Plinio Correa de Oliveira
Eingriff
des Herzen Jesu in die Geschichte
Wir
finden die Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu am Beginn aller größeren und
kleineren, bekannten oder weniger bekannten gegenrevolutionären Bewegungen, die
im 17. Jahrhundert erschienen sind, zu der Zeit, in der die hl. Margareta Maria
Alacoque die himmlischen Offenbarungen dieser Andacht erhielt. Sie erhielt den
Auftrag, im Namen des Heiligsten Herzen Jesu dem König Ludwig XIV. zu sagen, er
möge Frankreich dem Heiligsten Herzen Jesu weihen und im Wappen seines
Königreiches das Bild des Herzen Jesu einzufügen.
Sie
versprach dem König, wenn er die Feinde der Kirche bekämpfen würde, würde ihm
das Herz Jesu beistehen und sein Königtum zu großem Ruhm führen... (Vgl.
Marguerite-Marie Alacoque, Vie et oeuvres, Saint Paul, Paris-Fribourg, 1990, t.
II, pp. 335-337, 343-344, 435-436).
Das
Heiligste Herz Jesu erwartete von Ludwig XIV. eine Umkehr seiner politischen
Orientierung und dass er sich an die Spitze der Gegenrevolution stellen sollte.
Würde er dies tun, würde seine Herrschaft großen Ruhm und Frankreich als
katholisches Reich seinen Höhepunkt erreichen. Damit hätte sich die Verehrung
des Heiligsten Herzen Jesu über die ganze Welt verbreitet; in Frankreich hätte
es dann auch ein günstiges Klima für die Predigten des hl. Ludwig von Montfort
gegeben, die sich ebenfalls über die Welt verbreitet hätten – der hl. Ludwig
lebte zur Zeit Ludwigs XIV. – und es hätte auch die Französische Revolution
verhindert werden können. Wäre Ludwig XIV. dem Wunsche des Herzen Jesu
nachgekommen, wäre die Revolution noch aufzuhalten gewesen und die schreckliche
Fratze den sie mit der Französischen Revolution annahm, hätte verhindert werden
können.
Deshalb
hat diese Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu seit ihrem Anfang einen tiefen und
deutlichen gegenrevolutionären Sinn.
Prof.
Fernando Furquim de Almeida (brasilianischer Historiker und Vize-Präsident der
brasilianischen TFP), der sich eingehend mit diesem Thema befasst hat, hebt
hervor, dass die verschiedenen gegenrevolutionären Bewegungen, die sich im 18.
und 19. Jahrhundert gebildet haben, im Zusammenhang mit der Verbreitung der
Herz Jesu Verehrung stehen. Die französischen royalistischen Widerstandskämpfer
gegen Napoleon, die "Chouans" in der Vendée, trugen als Abzeichen auf
ihren Fahnen das Herz Jesu. Die Herz Jesu Verehrung wurde immer von den Guten
verkündet, begeisterten die Guten und war für sie stets ein Grund des Mutes und
der Stärke. Von den Bösen wurde sie immer gehasst.
Einwände
gegen die Herz-Jesu-Verehrung
Was
sagen die Böswilligen gegen die Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu?
Zunächst
etwas, was sie als entscheidendes Argument vorführen: „Warum das Herz Jesu
anbeten? Könnte man auch nicht eine fromme Andacht der heiligen Hände Jesu
einrichten? Der heiligen Augen Jesu? Man könnte doch den ganzen Leib Jesu
auseinandernehmen und jeden Körperteil verehren: die Ohren, die die Bitten der
Menschen hören, den Mund, der zu den Menschen sprach, die Hände, die gesegnet
haben (dass sie auch die Händler im Tempel gezüchtigt haben, wird nicht
erwähnt…). Wäre es also nicht angebracht diese Teilverehrungen einzuführen?“
„Außerdem“,
sagen sie, „ist es eine sentimentale Verehrung. Das Herz ist das Symbol des
Gefühls und führt hin zur Gefühlsduselei. Als solche hat sie überhaupt keinen
theologischen Inhalt und darf also nicht geübt werden.“
Dem
entgegen stellen wir fest, dass der Heilige Stuhl diese Andacht des Öfteren
durch feierliche, inhaltsvolle und wunderbare päpstliche Dokumente empfohlen
hat (s. z.B. die Enzyklika „Inescrutabile divinae Sapientiae“ von Pius VI.
1775). Ebenfalls wurde diese Andacht mit vielen Ablässen versehen, wie die
Haltung der neun ersten Freitage, die vom Herzen Jesu selbst gewollt wurde und
die Sühnekommunion für die Sünden und Beleidigungen, die gegen das Heiligste
Herz Jesu begangen werden. Die Kirche versah die von ihr eingerichteten
Herz-Jesu-Bruderschaften und -Erzbruderschaften mit vielen Ablässen. Sie
bestätigte und förderte den Bau von Kirchen, Altäre, Bilder und Statuen zu Ehren
des Heiligsten Herzen Jesu. Diese Andacht wurde im Übermaß von der Kirche
gutgeheißen, so dass sie unser vollständiges Vertrauen haben kann.
Der
Einwand, man könne ja dann auch alle Teile des heiligen Leibes Jesu verehren,
ist vollkommen sinnlos. Man kann natürlich im Privaten die heiligen Hände Jesu
verehren, wir können und sollen Ihn auch in Seinen so ausdrucksvollen,
königlichen, lehreichen und rettenden Augen anbeten. Wir brauchen ja nur an die
Bekehrung des Petrus denken, wozu nur ein Blick des leidenden Jesus genügte.
Doch
die Kirche in ihrer Weisheit weiß, dass das Erhabene leicht ins Lächerliche
führen kann: Für pöbelhafte Mentalitäten wäre es ein leichtes, so
auseinandergenommene Teilandachten, die auf die menschlichen Gefühle in der Tat
anstößig wirken, zu verhöhnen. Doch im Grunde steht solchen Andachten nichts
entgegen, wenn sie in angemessener Weise geübt werden.
Man
erzählt, z.B., von den Steinen auf dem Kreuzweg, die Fußabdrucke Jesu zeigen.
Seine göttlichen Füße anbeten, als die, die über die Erde wanderten um zu
lehren, die sich mit Staub bedeckten, um zu lehren und zu heilen, das Böse zu
bekämpfen; diese Füße anbeten, die ihm dienten, das Kreuz zu tragen und sich
mit dem Blut unseres Heils befleckten, die durch Nägel bei der Kreuzigung durchbohrt
wurden…, dies ist alles wahr, richtig und notwendig.
Es ist
sogar eine schöne Weise Jesus anzubeten, indem wir uns den Gesinnungen und
Betrachtungen der Muttergottes anschließen, als Sie nach der Kreuzabnahme den
toten Leichnam Ihres Sohnes auf Ihrem Schoß hielt. Sie betrachtete jeden Teil
dieses gemarterten Leibes mit Schmerz, mit dem tiefsten Begriff der Liebe, der
Andacht, der Ehrfurcht, der Zärtlichkeit. Sie sah alle Teile und betete sie an
wahrscheinlich in der Erwägung der Bedeutung des Leidens eines jeden Teiles.
Sie ermaß auch die Beleidigung Seiner Gottheit, die die Geißelung an all Seinen
Gliedern bedeutete. Sie übte also diese Andacht aus.
Es ist
also sozusagen nur eine Frage der Zweck- und Verhältnismäßigkeit, sowie vom
Sinn für Äußerlichkeiten, die die Kirche davon abhält, eine Verehrung der
einzelnen Teile des Leibes Jesu zu fördern.
Gegenstand
der Herz-Jesu-Verehrung
Was
ist eigentlich die Andacht zum Heiligsten Herzen Jesu? Es ist die Verehrung
eines Organs Unseres Herren, dass da ist, das Herz. Doch in der Heiligen
Schrift hat das Herz nicht die sentimentale Bedeutung, die ihm gegen Ende des
18. Jahrhunderts und ganz bestimmt im Laufe des l9. Jahrhunderts angehaftet
wurde. Das Herz drückt im religiösen Sinn nicht nur Gefühle aus. Wenn es in der
Heiligen Schrift heißt: „Richte mein Herz darauf hin, allein deinen Namen zu
fürchten!“ (Ps 86,11); oder: „Deinen Vorschriften neige mein Herz zu, doch
nicht der Habgier!“ (Ps 119,36); oder: „Mein Herz richte sich ganz nach deinen
Gesetzen: dann werde ich nicht zuschanden.“ (Ps 119,80); oder: „Mein Herz ist
bereit, die Gesetze zu erfüllen bis ans Ende und ewig.“ (Ps 119,112), bedeutet
das Herz den menschlichen Willen, einen Vorsatz, ja eigentlich die Heiligkeit
des Menschen. Im Evangelium lesen wir auch über die Muttergottes: „Maria aber,
bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach“ (Lk
2,19). Das Herz steht hier nicht als Gefühlsherd, sondern als Sitz des
Selenlebens, wo Sie alles bewahrte. Das Herz ist Symbol für den Willen des
Menschen, sein dynamisches Element, das alle von den Sinnen erfassten Dinge
betrachtet und erwägt und entsprechend reagiert und wiederum nach außen wirkt.
Das Heiligste Herz Jesu ist dies in Unserem Herren. Daher und in diesem Sinn wird
das Heiligste Herz Jesu angebetet.
In
diesem Zusammenhang steht auch die bedeutungsvolle Verehrung des Unbefleckten
Herzens Mariens: es ist ein Schrein, in dem wir das Heiligste Herz Jesu
wiederfinden.
Dieser
Andacht versprach Unser Herr einen Strom von Gnaden. Das markanteste
Versprechen bezieht sich auf die Übung der neun ersten Freitage, in dem Jesus
denen zusichert, dass sie nicht sterben werden, ohne vorher die Gnade der
Vergebung und der Reue erhalten zu haben, wenn sie die neun Freitage einmal durchgeführt
haben. Das heißt nicht mit Sicherheit sofort in den Himmel zu kommen, oder,
dass sie ihren Tod vorahnen werden. Jedoch, dass sie in der Stunde des Todes
eine so große Gnade erhalten werden, sodass man alle Hoffnungen auf das Heil
ihrer Seele haben darf.
So
versteht man welch großes Anliegen es der Kirche ist, dass diese Andacht
bekannt, geschätzt und mit Vernunft geübt wird, denn eine rein gefühlsmäßige
Andacht macht keinen Sinn. Eine aufrechte und ernstzunehmende Andacht will auch
ihre Grundlage kennenlernen und verstehen. Sie will geliebt werden auf Grund
ihrer Daseinsberechtigung. So urteilen ernsthafte Seelen über
Frömmigkeitsübungen. Also, darüber nachdenken, unsere Seele zum Herzen Jesu
richten, das die Quelle der angebrachten Gnaden ist, für unsere Zeit der
unaufhaltsamen Revolution, für schwierigere Zeiten, die noch kommen werden, und
bitten, dass durch das reinigende Blut und Wasser, das aus ihm floss, uns
wasche. Das wären erhabene Gedanken, die wir an jedem Freitag und vor allem am
Karfreitag hegen sollten.
Wir kennen den Fall des römischen Hauptmannes, der mit einer Lanze das Heiligste Herz Jesu durchbohrt hat. Als er diese Gewalttat gegen diesen heiligen Schrein verübte, flossen aus ihm Wasser und Blut, von denen einige Spritzer auf seine Augen fielen. Er, der fast blind war, fühlte sich sofort geheilt, er konnte wieder sehen. Für uns ist dieses Wunder äußerst beredsam. Das heißt, wer das Heiligste Herz Jesu verehrt, darf eine ebensolche Gnade bitten, nicht um das körperliche Augenlicht wieder zu erhalten, das wir, Gott sei Dank, besitzen, sondern um unsere innere Blindheit zu heilen, damit wir das Gute und das Böse in uns und um uns erkennen; damit wir die Seelen unseres Nächsten erkennen, um ihm Gutes zu tun und ihm zu helfen. In all unseren Nöten dürfen und sollen wir das Herz Jesu anrufen, dass es mit einer Gnade, so wie dem römischen Hauptmann, die Blindheit unserer Seele heilt, denn wir sind geistig mit viel Blindheit geschlagen.
Bitten
wir dem Heiligsten Herzen Jesu durch die Vermittlung des Unbefleckten Herzens
Mariens – denn nur durch diese erlangen wir die Heilung unserer vielfältigen
Blindheit – und wir werden auf dem Weg sein, eine große Gnade zu bekommen.
(Dieser Text ist übernommen aus einem informellen Vortrag von Professor Plinio Corrêa de Oliveira, gehalten am 4. März 1965. Er wurde frei übersetzt und angepasst für die Veröffentlichung ohne eine Überarbeitung des Autors.)
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