Am Vorabend der Französischen Revolution verbreitete sich
die Verehrung des Heiligsten Herzen Jesu über die ganze Welt. Die Offenbarung
Jesu an die hl. Margareta Maria Alacoque, Theologen, die sich mit dem Thema
befassten, machten diese Andacht überall bekannt.
Bischof Scipione de'Ricci |
Im Gegenzug wurde diese Andacht von Feinden der Kirche
sehr gehasst und bekämpft. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, zum Beispiel, war
Scipione de’ Ricci, der bekannte Bischof von Prato und Pistoia, Jansenist und
ein aktiver Kämpfer gegen die Verehrung des Herzen Jesu. Im Empfangssaal seines
Palastes hing ein großes Gemälde in dem er selbst dargestellt war, wie er ein
Bild des Heiligsten Herzen Jesu zerreißt. Wenn ich mich nicht irre, gab es
ebenfalls im Palast des Groß-Herzogs von Toskana (auch Erzherzog von
Österreich) ein solches Gemälde.
Die Hauptstadt der Toskana ist Florenz. Man kann also
ersehen wie der Hass der Feinde der Kirche sich gezielt gegen die Verehrung des
Heiligsten Herzen Jesu richtete. Und das ging so weit, dass es ihnen gelungen
ist diese Andacht fast gänzlich zu unterdrücken.
Dieser Hass führte dazu, dass die Revolutionäre während
der Französischen Revolution, als der blutrünstige und infame Marat ermordet
wurde, sein Herz als „das heiligste Herz Marats“ öffentlich wie eine Replik des
Heiligsten Herzen Jesu zur Verehrung brachten. Wenn die Revolution etwas
Erhabenes lächerlich machen und zerstören will, greift sie zur schändlichen und
sakrilegischen Nachäfferei – man sagt, die Freimaurerei sei die Äffin der
Kirche, weil sie die frommen und heiligen Übungen der katholischen Kirche
spöttisch übertreibend nachahmt.
Vergleichen wir – wenn es überhaupt ein Vergleich möglich
ist – das Herz Jesu mit dem Herzen Marats: Das Herz Jesu ist der unendliche
Abgrund aller Tugenden; das Herz Marats war ein begrenztes aber großes,
ausgefülltes Sammelbecken allen menschlichen Unrats, Schmutzes und
Boshaftigkeiten. Er war ein ekelhafter Typ, eine Hyäne. Der Kontrast zum Herzen
Jesu hätte nicht krasser sein können.
Jean Paul Marat |
Hören wir nun, wie die Verehrung zum Herzen Marats vor
sich ging (aus „Weltgeschichte“ von Dr. J. B. Weiß, Bd. 17, S. 196,
Buchdruckerei und Verlags-Buchhandlung Styria, 1895):
„Dann wurde die Leiche (in das Grab) versenkt, die Tränen
strömten, und mit zerrissenem Herzen kehrte jeder in sein Haus zurück“.
Hier sehen wir eine billige Nachahmung der Abnahme Jesu
vom Kreuz und seiner Grablegung. Danach gingen sie mit zerknirschtem Herzen
nach Hause.
„In der Kirche der Cordeliers wurde eine Chapelle ardente
für das in einer der schönsten Urnen des Kronschatzes aufbewahrte Herz Marats
hergerichtet. Kerzen brannten hier zu Ehren des neuen Gottes, wie jetzt in der
Kirche zu Ehren der heiligen Genoveva. Man pilgerte dahin. Litaneien wurden
hier mit Marats Namen abgehalten, und man betete hier zu seinen Wunden und zu
seinem Herzen.“
Da war wohl sicher die Herz-Jesu-Litanei, umgestaltet auf
dem Namen Marats. Dieser litt an einer Art Aussatz, einer Hautkrankheit, die
seinen Körper mit Wunden übersäte und starken Juckreiz verursachte. Er befand
sich in einem Heilbad in der Badewanne, wo er gewöhnlich seinen Schreibarbeiten
nachging, als er von Charlotte Corday mit einem Dolch ermordet wurde.
So verehrten die Menschen alle seine Wunden, nicht nur
des Herzen sondern seines ganzen Körpers in Anspielung an die Wunden die den
heiligsten Leib Jesu bedeckten.
„Beaulieu erzählt, er habe ein gedrucktes Gebet in den
Händen gehabt, welches mit den Worten begann:
,O Herz Jesu, o Herz Marat! O heiliges Herz Jesu, o heiliges Herz
Marat!‘ Auf dem Carrouselplatze hatte man eine Pyramide, in welcher man seine
Büste, seine Badewanne, sein Tintengeschirr, seine Lampe aufbewahrte, und
stellte Tag und Nacht zu ihrem Schutze eine Schildwache auf. In der Festrede
wurde gleiche Huldigung für das Herz Marats, wie für das Herz Jesu gefordert,
aber geschlossen mit dem Satze: ,Jesus war ein Prophet, Marat ein Gott!‘ Die
Jakobiner und Cordeliers wurden den Aposteln, die Kaufleute den Zöllnern, die
Aristokraten den Pharisäern gleichgestellt, und Simone Evrard der Mutter
Gottes: diese habe das Jesuskind nach Ägypten, jene aber Marat vor dem Schwerte
des neuen Herodes-Lafayette gerettet. – Mercier erzählt: ,Auf allen
öffentlichen Plätzen errichtete man ihm zu Ehren Tempel, Mausoleen,
Triumphbögen.‘“
Das sind schamlose Seiten der Französischen Revolution,
die vorsichtig vertuscht werden, damit sie niemand weiterzählt.
„Von Paris verbreitete sich dieser Wahnsinn durch
Frankreich. Havre de Grace (heute Le Havre) will nicht mehr von der Gnade
Gottes oder des Königs wissen – es legt sich den Namen ,Havre de Marat‘ bei.
Der Montmartre ist lange genug nach dem Gotte Mars benannt worden – er heißt
fürder der Montmarat. In allen Departements werden Knaben nach ihm getauft, entstehen
also kleine Marätchen.
„In Straßburg wurde im uralten Dome Marats Büste
aufgestellt und dabei eine Rede über seine Verdienste, über sein Märtyrertum
gehalten, in welcher er nicht bloß mit Sokrates, sondern auch mit Christus
verglichen war: ,Wie Jesus liebte Marat nur das Volk, und liebte nur es. Wie
Jesus verabscheute Marat die Könige, die Adeligen, die Priester, die Reichen,
die Schurken. Wie Jesus hörte er niemals auf, diese Pest der Gesellschaft zu
bekämpfen, und wie Jesus führte er ein mäßiges und ärmliches Leben. Wie Jesus,
war Marat äußerst gefühlvoll und menschlich, er hatte die erhabene Seele
Rousseaus. Er trug in seinem Herzen alle Unglücklichen.‘“
Wir sehen welches Ausmaß die Gotteslästerung angenommen
hatte, wie weit der Hass der Revolutionäre gekommen ist, indem sie den
schlimmsten Verbrecher mit Jesus verglichen und nachahmten. Es erinnert an den
Moment, wo das Volk die Befreiung des Mörders Barabas wählte und Jesus ans
Kreuz wünschte. Doch glaube ich, dass Marat noch schlechter war als Barabas,
denn dieser war noch lange nicht mit so vielen und schlimmen Verbrechen beladen
wie Marat.
Machen wir einen kleinen Exkurs.
Wir halten das hier Beschriebene für ein fürchterliches
Verbrechen, eine abscheuliche Sünde gegen das Heiligste Herz Jesu. Und wir
haben guten Grund dazu. Aber haben wir schon darüber nachgedacht, welche
Verbrechen und Sünden dieser Art gegen die Herzen Jesu und Maria die Welt noch
vorbereitet? Welchen Gotteslästerungen werden wir noch ausgesetzt sein? Gibt es
heute nicht moderne Propheten, die mit Nachäffereien verkünden, das sie Jesus
Nachfolgen? Wie viel Schimpf, wie viel Sünde, wie viel Blasphemie werden wir
noch wahrnehmen müssen in dem unaufhaltsamen Lauf der gegenwärtigen Zersetzung
aller göttlichen Werte?
In dieser Hinsicht müssen wir Folgendes betrachten: Als
das Heiligste Herz Jesu blutete, als es im Ölgarten und während der ganzen
Passion gelitten hat, hatte es nicht nur diese Leiden im Sinn, sondern die
Schmerzen, die ihm die Sünden der ganzen Menschheit bis zum Ende der Zeiten
bereiteten. Wenn die gegenwärtigen Sünden fürchterlich sind, so hat das Herz
Jesu den verursachten Schmerz dieser auch damals gelitten.
Man kann wohl sagen, dass die Sünden der Gegenwart
schlimmer sind als alle Sünden, die nach dem Gottesmord begangen worden sind.
Da gibt es kein Zweifel. Aber dann haben diese Sünden des 20. und 21. Jahrhunderts dem Herzen Jesu
mehr zugesetzt, als die des damaligen gewalttätigen Todeswegs.
Maria folgte den Leidensweg Ihres Sohnes aus der Nähe.
Das Evangelium erzählt uns, im Rahmen der Ereignisse um die Geburt Jesu, dass
„Maria behielt alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen“ (Lk 2,19). Dies
tat sie ihr Leben lang und besonders in Verbindung mit den Ereignissen des
Leidens und Sterbens ihres göttlichen Sohnes.
„Maria behielt alles und erwog es in ihrem Herzen“. Sie
dachte an all diese Dinge, sie betrachtete sie, litt wegen alldem. Alle Sünden
bereiteten auch ihr Schmerzen, auch die gegenwärtigen und in Vorahnung auch die
Sünden der Zukunft.
Hier haben wir nun Anhaltspunkte für die Novene zur
Vorbereitung auf das Fest des Unbefleckten Herzen Mariens. Mit diesen Gedanken
können wir teilnehmen an der schmerzlichen Vorahnung der Muttergottes im
Hinblick auf die Sünden unserer Zeit. So bereiten wir uns entsprechend auf das
Fest vor.
Es ist hier nicht fehl am Platze daran zu erinnern, dass
Maria, so viel sie auch gelitten hat, das Leid immer mit großem Vertrauen
annahm. Sie wusste, dass am Ende der Sieg Unserm Herrn Jesus Christus gehören
würde, und folglich auch ihr. Deshalb war dieses Leiden auch durchwebt mit
Freude. Sie wusste, dass die heilige Kirche auch in unseren Tagen siegen würde.
Sie wusste, dass ihr Sohn in den Himmel auffahren und sie ihm glorreich folgen
würde, und dass die Herrlichkeit Gottes die Sünden aller Zeiten überwinden
würde.
Auch wir sollen diese Zeiten mit Freude durchschreiten,
in der Gewissheit, dass, je tiefer die Trauer auch sein wird, in der wir uns
befinden werden, die Freude um so größer sein wird, wenn wir sehen, dass
Mariens Schmerzen gesühnt worden sind, die Revolution zerschmettert wurde und
das Reich Mariens eingeführt wird. Es wird die Erhöhung der Katholischen Kirche
bedeuten, von den Engeln erhoben über alles in der Welt; sie wird mit größerer
Schönheit glänzen, wie nie zuvor. Diese Mischung aus Freude, Trauer und
Hoffnung soll uns immer begleiten.
(Vortrag am 14. August 1969)
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