Dienstag, 13. Dezember 2022

Betrachtung für Weihnachten 1974



Plinio Corrêa de Oliveira

       Es wäre angebracht, wenn wir uns in dieser Versammlung, angesichts der gegenwärtigen Umstände der Welt und unseres Apostolats, fragen, welche die angemessene Meditation für Weihnachten in diesem Jahr ist.

       Es scheint ein gewisser Widerspruch, eine gewisse Unvereinbarkeit zu bestehen zwischen dem Datum von Weihnachten und den sowohl glücklichen als auch schmerzlichen Umständen, in denen sich die Welt gegenwärtig befindet, der enormen Krise, an deren Rand sie sich befindet, mit den Prüfungen, die diese Krise mit sich bringen kann, und auch mit der endgültigen Befreiung, die sie ankündigt. Dann wäre es an der Zeit zu sehen, zu welcher Weihnachtsfreude diese Aussichten passen und wie man diesbezüglich eine fruchtbare Meditation anstellen kann. Genau das werde ich jetzt versuchen zu tun.

       Ich glaube, dass wir Folgendes als Ausgangspunkt für eine angemessene Weihnachtsmeditation betrachten sollten: Die katholische Ikonographie (Darstellung von Heiligen in Bild und Plastisch) stellt uns das Jesuskind im Allgemeinen mit den Merkmalen eines Kindes vor, das ganz und gar kindlich ist. Das heißt, ein Kind, das erst einen Tag alt ist und daher kaum denken kann, das in seinem Alter noch alle Einschränkungen hat, die mit der Kindheit verbunden sind, usw.

       In Wirklichkeit ist das auch richtig so, denn so hat sich das Jesuskind den Menschen, die mit ihm zu tun hatten, gewöhnlich präsentiert. Diese Darstellung ist also wahr, sie ist nicht falsch, sie ist nicht anstößig, sie ist nichts davon. Aber sie gibt uns nicht den vollen Sinn für die Realität, die es in der Weihnachtsnacht umgab. Und deshalb zeigen uns auch einige seltene Bilder des Jesuskindes mit verschiedenen Gesichtsaudrücken: ernst, gelassen, nachdenklich, meditativ. Auch diese Bilder sind nicht falsch. Sie zeigen einen anderen Aspekt der Realität.

       Das heißt, mit der Äußerlichkeit eines Kindes in einem so zarten Alter, am ersten Lebenstag. Mit diesem äußerlichen Aussehen eines Kindes hatte das Jesuskind jedoch schon den vollen Gebrauch seiner Intelligenz. Da er keine Erbsünde hatte, konnte er seine Intelligenz, vom ersten Augenblick seines Daseins an, voll nutzen. Und Er, der in der heiligen Klausur der Muttergottes war, dachte bereits, hatte bereits das Wissen um alles. Der Neugeborene konnte also nachdenken, er konnte meditieren.

       Was könnten seine Gedanken gewesen sein?

       Offensichtlich dachte er in erster Linie an den ewigen Vater und an die Herrlichkeit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, an der die Zweite Person in hypostatischer Einheit mit seiner in der Krippe liegenden Menschheit teilhatte. Aber als er daran dachte, musste er auch an die Gottesmutter denken, die das Meisterwerk der ganzen Schöpfung, seine Mutter war, und die er ekstatisch liebte, betrachtete, usw. Und natürlich war er verzückt, seine Mutter zu sehen, die ihn dort sinnlich erkannte, so wie sie, - sie, die die Dinge in ihrem Herzen bewahrte und darüber nachdachte, - sie suchte in seinen Gesichtszügen alles zu erkennen, die Verbindung mit dem herzustellen, was sie schon von seiner Heiligkeit wusste, kurz, alles, was sie durch Weisheit, durch Auslegung der Schrift, durch Offenbarung über ihn wusste. Es war eine Wechselbeziehung in Anbetung. Und er empfing diese Anbetung mit echter Freude, mit echtem Vergnügen. Und gleichzeitig liebte er sie, und sie liebte ihn intensiv.

       Der heilige Josef war in der Nähe, und schon übte die Gottesmutter ihre Vermittlung aus und empfahl das Jesuskind den Gebeten des heiligen Josef, ihres Gemahls, der der Nährvater unseres Herrn Jesus Christus war, aber ein Nährvater, der ein wahres Recht auf ihn hatte, denn obwohl er nicht der leibliche Vater, der Vater nach dem Fleisch unseres Herrn Jesus Christus war, hatte er ein wahres Recht auf alle Früchte des heiligen Schoßes der Gottesmutter, denn er war der Gemahl der Gottesmutter. Und deshalb hatte er ein Recht auf das Jesuskind.

       Und so betete er das Jesuskind an, war dankbar für die Ehre, der Vater Unseres Herrn zu sein, und trug ihm durch die Gottesmutter seine Gebete vor.

       Aber das Jesuskind beschränkte seine Überlegungen nicht auf dieses strahlende Bild, auch nicht auf das Bild der Hirten, die gekommen waren, um ihn anzubeten, auf die Engel, die gekommen waren, um ihn anzubeten, auf die Vorhersage der Heiligen Drei Könige, die nicht weit entfernt auf dem Weg waren und sich bald zeigen würden. Er dachte natürlich über die Gründe nach, warum er fleischgeworden und geboren worden war.

       Diese Gründe erstreckten sich mit prophetischem Blick auf die gesamte Geschichte, und genau so war auch Seine Meditation später vom Gipfel des Kreuzes aus, in der Er über die Ziele der Erlösung des Menschengeschlechts, über das Opfer, das Er bringen würde, über all die Undankbarkeiten, die Er erleiden würde, sowie über all die Akte der Anbetung, die Er hervorrufen würde, nachdachte.

       Auch dachte er, er, der die Zukunft kannte, dachte an das, was sich im Laufe der Zeit im Hinblick auf das Heilige Weihnachtsfest entwickeln würde.

       Dann sah Er alle Weihnachtsfeste der Weltgeschichte. Er sah alle Weihnachtsfeste der ganzen Menschheit bis zum Ende; Er sah alle Anbetung, die Er als das neugeborene Gotteskind empfangen würde; Er sah zum Beispiel den heiligen König Ludwig, als er sich zum ersten Mal im Glaubensbekenntnis vor diesen Worten verneigte: „Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“, in Ekstase freute er sich, das Jesuskind so zu sehen. Aber dann sah Jesus das Beispiel dieser Würdigung, das sich in der ganzen Christenheit verbreitete. Er sah, wie auch wir uns bei diesem Gebet nach dem Beispiel des heiligen Ludwig verneigen.

       Er sah sogar das Ende der Welt, vielleicht die letzten Gläubigen, die das letzte Glaubensbekenntnis sangen, bevor Er in seiner Pracht und Majestät kam, und sich niederbeugten, um zu sagen: „und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt“. Er sah endlich diese ganze zahllose Welt, die seelische Beziehung der Menschen zu Ihm, der Menschen untereinander, der Menschen zur Muttergottes, in Bezug auf Weihnachten.

       All dies wog er ab und berücksichtigte es. Er hat das sehr traurige Weihnachtsfest von 1974 in Betracht gezogen, und die Umstände dieses sehr traurigen Weihnachtsfestes waren ihm gegenwärtig. Er hat es viel besser gesehen als wir heute, denn seine Kenntnis der Dinge steht nicht im Vergleich mit unserer Kenntnis. Er sah besser die ganze Schwere der Sünden, die ganze Schwere der Vergehen, den gegenwärtigen Zustand der katholischen Kirche; die Messen, die nach einem Text gefeiert werden, der Ihn beleidigt; die Kommunionen, die an Menschen ausgeteilt werden, die nicht würdig sind, die unsittsam gekleidet sind; die Weihnachtsfeste, die auf weltliche Art gefeiert werden; Priester ohne Glauben, ohne Frömmigkeit; Nonnen, von denen viele bereits abgefallen sind, andere schwanken zwischen Abtrünnigkeit und Beharrlichkeit. Er sah die Klöster halb verlassen, halb verödet; er sah, wie sich der Unglaube ausbreitete, er sah die Apathie der Nonnen, er sah die Habgier der Kommunisten, er sah die Machenschaften seiner Gegner.

       Und er sah, wie all dies zu dem Höhepunkt kam, den es an Weihnachten 1974 erreicht hatte, und er, der ein Bewusstsein hatte, das nicht im Entferntesten mit dem unseren zu vergleichen ist, sah offensichtlich, was an all dem tadelnswert, verwerflich und abscheulich ist. Darunter litt er schon in seiner Wiege sehr. Schon damals erlebte er den Schmerz dieser Ereignisse, dieser schrecklichen Tage, die noch kommen sollten. Und auf diese Weise teilte er unser Leid und unseren Schmerz an Weihnachten 1974.

       Er sah alle Seelen, die Ihm wahrhaftig treu waren, was sie zu leiden hatten, und Er litt, weil Er sah, dass diese Seelen seinetwegen litten. Und er ist an unserer Seite. Seit diesem Ereignis hat sich sein Geist, sein heiliges Herz uns zugewandt und unseren Schmerz geteilt und vom Ewigen Vater die nötige Kraft für den Kampf erfleht, den wir zu führen haben.

       Die Gottesmutter hatte sicherlich von alldem Kenntnis, oder fast von allem, und hat sich mit ihren unschätzbaren Gebeten dafür eingesetzt, dass wir diese Gnaden erhalten. Und er wurde auch getröstet, er wusste in seiner Krippe, dass am 24. Dezember 1974 die TFP in diesem Saal versammelt sein würde, mit ihren Symbolen, mit einem glaubenstreuen Priester, der einen Messetext in Übereinstimmung mit seinem Heiligsten Herzen, mit dem Unbefleckten Herzen Mariens feiert. Und Er kannte von Seiner Krippe in Bethlehem aus den Akt der Anbetung eines jeden von uns in dem Augenblick, in dem die unblutige Erneuerung seines Kalvarientodes stattfinden wird, in der Stunde, in der die Wandlung stattfindet. Und dann kannte er auch den Akt der Anbetung, den wir vollziehen werden, sobald jeder von uns die Heiligen Gestalten in sich aufgenommen hat. Er wusste dies alles, er war sich all dessen bewusst.

       Dies führt uns zu folgender Überlegung: Wenn er ein so guter Hirte war und uns und unsere Prüfungen so sehr bedauerte, wie viel mehr sollten wir seine Prüfungen bedauern, die unvergleichlich größer sind; und deshalb geben wir unserer Weihnacht den Charakter einer Wiedergutmachung, eines Menschen, der sich der heiligen Krippe nähert, entrüstet über die Kränkungen, die er empfängt, und bedauert, dass unsere Untreue den durch diese Kränkungen verursachten Schmerz noch vergrößert.

       Wir bitten Ihn durch die Gottesmutter, durch den heiligen Josef, durch die Engel, durch die Hirten, durch die Heiligen Drei Könige, dass Er unsere Wiedergutmachung annehme, dass Er die Wiedergutmachung des Bösen annehme, die durch unseren guten Willen geschehen ist, die Ihm durch diese Fürsprecher und vor allem durch die Fürsprecherin aller Fürsprecher dargebracht wurde.

       Und da müssen wir das Jesuskind bitten, dass es uns auf die Fürsprache der Muttergottes genau den Abscheu schenkt, den es gegenüber all dem hatte, was es sah und was heute geschieht. Damit wir ein Weihnachten im Einklang mit Ihm feiern können. Möge er uns auch die Liebe schenken, die er für alles Gute hatte, das heute geschieht, einschließlich all des Guten, das er in unsere Gemeinschaft legt, neben unserer großen Untreue, ihm gegenüber; und für das Gute, das die verstreuten Seelen auf der Erde tun werden, indem sie in der wahren römisch-katholischen apostolischen Lehre verharren.

       Das sollten wir an der Heiligen Weihnacht bedenken und so um eine völlige seelische Vereinigung mit Ihm bitten, um einen Austausch der Herzen, damit alles, was im Herzen Marias ist, auch in unserem Herzen sei, und damit unser Weihnachten genau das Gefühl all dessen ist, was Jesus und Maria in dieser Nacht um dieses Jahr 1974 erlebt haben.

       Das wäre, glaube ich, die Meditation, durch die die Freude der Heiligen Weihnacht mit der Traurigkeit dieser Tage in Einklang gebracht werden könnte.

       Er wusste aber auch, dass diese Traurigkeit nur vorübergehend sein würde, und er wusste, dass danach die Herrschaft seiner Mutter kommen würde, und er freute sich schon im Voraus darüber. Und wir müssen ihn bitten, dass er uns auch diese Vorfreude schenke, und dass sie nicht nur aus Traurigkeit an diesem Weihnachten besteht, sondern aus Dankbarkeit für die gegenwärtigen Gaben und aus großer Hoffnung auf das kommende Reich Mariens.

       Mit anderen Worten, dies sind die Überlegungen, die uns in der Nacht der Heiligen Weihnacht inspirieren sollten.

       Sie werden sagen: Aber kann ich nicht für mich persönlich um etwas bitten?

       Natürlich! Bitten wir in erster Linie um unser ewiges Heil, um unsere Heiligung, bitten wir aber auch für andere, für jeden einzelnen. Es ist großartig. Bitten Wir auch um materielle und zeitliche Güter, sofern sie zu unserer Heiligung beitragen.

       Erinnern Sie sich an das Gebet vom hl. Nikolaus von der Flue: „Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir alles, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib’ alles mir, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, nimm’ mich mir und gib mich ganz zu eigen dir!“

       Aber mehr als um uns, sollten wir uns für die heilige römisch-katholische Kirche interessieren, für ihre Situation in der Welt und für unsere Rettung, unsere Heiligung in Einigkeit mit der katholischen Kirche. Das sollten wir in besonderer Weise im Auge behalten.

       Zu Füßen der Statue der Muttergottes von Fatima gewinnt all dies noch mehr an Bedeutung, denn die Statue stellt die Gottesmutter auf eine solche Weise, mit einer solchen Wärme, mit einer solchen Ausdruckskraft dar, dass wir sie anschauen und uns vorstellen können, dass viele der Gesichtsausdrücke, die wir beobachtet haben, auf das Jesuskind gerichtet sind, und dass wir dort ein kleines Licht der Heiligen Weihnacht haben.

       Deshalb müssen wir bei dieser Gelegenheit unsere Andacht zur heiligen Statue von Fatima verdoppeln.

       Nachdem ich das gesagt habe, möchte ich noch daran erinnern, dass wir an Weihnachten normalerweise in die Fatima-Kirche (in São Paulo) gehen, um vor der Statue der Muttergottes zu beten, aber da die Statue schlechthin ja hier unter uns ist... Falls wir sie nicht in die Kirche mitnehmen können, werden wir dieses Jahr natürlich nicht nach Fatima gehen. Wir werden hier beten.

       (Frage: Ist eine kleine Prozession mit der Statue möglich?)

       Ich denke, dass die Statue zu schwer ist, um sie in einer kleinen Prozession mitzunehmen, wir sind auch nicht darauf vorbereitet. Ich habe vor, die Statue so oft wie möglich in unsrem Oratorium auszustellen, damit sie von den Mitgliedern der TFP und vom Volk verehrt werden kann.

 

 

Aus dem Portugiesischen Übersetzt mit DeepL/Übersetzer (kostenlose Version) von Santo do Dia vom 23. Dezember 1974, Meditação para o Natal de 1974.

Die deutsche Fassung „Meditation zu Weihnachten 1974“ erschien erstmals in www.p-c-o.blogspot.com

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