3.
JUNI 1951
SELIGSPRECHUNG
PIUS' X.
Eine dramatische Episode aus seinem Leben: „Die schlimmsten Feinde der Kirche schmieden ihre verderblichen Pläne nicht außerhalb, sondern in ihrem Innern, - es ist sozusagen in ihren eigenen Adern und Eingeweiden, in denen sich die Gefahr befindet.
( Enzyklika „Pascendi“ )
Plinio
Corrêa de Oliveira (zugeschrieben)
Mit
der Seligsprechung Pius' X. will die Kirche bekräftigen, dass dieser Papst zu
Lebzeiten in heldenhaftem Maße die göttlichen Tugenden des Glaubens, der
Hoffnung und der Liebe sowie die Kardinaltugenden der Gerechtigkeit, der
Klugheit, der Tapferkeit und der Mäßigung geübt hat und dass er deshalb im
Himmel die entsprechende Herrlichkeit genießt. Damit erlaubt die Kirche, dass
er an bestimmten Orten öffentlich verehrt werden darf.
Diese
Verkündigung hat als unmittelbaren und ausdrücklichen Gegenstand die Person von
Papst Pius X. selbst. Implizit geht es aber in gewisser Weise um eine Würdigung
seiner Art, die Kirche zu leiten. Denn wenn der Papst in den Kardinaltugenden
heldenhaft war, so deshalb, weil er sich bei der Leitung der höchsten
geistlichen Interessen der Christenheit weder ungerecht, noch unklug, noch
schwach, noch unmäßig zeigte. Im Gegenteil, er zeichnete sich durch die
Ausübung dieser Tugenden aus, nicht nur als Privatmann, sondern auch als Papst.
Und sein Handeln, sowohl als Mensch als auch als Papst, kann und sollte uns als
ein nachahmenswertes Modell vorgeschlagen werden.
Es
ist daher sehr angebracht, das Verhalten des heiligen Papstes in einer absolut
denkwürdigen Episode im Leben der Kirche in unserem Jahrhundert zu analysieren
und daraus wertvolle Lehren für unsere Heiligung zu ziehen.
Eine brennende Frage
Die
Kirche befindet sich heute in einer der dramatischsten Phasen ihrer Geschichte.
Ihre Feinde waren noch nie so mächtig, so radikal, so militant. Erinnern wir
uns zunächst an die sowjetische Welt, die sich von Indochina bis nach
Deutschland erstreckt und damit ein Reich bildet, das größer ist als das von
Alexander oder Karl dem Großen. Es ist sinnlos, die Augen vor der Realität zu
verschließen: Diese „Welt“ bildet die größte atheistische Zyste, die es je auf
Erden gab. Innerhalb der Grenzen, die der Eiserne Vorhang umschreibt, sterben
Kardinäle, Erzbischöfe, Priester, Missionare, Schwestern und einfache Gläubige
in Gefängnissen, Konzentrationslagern und anderen Gefängnissen, die vielleicht
besser getarnt, aber nicht weniger grausam sind. Ein Achtel der katholischen
Weltbevölkerung ist somit einer direkt und offiziell atheistischen Regierung
unterworfen, deren offizielle und erklärte Absicht es ist, die Religion
auszulöschen. Und diese riesige kommunistische Zyste bildet nur den Kopf der
Krake. Ihre Tentakel reichen bis in die Nachbarregionen, nach Indonesien,
Indien, Persien, das unglückliche Österreich, Westdeutschland, und sind in
aktive Verästelungen aufgeteilt, die wie in einem Netzwerk ganz Westeuropa,
Nord- und Südamerika und einen großen Teil Afrikas einbeziehen. In den
Universitäten, in den Parlamenten, in der Presse, im Kino, im Radio, in den
Gewerkschaften - die Verzweigungen dieses Netzwerks vervielfältigen sich
ständig. Der Feind steht nicht „vor den Toren“. Er ist in unseren eigenen
Eingeweiden installiert.
Und wenn es nur dieser eine wäre! Angesichts des Umfangs an massiven Lehren des Kommunismus, seiner eisernen Organisation, ist nichts flüssiger, inkonsistenter, weniger organisch als das Amalgam von Prinzipien, Institutionen und Völkern, das gewöhnlich als antikommunistisch betrachtet wird.
Das extreme Gegenteil des Kommunismus ist der Katholizismus. Und so stellt alles, was zur Schwächung des Einflusses des Katholizismus beiträgt, eine wertvolle - wenn auch manchmal unbeabsichtigte - Zusammenarbeit mit der kommunistischen Expansion dar. Und die westliche Gesellschaft wird von allerlei Ungeziefer zerfressen, das so für den Sieg des Gegners arbeitet. Die unmoralische Literatur und Veranstaltungen, die die Widerstandskräfte der christlichen Familie verunsichern; die sozialistische Propaganda, die unter dem Vorwand der sozialen Gerechtigkeit in Wirklichkeit die Armen gegen die Reichen aufhetzt, das Prinzip der Autorität untergräbt und den Geist der Revolution sät; die höheren oder sekundären Bildungsstätten, die das Universum als ein großes Ganzes lehrt, das in sich selbst die Kräfte seiner gigantischen und unendlichen Evolution enthält, ein Ganzes, das von keinem persönlichen Gott geschaffen wurde und in dem der Mensch nicht zu einem übernatürlichen, außerirdischen und ewigen Glück tendiert; all dies verletzt die christliche Zivilisation in ihrer Seele, die die katholische Kirche ist, und bereitet das Feld für das Aufkommen des Kommunismus.
Mit
anderen Worten, was soll man tun: sich der Welle stellen oder versuchen, auf
ihr mitzugleiten?
Verschiedene Aspekte des Themas
Wie
würde man der Welle begegnen? Indem man sehr deutlich den Unterschied zwischen
dem Geist der Kirche und den tausend und einer Manifestationen des
neuheidnischen Geistes unserer Tage hervorhebt, von den brutalen Manifestationen
des russischen Kommunismus bis zu den sanftesten Schmeicheleien der
versöhnlichen Flügel des Sozialismus, Protestantismus oder Liberalismus: auf
die wirksamste Weise gegen den neuheidnischen Geist und für die Lehre der
Kirche zu argumentieren, die sich in ihrer Gesamtheit, in der Kühnheit ihres
Adels, in der nackten und manchmal tragischen Erhabenheit ihrer Strenge zeigt;
den Seelen zeigen, dass sie nicht in der Mitte zwischen zwei ideologischen
Positionen stehen können; alles Mögliche tun und sogar das Unmögliche versuchen,
um sie in die Kirche Jesu Christi zu bringen.
Wie
würde man sich auf der Welle mitgleiten lassen? Indem man es vermeidet, offen
mit irgendetwas nicht einverstanden zu sein: Menschen, Fakten, Doktrinen. Versuchen
überall das Gute, das in allem ist, zu loben (denn selbst der Teufel, in der
tiefsten Hölle, total schlecht vom moralischen Standpunkt aus, hat dennoch
einen Punkt, in dem er gelobt werden kann: es ist die Tatsache, dass er ein
Geschöpf Gottes ist). Den Katholizismus so vollständig wie möglich, an den
Geschmack des Jahrhunderts anzupassen: Träumen von der Abschaffung des Priesterkleidung
und des kirchlichen Zölibats, sich sehnen nach der Aufhebung der rein
kontemplativen Orden, sich wünschen dass die Wahl des Papstes nicht mehr vom Kardinalskollegium
durchgeführt wird, sondern vom römischen Volk; die Beteiligung der Gläubigen an
der liturgischen Feier befürworten, mehr als zu irgendeiner anderen Zeit im Leben
der Kirche; die Einführung sehr einfacher liturgischer Gewänder oder sogar die Erlaubnis
für Priester in Arbeits-„Blaumänner“ zu zelebrieren, befürworten; unverblümte
Unterstützung des Kampfes gegen alle Unterschiede von Reichtum und Vermögen oder
der sozialen Klassen, usw., usw., usw. In Lehrfragen besteht das Gleiten auf
der Welle darin, die katholische Lehre so nah wie möglich an den Irrtümern der
Person, mit der wir uns unterhalten, darzustellen. Wenn er Pantheist ist,
sollten wir über den Mystischen Leib so sprechen, dass er, ohne unsere Lehre
klar zu leugnen, darin ein wenig pantheistisches „Salz“ spürt. Wenn er ein
Sozialist ist, lasst uns energischer als er gegen alle Unterschiede der
sozialen Klasse brüllen. Wenn er Protestant ist, sollten wir in seiner
Gegenwart die Grenzen des Lehramtes der Kirche so weit wie möglich
einschränken.
Zwei Lebenssysteme
Ohne
dem Thema vorzugreifen, wollen wir hier einen grundlegenden Punkt in Erinnerung
rufen. Es ist, dass es mit einem ganz heiklen Problem des Charakters und des
geistigen Temperaments zusammenhängt.
Wenn
jemand ein Freund der Logik, der Klarheit, der Offenheit ist; wenn er sich für
die katholische Lehre begeistert und es ihn schmerzt, die Straflosigkeit des
Irrtums zu sehen; wenn er idealistisch ist und deshalb bereit ist, für die
Bejahung der Prinzipien, zu denen er sich bekennt, zu kämpfen und zu leiden,
wird er die Taktik der Konfrontation mit der Welle befürworten.
Wenn
im Gegenteil jemand am „Komplex“ (die Leser werden den barbarischen Ausdruck
verzeihen) der Schüchternheit leidet; wenn er sich seiner Meinungen nicht
absolut sicher ist und nicht den Mut hat, sie zu behaupten; wenn es ihn nicht
schmerzt oder stört, dass andere das Laster oder den Irrtum verherrlichen und
propagieren; wenn er vor allem ein Freund des sozialen Ansehens ist und sich
gern als freundlich, modern, verständnisvoll, aufgeklärt ausgibt; wenn er schließlich
die Ruhe liebt und zu allem Schweigen bereit ist, um in keine Streitereien und
Diskussionen einzugehen, dann wird er ein Parteigänger des „Vorbeiziehenlassens
der Welle“, oder sich von ihr treiben lassen und eine Politik der „vorsichtigen“
und weitgehenden „Anpassung“ betreiben.
Zusammenfassend
lässt sich sagen: es gibt Katholiken, die dem Gegner mit dem flammenden Schwert
des Erzengels Michael entgegentreten; andere hingegen meinen, es besser zu
machen, wenn sie den Gebrauch des Regenschirms eines Chamberlain empfehlen.....
Erweiterung des Horizonts
Dieses
Problem ist nicht neu. Und es stellt sich auch nicht nur auf religiösem Feld.
Denn dieser Unterschied in Charakter und Temperament wirkt sich auf alle
Bereiche des menschlichen Handelns aus. Angesichts des Protestantismus
verkörperte Philipp II. von Spanien die Haltung derer, die sich der Gefahr
stellen, und in der Tat, wenn der Protestantismus Europa nicht eroberte, war es
- zumindest menschlich gesehen - diesem großen König zu verdanken. Ludwig XVI.
hingegen suchte sich der Revolution anzupassen. Auch Nikolaus II. Sie waren
Vorläufer von Chamberlain... der seinerseits Anhänger hatte und immer haben wird.
Während des Pontifikats Pius' X.
Letztlich
ist die Frage, wie man sieht, sehr alt. In der Tat ist sie sogar älter als
Philipp II. Sie reicht bis in die Anfänge der Menschheit zurück. Von Zeit zu
Zeit, also in dem, was die Franzosen treffend „les tournants de l'Histoire“
(Wendepunkten der Geschichte) nennen, taucht sie auf.
Zur
Zeit Pius' X. hatte die damalige Offensive gegen die Kirche noch nicht ihren
heutigen Höhepunkt erreicht, aber sie war bereits offen in ihrer Entwicklung.
Nicht alle religiösen Probleme der damaligen Zeit waren so gelagert wie heute.
Aber zumindest in den groben Zügen könnte die Situation so gesehen werden, wie
wir sie heute sehen. Es gab bereits eine starke kommunistische Bewegung, der Sozialismus
verbreitete sich im ganzen Westen, die Verderbnis der Sitten war bereits tief
eingedrungen, sogar in „christlichen“ Familien, der Geist der Rebellion war
bereits überall verbreitet. Materialismus, Pantheismus und Evolutionismus waren
bereits an der Tagesordnung.
Aus
diesem Grund hatten sich die beiden Temperamente auch unter den Katholiken
bereits voll ausgeprägt. Einige sprachen sich für den Kampf aus. Andere
sprachen sich für eine Anpassung aus. Diese versuchten, den Katholizismus zu „modernisieren“.
Die „Modernisten“
Es
waren die sogenannten „modernistischen“ Katholiken. Sie bildeten eine „Bewegung“,
die eine Doktrin, eine Strategie, klar definierte Ziele, ein Netzwerk von
Institutionen zu ihren Diensten und eine ganze Galerie von großen Männern hatte,
die sie führten. Wie jede „Bewegung“, die etwas auf sich hält, hatten auch die
Modernisten ihre „Tabus“.
Die Doktrin
Die
modernistische Doktrin bestand letztlich aus einer langen Reihe von Strategemen
(Geschicklichkeiten) und Kunstgriffen, die darauf abzielten, den Katholizismus
an die religiösen Vorstellungen der Zeit anzupassen.
Wie
gesagt, übernahmen diese Vorstellungen die Idee eines unpersönlichen Gottes,
der in allen Kräften des Universums latent vorhanden ist und der sich letztlich
mit der „Natur“ identifizierte. Dieser im Kosmos verankerte Gott lenkte alle
Kräfte in Richtung eines unendlichen Fortschritts, in dem der Kosmos selbst und
insbesondere das Menschengeschlecht sich vervollkommnen würden. Vorhanden in
allen Wesen wie Wasser in einem Schwamm oder Tinte in einem Löschblatt, ist
dieser unpersönliche Gott auch im Menschen „eingebettet“. Eine Kraft, die in
uns innere Empfindungen, Sehnsüchte von mehr oder weniger vagem religiösem
Charakter erzeugt. Jeder versucht, diese Sehnsüchte zu befriedigen, indem er
eine Religion schmiedet, die zu ihm passt, oder indem er eine der verschiedenen
bereits bekannten Religionen wählt. Dies vorausgeschickt, sind alle bestehenden
oder noch zu entstehenden Religionen gleichermaßen legitim, insofern sie ihre
Aufgabe erfüllen, und die religiösen Bestrebungen der Menschen, die sie
hervorgebracht haben, befriedigen. Nach dieser Auffassung ist es vollkommen
gleichgültig, ob die Dogmen dieser oder jener Religion wahr sind. In
Wirklichkeit sind alle Dogmen falsch, Produkte des menschlichen Geistes, der
sie zu seiner eigenen Befriedigung erdacht hat. Sie sind für Erwachsene mehr
oder weniger das, was Märchen für Kinder sind. Aus diesem Blickwinkel
betrachtet, hat der Katholizismus zwei Aspekte. Einerseits einen sehr guten:
als eine Religion, die von einer großen Anzahl von Menschen zur Befriedigung
ihrer religiösen Bedürfnisse hervorgebracht wurde. Auf der anderen, eine sehr
schlechte Seite: solange man wollte, das unsere Dogmen wirklich wahr sind, weil
wir es so behaupten, sind sie jedoch genauso offensichtlich falsch wie die
jeder anderen Religion. Und dann kam eine ganze Erklärung von Einwänden gegen
die katholische Lehre: die Göttlichkeit Jesu Christi wurde geleugnet, die
Existenz des Übernatürlichen, die Existenz eines persönlichen Gottes, die
Wahrhaftigkeit der in den Heiligen Büchern erzählten Tatsachen, usw., usw.
Würde man einen Weisen dieser Schule fragen, ob er ein Feind des Katholizismus
sei, so würde er es verneinen, dass er es aber vollkommen lächerlich fände, in
ihm eine objektiv wahre Religion zu sehen. Seine Dogmen sind falsch, sie sind
wandelbar, in der Tat waren sie etwas zu Beginn des Christentums und wurden etwas
anderem im Laufe der Zeit.
Was
taten die Modernisten angesichts dieser Tatsachen? Anstatt die neue Lehre zu
entlarven und zu zeigen, dass sie letztlich alle Religionen, auch die
katholische, verleugnete, haben sie sie geduldet:
a)
- einige, „gemäßigtere“, beschränkten sich darauf, den gottlosen
Schriftstellern in „sekundären“ Punkten beizustimmen, d.h. die Echtheit
ehrwürdiger Reliquien und hagiographischer Tatsachen zu leugnen, die bisher als
unanfechtbar galten; verfängliche Auslegungen der Heiligen Schrift anzunehmen,
die dazu neigten, diesem oder jenem Thema eine „vernünftigere“ Bedeutung zu
geben; plädierten für eine Anpassung der gesamten Kirchenordnung an die Sitten
und Gebräuche des zwanzigsten Jahrhunderts;
b)
- andere, gewagtere, deuteten die Möglichkeit an, das Dogma selbst in Punkten
zu reformieren, die als „weniger wichtig“ angesehen wurden, mit der Behauptung,
dass einige von ihnen den Fortschritt der Wissenschaften begleiten sollten. Sie
forderten auch die „Reform“ bestimmter moralischer Punkte, wie z.B. die
Unauflöslichkeit der Ehe, die sie für offensichtlich anachronistisch hielten;
e)
- andere schließlich, die für ihre Dreistigkeit keine Grenzen mehr kannten,
präsentierten in ihren Büchern in verschleierter Sprache die ganze Lehre der
gottlosen Schriftsteller.
Die „Bewegung“
Der
„katholische“ Modernismus verbreitete sich in den kirchlichen Kreisen Europas
und Amerikas mit der Geschmeidigkeit und Schnelligkeit eines Ölflecks. Als Pius
X. den päpstlichen Thron bestieg, stellte diese ideologische Bewegung bereits
eine Macht dar, die auf die Mitarbeit von Universitätsprofessoren,
Schriftstellern, Journalisten, Aktivisten, gesellschaftlichen Persönlichkeiten
aller Art zählte.
Gab
es ein Direktorium, das all diese Bemühungen leitete? Es ist schwierig, diese
Frage zu beantworten, aber es ist sicher, dass viele Dinge passiert sind, als
ob dieses Direktorium existierte. So pflegten die Modernisten aller Länder eine
enge Korrespondenz untereinander, lobten sich gegenseitig mit Inbrunst und
arbeiteten eng für das gleiche Ziel zusammen... alles mit einer solchen
Präzision, einer solchen Harmonie, einer solchen Beschwörung aller für das
gemeinsame Ziel, dass man wirklich in bestimmten Momenten den Eindruck hatte,
dass in so viel Arbeit etwas Koordiniertes steckte.
Die Strategie
Dieser
Eindruck drängte sich jedem auf, der die modernistische Strategie aufmerksam
beobachtete:
a)
- zunächst haben sie dies und jenes geheim gehalten. Um besser „die Fährte zu
verwischen“, vermieden sie früher eine systematische und logische Darstellung
ihrer Lehre. Sie schienen sogar untereinander in dem einen oder anderen Punkt
uneinig zu sein. Es bedurfte einer sehr reifen Analyse, um zu erkennen, dass
diese Diskrepanzen entweder völlig zufällig waren oder gar nicht existierten;
und dass inmitten dieses scheinbaren Durcheinanders eine perfekte Einheit des
Denkens bestand;
b)
- auf der anderen Seite, äußerten die mehr gewagten, nicht vollständig ihre
Gedanken. Sie sprachen durch Metaphern und Umschreibungen. Eine Art Einweihung war
notwendig, um zu einer vollständigen Kenntnis ihrer Denkweise zu gelangen;
c)
- Um jeglicher päpstlichen Verurteilung zu entgehen, veröffentlichten sie
Bücher mit den Namen angeblicher Autoren, was es einem gleichen Autor erlaubte,
mehrere Masken zu tragen und die Leichtgläubigen leichter zu täuschen;
d)
- schließlich, wenn sie aufgefordert wurden, sich zu erklären, widerriefen sie
sich mit aller Leichtigkeit, um später, in einem anderen Werk, den gleichen Irrtum
wieder zu predigen.
Es
ist schmerzlich, zu sagen, aber diese Strategie wurde nicht nur von Laien,
sondern sogar von Priestern verfolgt, so dass der modernistische Fanatismus die
Gewissen ausgelöscht hat.
e)
- wenn jemand ihre Doktrinen angriff, führten sie einen „totalen Krieg“ gegen ihn,
der von der Widerlegung der Doktrinen bis zu einer Kampagne persönlicher
Diffamierung reichte. Und wenn sie lehrmäßig oder persönlich nichts zu
beanstanden hatten, organisierten sie eine Kampagne des Schweigens gegen den
Angreifer. Den so „Bestraften“ wurden alle Tribünen, alle Zeitungsredaktionen,
die Türen aller Zeitschriften und sogar vieler religiöser Vereinigungen
verschlossen. Es war Ächtung.
Die Ziele
Die
Ziele der Bewegung waren klar. Es ging darum, die Kirche von innen heraus zu
verändern. Es handelte sich um eine Entwicklung, die sanft, ohne Schocks und
Lärm, durchgeführt werden sollte, die aber letztlich die größte aller
Umgestaltungen sein sollte, die die Kirche in ihrer zwanzigfachen säkularen
Geschichte erlebt hat. Dazu war es unerlässlich, dass die Modernisten im
katholischen Umfeld blieben; dass sie katholische Lehrstühle, Kanzeln,
Zeitungen und Zeitschriften besetzten; dass sie immer im Namen der katholischen
Meinung sprächen. In unserer Zeit würde man dies eine fünfte Kolonne nennen.
Aber zur Zeit Pius' X. gab es diesen Ausdruck noch nicht. Auffällig ist der Fall
eines modernistischen Priesters, dessen Buch verurteilt wurde. Er wurde
gefragt, ob er sich empöre und die Soutane ablegen würde oder seinen Ideen abschwöre.
Er lächelte und wies darauf hin, dass er weder das eine noch das andere tun
würde, und antwortete: „Ich werde mir eine neue Soutane kaufen“.
Die Position von Pius' X.
Was
würde der Papst tun? Würde er vor dem Modernismus die Augen schließen? Viele
Gründe schienen für diese Taktik zu sprechen:
a)
- Einige der modernistischen Führer waren intelligent, fähig zu intensivster
apostolischer Tätigkeit, von unzweifelhafter Redlichkeit des Lebens. Es wäre
äußerst schmerzhaft, Menschen zu schlagen, die eine solch hohe Wertschätzung
verdienen;
b)
– Nach dem Schlag würde man nicht Gefahr laufen, sie zum Abfall zu verleiten?
Wenn man bedenkt, dass unter den potentiellen Abtrünnigen nicht wenige
Priester, auch Ordensleute wären, wäre das nicht ein beachtlicher Skandal in
den Augen der Gläubigen?
c)
– Würde es sich lohnen, die Katholiken in einer Zeit der Kämpfe zu spalten?
d)
- Der Papst ist ein Vater der Barmherzigkeit. Wirkt es sich gut auf sein Amt
aus, wenn er mit Strenge gegen eine Strömung vorgeht, in deren Reihen sich
möglicherweise viele wohlmeinende Menschen befinden?
Dieser
letzte Punkt erforderte besondere Aufmerksamkeit. Pius X. war von einer
engelhaften Güte. Keiner näherte sich ihm, ohne die Ausstrahlungen seiner Güte
zu erfahren. Würde er mit einer Strenge handeln, die seinem Temperament so sehr
zu widersprechen schien?
Die Lösung eines Heiligen
Mit
väterlicher Güte ermahnte Pius X. zunächst privat die Hauptverantwortlichen,
beriet sie, ermahnte sie, warnte sie. Angesichts der Nutzlosigkeit dieser
Bemühungen begann er, öffentlich zu handeln, indem er sich mit einer Energie
voller strenger Prognosen auf die Angelegenheit bezog. Am 3. Juli 1907
veröffentlichte die Heilige Römische und Universelle Inquisition das berühmte
Dekret „Lamentabili“, in dem die wichtigsten modernistischen Doktrinen
zusammengefasst waren, die alle von der Kirche verurteilt wurden. Doch das war
noch nicht genug. Pius X. schlug dann den fulminanten Schlag mit der Enzyklika „Pascendi Dominici Gregis“ vom 8.
September 1907, in der er mit einer Energie, die man herkulisch nennen könnte,
wenn sie viel mehr als dass, nicht übernatürlich wäre, den Modernismus
anprangerte und stigmatisierte.
In
dieser Enzyklika entlarvt Pius X. ausführlich die gesamte modernistische Lehre,
zeigt ihre Identität mit dem gottlosen Gedankengut, das im zwanzigsten
Jahrhundert en vogue war, schildert
die Ursprünge der Bewegung, ihre Taktik, die Perfidie ihrer Vorgehensweise, die
Unaufrichtigkeit ihrer Handlungsprozesse und zeigt schließlich die Heilmittel
für diese „Sturzflut sehr schwerer Irrtümer,
die offen und im Geheimen anschwillt“.
Eine
Reihe schwerster Exkommunikationen, die viele Führer der Bewegung aus den
katholischen Reihen ausschlossen, führte schließlich dazu, dass das ganze
System der modernistischen Verkrustung in den Reihen der Kirche zerschlagen
wurde.
Die Aktualität des Beispiels
Beachten
wir zunächst, wie Pius X. sich in eine Position stellte, die dem Lager
derjenigen völlig entgegengesetzt ist, die meinen, es sei besser, sich vor dem
Gegner zurückzuziehen und unter ihm hindurchzugehen, als sich ihm zu stellen.
Dies ist das erste Beispiel, das wir sorgfältig betrachten sollten.
Auf
der anderen Seite sollten wir beachten, wie Pius X. - eben jener Papst, dem die
Menschen eine Güte nachsagten, die eher der eines Engels als der eines Menschen
glich - es verstand, im Angesicht des Bösen von unbesiegbarer Energie zu sein.
Die Güte schließt die Energie nicht aus, im Gegenteil, sie vervollständigt sie.
Und gegen diejenigen, die hartnäckig im Bösen sind, muss man in dem Maße
energisch sein, wie es nötig ist, um sie daran zu hindern, ihre Irrtümer zu
verbreiten und die Guten in die Irre zu führen. So handelt der Gute Hirte
gegenüber dem Wolf im Schafspelz...
Betrachten
wir schließlich das Vertrauen von Pius X. in das Übernatürliche. Die Kraft der
Kirche kommt nicht von Menschen, sondern von Gott. Bei der Erfüllung ihrer
Mission hat sie weder Tyrannen noch Menschenmassen zu fürchten. Im Vertrauen
auf Gott kann sie mit evangelischer Furchtlosigkeit vorgehen, denn der Sieg
wird ihr gehören.
Diese
Beispiele haben eine tiefgreifende Anwendung auf unser aller Leben. Wenn wir
gegen die modernen Irrtümer ankämpfen müssen, mit denen die Umwelt, die wir
alle frequentieren, gesättigt ist, werden wir wissen, dass es unsere Pflicht
ist, zu reagieren und nicht, uns zurückzuziehen. Wenn ein falsches Ideal der
Güte Feigheit angesichts triumphierender Gottlosigkeit suggeriert, werden wir
wissen, dass die Güte nicht darin besteht, den Bösen zu erlauben, unsere Brüder
nach Belieben zu dezimieren. Wenn es uns scheint, dass der Kampf zu ungleich
ist, werden wir sogar mit verdoppelter Kraft weiterkämpfen, weil wir wissen,
dass unser Sieg von Gott kommt und nicht von uns.
Aus
dem Portugiesischen mit Hilfe von Deepl-Übersetzer von „Pio X, modelo de
energia“ in Catolicismo Nr. 6 – Juni 1951
– São Paulo, Brasilien.
© Nachdruck oder Veröffentlichung ist mit Quellenangabe dieses Blogs gestattet.
„Pius X., Modell der Entschiedenheit“
erschien erstmals in deutscher Sprache in www.p-c-o.blogspot.com
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