inquisition wegen ihrer
Grausamkeit von der Kirche verpönt und bekämpft wurde.
Die
erste Aussage können wir mit den folgenden Beweisen stützen, die in Justino
Mendes, im angegebenen Werk, nachgeschlagen werden können: Der Papst erteilte
Personen, die von der Inquisition beschuldigt wurden, Orthodoxiezertifikate.
Die Inquisition, weit davon entfernt, respektvoll die Befehle des Heiligen
Vaters anzunehmen, wie es ein von der Kirche abhängiges Gericht tun würde,
verfügten die Todesstrafe für jeden, der solche Zertifikate vorlegte. Wo ist da
der Gehorsam, der die Inquisition notwendigerweise charakterisieren, wenn sie
der Kirche unterworfen wäre und als eine bloße Abteilung dieser betrachtet
würde? 1482 richtete Papst Sixtus IV. gegen die Exzesse der Inquisition einen
strengen Brief an die spanischen Könige. Wenn sie nun vom Heiligen Vater abhängig
wäre, warum sollte er den Brief dann an den König und nicht direkt an die
Inquisitoren richten? Darüber hinaus hatten Könige sogar das Recht, die
Inquisitoren zu entlassen, was durch zwölf von ihnen ausgeübt wurde. Um unsere
Aussagen weiter zu bekräftigen, reicht es daran zu erinnern, dass die
Inquisition für die Verfolgung der Verbrechen des Schmuggels und der
Unterschlagung verantwortlich war. Wie könnte nun ein von der Kirche
unterhaltenes Gericht von diesen Verbrechen erfahren?
* Bestimmte Exzesse der Inquisition
wurden von den Römischen Päpsten bestraft
Was
die zweite Aussage betrifft, dass der Heilige Stuhl die Inquisition wegen ihrer
Grausamkeiten bekämpft hat, braucht man nur an die folgenden Tatsachen erinnern:
1482 bat Sixtus IV. die spanischen Könige, sie sollten „im Namen der Barmherzigkeit
Jesu“, den kriminellen Eifer der Inquisition bändigen. Der gleiche Historiker
erwähnt Personen, die vom Papst heimlich freigesprochen wurden, nachdem sie von
der Inquisition verurteilt wurden. 1519 exkommunizierte Leo X. die Inquisitoren
von Toledo, um ihre Grausamkeiten zu bestrafen (und dies ist die größte Strafe,
die ein Papst gegen einen Katholiken verhängen kann). Paul III. verbündete sich
mit den Neapolitanern, um zu verhindern, dass sich die Inquisition in Neapel
einrichtete. Pius IV. und der hl. Karl Borromäus waren gegen ihre Einführung in
Mailand. Daher war die von der Kirche immer missbilligte Inquisition nicht das
Produkt des katholischen Geistes einiger geistlicher Elemente, sondern im
Gegenteil ein Faktor der am meisten zu beanstandenden Revolten gegen die unantastbare
Macht der römischen Päpste, denen daher keine Verantwortung für die Schrecken
der Inquisition zufällt.
Wir
sind nun zum Ziel gekommen, das wir uns gesetzt haben, um zu zeigen, dass: 1)
die Inquisition nicht dazu geeignet ist, die unbeweisbare Falschheit der Kirche
zu beweisen; 2) Die Inquisition kann nicht als Grundlage für die Trennung von
Kirche und Staat dienen. 3) die Inquisition war im Vergleich zu anderen
zeitgenössischen Gerichten nicht grausam; 4) Die Inquisition unterlag nicht der
Autorität der Kirche, und war unabhängig von den Anweisungen des Heiligen
Vaters. 5) Die Inquisition, die gegen die Päpste rebellierte, wurde von diesen viele,
viele Male bekämpft und bestraft.
*)
Student im 5. Jahrgang der Rechtswissenschaftlichen Fakultät von São Paulo,
sein erster Artikel in einer Zeitschrift.
Aus
dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in
“A Ordem”, Nr. 8, Bd. IV (nova
série), Jahrgang X, August 1930, S. 83 bis 87 Seção Universitária - A.U.C. de São Paulo
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Diese
deutsche Fassung erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com
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