Das Schöne an diesem Kreuz ist, dass es eines der
tragischsten, dramatischsten Aspekte des Leidens Unseres Herrn Jesus Christus
hervorhebt: das aus seinen Wunden fließende Blut. In den Wunden kommt das
lebendige Fleisch sehr realistisch zum Vorschein, ebenso das Blut, das daraus
den Körper hinab fließt. Um das noch besser zu veranschaulichen, wählte der
Künstler kleine Rubinsteine, die die Tropfen des Blutes darstellen und durch
ihren Glanz den Eindruck des noch frischen fließenden Blutes geben.
Auch die Seitenwunde, die ein römischer Soldat mit einer
Lanze öffnete und das Heiligste Herz traf und aus der dann die letzten Tropfen
von Wasser und Blut aus dem Leichnam Jesu flossen. Dies war das Zeichen seines
Todes, dass das Opfer vollbracht war, dass das Leben ganz hingegeben war, dass
sein Wesen vollständig zerstört war. So ist es auch in der heiligen Kommunion:
Jesus gegenwärtig im verwandelten Brot und Wein mit seinem Leib und Blut, Seele
und Gottheit wird vollständig konsumiert (zerstört) nachdem wir ihn empfangen
haben.
Unser Herr setzte das eucharistische Opfer unter den zwei
Gestalten, Brot und Wein, ein zum Gedächtnis an sein Leiden und Tod, wo am Ende
beide, Leib und Blut, völlig getrennt waren. Sein ganzes kostbares Blut vergoss
Er, um uns zu erlösen; die Eucharistie setzte Er sein, damit wir uns versammeln
und durch die Einnahme der Kommunion, an dieser Erlösung teilhaftig werden.
Durch seine unsagbaren Schmerzen und seinen schmählichen Tod, der gezeichnet wurde
durch die völlige Trennung von Fleisch und Blut (bis zum letzten Tropfen
verblutet), durch diese komplette Zerstörung wollte Er und erlösen.
Und es gibt noch einen schmerzlicheren Aspekt, den wir
betrachten wollen, bezüglich seines heiligen Herzens. In der Heiligen Schrift
versinnbildlichte das Herz die Seele des Menschen, seine Wünsche, seinen
Willen. In den Psalmen findet man zuhauf diese symbolischen Deutungen des
Herzens. Es ist auch gewissermaßen das Symbol des Lebens. Es ist das Symbol der
Zuneigung und der Liebe. Doch Jesus wollte, dass es möglich sei und tatsächlich
geschehen sollte, dass jemand käme und an seinem schon so geschundenen Leib
diese letzte Wunde mit einem Lanzenstoß aufriss und sein Herz verwundete.
Diese Verwundung des Herzens zeigt sich als die
Vollendung den Leidensweges Unseres Herrn. Wenn es auch so aussieht, dass die
Lanze in sein Herz hineingestoßen wurde, um sich zu versichern, dass Er schon
Tod sei, und sein Leib vom Kreuz abgenommen werden konnte, so zeigt sie doch
eine letzte Tat der Rohheit. Dermaßen waren die Henker bestimmt ihn zu töten,
dass sie im Zweifelsfall eine Verwundung durchführten, die ihnen dann die
Gewissheit gab, dass Er nun wirklich tot ist. So groß war die Entschlossenheit
ihn zu vernichten. Daher war es nicht nur ein Gnadenstoß und eine Tat der
Versicherung, sondern auch der Niederträchtigkeit.
So verstehen wir auch die Gegensätzlichkeit des
Geschehens. Das Heiligste Herz Jesu, das während seines irdischen Lebens die
Menschen mit einer unendlichen Liebe und auf so gegensätzlichen Weg geliebt
hat, dass Er bis aufs äußerste ging. Er selber hatte gesagt, eine größere Liebe
hat niemand als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde. Und gerade
das tat er für seine Freunde, und diese Freunde sind ein jeder von uns. Er
wollte es zulassen, dass dieses sein mit Barmherzigkeit und Güte überfülltes
Herz durchstochen werden sollte. Durchstochen von Menschenhand, von Händen, die
ihn töten wollten, falls er noch nicht tot wäre. Doch der letzte Punkt der
Barmherzigkeit war gerade dieser: Man sagt, dass der Soldat, der die Lanze in
sein Herz stieß, halbwegs blind war. Von dem Blut und Wasser, die aus der Seite
des Herrn flossen fielen einige Tropfen auf seine Augen und er wurde
wunderartig von der Blindheit geheilt. Hier sehen wir auf der einen Seite eine
grausame Tat, die von Unserem Herrn erwidert wird durch eine Tat der Güte und
der Vergebung. Sie beinhaltet ein Versprechen des Herzen Jesu: alle, die ihm
Vertrauen, die auf seine Barmherzigkeit vertrauen, die auf seine Güte
vertrauen, dürfen darauf hoffen, dass ihnen vergeben wird, dass sie die
notwendigen Gnaden für ihr eigenes Heil erhalten, selbst nach den schlimmsten
Sünden, wenn sie ergeben zu Ihm zurückkehren, wenn sie demütig zu Ihm
zurückkehren und um Verzeihung bitten. Das heißt, Unser Herr Jesus Christus
verlässt uns nie.
Wir können uns den Schmerz der Muttergottes und der
heiligen Frauen in diesen letzten Augenblicken vorstellen: als die ganze
Zerstörung beendet schien, das nichts mehr zu machen sei, schauten sie hinauf
zu Jesus am Kreuz und merken, dass sich jemand nähert und an diesem
geschundenen Körper noch eine letzte Grausamkeit verübt, indem er eine Lanze in
die heilige Brust bohrt. Doch gleich vernehmen sie die letzte Vergebung. Nehmen
wir an, der Soldat ruft in seiner Freude laut aus: Ich kann sehen!
Hier können wir uns den letzten großen Schmerz der
Muttergottes vorstellen, indem sie sieht, wie das Heiligste Herz verwundet
wird. Ein wenig später legt man den hochheiligen Leichnam ihres Sohnes auf
ihren Schoß und sie betrachtet unter Schmerzen aber anbetend den geschundenen
Leib und besonders die Wunde an der Brustseite. Wir dürfen annehmen, dass Maria
und alle umstehenden irgendwelche Erleuchtungen hatten bezüglich der Andacht
zum verwundeten Heiligsten Herzen Jesu, zumal der Heiland mit der Heilung der
Blindheit des Soldaten den ersten Beweis seiner Auferstehung gab. Denn selbst
als besiegter und gebrochener wirkte er im Tod noch ein Wunder, das niemand je
bewirken könnte.
Das heißt, er behielt weiterhin seine vollständige Macht
und Lebenskraft mit einer Beharrlichkeit gegen alles, was man ihm schlimmes
angetan hatte; nichts wurde in ihm zerstört. Und deshalb sind die letzten
Ereignisse schon ein erstes Vorzeichen der Auferstehung.
In der Herz-Jesu Litanei gibt es eine Anrufung, die m.E.
eine der schönsten ist: Cor Jesu, lancea perforatum, miserere nobis! Herz Jesu, mit der Lanze durchbohrt, erbarme dich unser! Und wenn man an das von einer
Lanze durchbohrte Herz Jesu denkt, denkt man an das Unbefleckte Herz Mariens
ebenfalls durchbohrt von dem Schmerzensschwert, das der hl. Prophet Simeon im
Tempel vorausgesagt hatte. Beide Herzen sind zusammenhängend. Es sind zwei
Herzen voll des Leidens und der Schmerzen.
Deshalb sagen wir auch diese Anrufung als Stoßgebet und
Gruß zu dem Kreuz, wenn wir in die Eingangshalle unten eintreten: „Cor Jesu,
lancea perforatum, miserere nobis“. In diesem Moment erinnern wir uns auch
daran, dass Maria in geistiger Weise unter allen Kreuzen der Welt steht mit all
ihren Fürsprachen und Bitten. Bitten wir sie, dass sie unsere Nöte mit
einbeziehe.
Möge das durch die Lanze durchbohrte Herz Jesu sich unser
erbarmen, um uns die Heiligkeit und dieses hochgradige geistliche Leben zu
erlangen, die zur Berufung unseres Lebens gehören. Möge uns Maria die Gabe
verleihen, gegen alle Feinde des Allerheiligsten Herzen Jesu und ihres
Unbefleckten Herzen mit aller Kraft energisch und furchterregend
entgegenzutreten.
Vortrag am 12.2.65
Das hier mehrmals abgebildete Kruzifix befindet sich im Hauptsitz der Brasilianischen TFP in São Paulo.
Das hier mehrmals abgebildete Kruzifix befindet sich im Hauptsitz der Brasilianischen TFP in São Paulo.
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