Die Revolution ist aus einem Ausbruch ungezügelter Leidenschaften hervorgegangen und führt nach und nach zur Zerstörung der weltlichen Gesellschaft, zur völligen Umkehrung der sittlichen Ordnung und zur Leugnung Gottes. Das Hauptziel der Revolution aber ist die Kirche, der mystische Leib Christi, die unfehlbare Lehrmeisterin der Wahrheit, Beschützerin des Naturrechts und damit zugleich die letzte Stütze auch der weltlichen Ordnung.
Unter diesen Voraussetzungen gilt es
nun, die Beziehung der Gegenrevolution zu dieser göttlichen Institution Kirche
zu untersuchen, deren Vernichtung die Revolution anstrebt.
1. Der
Stellenwert und die Reichweite der Kirche gehen weit über die Revolution und
die Gegenrevolution hinaus
Die Revolution und die
Gegenrevolution sind zwar überaus wichtige Episoden in der Geschichte der
Kirche, denn in ihnen kommt das Drama von Apostasie und Bekehrung des
Abendlandes zum Ausdruck. Aber letztendlich sind auch sie bloße Episoden.
Die Sendung der Kirche ist
keineswegs auf das Abendland beschränkt und lässt sich zeitlich gesehen auch
nicht auf die Dauer des Revolutionsprozesses einengen. „Alios ego vidi ventos; alias prospexi animo procellas“ („Ich habe
schon andere Winde erlebt, anderen Stürmen die Stirn geboten“) – könnte die
Kirche stolz und gelassen inmitten der heutigen Stürme ausrufen, denn sie hat
schon in anderen Ländern mit Gegnern anderer Herkunft den Kampf bestanden.22 Bis zum Ende der Zeiten wird sie
sicherlich noch ganz anderen Feinden als denen von heute entgegentreten.
Die Aufgabe der Kirche ist es, die
unmittelbare geistige Autorität und die mittelbare weltliche Autorität zur
Rettung der Seelen auszuüben. Die Revolution aber ist ein Hindernis, das sich
ihr bei der Ausübung ihrer Sendung in den Weg gestellt hat. Der Kampf gegen
dieses konkrete Hindernis – unter vielen anderen – ist für die Kirche lediglich
ein der Dimension des Hindernisses angepasstes Mittel, ein wichtiges Mittel
zwar, aber eben nur ein Mittel.
Auch wenn es also die Revolution gar
nicht gäbe, würde die Kirche trotzdem all ihre Kraft daran setzen, die Seelen
zu retten.
Um die Lage der Kirche gegenüber der
Revolution und der Gegenrevolution deutlicher zu machen, können wir sie mit der
eines Landes im Kriegszustand vergleichen.
Als Hannibal vor den Toren Roms
stand, mussten alle Kräfte der Republik gegen ihn aufgeboten werden. Es ging in
diesem Augenblick um eine lebenswichtige Reaktion gegen den übermächtigen, fast
schon siegreichen Gegner. War Rom dann nichts weiter, als eine Reaktion gegen
Hannibal? Wer würde sich zu einer solchen Behauptung versteigen?
Genauso absurd wäre die Vorstellung,
die Kirche sei nur Gegenrevolution.
Die Aufgabe der Gegenrevolution
besteht übrigens nicht darin, die Braut Christi zu retten. Gestützt auf das
Versprechen ihres Gründers braucht die Kirche nicht die Hilfe der Menschen, um
zu überleben. Umgekehrt ist es die Kirche, die der Gegenrevolution ihre Lebenskraft
schenkt, ohne die sie undurchführbar, ja nicht einmal vorstellbar wäre.
Die Gegenrevolution kann dazu
beitragen, dass sowohl eine große Anzahl von Seelen vor der Revolution gerettet
wird, als auch Katastrophen abgewendet werden, welche die weltliche Ordnung
bedrohen. Dazu aber muss sich die Gegenrevolution auf die Kirche stützen und
ihr demütig dienen, anstatt sich hochmütig als ihre Retterin vorzukommen.
22 Cicero, Familiares, 12,25.5.
Quelle: Plinio Corrêa de Oliveira: „Revolution und Gegenrevolution“ TFP Deutschland. Frankfurt am Main, 2013. S. 135f.
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