Das Kloster Maria Lichtmess - Mosteiro da Luz - São Paulo |
Heute erfülle ich das schon vor langem gemachte Versprechen, die dramatischsten Episoden zu erzählen, die die Geschichte des „Convento da Luz“* bereichern: Wenn sich Weihnachten nähert, kommt das Thema – aufgrund seines wesentlichen religiösen Charakters – besonders zur Geltung.
Im Juni 1775 wurden die
Funktionen des Generalkapitäns des berühmten Morgado (Majorat) de Mateus, D.
Luís Antônio de Sousa Botelho e Mourão, eingestellt. Er hatte das Kapitänsamt
von São Paulo mit Weisheit, Festigkeit und Freundlichkeit geführt. Es folgte
ihm sofort in der gleichen Funktion Martim Lopes Lobo de Saldanha, unter dessen
Regierung São Paulo acht Jahre in Despotismus und Willkür verbrachte.
Als eiliger Vollstrecker der
tyrannischen Gesetze der religiösen Verfolgung des Pombal** versäumte Martim Lopes
es nicht, dem Vizekönig Marquês von Lavradio sofort mitzuteilen, dass er die
Schließung des Convento da Luz angeordnet hatte, in dem damals zehn Nonnen
lebten.
Diesen Befehl hatte der
Generalkapitän durch den Bischof von São Paulo ausführen lassen. Unterwürfig berief
der Prälat am 29. Juni Frei Galvão, dem Gründer und Kaplan des kleinen
Klosters, zu sich, mit der Aufforderung, sofort mit der Auflösung des Klosters
zu beginnen. Sobald er den Auftrag des Bischofs erhielt – der jedoch die
Aufgabe hatte, die Nonnen zu beschützen und nicht zu zerstreuen – ging Pater
Galvão in das Kloster, dessen Kapelle voller Menschen war, die auf die Messe
warteten. Sofort nach der Feier der Messe, teilte Pater Galvão den schmerzdurchdrungenen
Nonnen die willkürliche Entscheidung des Bischofs mit, die gegen sie geschleudert
wurde. Sie sollten ihren Familien bescheid geben, um sie abzuholen. Innerhalb
eines Monats müsste das Kloster seine Türen schließen.
P. Frei Antonio Santana Galvão |
Der Widerstand schien absurd,
denn, wenn der Gouverneur oder der Bischof davon Kenntnis nähmen, sie die Macht
hätten – nicht das Recht –, gewalttätige kanonische und zivile Strafen gegen die
Ordensschwestern zu verhängen. Doch wie konnten sie im Kloster bleiben, ohne
von außen Lebensmittel und Trinkwasser zu bekommen, das sie nur spärlich
besaßen? Und wie könnten sie Kontakt zu Menschen außerhalb des Klosters
aufnehmen, ohne sich einer Anzeige auszusetzen?
Es gibt jedoch absurde Entscheidungen
für Geschöpfe ohne Glauben und völlig vernünftige für diejenigen, deren Glaube
Berge versetzt. Die Nonnen beschlossen, sich dem menschlich Unmöglichen zu
stellen. Sie schlossen Türen und Fenster. Und brachen alle Kontakte zur
Außenwelt ab.
Sie verbrauchten die wenigen
Lebensmittel, die im Kloster noch vorhanden waren, und begannen, von einigen
Kräutern zu leben, die sie im Garten hatten. Unterdessen brachte ein Beerenbaum,
der sich im selben Garten befand, auf völlig unvorhersehbare Weise eine solche
Menge an Früchten, dass die Nonnen sie nicht alle essen konnten. Bei Wassermangel
versammelten sie sich an einem ruhigen und klaren Tag im Chor und baten um
Regen. Der Himmel begann sich bald mit Wolken zu bedecken. Es donnerte. Und ein
heftiger Regen fiel und füllte die Töpfe und Schüsseln, die die Schwestern rausgestellt
hatten, um das Regenwasser aufzusammeln. Als die Behälter gefüllt waren, hörte der
Regen auf.
Der Himmel gewährte den
„Widerständlern“ noch größere Hilfe. Eine Freude durchflutete die Seelen der
Nonnen, die in diesem Katakombenleben bemerkenswerte Gnaden erhielten.
So verging ein ganzer Monat in diesem heiligen „Maquis“ (Zufluchtsort des Widerstandes). Und nach noch ein paar Tagen ließen plötzlich heftige Schläge gegen die Tür die Gemeinde erzittern – wurde alles entdeckt? Würden sie ins Gefängnis kommen? Sie achteten schweigend und hörten die Stimme von Frei Galvão, der sie beim Namen rief. Sie öffneten. Und er teilte ihnen die Neuigkeit strahlend mit: dem Vizekönig, Marquês do Lavradio, hatte die Schließung des Klosters aufgehoben und seine Wiedereröffnung angeordnet. Frei Galvão wurde durch einen Brief informiert, der gerade aus Rio de Janeiro eingetroffen war und dem der Bischof eilig zugestimmt hatte. Für die siegreichen Nonnen war die Stunde der Belohnung, des Te Deum und des Magnificat gekommen...
Diese Tatsachen, die ich in
dem maßgeblichen Buch „Frei Galvão, Bandeirante*** de Cristo“ zusammentrage,
offenbaren nicht nur die Seelenstärke der Nonnen, sondern auch von Frei Galvão.
Es scheint mir offensichtlich, dass Frei Galvão den heiligen Widerstand der
Nonnen kannte und unterstützte. – Wenn nicht, woher hätte er wissen können,
dass sie sich im geschlossenen Kloster befanden?
So fügte der große Franziskaner aus São Paulo seinen Titeln eines Priesters, Ordensmannes, angesehenen Mystikers, Sklaven Mariens und Gründers den des Widerständlers, im Geiste und Buchstaben des kanonischen Rechts, noch hinzu.
Annmerkungen
*) „Convento da Luz“: portugiesische Bezeichnung für „Kloster des Lichtes“. Die Bezeichnung steht für die brasilianische Anrufung „Nossa Senhora da Luz“ = Mariä Lichtmess (des Lichtes), der das Kloster der „Konzeptionisten-Schwestern“ geweiht ist. Konzeptionisten = der Unbefleckten Empfängnis. Sie lebten in strenger Klausur.
**) Portugiesischer Staatsmann, seit 1770 Marquês de Pombal, führte unfangreiche Reformen und eine drakonische Verfolgung der Katholischen Kirche in Portugal und dessen Kolonien durch. Brasilien war zu der Zeit noch Kolonie Portugals.
***) Bandeirantes nannten sich die Pioniere, die auf der Suche nach Schätzten, das Innere Brasiliens erschlossen. Als Erkennungszeichen trugen sie Fahnen (Bandeiras) voran mit der Abbildung ihrer Schutzheiligen.
Aus dem Portugiesischen mit Hilfe von Google-Übersetzer in „Folha de S. Paulo“, 22. Dezember 1974.
© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.
„Widerstand in São Paulo...“ erschien erstmals in deutscher Sprache in www.p-c-o.blogspot.com
Bild Kloster: von Dornicke - Obra do próprio, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6324108
Bild Frei Galvão: Por Unidentified painter -
Museu de Arte Sacra de São Paulo, Domínio público,
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=22083081
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen