Sonntag, 8. Januar 2023

Bewundernswerter Fortschritt, zweifelhafte Ersetzung von Werten


 »Betrachtet zum Beispiel die zweifelhafte Ersetzung von Werten, die durch den bewundernswerten Fortschritt der mechanischen Geschwindigkeit bewirkt wird. Fasziniert von dieser und die Vorteile der schnellen Bewegung auf Dinge übertragend, die keine Vollkommenheit als Folge der schnellen Veränderungen erwarten, sondern erlangen im Gegenteil ihre Fruchtbarkeit in der Stabilität und Treue zu den Traditionen, neigt der Mensch der „verrückten Geschwindigkeiten“ dazu, im Leben wie ein vom Wind geschütteltes Schilfrohr zu werden, unfruchtbar an dauerhaften Werken und unfähig, sich und andere zu tragen“. Pius XII.

     Die monumentale Weihnachtsbotschaft des Heiligen Vaters Pius XII., die wir in unseren letztem Ausgaben (Nr. 87 und 88, März und April 1958) veröffentlicht haben, verdient es, von der ganzen katholischen Welt eingehend studiert zu werden. Als Hilfestellung für diese Studie möchten wir einige Anmerkungen zu dem päpstlichen Dokument machen.

     Außer in spezialisierten Kreisen, in denen die taumelnden Fortschritte der sogenannten modernen Philosophie mit Interesse verfolgt werden, rufen die Fortschritte der Technik gleichzeitige und unterschiedliche Eindrücke hervor, in denen eine lebhafte und arglose, an Anbetung grenzende Begeisterung mit einer gewissen angehenden, wenn auch bereits heftigen Enttäuschung koexistieren. Diese Eindrücke sind jedoch noch nicht so weit, dass sie sich in konkrete philosophische Haltungen verwandeln. Und dies ist gerade der Moment sie mit dem Licht des Glaubens und des gesunden Menschenverstands zu klären, um künftige Katastrophen zu vermeiden. Und für Menschen, die sich in diesem Zustand befinden, ist das päpstliche Dokument reich an „Aperçus“ von höchstem Wert.

Die grundlegende Tatsache

     Der Papst hat in seiner Botschaft ein kulturelles Phänomen im Blick, das in Europa und den Vereinigten Staaten besonders akut ist. Auf der einen Seite haben die Irrtümer der vom Glauben abgefallenen Philosophie, bestimmte Schulen systematisch zu einem totalen Pessimismus bezüglich der Existenz und des Universum geführt. Andererseits schaffen die heutigen Lebensbedingungen in vielen Seelen eine große Empfänglichkeit für diese philosophische Tendenz. Der Geschmack für das Absurde in bestimmten „dünkelhaften“ Milieus, in anderen Kreisen das Gefühl, dass die Technik das tägliche Leben immer schmerzhafter, ja unerträglicher macht, die immer noch lebendige Erinnerung an die Tragödien des Zweiten Weltkriegs und schließlich die Aussicht auf eine kosmische Hekatombe, die durch die Technik zu einen möglichen Dritten Weltkrieg führen wird, erzeugen in bestimmten Köpfen die Vorstellung, dass der Fortschritt unweigerlich zur Katastrophe führt, dass die Wissenschaft schädlich ist und dass das Universum letztlich schlecht konstruiert ist. Denn wenn selbst der Fortschritt zur Katastrophe führt, dann deshalb, weil es keine Ordnung im Kosmos gibt.

     Nimmt man zu diesem Bild noch die Vision einer unbestreitbaren moralischen und intellektuellen Dekadenz der Massen hinzu, eine Absenkung des Niveaus auf allen Gebieten, die umso stärker ist, je mehr der technische Fortschritt voranschreitet, so wird man leicht verstehen, dass enttäuschte Menschen geneigt sind, die mit einiger literarischer Kraft vorgetragenen Aufklärungen von Sartre aufzugreifen, der ein lediglicher Verbreiter von den Ideen Kirkegaards ist, einem tiefgründigeren Denker, der aber in einem weniger vorbereiteten Zeitalter viel weniger allgemeinen Ruhm hatte.

     Angesichts dieser Geisteshaltung großer Teile der westlichen Öffentlichkeit und der philosophischen Lehren, mit denen sie sich zu schützen versuchen, bekräftigte Pius XII. den Grundsatz, dass das Universum einzig und gut aufgebaut ist, das Werk eines unendlich weisen, guten und mächtigen Gottes. Anschließend weist er auf die Rolle unseres Herrn Jesus Christus in der universalen Ordnung hin, und schließlich auf die Rolle des Glaubens und der Sittenlehre bei der Ausrichtung eines Fortschritts, der nur schädlich sein kann, wenn er von der Lehre der Kirche abweicht.

     Versuchen wir, die verschiedenen Lehren oder Geisteshaltungen aufzulisten, vor denen der Heilige Vater in seiner oben erwähnten Ansprache die Gläubigen direkt oder indirekt warnt.

1 - Die Anbetung oder Berauschung der Technik

     An erster Stelle steht die „Technolatrie“, d.h. eine solche Bewunderung der Technik und des Fortschritts, dass sie zu einem echten Glaubensabfall führen kann: »Andere, die die gewaltige Entwicklung der modernen Wissenschaft betrachten, die das Wissen und die Macht des Menschen bis in den außerweltlichen Kosmos ausgedehnt hat, die fasziniert und geblendet von den Ergebnissen, die sie erzielt haben, können nur die „Größe des Menschen“ bewundern und verschließen vorsätzlich ihre Augen vor den „Größen Gottes“. Sie ignorieren oder vergessen, dass Gott sogar höher ist als der Himmel selbst und dass sein Thron auf dem Gipfel der Sterne ruht (vgl. Job 22,12), sie verstehen nicht mehr die Wahrheit und den Sinn der von den Engeln über dem Stall von Bethlehem gesungenen Hymne, wo sich die allerhöchste göttliche Größe gezeigt hat: „Gloria in excelsis Deo“; sie sind im Gegenteil versucht, sie durch ein „Ehre sei dem Menschen auf Erden“ zu ersetzen, dem Menschen, der so viele Dinge erfindet und vollbringt, dem „homo faber“, wie ihn manche Philosophen nennen, weil er seine Größe in Werken offenbart hat, die jedes menschliche Maß zu übertreffen scheinen.«

     Wie man sieht, kann die Überschätzung der Technik genauso weit von Gott wegführen wie eine irrende philosophische Sekte.

     Natürlich wird diese Anbetung von den Menschen, die ihr frönen, oft nicht bemerkt. Wäre es im Hinblick auf das Erste Gebot nicht angebracht, in die Gewissenserforschung die Frage einzubeziehen: Habe ich die Technik auf übertriebener Weise geliebt oder gar verehrt?

     Diese Begeisterung für die Technik braucht nicht unbedingt zu solcher Übertreibung führen. Es ist vielleicht keine Anbetung, aber „eine Art Rausch“, wie der Heilige Vater zu Recht sagt. In diesem Fall wird es natürlich weniger schwerwiegende Auswirkungen haben.

     Einige dieser Auswirkungen können sein:

     a) Desinteresse an den Angelegenheiten der Religion und Unlust für das Geistliche, weil sie den Geist aus dem der Technik eigenen Umfeld entfernen;

     b) Vertrauen in die Technologie, um alle Probleme des Menschen und der Gesellschaft zu lösen, weil Religion und Moral auf eine zweitrangige Ebene zurückgedrängt werden

     c) Verachtung der Vorteile, die Philosophie, Literatur und Kunst dem Menschen bieten: nur die Früchte der Technik sind unverzichtbar, alles andere ist überflüssig;

     d) Der wahre Ruhm gehört dem „homo faber“, denn sein Geist ist gestärkt durch die Gewissheiten der technischen Wissenschaft und der Erfahrung; sein starker und kühner Wille ist auf dem Weg zur Eroberung des Universums; der Theologe, der Philosoph, der Literat und der Künstler sind schwache Geister, die im Schatten von Halbgewissheiten leben, von Gefühlen geleitet werden, der praktischen Realität verschlossen und daher nicht in der Lage sind, energisch am Kampf um die Unterwerfung des Universums teilzunehmen.

     Wie man sieht, sind diese weniger schwerwiegenden Folgen dennoch äußerst gravierend. Der Rausch der Technik könnte neben der Anbetung der Technik ein sehr nützlicher Punkt sein, um das eigene Gewissen im Hinblick auf das erste Gebot zu prüfen.

     Der Kampf gegen die Technolatrie (Abgötterei der Technik) ist der offizielle Wunsch des Papstes: „Es ist an der Zeit, die Selbstbewunderung des modernen Menschen wieder ins rechte Lot zu bringen.“

     Es geht nicht darum, dem Technologen den Wert abzusprechen, der ihm rechtmäßig zusteht. Aber wir müssen erkennen, dass der Techniker unwiderruflich hoffnungslos unvollständig sein wird, solange er, versklavt an jene „Art von Rausch, die durch die Eroberungen der Technik hervorgerufen wird“, sich allein der Technik zuwendet und sich weigert, das Knie vor der Welt des Geistes und insbesondere vor der übernatürlichen Ordnung zu beugen: „... Die Verehrer des „homo faber“ sollten sich überzeugen, dass sie, wenn sie in der Haltung der Bewunderung und Anbetung vor der Krippe des Gotteskindes verweilen, ihren Weg des Fortschritts nicht aufhalten, sondern ihn mit der Vollkommenheit des „homo sapiens“ krönen würden.

2 – Technolatrische Arglosigkeit

     Viele Mentalitäten in Brasilien haben die naive Vorstellung, dass jeder technische Fortschritt, nur weil er in einem bestimmten Bereich einen Fortschritt darstellt, in anderen Bereichen keine Nachteile mit sich bringt und bringen kann.

     Diese Arglosigkeit kommt aus einer kindlichen Verblendung angesichts bestimmter unmittelbarer Ergebnisse der Technologie. So betören uns die großen Städte, deren Straßen tagsüber von prächtigen Autos wimmeln und deren Himmel nachts von blinkenden Leuchtreklamen erhellt wird, die Wolkenkratzer, die den Palästen von Giganten gleichen, die Zurschaustellung von Reichtum. Und obwohl wir wissen, dass der Bau von Großstädten mit tausend Unannehmlichkeiten verbunden ist, bauen wir sie hartnäckig weiter. Warum? Unbesiegbare Einfalt: das ist alles so „schön“, so „fortschrittlich“, so „modern“, dass wir nicht ernsthaft glauben, dass daraus gravierende Übel ausgehen können.

     Der Papst zeigt uns im Gegenteil, dass die Technik nach einem Moment des Staunens so große Überraschungen bereithalten kann, dass sie bei manchen Menschen sogar Angst auslöst: »Deshalb ermutigte der Engel, der den Hirten die Wunder der Weihnacht ankündigte, sie zunächst: „Fürchtet euch nicht! Denn ich verkündige euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll“ (Lk 2,10). Die Gefühle, die durch die Nachricht von den neuen Wundern der Technik geweckt werden, sind sehr unterschiedlich. Nachdem die erste Welle des Jubels vorüber ist, werden die Menschen von heute angesichts der unerwarteten Entwicklung ihres Wissens und der sich daraus ergebenden Konsequenzen, angesichts dieser beispiellosen Invasion im Mikro- und Makrokosmos, von einer gewissen Angst gequält und fragen sich, ob sie die Welt beherrschen werden oder ob sie ihrem eigenen Fortschritt zum Opfer fallen werden«.

3 - Panische Technophobie

     Diese Angst selbst kann und hat sogar zu einem Fehler geführt, der sich im entgegengesetzten Extrem befindet. Es ist die Vorstellung, dass jeder technische Fortschritt an sich ein Angriff auf die von der Vorsehung geschaffene Ordnung des Universums ist.

     Technik und Vorsehung wären notwendigerweise, radikal und unausweichlich gegensätzliche Begriffe. Und die Technik wäre der Selbstmord des Menschen: „Die unvorhersehbaren Veränderungen, zu denen die von der modernen Wissenschaft und Technik eröffneten neuen Wege führen, werden von den einen als etwas Disharmonisches angesehen, das dazu bestimmt ist, Unruhe und Unordnung in die aus Ordnung und Harmonie bestehende Einheit zu bringen, die das Wesen der menschlichen Vernunft ausmacht; von den anderen hingegen werden diese Veränderungen als Gründe für eine ernsthafte Besorgnis um das Überleben ihrer Urheber angesehen. Der Mensch fängt an, die Welt zu fürchten, die er endlich in Händen zu haben glaubt; er fürchtet sie mehr denn je, und besonders dort, wo Gott nicht wirklich in den Seelen und Herzen lebt...“

4 - Technische Selbstvergötterung

     Dann haben wir die technische Selbstvergötterung. Das ist nur ein Aspekt des Rausches der Technologie. Der „Homo faber“ „bewundert nur sich selbst“. Heute „besteht die Menschheit größtenteils aus solchen Menschen“.

     Angesichts der Technik „beginnen sie, sich selbst zu fürchten“, und das ist der Grund, warum sie beginnen eine technophobische Panik zu spüren.

     Das ist die gerechte Strafe für die technolatrische Apostasie. Wenn man Gott verleugnet, fühlt sich der technische „Riese“ wie eine Ameise.

     Die Wurzel dieses Gefühls der eigenen Unbedeutsamkeit liegt in der Erbsünde und ihren Folgen.

     Es gibt eine offensichtliche und wunderbare Vollkommenheit im Universum: »Seit seinem ersten Kontakt mit dem Universum wurde der Mensch von dessen unvergleichlichen Schönheit und Harmonie überwältigt. Der lichtdurchflutete oder sternenübersäte Himmel, die Ozeane von unermesslicher Weite und Farbtönen, die unzugänglichen Gipfel der schneebedeckten Berge, die grünen Wälder, die vor Leben strotzen, die regelmäßige Abfolge der Jahreszeiten, die mannigfaltige Vielfalt der Lebewesen entlockten seiner Brust einen Ausruf der Bewunderung! Da er selbst an dieser Schönheit teilhatte, sah er sie sogar in den entfesselten Elementen als Ausdruck der Macht des Schöpfers: „Potentior aestibus maris, potens in excelsis est Dominus“ – gewaltiger als die Brandung des Meeres, ist der Herr gewaltig in Himmelshöhen - (Ps 92,4); „Tonabit Deus in voce sua mirabiliter“ – Gott dröhnt mit seiner Stimme wunderbar - (Hiob 37,5). Mit gutem Grund fand ein Volk der Antike von hoher Zivilisation kein passenderes Wort zur Bezeichnung des Universums als „Kosmos“, d.h. Ordnung, Harmonie, Schönheit«.

     Doch in allem, was der Mensch tut, in seiner irdischen Existenz und in seinem Wesen selbst, gibt es eine Unvollkommenheit, die von der Erbsünde und den darauf folgenden Sünden herrührt: »Doch jedes Mal, wenn der Mensch sich selbst betrachtete und sein eigenes Streben mit seinen Werken verglich, brach er in ein Stöhnen des Entsetzens aus wegen der Widersprüche, Disharmonien und zahlreichen Störungen, die sein Leben zerrissen. Wie sein Vorfahre schwankt auch der moderne Mensch zwischen ekstatischem Staunen über die Welt der Natur, die er bis in ihre tiefsten und fernsten Winkel erforscht hat, und dem bitteren Entsetzen über die chaotische Existenz, für die er selbst verantwortlich ist. Der Gegensatz zwischen der Harmonie der Natur und der Disharmonie des Lebens scheint sich mit der Entwicklung der Erkenntnis- und Handlungsfähigkeit nicht zu lockern, sondern ihn im Gegenteil wie ein unheimlicher Schatten zu begleiten. In der Einsamkeit, in der er gefangen ist, hört der moderne Mensch nicht auf, die Klagen des leidenden von Hus zu wiederholen: „Wenn ich ,Gewalttat‘ schreie, find’ ich kein Gehör, wenn ich um Hilfe rufe, gibt es doch kein Recht!“ (Hiob 19,7)«.

5 - Panische Technophobie kann zu Atheismus oder Gnosis führen

     Gerade die „Seelen, die für den weitesten und sogar absurdesten Optimismus offen sind“, sind die häufigsten Opfer einer panischen Technophobie. Ihr Irrtum besteht darin, „das unbestreitbare Fehlen an Zusammenhalt (Inkohärenzen), das die Welt aufweist und für die der Schöpfer selbst verantwortlich ist, auf den gesamten Kosmos und seine grundlegenden Gesetze auszudehnen“.

     Daher die Tatsache, dass „bei einem Teil der gegenwärtigen Menschheit der Anblick der Disharmonien der Welt zu einer Verurteilung der gesamten Schöpfung führt, als ob die Disharmonie ihr notwendiges Kennzeichen, ihr unvermeidliches Schicksal wäre, vor dem dem Menschen nichts anderes übrig bleibt, als die Arme zu verschränken und zu resignieren...“.

     Wie man weiß, nimmt die Gnosis die Existenz zweier Götter an, von denen einer, nämlich der Schöpfer des Universums, böse ist. Wenn man einen bösen Gott annimmt, was wirklich absurd ist, fällt man in den Atheismus, und auch in ein Leben der Orgie, denn was bleibt, ist „sich mit ein paar flüchtigen Vergnügungen zu erfreuen, die der herrschenden Unordnung selbst entrissen werden“.

6 - Einseitiger und materialistischer technischer Fortschritt

     Der technische Fortschritt ist im Wesentlichen materiell. Technolatrie und Technikrausch führen zum Aufbau einer „materialisierten“ Welt, wenn man es so nennen kann. Daraus resultiert eine schreckliche moralische und kulturelle, mit einem Wort, eine menschliche Dekadenz: „Wie ist so viel Gleichgültigkeit gegenüber dem Recht der anderen auf Leben, so viel Verachtung für menschliche Werte, so viel Entwertung im Ton der wahren Zivilisation zu erklären, wenn nicht dadurch, dass der vorherrschende materielle Fortschritt das harmonische und glückliche Ganze des Menschen zerbrochen und seine Sensibilität für diese Ideen und Werte gleichsam verstümmelt hat, indem er ihn nur in einer bestimmten Richtung vervollkommnet hat?“

     Diese Dekadenz hat die Welt „in ein Meer von Grausamkeiten und Schmerzen verwandelt, das Individuen und Völker zerreißt und das direkt oder indirekt die Errungenschaften des äußeren Fortschritts begleitet“.

7 - Das technische Monster, der „Roboter“ aus Fleisch und Blut

     In diesem von technischem Materialismus gesättigten Umfeld entsteht ein „Roboter“ aus Fleisch, ein wahres Monster: „Einem Menschen, der in einem Klima rigoroser Technizität geboren und erzogen wurde, wird zwangsläufig ein Teil seiner Gesamtheit fehlen, und zwar nicht der unwichtigste, so als ob sie unter dem Einfluss von Bedingungen verkümmert wäre, die ihrer natürlichen Entwicklung entgegenstehen. So wie eine Pflanze, die auf einem Boden wächst, dem die lebenswichtigen Substanzen entzogen wurden, zwar die eine oder andere Qualität aufweist, aber nicht den ganzen und harmonischen Typus reproduziert, so endet auch die „fortschrittliche“, d.h. rein materialistische Zivilisation, die bestimmte Werte und Elemente, die für das Leben von Familien und Völkern notwendig sind, verbannt, indem sie dem Menschen die authentische Fähigkeit zu denken, zu urteilen und zu handeln nimmt“.

8. die Oberflächlichkeit und technische Instabilität

     Wer hat nicht schon einmal diese beiden Mängel des modernen Menschen beklagt: Instabilität und Oberflächlichkeit? Pius XII. setzt sie mit einer brillanten Vision in Beziehung zur Vergötterung oder Berauschung der Technik: „Diese (die authentische Fähigkeit zu Denken, zu Urteilen und zu Handeln) erfordert, um das Wahre, das Gerechte, das Ehrliche zu erfassen, um, mit einem Wort, ,menschlich‘ zu sein, die maximale Ausdehnung, und zwar in jedem Sinne. Im Gegenteil, wenn der technische Fortschritt den Menschen in seinen Fesseln gefangen hält und ihn vom Rest des Universums, insbesondere vom geistigen und inneren Leben, trennt, passt er ihn an seine eigenen Eigenschaften an, von denen die bemerkenswertesten die Oberflächlichkeit und die Instabilität sind“.

     Der Heilige Vater weist jedoch auch auf eine im Wesentlichen moralische Ursache für dieses Übel hin, nämlich die Lust an Neuem. Es gibt heute viele Menschen, die verständlicherweise beunruhigt sind, die „so stark von der Anziehungskraft des Neuen verführt werden, dass sie andere authentische Werte verachten, insbesondere diejenigen, die die menschliche Gesellschaft tragen“.

     Als letzte Wurzel dieser Übel verweist Pius XII. stets mit weiser Beharrlichkeit auf die Erbsünde mit ihrer traurigen Kette von Folgen: „Der Prozess dieser Deformation wird nicht rätselhaft erscheinen, wenn man die Neigung des Menschen bedenkt, Zweideutigkeiten und Irrtümer zu akzeptieren, wenn sie ihm ein leichteres Leben versprechen“.

9 - Das Revolutionäre der verrückten Geschwindigkeiten

     Aus dieser Wunde erwächst eine ständige Neigung, die weisen und heiligen Schranken zu zerstören, die die christliche Tradition bewahrt hat, um die unbändigen Wege des Geistes und des Fleisches zu bändigen.

     Diese Barrieren werden von einem Wirbelsturm der Innovation und Revolution hinweggefegt, einem regelrechten Neuheitswahn, auf dessen Zusammenhang mit der Technik der Papst mit großartigem Scharfsinn hinweist: »Betrachtet zum Beispiel den falschen Ersatz von Werten, die durch den bewundernswerten Fortschritt der mechanischen Geschwindigkeit hervorgerufen wird. Fasziniert von ihr und die Vorteile der schnellen Bewegung auf Dinge übertragend, die ihre Vollkommenheit nicht als Folge der schnellen Veränderungen erwarten, sondern im Gegenteil ihre Fruchtbarkeit in Stabilität und Treue zu den Traditionen erlangen, neigt der Mensch „der verrückten Geschwindigkeiten“ dazu, im Leben wie ein vom Wind geschütteltes Schilfrohr zu werden, unfruchtbar in dauerhaften Werken und unfähig, sich selbst und andere zu unterstützen“.

10 - Wissenschaftliche Unintelligenz

     Diese irrtümliche Übertragung des technizistischen Umfelds auf andere Sphären führt zu einem unintelligenten Szientifizismus, in dem die Sinne eine vorherrschende Rolle spielen und die Intelligenz in eine traurigen Dämmerung aufgelöst wird: „Einen ähnlichen Irrtum ergibt sich aus der an sich bewundernswerten Entwicklung der Effizienz der Sinne, denen die erstaunlichen modernen Forschungsinstrumente die Macht geben, zu sehen, zu hören, zu messen, was existiert, was sich bewegt und verwandelt, fast bis in die letzten Winkel des Universums. Stolz auf eine so gesteigerte Macht, die fast völlig aufgenommen wird von der Ausübung der Sinne, wird der Mensch, der „alles sieht“, ohne es zu merken, dazu verleitet, die Anwendung der vollständig geistigen Fähigkeit, in den Dingen zu lesen, d.h. der Intelligenz, zu verringern und immer weniger in der Lage sein, die wahren Ideen reifen zu lassen, von denen sich das Leben nährt.“

11 - Der Massenmensch, ein technisches Schaf

     Am Ende entsteht ein Menschentyp ohne Persönlichkeit, ohne Initiative, ein bloßes der Maschine versklavtes Zubehör, ein Schaaf von automatischer und dämlicher Fügsamkeit, ein idealer und anonymer Bürger des egalitären und sozialistischen Staates: „Auch die vielfältigen Anwendungen der materiellen Energie, die in bewundernswerter Weise zunehmen, neigen von Tag zu Tag mehr dazu, das menschliche Leben in ein mechanisches System einzuschließen, das alles von selbst und auf eigene Kosten tut, und so die Anreize zu verringern, die den Menschen früher dazu zwangen, seine persönliche Energie zu entwickeln“. Wir werden in einem nächsten Artikel sehen, wie der Heilige Vater auf unseren Herrn Jesus Christus als das Heilmittel für diese Übel hinweist, und auf den wahren Katholiken, der durch die Erbsünde verwundet, aber durch die Gnade gestärkt ist, den Menschen, der fähig ist, die Technik ohne die schrecklichen Entgleisungen zu benutzen, mit denen sie im 19. und 20. gehandhabt wurde.

 

 

Aus dem Portugiesischen übersetzt mit Hilfe von Deepl-Übersetzer (kostenlose Version)von „Admirável progresso, substituição equívoca de valores“ in „Catolicismo Nr. 89, Mai 1958.

„Bewundernswerter Fortschritt, zweifelhafte Ersetzung von Werten“ erschien erstmals in deutscher Sprache in www.p-c-o.blogspot.com

© Nachdruck der deutschen Fassung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.

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