von Plinio Corrêa de Oliveira
In früheren Artikeln haben wir unsere
Leser auf die paradoxe Situation aufmerksam gemacht, in der sich der Heilige
Stuhl gegenwärtig auf der internationalen Bühne befindet. Lassen Sie uns kurz
die Überlegungen, die wir angestellt haben, wieder aufgreifen, um dann das
Problem, das wir heute behandeln wollen, präzise formulieren zu können.
Zunächst einmal ist da der lehrmäßige
Rahmen, in dem das Problem gesehen werden muss. Die heutige Welt hat die Vorstellung
davon, was das Christentum ist, völlig verloren. Alle katholischen Völker haben
die Pflicht, den wahren Glauben zu bekennen, zu bewahren und zu verbreiten. In
diesem Sinne kann man über den Staat mutatis
mutandis alles sagen, was man über eine einzelne Person sagt. Und alle
Gründe, die zeigen, dass ein einzelner Katholik verpflichtet ist, offiziell
katholisch zu sein, den Glauben zu verteidigen und zu verbreiten, gelten auch
für den Staat. Die katholischen Staaten haben also eine große gemeinsame
Aufgabe zu erfüllen. Und so wie die einfachen Gläubigen verpflichtet sind, sich
gegenseitig bei der Arbeit des Apostolats zu unterstützen, so sind auch die
katholischen Staaten verpflichtet, sich gegenseitig bei der Verteidigung und
Verbreitung der wahren Religion zu unterstützen. Daraus folgt, daß alle
katholischen Staaten, wenn sie des unvergleichlichen Ruhmes dieses Namens
würdig wären, unter sich implizit oder explizit eine mächtige Gruppe von
Völkern bilden würden, die auf natürliche Weise in der Erreichung eines
höchsten gemeinsamen Zieles vereint wären, nämlich der katholischen Kirche in
der ganzen Welt die volle Freiheit zu sichern, das Wort Gottes zu verkünden,
und ebenso die volle Freiheit für die Gläubigen, die Religion zu praktizieren
und die Zivilisation und den Staat nach christlichen Normen zu organisieren.
Und stellen wir uns vor, alle
katholischen Länder wären offiziell katholisch, das heißt, ihre jeweiligen
Staaten würden sich offiziell zur katholischen Religion als der einzig wahren
bekennen, sie voll unterstützen und antikatholischen Lehren die Freiheit der
Verbreitung verweigern. Daß die Gesetze dieser Staaten in Bezug auf
Gerechtigkeit, Nächstenliebe und Reinheit der Sitten voll und ganz mit der
Lehre der Kirche übereinstimmen würden. Dass alle diese Staaten, die sich zu
dem gemeinsamen Zweck der Ausbreitung des Reiches Christi zusammengeschlossen
haben, alle ihre Mittel für die Ausbreitung des Evangeliums einsetzen würden. Wenn
alle Sitten strikt mit der katholischen Lehre übereinstimmen würden, hätten wir
ein wunderbares Bild des Christentums.
Es ist klar, dass, wenn alle Gläubigen jedem
Menschen Gerechtigkeit und Nächstenliebe schulden, die Gläubigen unter sich dies
auf einer viel ernsteren Grundlage schulden. Es ist schwerwiegender, die
Nächstenliebe gegenüber einem Glaubensbruder zu versagen als gegenüber einem
Fremden.
In den internationalen Beziehungen sollten
sich daher die katholischen Nationen nach Kräften bemühen, miteinander in
Einklang zu kommen, indem sie die Normen der Gerechtigkeit und der
Nächstenliebe gegenüber allen beachten und sie in den Beziehungen zwischen den
katholischen Völkern mit größter Sorgfalt respektieren.
* * *
So sollte die Christenheit sein. Und wenn
dies die Christenheit wäre, dann hätte der Papst in dieser Familie der
christlichen Völker natürlich eine klare Vorrangstellung.
Erstens wegen all der Titel, die ihn zum
Stellvertreter Christi machen, der allen Staatsoberhäuptern der Welt überlegen
ist, so wie die Sonne dem Mond und den Sternen überlegen ist.
Zweitens, weil alle Aufgaben der
Christenheit zu Gunsten der Kirche nur Hilfsaufgaben wären. Die Ausführung
liegt eigentlich bei der Kirche selbst. Und dem Staat käme es zu, ihr mit all
seinen Kräften beizustehen, aber der Kirche nicht nur die Leitung der Arbeit überlassen,
sondern auch die Ausschließlichkeit in dem, was sie allein tun kann. In diesem
Bereich verhält sich der Staat zur Kirche (immer noch mutatis mutandis), wie die einfachen Gläubigen zur Hierarchie, wenn
es um das Apostolat geht. Es ist seine Aufgabe, in seinem eigenen Bereich zu
dienen, zu helfen, zu unterstützen. Und nicht in die Sphäre der Hierarchie
einzudringen, um zu definieren, zu regieren, zu lenken, mehr oder weniger wie
es die königlichen Herrscher im Absolutismus tun wollten.
Bei allem, was den Dienst betrifft, den
die christlichen Völker für die Ausbreitung und Verbreitung des Glaubens zu
leisten haben, ist es also klar, dass ihre Augen auf die Weisungen und
Absichten des Nachfolgers Petri gerichtet sein müssen. Und dass in allen
Fragen, auch zeitlichen, die sich zwischen christlichen Völkern ergeben
könnten, der höchste Schiedsrichter für die Erhaltung des Friedens würde immer
der gemeinsame Vater sein.
Das Papsttum, das die Souveränität des
Staates in der weltlichen Sphäre sehr gewissenhaft und peinlich genau
respektiert, wäre in einer wahrhaft katholischen Welt das, was die Sonne am
Firmament ist.
* * *
Wenn wir all dies bedenken und diese
ideale Situation des Rechts mit der gegenwärtigen, sehr traurigen Situation der
Wirklichkeit vergleichen, wie können wir dann nicht leiden? Wie kann man
übersehen, dass die christliche Zivilisation, das Christentum, fast so
vollständig dem Erdboden gleichgemacht ist wie der Tempel von Jerusalem, von
dem nicht einmal die Grundmauern übrig geblieben sind, während doch die Kirche
ganz und glorreich bestehen bleibt? Ein wenig von dieser Tradition schwebt noch
in der Luft. Wir blicken mit Zuneigung und Sehnsucht auf diesen goldenen Staub.
Aber das ist allein, was wir
noch haben.
Die katholischen Staaten sind als Staaten
nicht mehr offiziell katholisch. Und wie Taparelli weise sagt, verdienen
Völker, die nicht offiziell katholisch sind, es nicht, Teil der Christenheit zu
sein. Selbst in den wenigen Ländern, in denen die Kirche mit dem Staat
verbunden bleibt, gibt es im Allgemeinen Wolken und Probleme aller Art, wenn
nicht Tendenzen zu heidnischer Politik und ungerechte Gesetze, die die christliche
Ordnung blockieren und stören. In der internationalen Sphäre verbünden sich die
christlichen Völker, die untereinander jede Vorstellung von ihren Pflichten
gegenüber dem Glauben verloren haben, die die Vorstellung von ihren ganz besonderen
Pflichten untereinander verloren haben, mit Heiden aller Art, verbündeten sich
gestern mit Hitler oder Stalin und morgen vielleicht mit dem Antichristen
selbst, um mehr Gold, mehr Land, mehr Kanonen oder mehr Öl zu bekommen.
Ihre Position ist so eingefleischt, dass
wir sogar das Bewusstsein verloren haben, dass dies nicht die richtige Position
der Dinge in der christlichen Ordnung ist.
Im Jahr 1918 wurde der Völkerbund gegründet. Papst Benedikt XV. wollte aufgenommen werden, was ihm jedoch mit der Begründung verweigert wurde, er sei kein Staatsoberhaupt. Und die Liga fiel in sich zusammen. Heute könnte die UNO den Heiligen Stuhl aufnehmen, da der Heilige Vater Staatsoberhaupt ist. Uns ist jedoch nicht bekannt, dass sie ihn eingeladen hat. Wir wissen auch nicht, ob Pius XII. jemals den Wunsch geäußert hat, eingeladen zu werden. Warum? Diesem Problem werden wir uns in unserem nächsten Artikel widmen. (s. https://p-c-o.blogspot.com/2022/01/der-groe-verlassene.html)
Aus dem Portugiesischen übersetzt mit DeepL/Translator von „A posição da Santa Sé“ in O „Legionário“ Nr. 727 vom 14. Juli 1946.
© Nachdruck oder Veröffentlichung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.
Diese deutsche Fassung von „Die Position des Heiligen Stuhls“ erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com
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