Freitag, 11. Oktober 2024

Die drei Rosen:

Die Verehrung der Eucharistie, unserer Lieben Frau und des Papsttums


Gern beantworte ich die Frage, die gerade gestellt wurde. Schon öfters habe ich bemerkt, dass eine keineswegs geringe Anzahl von vortrefflichen Menschen sich in ihre Wohnungen zurückziehen, weil sie meinen, dass die moderne Welt unverbesserlich sei. Sie beschränken daher ihren Umgang auf die Familie und kümmern sich lediglich um ihre eigenes geistiges Leben, ohne sich einer Sache anzunehmen, die man allgemein gesprochen als die katholische Sache bezeichnen könnte, das heißt die Sache der römisch-katholischen apostolischen Kirche und die Sache der christlichen Zivilisation.

Ich hätte etwas zur Sache der christlichen Zivilisation zu sagen, denn was die katholische Sache bedeutet, ist leicht zu verstehen: Es ist das Anliegen, um das es geht, wenn man dafür kämpft, der Kirche die Voraussetzungen zu gewährleisten, die sie benötigt, um ihr Apostolat auszuüben, und wenn man der kirchlichen Hierarchie hilft, dieses Apostolat zum Heil der Seelen zu verwirklichen. Auf Erden wird dieses Ziel durch ein Leben der Tugend erreicht, deren wichtigste die Liebe ist.

Mit dieser Klarstellung lässt sich gut verstehen, was die katholische Sache ist. Was ist aber unter christlicher Zivilisation zu verstehen, und wie hängt sie mit der katholischen Sache zusammen?

Was ist eine Zivilisation?

Es geht mir hier nicht um die Analyse der verschiedenen Bedeutungen, die der Begriff „Zivilisation“ haben kann. Ich beschränke mich vielmehr auf einen Bestandteil, der allen Bedeutungen des des Wortes „Zivilisation“ gemeinsam ist, nämlich auf den Gedanken einer bestimmten Ordnung der Dinge in ihrer Gesamtheit, angefangen von ihren erhabeneren Aspekten auf religiöser Ebene bis hin zu ihren gewöhnlichen Aspekten auf rein materieller Ebene.

Fußt diese Ordnung der Dinge auf bestimmten Prinzipien, bildet sie eine charakteristische Zivilisation, die sich von anderen Zivilisationen unterscheidet, die von anderen Grundsätzen geleitet werden. Eine christliche Zivilisation wird von den großen Überzeugungen, den großen Eingebungen, den großen Erwartungen, das heißt den großen sittlichen Normen gestaltet wird, die unser Herr Jesus Christus auf die Erde gebracht hat und deren unfehlbare Interpretin, Mutter, Führerin die katholische Kirche ist die ihnen durch die Sakramentenspendung Leben verleiht.

Die christliche Zivilisation schafft die Voraussetzungen dafür, dass die Seelen die Kirche besser kennenlernen können. Die Kirche ist für die christliche Zivilisation mehr oder weniger das, was die Seele für den Körper ist (es handelt sich hier um eine Analogie, die selbstverständlich genauso unvollkommen ist wie alle Analogien). Ohne eine Zivilisation könnte man daher die Kirche in gewisser Hinsicht einer Seele ohne Körper vergleichen. Und eine Zivilisation ohne Kirche ist unbedingt einem seelenlosen Körper vergleichbar.

Die vollkommene Ordnung besteht darin, dass die Kirche eine Zivilisation bildet, die es ihr ermöglicht, den Menschen alles Gute zu tun – eine zeitliche Ordnung also, die ihr dabei hilft, das Gut des Menschen zu fördern. Andererseits muss es diese Zivilisation verdienen, christlich genannt zu werden. Das bedeutet, dass sie alle Voraussetzungen zu bieten hat, die unser Herr Jesus Christus für das menschliche Leben fordert und vorschreibt.

Nun ist es heute so, dass wir zwar die Kirche, aber keine christliche Zivilisation haben. Und die Kirche selbst hat sich in unseren Tagen mit der größten Krise in ihrem Innern auseinanderzusetzen, die sie in all den Jahrhunderten ihrer Existenz je erlebt hat. Und hinzu kommt noch die ungeheure äußere Krise. Viele meinen daher, dass sie sich in ihre vier Wände einschließen können, ja dies sogar tun müssen, ohne sich weiter um das zu kümmern, was draußen vorgeht. So erwarten sie für möglichst bald die in Fatima angekündigte Strafe, denn die Welt hat sich ja nicht geändert und die Weihe an das Unbefleckte Herz Mariens ist ja auch nicht genau unter den Bedingungen vorgenommen worden, die unsere Liebe Frau in Fatima gestellt hat. Also warten sie auf die Strafe. Bis es aber zu dieser Strafe kommt, bleibt man gelassen zu Hause und wartet.

Für die, die so handeln, ist der Eifer schwer zu verstehen, mit dem echt konservative Katholiken in Zeitungen, im Rundfunk und im Fernsehen dagegen ankämpfen, dass noch gottlosere und pantheistischere Zivilisationsformen eingeführt werden, beziehungsweise sich für die Bewahrung der Überreste der christlichen Zivilisation einsetzen, die es auf der Welt noch gibt.

Wozu soll das nützen, wenn am Ende doch alles in der tragischen Sturzflut der Strafen untergehen wird, die nach ihrer Meinung wie eine neue Sintflut über die Erde kommen und alles hinwegspülen wird, um eine neue Ordnung der Dinge zu schaffen?

Ich meine, dass man vor allem bedenken sollte, dass sowohl für die Kirche als auch für die christliche Zivilisation jenes herrliche Wort der Heiligen Schrift aus dem Alten Testament gilt, denn wir schulden beiden die gleiche Liebe, die schon die Juden des Alten Testaments dem Tempel von Jerusalem weihten – sie liebten den Tempel von Jerusalem. Ein Psalmist bringt dies deutlich zum Ausdruck: Er liebt nicht nur den Tempel, denn sollte der Tempel einmal zerstört werden, wird er auch noch die Steine lieben, die von seinem Abbruch übrig bleiben. Und selbst wenn diese Steine einmal zu Staub zerfallen, wird er auch noch den Staub der zerfallenen Steine lieben.

Ich weiß sehr wohl, dass die Kirche nicht zerstört ist, denn sie ist schließlich unvergänglich. Und doch ist man fast versucht zu fragen, ob der geheimnisvolle Vorgang der Selbstzerstörung, in dem sie sich befindet und auf den Paul VI. so ausdrucksvoll hingewiesen hat, nicht doch schon abgeschlossen ist.

Er kann nie ganz zum Abschluss kommen, denn es heißt „portae inferi non praevalebunt“ – die Pforten der Hölle werden die Kirche nicht überwältigen. Und doch möchte man dies fast infrage stellen.

Was aber die christliche Zivilisation angeht, wissen wir, dass sie zerstört wurde. Es sind weder ihr Gebäude noch die Steine übrig geblieben. Was bleibt, ist nur noch ihr Staub. Doch gilt uns dieser Staub nicht so viel, wie der Tempel den einstigen Juden? Lieben sie etwa nicht diesen Staub und erwarten sie nicht den Wiederaufbau des Tempels?

Ich spreche hier von den Juden, die vor unserem Herrn Jesus Christus gelebt haben und die den Tempel wiederaufbauen wollten, als dieser das wahre Haus Gottes und das Bindeglied zwischen den Menschen und dem Himmel war.

Auch wir denken so. Wir wollen die Staubkörner wieder zusammenfügen und Steine daraus machen und mit diesen Steinen das Gebäude errichten.

Da wird einer lachen: „Ihr seid wohl verrückt? Wie wenig könnt ihr doch erreichen!“ Und ich antworte darauf, dass ich das sehr gut wisse. Wenn wir aber ein paar Seelen zu retten vermögen, wenn wir Gesetze verhindern können, die gegen die christliche Zivilisation verstoßen und für viele Seelen Gelegenheit zur Sünde werden könnten, und auf diese Weise einige Seelen retten können, wenn wir es schaffen, dass am Tag des Strafgerichts die Zahl der Gläubigen ein bisschen größer ist, dann können wir auch sicher sein, dass eine größere Anzahl von Gläubigen das Strafgericht überstehen wird, um dann das Reich Mariens wiedererstehen zu lassen.

Nicht nur der Staub des Tempels, auch das Leid muss dazu beitragen, dass aus dem Staub etwas wiederersteht, auf dass daraus wieder Steine werden und dass diese Steine sich in lebendige Steine des Gotteshauses verwandeln.

Es will mir scheinen, dass sich in diesem Sinne gewiss viele Heiden und auch viele Juden bekehren werden. Aber wir müssen diese Bekehrung der Heiden, der Juden, der Muslime usw. herbeisehnen, müssen mit unserer ganzen Seelenkraft dafür arbeiten. Unsere Brüder im Glauben aber müssen wir lieben, jene Völker nämlich, die einst im Schoße der Kirche lebten, bevor es zu der großen Krise kam, die zum Ende des Mittelalters führte. Viele von ihnen sind aber auch im Schoße der Kirche verblieben. Wir wollen sie lieben und dafür Sorge tragen, dass sich eine möglichst große Zahl von ihnen ins Reich Mariens hinüberretten kann.

Damit dies geschehe, müssen wir stets Anregung in einer Haltung suchen, die Msgr. de Ségur als die drei Rosen der Seligen bezeichnete: In der Liebe zur heiligen Eucharistie, zu unserer Lieben Frau und zum Papst.

Liebe zur heiligen Eucharistie, der wir eine inständige, beharrliche Verehrung schulden. Wir setzen uns für den täglichen Kommunionempfang und für die Verehrung unseres Herrn unter seinen verschiedenen Anrufungen ein, und vor allem bringen wir viele Menschen in die kirchliche Gemeinschaft.

Liebe zu unserer Lieben Frau: Damit wir mit allem Eifer gegen den Kommunismus, den Sozialismus, gegen die großen Gegner der christlichen Zivilisation ankämpfen können, bedürfen wir des Rosenkranzgebets und weiterer Formen der Verehrung unserer Lieben Frau, gemäß dem Vorbild des heiligen Ludwig Maria Grignion von Montfort, des großen marianischen Apostels der Neuzeit, dessen Botschaft gerade in unseren Tagen einen besonders großen Widerhall findet.

Liebe zum Papst: Wenn ich dieses hehre Wort – der Papst – ausspreche, kommt es mir vor, als würde ich aus der Tiefe der Jahrhunderte die göttliche Stimme unseres Herrn Jesus Christus vernehmen, der da spricht: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“

Wenn ich hier vom Papst spreche, meine ich natürlich die Päpste aller Jahrhunderte, das Papsttum im Lauf der Geschichte, seine großartige Aufgabe, die wunderbare Abfolge der wahren Päpste seit dem heiligen Petrus, dem von unserem Herrn auserwählten Fundament.

So gesehen ist der Papst die Achse der Geschichte, die Achse der Kirchengeschichte. Da diese die Achse der Weltgeschichte ist, bildet der Papst auch die Achse der Weltgeschichte.

Die Verehrung des Papstes bedeutet im Grunde Verehrung des Papsttums, Verehrung des unfehlbaren Heiligen Stuhles der Wahrheit. Angesichts der Kontinuität der wahren Lehre, wie sie vom wahren Lehramt der Kirche gelehrt wird, schulden die Katholiken dieser Lehre eine Hingabe, einen Eifer, eine Anhänglichkeit, eine Unterwerfung ohne Grenzen.

Mit dem Fortschritt der Fertigkeiten des Menschen im Bereich der Mechanik wurde dieser schließlich in die Lage versetzt, mechanische Uhren zu bauen. Wie Sie wissen, geschah dies im Mittelalter. Von nun an begann die Kirche, ihre Kirchtürme mit Glocken zu versehen, denn sie sah darin ein Symbol voller Poesie: Die Kirche zeigt die richtige Zeit des menschlichen Denkens.

Alle wenden sich ihr zu, um ihre persönliche Uhr – ihren Geist – nach ihr zu richten. Wenn es darum geht, dem Menschengeschlecht eine Ordnung zu geben, eine christliche Zivilisation zu schaffen und die Menschen in den Himmel zu führen, kann es für das Menschengeschlecht nichts Kostbareres geben als die Unfehlbarkeit der Kirche, die vor allem in den Verlautbarungen der Päpste ihren Ausdruck findet, sofern in diesen unter Berufung auf die höchste Lehrautorität eine allgemein verpflichtende Lehrentscheidung gemäß dem Kirchenrecht getroffen wird.


Dies vorausgesetzt beziehe ich mich voller Ergriffenheit auch auf den Papst und die drei Rosen der Seligen, von denen bei Msgr. de Ségur die Rede war.

Indem ich das Augenmerk auf diese Trilogie richte, die unserem Geist so angenehm klingt, habe ich den Eindruck, dass uns diese Darstellung auf natürliche, harmonische Weise zu drei Themen führt, bei denen unser Verstand und unsere Herzen zusammenfinden werden.


Aus dem Portugiesischen übersetzt von „As três rosas: a devoção à Eucaristia, a Nossa Senhora e ao Papado“ in „O Legionário“ vom 10. November 1929.

Diese deutsche Fassung „Die drei Rosen: Die Verehrung der Eucharistie, unserer Lieben Frau“ erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

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